Gro�britannien

[362] Gro�britannien (Great Britain, hierzu Karte »Gro�britannien«), die gro�e, England, Wales und Schottland umfassende Insel, ein Name, der bei der Vereinigung Schottlands mit England zu Einem Reich (6. Mai 1707) wieder geltend gemacht wurde, im Gegensatz zu Kleinbritannien oder der Bretagne (s. d.). G. mit Irland aber bildet seit 1800 das Vereinigte K�nigreich von G. und Irland (United kingdom of Great Britain and Ireland), das die gesamten britischen Inseln, ausgenommen die Insel Man, umfa�t. Die statistischen Angaben der folgenden Seiten beziehen sich auf dieses Vereinigte K�nigreich. F�r alle weitern Angaben verweisen wir aber auf die Artikel »England«, »Wales«, »Schottland«, »Irland« und »Man«.

Tabelle

Lage und Grenzen.

Die Insel G. wird im O. von der Nordsee, im W. vom Atlantischen Ozean besp�lt. Der Kanal (English Channel) trennt sie von Frankreich und ist an seiner schm�lsten Stelle, der Stra�e von Dover (Pas de Calais, Fretum gallicum), nur 33 km breit. Die Irische See (Irish Sea) scheidet G. von Irland, sie verengert sich im St. Georgskanal, im S., und im Nordkanal auf bez. 76 und 15 km. Die Insel G. verj�ngt sich von der breiten s�dlichen Basis, die sich durch neun L�ngengrade erstreckt, nach N., doch unter wiederholter Verengerung und Ausweitung und zwar so, da� sich in seltenem Parallelismus Halbinsel- und Meerbusenpaare auf der Ost- und Westk�ste entsprechen. Die gr��te L�nge (vom Kap Wrath in Sutherland bis zum Beachy Head in Suffex) betr�gt 890 hm; die gr��te Breite (von Walsham in Norfolk bis Milfordhaven in Wales) etwa 482 km, die geringste 96 km. Der n�rdlichste Punkt ist Dunnet Head (58�41� n�rdl. Br.), der s�dlichste Lizard Head (49�56� n�rdl. Br.), der westlichste Ardnamurchan Point (6�14� westl. L.) und der �stlichste Lowestoft Ne� (1�45� �stl. L.). Der K�stenumfang der Insel G. betr�gt 4749 km, das Areal 218,169 qkm (3964 QM.), wozu noch 11,633 qkm (211 QM.) f�r 931 Nebeninseln kommen. Von letztern sind die bedeutendsten die Orkney- und Shetlandinseln im N., die Hebriden[362] l�ngs der Westk�ste Schottlands, Anglesey an der K�ste von Wales, die Scillyinseln und die Insel Wight an der S�dk�ste Englands.

Bodengestaltung

Die britischen Inseln steigen von einem unterseeischen Plateau an, das mit Frankreich, den Niederlanden und Deutschland zusammenh�ngt, von Norwegen aber durch eine 365 m tiefe Rinne geschieden wird. Ein Sinken des Meeresspiegels um nur 31 m w�rde eine Landenge zwischen England und den Niederlanden entstehen lassen; ein weiteres Sinken um 24 m w�rde gen�gen, um die ganze S�dh�lfte der Nordsee und einen Teil des Englischen Kanals in trocknes Land zu verwandeln. In einer Entfernung von 150–370 km im W. und NW. der britischen Inseln nimmt die Meerestiefe rasch zu, und zwischen der K�ste Irlands und dem Eiland Rockall im Atlantischen Ozean �bersteigt sie 2926 m. – G. zeigt gro�e Mannigfaltigkeit in der Oberfl�chengestalt. Gebirge wechseln zahlreich mit wellenf�rmigen Ebenen ab. Die Gebirge liegen vorwiegend im N. und W. und erreichen ihre bedeutendste H�he in der N�he der Westk�sten, wo sie oft steil ins Meer abfallen, w�hrend sie sich in �stlicher Richtung allm�hlicher verflachen. Fast ganz Schottland ist ein Gebirgs- oder H�gelland. Die einzige gr��ere Ebene ist jene, die sich vom Forth bis zum Clyde erstreckt und das nordschottische Hochland (mit dem Ben Nevis, 1343 m, dem h�chsten Punkte der britischen Inseln) von dem s�dschottischen H�gelland (843 m) trennt. Den Norden Englands, bis Derbyshire hin, durchzieht r�ckgratartig die Penninische Kette (892 m), die eine Einsattelung mit dem westlich gelegenen Cumbrischen Gebirge (984 m) verbindet, w�hrend es die Talebene von York von den als York Moors und Wolds genannten H�hen scheidet. Ganz Wales ist von Gebirgen erf�llt, deren Gipfelpunkt der dicht beim Meer ansteigende Snowdon (1094 m) ist. Auch die jenseit des Bristolkanals gelegene Halbinsel Devon-Cornwall ist ein malerisches H�gelland. Diese Gebirgslandschaften Gro�britanniens zeichnen sich durch ihre Heidestrecken und Torfmoore aus. Nur die niedern Geh�nge sind bewaldet. Die T�ler aber prangen in saftigem Gr�n und sind teilweise durch Fruchtbarkeit ausgezeichnet. Der gr��te Teil Englands hat eine wellige Oberfl�che, die einesteils in wirkliche Tiefebenen �bergeht, andernteils sich zu malerischen H�gelz�gen erhebt. �ber Irland s. den besondern Artikel.

Die gr��ten Fl�sse sind: Humber, Shannon, Severn, Themse, Barrow, Gro�e Ouse, Bann, Tay, Tweed, Mersey und Clyde; die gr��ten Seen: Loughs Erne, Corrib und Ree in Irland und Loch Lomond in Schottland. �ber das Weitere hinsichtlich der Bodengestaltung, der geognostischen Verh�ltnisse, des Klimas, der Meerbusen, der Fl�sse und Kan�le, der Seen, der Naturprodukte etc. Gro�britanniens s. die einzelnen Artikel »England«, »Schottland«, »Irland« etc.

Tabelle

Seit der ersten Z�hlung 1801 hat die Bev�lkerung des Vereinigten K�nigsreichs um fast 161 Proz. zu genommen. Die Zunahme war am bedeutendsten (16,5 Proz.) 1811–21, gleich nach Beendigung der gro�en europ�ischen Kriege, am geringsten (2,1 Proz.) w�hrend der Jahre 1841–51, als Mi�ernten in Irland und die Cholera viele Opfer forderten und Veranlassung zu starker Auswanderung gaben. In den letzten Jahrzehnten ist der Zuwachs vorwiegend den gro�en St�dten und den Fabrikbezirken zugute gekommen. 1891–1901 hat die Bev�lkerung in 8 englischen (davon 4 in Wales), in 14 schottischen und in s�mtlichen irischen Grafschaften (ausgenommen Dublin, Antrim und Down) abgenommen.

Ganz wesentlich ist die Zunahme der Bev�lkerung durch die Auswanderung beeinflu�t worden. Es wanderten in der Zeit, die zwischen den Z�hlungen von 1891 und 1901 liegt, nicht weniger als 1,742,799 Personen britischer Abkunft aus (n�mlich 1,095,891 Engl�nder, 185,982 Schotten und 460,917 Iren), wogegen sich der �berschu� der Geburten �ber die Todesf�lle w�hrend desselben Zeitraums auf 4,296,940 belief (England und Wales 3,579,788, Schottland 498,167, Irland 218,985). Da nun aber tats�chlich die Bev�lkerung der drei K�nigreiche um 3,725,799 Seelen zunahm, so ergibt sich ein Reinverlust durch Auswanderung von 571,141. Dieser Verlust w�rde gr��er gewesen sein, wenn der Auswanderung nicht eine bedeutende Einwanderung vom kontinentalen Europa und R�ckwanderung aus �berseeischen L�ndern gegen�berst�nde. Die Einwanderung aus nichteurop�ischen L�ndern belief sich in den zehn Jahren 1891–1900 auf 1,589,874 Seelen (wovon 1,016,757 Briten). 1815–52 sind vom Vereinigten K�nigreich 3,463,596 Menschen ausgewandert und 1853–1902: 12,685,283, von denen 9,241,897 britischer Abkunft waren und 6,098,281 nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika gingen. Die Auswanderung in den letzten Jahren war wie folgt:

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Die Dichtigkeit der Bev�lkerung betr�gt in England und Wales 215, in Schottland 56, in Irland 53, im Vereinigten K�nigreich 132 Menschen auf das QKilometer. Dem Geschlecht nach kommen auf den britischen Inseln 1063 Personen weiblichen auf 1000 m�nnlichen Geschlechts. In England z�hlte man 1901: 1068, in Schottland 1058, in Irland nur 1028 Personen weiblichen auf je 1000 Personen m�nnlichen Geschlechts. Dem Zivilstand nach verteilt sich die Bev�lkerung 1891 (die Zahlen f�r 1901 sind noch nicht ver�ffentlicht) wie folgt (in Prozenten):

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Was die Bewegung der Bev�lkerung betrifft, so geht aus den j�hrlichen Berichten der Registrars [363] General hervor, da� in dem Zeitraum 1878–1902 die Zahl der Heiraten (von den ung�nstigen Jahren 1885–87 abgesehen) relativ dieselbe geblieben ist, die Geburten und Todesf�lle aber sehr abgenommen haben. Irland steht mit 5,02 Heiraten, 22,7 Geburten und 17,4 Todesf�llen auf 1000 Einwohner viel ung�nstiger als die beiden andern K�nigreiche. Die Verh�ltniszahlen (auf 1000 Einwohner) waren:

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Hinsichtlich der k�rperlichen Gebrechen kommen auf je 1 Mill. Einwohner (1891):

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Nach der Z�hlung von 1891 wohnten 20,655,560 Menschen oder 54,5 Proz. der gesamten Bev�lkerung des Vereinigten K�nigreichs in 412 St�dten von �ber 10,000 Einw. und zwar:

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Die Z�hlung von 1901 ergab eine Zunahme der Gro�st�dte (�ber 100,000 Einw.) um 9 (von 30 auf 39), doch entfiel sie auf England allein. Der Prozentsatz der gro�st�dtischen Bev�lkerung stieg im Vereinigten K�nigreich seit 1891 von 28,8 auf 32,9 Proz. (in England 35,3, in Schottland 31,1 und in Irland 16,2 Proz.). Zwischen 50,000 und 100,000 Einw. hatten 1901: 48 St�dte (gegen 43 in 1891); die darin wohnende Bev�lkerung ist nur von 7,8 auf 8,3 Proz. der Gesamtbev�lkerung gestiegen. Immerhin wohnen in G. mehr als zwei F�nftel der Einwohner in St�dten mit mehr als 50,000 Einw. Die volkreichsten St�dte des Vereinigten K�nigreichs sind 1901: London, Glasgow, Liverpool, Manchester, Birmingham, Leeds, Sheffield, Dublin, Belfast, Bristol, Edinburg, Bradford, West Ham, Hull, Nottingham, Salford, Newcastle-upon-Tyne und Leicester.

In betreff der Nationalit�t der Briten verweisen wir auf die besondern Artikel. »England, Schottland, Irland, Wales, Man« etc. und begn�gen uns hier mit der Bemerkung, da� die alten keltischen Sprachen in Wales, in Schottland und im Westen Irlands 1891 noch von 1,844,878 Menschen gesprochen wurden, von denen indes 1,254,983 auch der englischen Sprache m�chtig waren. In Wales, wo (1901) noch 280,905 Personen nur Keltisch und 648,919 daneben noch Englisch sprachen, scheint sich das Keltische zu halten, in den schottischen Hochlanden und in Irland nimmt es ab. Die Zahl der Ausl�nder betr�gt jetzt etwa 286,900, wovon 135,000 in London wohnen. Gegenw�rtig ist eine Bewegung gegen die Einwanderung von unerw�nschten Fremden im Gange. Die Zahl der Deutschen bel�uft sich 1901 auf etwa 53,000; noch st�rker ist die Zahl der Russen (etwa 65,000).

Religion.

Das Vereinigte K�nigreich erfreut sich des Besitzes zweier Staatskirchen, n�mlich einer bisch�flich-protestantischen Kirche in England (s. Anglikanische Kirche) und einer n�chternen presbyterianischen in Schottland. Irland ist ohne Staatskirche, wohl aber besteht daselbst ein ehemaliger Zweig der bisch�flich-englischen Kirche fort. Abtr�nnige (Dissenters) von diesen Staatskirchen sind in allen drei K�nigreichen zahlreich, namentlich in Schottland. Die katholische Kirche ist die herrschende in Irland und hat seit der gro�en Einwanderung aus Irland auch in England und Schottland an Boden gewonnen. Politisch sind alle B�rger ohne R�cksicht auf ihr Glaubensbekenntnis gleichberechtigt (mit Ausnahme etwa der offenkundigen Atheisten), doch genie�en die Staatskirchen die Eink�nfte von ihren Kircheng�tern. In betreff der Zahl der Anh�nger der verschiedenen Konfessionen sind wir mit Ausnahme von Irland auf Sch�tzungen angewiesen. Danach gab es (in Prozenten der Bev�lkerung ausgedr�ckt):

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F�r das Jahr 1901 und f�r das ganze Reich berechnen wir: 23,7 Mill. Anh�nger der protestantisch-bisch�flichen Kirche (57,2 Proz.), 2,070,000 Anh�nger der schottischen Staatskirche (5 Proz.), 950,000 desgleichen der schottischen »freien« Kirche (2,3 Proz.), 5,350,000 R�misch-Katholische (12,9 Proz.), 188,000 Juden (0,45 Proz.) und 9,165,000 Andersgl�ubige (22,1 Proz.). Zu letztern haben wir alle diejenigen gez�hlt, denen die Zivilehe gen�gt.

�ber die Anzahl der Geistlichen etc. gibt der Zensus vom Jahr 1891 einigen Aufschlu�. Es gab damals:

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Von weiblichen Personen sind au�erdem im Kirchendienst 4674 als Missionarinnen (meist in England) und 2190 als Bedienstete besch�ftigt. Weiteres s. unter den einzelnen K�nigreichen.[364]

Bildung.

Die Aufsicht �ber das Volks-, h�here und technische Schulwesen hat in England-Wales der Unterrichtsrat (Board of education, seit 1900), in Schottland und Irland besondere Regierungsabteilungen. F�r elementare Schulbildung ist durch die Unterrichtsgesetze von 1870, 1876 und 1880 in ausgiebiger Weise gesorgt, w�hrend Irland schon seit l�ngerer Zeit sich eines vom Staat geleiteten Schulwesens erfreut hat. Grundsatz ist, da� in allen F�llen, in denen die von Genossenschaften und Privaten eingerichteten Schulen dem Bed�rfnis nicht entsprechen, die Gemeinde einzutreten hat, und da� der Staat s�mtlichen Schulen, die seinen Anspr�chen gen�gen, einen Zuschu� (fee grant) aus der Staatskasse gew�hrt. Diese Zusch�sse aus der Staatskasse beliefen sich 1902–03 auf 12,159,224 Pfd. Sterl. Die Aussicht f�hren entweder die �rtlichen Schulaufsichtsbeh�rden (school boards) oder, wo solche in England-Wales nicht bestehen, sogen. Schulbesuchskommissionen, die jedoch keine Schulen gr�nden oder halten d�rfen. Es bestehen Regierungs- und freiwillige Schulen. Als Schulalter gilt das 5.–15. Lebensjahr. Das Schulgeld ist seit 1891 aufgehoben. Der Schulzwang ist 1872 in Schottland, 1876 in England und 1891 in Irland eingef�hrt. 1902 waren bei 32,010 Elementarschulen 7,386,962 Kinder schulpflichtig, und somit kommen auf 100 Bewohner 17 Sch�ler (18 in England, 17 in Schottland, 16 in Irland). Indes besuchten von den eingeschriebenen Kindern durchschnittlich nur 81,5 Proz. die Schule (in Irland nur 66 Proz). Au�erdem bestehen in England 5188 Abendschulen, in Schottland 774 Fortbildungsklassen. Die Ausbildung der Lehrer findet in Seminaren (training colleges) statt, deren es 1887 in England 44, in Schottland 11, in Irland 7 gab. Vorwiegend liegt das Erziehungsgesch�ft in weiblichen H�nden, denn 1891 z�hlte man 170,462 Lehrerinnen und nur 65,858 Lehrer. Wie gering auch heute noch die Schulbildung in manchen Gegenden des Reiches ist, zeigt das Ergebnis der Volksz�hlung von 1891, wobei in Irland 18,4 Proz. der �ber 5 Jahre alten Bev�lkerung (17,7 beim m�nnlichen, 19 Proz. beim weiblichen Geschlecht) weder lesen noch schreiben konnten. Eine Ordnung des h�hern Schulwesens (intermediate oder secodary education) ist f�r England im Unterrichtsgesetz von 1902 versucht; danach steht die Aussicht �ber die h�hern Schulen dem Grafschaftsrat und in St�dten �ber 20,000 Einw. dem Stadtrat zu, der auch f�r diesen Zweck Steuerzuschl�ge erheben darf. Gegenw�rtig herrscht noch gro�e Verwirrung. In England-Wales z. B. besuchen von den 400,000 Knaben, die h�here Bildung empfangen, nur 90,000 �ffentliche, unter Aussicht der Beh�rden stehende Schulen, 305,000 Privatschulen, und 5000 erhalten Privatunterricht. Von den Privatschulen haben etwa 400 mehr als 100 Sch�ler, 3500 nur je 50 und die �brigen 15,000 Privatschulen nur je 30 Sch�ler. Die Knabenschulen (public schools) in England sind entweder �ffentliche Stiftungsschulen (endowed schools) von teilweise hohem Alter oder proprietary schools, die erst seit Mitte des 19. Jahrh. von gewissen Schulvereinen ins Leben gerufen wurden. Die alten gro�en public schools liegen meist auf dem Land und sind Internate (boarding schools); die Externate hei�en day schools. Da in ihnen das Studium der alten Sprachen von alters her die Grundlage bildet, so hei�en sie meist grammar schools. In den obern Klassen tritt meist eine Trennung in eine Gymnasial- und Realabteilung (classical und modern side) ein, von denen die letztere bis jetzt weit schw�cher und vorzugsweise von den weniger begabten Sch�lern besucht wird. Gegenw�rtig z�hlt man im Vereinigten K�nigreich 54 h�here �ffentliche Schulen (great public schools), 34 grammar schools in London und 387 colleges und grammar schools in den Provinzen.

Universit�ten gibt es in England 6 (Birmingham, Cambridge, Durham, London, Manchester und Oxford), in Wales 1, in Schottland 4 (Edinburg, Glasgow, Aberdeen, St. Andrews), in Irland 2 (Trinity College und die katholische Universit�t, beide in Dublin). Die Royal University von Irland ist nur Pr�fungsbeh�rde. Neben diesen Universit�ten bestehen noch 28 University Colleges (10 in England, 4 in Wales, 1 in Schottland, 5 in Irland, 8 f�r Damen), die eine Universit�ts- oder h�here technische Bildung gew�hren, aber nicht das Recht haben, Diplome zu erteilen. An diesen Anstalten wirken etwa 1400 Professoren, und sie werden von ca. 25,700 Studenten besucht. Was die Fachschulen betrifft, so verweisen wir auf die einzelnen L�nder. Nur auf die T�tigkeit des Science and Art Department mag hier hingewiesen sein, das jetzt einen Teil des englischen Unterrichtsrats bildet, und (nach Abtrennung der schottischen Schulen) 212 technische Schulen mit 26,830 H�rern und 12,532 Klassen in 1630 Schulen mit 149,191 H�rern unterh�lt. Vgl. Wehrhan, Das Volksschulwesen in England (Hannov. 1876); L. Wiese, Deutsche Briefe �ber englische Erziehung (3. Aufl., Berl. 1877, 2 Bde.; englische �bersetzung mit Verbesserungen von Leonard, Lond. 1877); de Coubertin, L'�ducationen Angleterre. Coll�ges et Universit�s (Par. 1888); Leclere, L'�ducation des classes moyennes et dirigeantesen Angleterre (das. 1894); Acland und H. Llewellyn Smith, Studies in secondary education (Lond. 1892); Balfour, Educational systems of Great Britain and Ireland (das. 1903); v. Sallw�rk, Das h�here Bildungswesen in England, und Wychgram und Hamann, Geschichte des h�hern M�dchenschulwesens in England (in Schmids »Geschichte der Erziehung«, Bd. 5, 2. Abt., Stuttg. 1901); Reusch, Ein Studienaufenthalt in England (Marburg 1902); »The Public Schools Year Book«; J. J. Findlay in mehreren Jahrg�ngen der »Mitteilungen zur Anglia«.

Gelehrte Gesellschaften konzentrieren sich in den drei Landeshauptst�dten, und ihnen allen voran steht die 1600 gegr�ndete Royal Society, eine Akademie der Wissenschaften in London. Die 1831 gegr�ndete British Association, ein Wanderverein, vereinigt j�hrlich die Gelehrten in einer gro�en Stadt des Reiches (au�er London). Unter den Bibiotheken zeichnen sich vorz�glich aus die des Britischen Museums, die Bodleyanische in Oxford, die Universit�tsbibliothek in Cambridge, die Bibliothek der Advokaten in Edinburg und die Bibliothek von Trinity College in Dublin, denen s�mtlich Freiexemplare aller ver�ffentlichten B�cher �berreicht werden m�ssen. Unter den wissenschaftlichen Sammlungen steht das Britische Museum (s. d.) obenan. Unter den botanischen G�rten ist derjenige von Kew (s. d.) der wichtigste. Sternwarten bestehen an 15 Orten, die ber�hmteste in Greenwich. Aus Staatsmitteln werden unterhalten: das Britische Museum, das geologische Museum in London, Gewerbemuseen in London, Edinburg und Dublin, Nationalgem�ldegalerien in denselben St�dten, eine Nationalportr�tgalerie in [365] London. Die periodische Presse, die infolge uneingeschr�nkter Pre�freiheit der Zeitungsliteratur aller �brigen L�nder weit voransteht, tr�gt zur Bildung des Geistes nicht wenig bei. Im Vereinigten K�nigreich erschienen 1902: 2457 Zeitungen, darunter 241 Tagesbl�tter; in England selbst 1918 (davon 451 in London), in Wales 107, in Schottland 236, in Irland 176, auf den verschiedenen umliegenden Inseln 20. Von Magazinen und Zeitschriften (darunter die Vierteljahrsschriften »Quarterly Reviews«) erschienen 1961 (davon 456 religi�se). Das leitende Blatt sind noch immer die 1780 gegr�ndeten »Times«, wenn ihnen auch, was den Umsatz anbetrifft, einige der Pennybl�tter (z. B. »The Standard«, »The Daily News«) den Rang ablaufen. Vgl. Duboc, Geschichte der englischen Presse (Hannov. 1873); Fox Bourne, English Newspapers (Lond. 1887, 2 Bde.); »Progress of British newspapers in 19th century« (1901). Ausf�hrlicheres s. Zeitungen. Der Buchhandel konzentriert sich in London, n�chstdem in Edinburg und Dublin; jeder Verleger von Bedeutung hat ein Zweiggesch�ft in London (N�heres s. Buchhandel, S. 546).

Erwerbszweige.

G. ist wohl am passendsten als ein Fabrikstaat zu bezeichnen, denn wenn auch Ackerbau und andre Erwerbszweige bl�hen, so sind es doch gerade die Fabriken, die dem Lande seinen Charakter verleihen, und deren zu h�chster Vollkommenheit gebrachtem Betrieb, neben g�nstiger Weltstellung, G. den gr��ten Teil seines Handels und damit seines Wohlstandes verdankt. Ehe wir n�her auf die verschiedenen Erwerbszweige eingehen, schalten wir hier eine Zusammenstellung der Besch�ftigungen nach der Z�hlung von 1891 ein:

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Wenn man die Altersklassen bis zum 15. Lebensjahr aufw�rts abrechnet, so w�ren in England nur 204,5, in Schottland 202,7, in Irland 218,9 auf Tausend der Bev�lkerung ohne Besch�ftigung. Davon entf�llt naturgem�� der gr��te Teil auf die weibliche Bev�lkerung. Von Pensionen, Renten etc. lebten in England 27,3, in Schottland 25,6 auf Tausend der Bev�lkerung (f�r Irland fehlen die Daten).

Landwirtschaft.

Nach den in den Jahren 1874–76 angestellten Erhebungen gab es im Vereinigten K�nigreich 1,173,683 Landeigent�mer, deren Grundeigentum j�hrlich 131,5 Mill. Pfd. Sterl. abwarf (England 99,8 Mill., Schottland 18,7 Mill., Irland 13,4 Mill. Pfd. Sterl.). Unter 1000 Landeigent�mern waren 726, die weniger als 40 Ar (= 1 Acre) besa�en; 189 befanden sich im Besitz von 40 Ar bis 20 Hektar, 62 von 20–202 Hektar, 7 von 202–405 Hektar, 9 von mehr als 405 Hektar; bei dem Rest lie� sich die Gr��e der �cker nicht feststellen. In England ist der Grundbesitz verh�ltnism��ig noch am meisten zersplittert, in Schottland hingegen am wenigsten. In allen drei K�nigreichen befindet sich der gr��te Teil des Ackerlandes in den H�nden von Gro�grundbesitzern. Insgesamt entfielen 46,9 Proz. des Ackerlandes auf Landg�ter von mehr als 2000 Hektar und waren 1876 im Besitz von 2198 Personen; und zwar erstreckten sich diese Latifundien in Schottland �ber mehr als drei Viertel, in Irland �ber fast die H�lfte und in England �ber mehr als ein Viertel der Gesamtfl�che. Ein selbst�ndiger Bauernstand fehlt fast g�nzlich; �berwiegend werden die L�ndereien verpachtet (auf 7, 14, 21, 99 Jahre). 1902 wurden 86,9 Proz. des gesamten Acker- und Weidelandes in G. (ohne Irland) von P�chtern bewirtschaftet (in England 86,6, in Wales 89,6, in Schottland 87,3 Proz.). Was die Gr��e der Farmen anbetrifft, so herrschen solche von 40–120 Hektar vor; 1885 umfa�ten sie in England 41,3 Proz. des Ackerlandes, in Wales 43,7, in Schottland 44,1 Proz. N�chstdem sind Farmen von 121–202 Hektar, sodann von 20–40 Hektar am verbreitetsten. Seit 1881 ist den irischen P�chtern der Ankauf ihrer Pachtungen durch die Gesetzgebung erleichtert worden (s. Irland, Geschichte).

Von den zu G. geh�rigen K�nigreichen ist England f�r den Ackerbau am g�nstigsten, doch wird wegen der h�ufigen Niederschl�ge der Getreidebau besonders im Westen mehr und mehr eingeschr�nkt, w�hrend der Grasbau entsprechend zunimmt; demnach hat sich der Landwirt vom unrentabeln Ackerbau der vorteilhafteren Viehzucht zugewendet. Auch in Wales �berwiegt weitaus das Weideland. In Schottland sind weite Gebiete f�r den Ackerbau nicht geeignet, da das Gebirgsland, die Seen und Moore gro�e Fl�chen einnehmen. Ausgedehnter ist der produktive Boden in Irland, doch ist auch hier fast die H�lfte des Areals Weideland, w�hrend das Ackerland kaum 28 Proz. einnimmt. �ber die Entwickelung der Bodenbenutzung in G. vgl. folgende Tabelle:[366]

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Die Ernte betrug im Vereinigten K�nigreich in Tausenden Hektoliter:

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ferner in Tausenden Tonnen (� 1016 kg):

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Diese Mengen gen�gen nicht, um den heimischen Bedarf zu decken; es mu�ten 1902 noch 41 Mill. dz Weizen, 22,5 Mill. dz Mais, 9,8 Mill. dz Mehl, 2,8 Mill. dz Kartoffeln zum Verbrauch eingef�hrt werden. – Wenn der Viehstand nicht im gleichen Verh�ltnis zugenommen hat wie die Wiesen und die mit Futter bebauten Fl�chen, so r�hrt dies einesteils von der Rinderpest und der Schafseuche her, die einige Jahre lang die Herden heimsuchten, teilweise aber auch von der Armut der Landwirte. Der Viehstand zu verschiedenen Zeiten w�hrend der letzten Jahrzehnte betrug:

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Weiteres �ber Ackerbau und Viehzucht (Rassen etc.) s. in den Artikeln »England«, »chottland« und »Irland«. Vgl. K�rner, Die Landwirtschaft in G. (Berl. 1877); Rogers, History of agriculture and prices in England (1866–88, 6 Bde.); Fream, Landwirtschaft in England (deutsch, Berl. 1893); K�nig, Die Lage der englischen Landwirtschaft unter dem Drucke der internationalen Konkurrenz (Jena 1896); Levy, Entstehung und R�ckgang des landwirtschaftlichen Gro�betriebes in England (Berl. 1904).

Die Waldungen der britischen Inseln waren fr�her sehr ausgedehnt, wurden im Lauf der Zeit fast g�nzlich ausgerodet und sind wenigstens in England neuerdings durch Anpflanzungen vermehrt worden. Im Vereinigten K�nigreich umfa�t die Waldfl�che nur 12,258 qkm (3,9 Proz.), und zwar in England-Wales (1895) 7476 qkm (4,9 Proz.), in Schottland 3556 qkm (4,5 Proz.) und in Irland (1902) 1224 qkm (1,4 Proz.). Nur in den schottischen Hochlanden findet man noch gr��ere Strecken Waldes; in England und Irland sind die W�lder oder Woods meist Anpflanzungen aus neuerer Zeit. Trotzdem liefert England eine nicht unbetr�chtliche Menge Bauholz (besonders werden englische Eichen im Schiffbau gesch�tzt).

Die Jagd wird zwar nur als Sport betrieben, versorgt aber trotzdem die K�che mit zahlreichem Federwild, Hafen und (in Schottland u. Irland) auch Rehbraten. Kaninchen sind �beraus zahlreich (j�hrlich sollen 20 Mill. verzehrt werden). Wild jeglicher Art sowie auch Fische erfreuen sich w�hrend der Brutzeit eines gesetzlichen Schutzes. Landeigent�mer finden es oft vorteilhafter, ihr Land an Jagdliebhaber zu vermieten, als es von P�chtern bebauen oder abweiden zu lassen. Dementsprechend ist auch im Zeitraum 1891–1902 die Zahl der Meuten in G. von 359 auf 398 gestiegen, und zwar gibt es 21 Meuten Hetzhunde, 200 Meuten Fuchshunde, 124 Meuten Windhunde und 53 Meuten Sp�rhunde. Insgesamt werden etwa 21,000 Hunde f�r die Jagd verwendet.

Fischfang.

Die Fischereien sind f�r die Bewohner der britischen Inseln von der h�chsten Wichtigkeit. 1901 betrieben die Fischerei im Vereinigten K�nigreich 25,299 Boote von 296,488 Ton. mit einer Bemannung von 67,827 Fischern und Jungen au�er 37,080 Personen, die gelegentlich mit Fischfang zu tun hatten. Der Ertrag wurde 1902 offiziell auf 1,790,000 T. Fische (ohne Lachse und Schaltiere) im Wert von 9,296,098 Pfd. Sterl. (in England 6,5 Mill., in Schottland 2,5 Mill., in Irland 296,606 Pfd. Sterl.) gesch�tzt. Das offene Meer und namentlich die Nordsee liefert Heringe und Sprotten, Schellfische, Kabeljaus, Steinbutten, Flundern, Seezungen etc.; der Englische Kanal und die K�sten Irlands daneben noch Makrelen und Pilchards (eine Art Sardelle); die K�sten und Fl�sse, besonders in Schottland und Irland, Salme. Von eigentlichen Flu�fischen sind die Forellen und Aale die gesch�tztesten. Wertvoll ist gleichfalls die Hummer-, Krabben-, Miesmuschel- und Garneelenfischerei. Der Ertrag der englischen Austernbeete scheint abgenommen zu haben, und j�hrlich f�hrt man Tausende von jungen Austern aus Frankreich ein, die im �stuar der Themse (Whitstable) gro�gezogen und dann als echte Natives verkauft werden. Auch der Walfischfang ist nicht mehr von der fr�hern Bedeutung.

Bergbau und H�ttenwesen.

Der Bergbau und das H�ttenwesen spielen auf den britischen Inseln eine gro�e Rolle in der Volkst�tigkeit. Zwar ist Gold nur in geringern Quantit�ten gefunden worden und Silber nur in Verbindung mit Blei, daf�r aber ist das Land ungemein reich an Steinkohlen und den vorz�glichsten Eisenerzen, und in seinem Scho� liegen Blei und Zinn, Kupfer, Zink und andre Metalle; neuerdings ist allerdings die F�rderung von Kupfer- und Zinnerzen sehr zur�ckgegangen. Unter allen Produkten des Bergbaues stehen die Steinkohlen obenan. Die Steinkohlenfelder bedecken ein Areal von 31,990 qkm, und 1880 soll bis zu einer Tiefe von 1200 m ein Vorrat von 90,000 Mill. Ton. und in einer gr��ern Tiefe, �berdeckt von j�ngern Schichten, noch 56,000 Mill. T. vorhanden gewesen sein. Die Ausbeute steigt von Jahr zu Jahr. Sie betrug 1846 erst 38 Mill. T., 1860: 80 Mill., 1880: 147 Mill., 1890: 182 Mill., 1902 aber 227,095,042 T. (im Wert von 93,5 Mill. Pfd. Sterl.).

N�chst den Steinkohlen bildet das Eisen das wichtigste Produkt des Bergbaues in G. Eisengruben befinden sich vorz�glich in Yorkshire, Staffordshire, Cumberland, Lancashire, dann in Schottland (Ayrshire und [367] Renfrewshire), weniger in Irland. Die Ausbeute von Eisenerzen betrug 1860: 8 Mill. Ton., 1880: 18 Mill., 1900. 14 Mill. und 1902. 13,426,217 T. Ferner wurden 1902 gewonnen: 7560 T. Zinnerz, 24,606 T. Bleierz, 5662 T. Kupfererz, 25,060 T. Zinkerz. Dazu kommen noch 517,363 T. Schiefer, 15,304,136 T. Ton, 1,893,881 T. Kochsalz, 2,107,534 T. �lschieferton, ferner Sandstein, Kreide, Kalkstein u. a. Insgesamt hatten die gef�rderten Erze und Mineralien, einschlie�lich der Steinkohlen, 1901 einen Wert von 102,5 Mill. Pfd. Sterl. (1900: 121,7 Mill.). In s�mtlichen Bergwerken arbeiteten 1902: 855,603 Menschen, in den Steinbr�chen 97,108; es verungl�ckten 1172 Personen.

In seinen H�ttenwerken verarbeitet G. nicht nur seine eignen Erze, sondern auch die Erze aus fremden L�ndern, wie namentlich spanische Eisenerze und amerikanische Kupfererze. Riesig hat sich namentlich die Eisenindustrie entwickelt; doch zeigt sich neuerdings ein R�ckgang. 1827 erzeugte man erst 700,000 Ton. Roheisen, 1860: 3,826,762, 1880: 7,749,233, 1902 (nach vor�bergehendem R�ckgang 1890–93): 8,679,535 T. (fast die H�lfte aus vom Ausland eingef�hrten Erzen). Die Stahlproduktion ist in den beiden letzten Jahrzehnten sehr bedeutend gestiegen, von 1,341,690 (im J. 1880) auf 4,904,232 (1900); doch ist G. seit einigen Jahren von Deutschland �berholt worden. Die Gesamterzeugung an Metallen aus britischen Erzen war 1889 und 1902:

Tabelle

Vgl. E. Hull, The coal-fields of Great Britain (letzte Ausg., Lond. 1884) und Our coal resources at the close of the 19. century (1897); R. Hunt, British mining (2. Aufl., das. 1887); Galloway, History of coal-mining of Great Britain (das. 1882); Cockburn, Law of coal, coal mining, etc. (das. 1903). Weiteres s. England (geologische Verh�ltnisse), mit geologischer Karte.

Industrie.

Auch die Industrie im engern Sinne und das Manufakturwesen stehen in G. in hoher Bl�te. Die g�nstige Lage f�r den Weltverkehr und der Geldreichtum beg�nstigen in G. gro�e Unternehmungen.

Tabelle

Die ausgedehnte Anwendung der Maschinen erspart teure Handarbeit, Rohmaterial und bis 1902 auch Lebensmittel werden durch Zollschranken nicht k�nstlich verteuert, und G. ist so imstande, trotz h�herer L�hne mit andern L�ndern zu konkurrieren. G. ist auf bedeutende Ausfuhr nach andern Staaten aller Erdteile angewiesen; nur durch Absatz seiner Industrieprodukte kann es sich die Lebensmittel verschaffen, deren es zur Ern�hrung seiner Bev�lkerung bedarf.

Unter England, Schottland und Irland findet man N�heres �ber die wichtigsten Fabrikbezirke. Um die Vielseitigkeit der britischen Industrie zu kennzeichnen, geben wir nachfolgende Tabelle der in den wichtigsten Industriezweigen besch�ftigten Arbeiter nach dem Zensus vom Jahr 1891 (die Ziffern f�r 1901 sind noch nicht ver�ffentlicht). Darin zeigt sich das gewerbliche �bergewicht Englands und Schottlands.

Der Stand der Textilindustrie war 1890 folgender:

Tabelle

Ausgeschlossen sind hierbei die Tausende von Arbeitern, die zu Hause als Strumpfwirker, Spitzenkl�ppler etc. arbeiten. Die Zahl der Arbeiter in der Textilindustrie hat sich 1898 auf 1,036,570 vermindert, darunter waren 648,987 weiblichen Geschlechts, ferner 45,247 Kinder unter 14 Jahren, die nur die halbe Zeit arbeiteten. Die Rohmaterialien f�r diese Fabriken bezieht G., abgesehen von englischer Wolle und irischem Flachs, fast ausschlie�lich vom Ausland, namentlich aber Baumwolle aus den Vereinigten Staaten, Indien, �gypten, Brasilien; Wolle aus Australien, S�dafrika etc.; Flachs und Hanf aus Ru�land, Mitteleuropa und Italien; Jute aus Indien; Seide (Konsum 18,600 dz) aus Frankreich und Italien.

Die Verarbeitung der Metalle, einschlie�lich des Maschinenbaues, steht wohl der Textilindustrie nach, wenn wir nur die Anzahl der Arbeiter betrachten, ist derselben aber jedenfalls ebenb�rtig, wenn wir bedenken, da� ihr Rohmaterial gr��tenteils im Lande selbst erzeugt wird. Die Waren dieser Art umfassen alle Gattungen, von Eisenbahnschienen bis zu den feinsten Stahl- und Juwelierarbeiten. Namentlich aber ist es der Maschinenbau, der Englands[368] Namen in alle Weltteile tragt. Eng verbunden mit diesen Industriezweigen ist der Schiffbau; denn bei 1398 Schiffen von 983,133 Ton. (darunter 194 von 207,452 T. f�r das Ausland), die 1901 gebaut wurden, war Holz nur durch 365 Schiffe (meist Segler) von 16,610 T. vertreten. Die T�pfereien von Staffordshire k�nnen in ihren Erzeugnissen mit der ganzen Welt konkurrieren, und auch die Glasindustrie ist von gro�er Wichtigkeit. Von hervorragender Bedeutung sind ferner: die chemischen Fabriken, die Papierm�hlen, die Gerbereien, die Sattlerwerkst�tten und Stiefelfabriken, die Fabrikation von H�ten jeder Art und von Handschuhen, die Brauereien und Tabakfabriken. Vgl. Ashley, British industries (Lond. 1903).

Handel.

Der britische Handel ist im eigentlichen Sinne des Wortes ein Welthandel. Die haupts�chlichsten Ursachen seiner beispiellosen Ausdehnung sind: die unvergleichliche Lage Gro�britanniens, die es, wenigstens zu Lande, gegen jeden fremden Einfall sichert, seine zahlreichen und ger�umigen H�fen, seine Sch�tze an Kohlen und Eisen, der Besitz einer gef�rchteten Kriegsflotte, die fr�hzeitige Erwerbung umfangreicher und eintr�glicher Kolonien, endlich die Energie und der Unternehmungsgeist seiner Bewohner. Nach der Aufhebung der meisten Einfuhrz�lle 1342–45 und der Abschaffung der Kornz�lle 1846 gelangte G. zur Politik des Freihandels. Fortan bestanden nur Einfuhrz�lle auf Wein, Kaffee, Zichorie, Kakao, konservierte Fr�chte, Zucker, dazu kamen 1902 Einfuhrz�lle auf Getreide, Mehl, H�lsenfr�chte und ein Ausfuhrzoll auf Kohlen. Daneben bestehen sogen. Retorsionsz�lle auf Bier, Glukose, Saccharin, Spirituosen und Drogen, die in G. der Akzise unterworfen sind. Unter der Herrschaft des Freihandels hat sich der Handel in fr�her nicht geahnter Weise entwickelt. 1840, als noch zahlreiche Zolle dem Handel Schranken auslegten, belief sich die Einfuhr auf 40 Mill. Pfd. Sterl., die Ausfuhr britischer Produkte auf 511/3 Mill. und die Ausfuhr ausl�ndischer und kolonialer Produkte auf 10 Mill. Pfd. Sterl. Die Z�lle warfen 23 Mill. Pfd. Sterl. ab. Bei den alten Zolls�tzen h�tten die Z�lle 1902/03 wenigstens 250 Mill. Pfd. Sterl. ein tragen m�ssen, sie brachten aber nur 34,5 Mill. Pfd. Sterl. ein. Die Entwickelung des britischen Handels in den letzten drei Jahrzehnten geht aus folgender Zusammenstellung hervor:

Tabelle

Diese Zusammenstellung zeigt nun allerdings, da�, w�hrend die Einfuhr um 47 Proz. gestiegen ist, die Ausfuhr nach h�ufigen Schwankungen zuletzt nur um 17 Proz. zugenommen hat. Das Jahr 1903 zeigt eine weitere Steigerung des Handelsumsatzes, indem die Einfuhr auf 542,906,000, die Ausfuhr britischer Produkte auf 290,890,000 Pfd. Sterl. gestiegen ist.

Tabelle

Was die Gegenst�nde der Einfuhr und der Ausfuhr anbetrifft, so zeigt schon ein fl�chtiger Blick in die britischen Handelstabellen, da� die Einfuhr wesentlich aus Rohprodukten, die Ausfuhr aus Fabrikwaren besteht. Von der Einfuhr entfallen 1902: 40,9 Proz. auf Nahrungs- und Genu�mittel, 1,5 Proz. auf lebende[369] Tiere, 26,0 Proz. auf Rohstoffe, die in den Fabriken ihre Verwendung finden, 9,1 Proz. auf Metalle, Chemikalien und Ole, 3,7 Proz. auf verschiedene Artikel und nur 18,9 Proz. auf Fabrikate, wohingegen bei der Ausfuhr britischer Erzeugnisse die Fabrikate mit 82,9 Proz. die Hauptrolle spielen; daneben Rohstoffe nur 11 Proz. Einfuhr und Ausfuhr der wichtigsten Produkte waren 1892 und 1902:

Tabelle

Schiffahrt.

Die wichtigsten Seehandelspl�tze, nach ihrem Schiffsverkehr mit dem Ausland geordnet, sind: London, Cardiff, Liverpool, Newcastle, Hull, Glasgow, Southampton, Newport, Blyth, Swansea, Sunderland und Leith. Die britische Handelsflotte nimmt den vornehmsten Rang unter den Handelsflotten aller L�nder ein. Ihr Wachstum seit dem Jahre 1800 erhellt aus folgender Zusammenstellung:

Tabelle

Dazu kommen nun noch f�r die britischen Kolonien (mit Indien) 15,523 Schiffe von 1,512,000 Ton. Gehalt, so da� die britische Flagge auf den Weltmeeren durch 35,781 Schiffe von 11,567,000 T. vertreten ist. Sie behauptet im K�stenhandel wie im ausl�ndischen Verkehr den ersten Rang, obgleich ihr den ausl�ndischen Schiffen gegen�ber durch Differentialz�lle keine Vorteile einger�umt sind. 1902 war der Tonnengehalt der im ausl�ndischen Verkehr eingelaufenen Schiffe 49,620,117 (davon 32,302,436 britisch), derjenige der ausgelaufenen Schiffe 50,252,602 (davon 32,600,471 britisch). Der Tonnengehalt der beladenen Schiffe war heim Eingang 37,904,313 T., heim Ausgang 44,802,088 T. Im K�stenhandel liefen Schiffe mit einem Gehalt von 58,744,335 T. ein und von 57,070,359 T. aus, davon hatten die beladenen Schiffe 31,455,299, resp. 31,120,236 T. Die K�sten Gro�britanniens werden durch 360 Leuchtt�rme und 50 Leuchtschiffe erleuchtet, und 290 von einer Privatgesellschaft unterhaltene Rettungsboote sind an ihnen stationiert. Trotzdem ist die Zahl der Ungl�cksf�lle ziemlich bedeutend, denn von der Handelsflotte des Vereinigten K�nigreichs gingen in vier Jahren (1898–1901) 1542 Schiffe von 639,490 T. Gehalt verloren, und 3958 Matrosen und 300 Fahrg�ste kamen ums Leben.

Verkehrswesen, Geldinstitute etc.

Den Binnenhandel bef�rdern Landstra�en, Kan�le und Eisenbahnen in hervorragender Weise. Die erste Eisenbahn im modernen Sinn, auf der die Wagen durch eine Dampflokomotive gezogen wurden, war die von Stockton nach Darlington. Sie wurde 27. Sept. 1825 er�ffnet. S�mtliche Eisenbahnen des Vereinigten K�nigreichs sind auf Kosten von Privatunternehmern gebaut worden. 1862 waren 17,493 km Eisenbahnen im Betrieb, 1902 aber 35,649 km. Bau und Ausr�stung dieser Bahnen hatten bis Ende 1902: 1217 Mill. Pfd. Sterl. gekostet; die Betriebskosten beliefen sich 1902 auf 67,840,000 Pfd. Sterl., die Gesamteinnahmen auf 109,469,000 Pfd. Sterl., so da� sich das Kapital mit 3,4 Proz. verzinste. Bef�rdert wurden 1902: 1188 Mill. Reisende (ohne die Inhaber von Saisonbilletts), 437 Mill. Ton. Mineralien und G�ter. Stra�enbahnen (Tramways) bestanden 1902 in einer L�nge von 2388 km. Ihre Anlage hatte 29,9 Mill. Pfd. Sterl. gekostet; 1394 Mill. Passagiere wurden bef�rdert.

Die Kan�le, s�mtlich seit 1755 gebaut, haben eine L�nge von 6150 km. Auf ihre N�tzlichkeit ist in j�ngster Zeit die �ffentliche Aufmerksamkeit durch den Versuch der Eisenbahngesellschaften, den Verkehr auf den Kan�len zu monopolisieren, gelenkt worden. Post- und Telegraphenwesen sind Monopol der Regierung und stehen unter Leitung derselben Beh�rde. Bef�rdert wurden 1902/03: 2579 Mill. Briefe, 489 Mill. Postkarten, 985 Mill. B�cherpakete und Zeitungen und 89 Mill. Pakete. Ausgestellt wurden 1902/03: 14,9 Mill. Geldanweisungen im Betrage von 45,6 Mill. Pfd. Sterl. (davon 6,5 Mill. Pfd. im Verkehr mit den Kolonien und dem Ausland). Die elektrischen Telegraphen hat der Staat 1870 erworben; sie hatten 1902 eine Lange von 76,343 km. 1902 wurden von 9397 Staatstelegraphen�mtern und 2354 Eisenbahn- und Privatbureaus 93,5 Mill. Depeschen befordert. Auch das Telephon ist Regierungsmonopol, doch ist dessen Ausnutzung der National Telephone Company bis 1911 gegen eine Abgabe von 10 Proz. der Bruttoeinnahme �berlassen; Zahl der Sprechstellen 233,000, der Gespr�che 787 Mill. Die gesamten Einnahmen des Post- und Telegraphenamtes bezifferten sich 1902/03 auf 18,4 Mill., die Ausgaben auf 14,6 Mill. Pfd. Sterl., so da� ein �berschu� von 3,8 Mill. erzielt wurde.

Zu den wesentlichern Erleichterungsmitteln des Handels von G. geh�ren die Banken, an deren Spitze f�r den Umfang des britischen Reiches die Bank von England steht, die ihre Gesch�fte �ber die ganze zivilisierte Erde ausdehnt (s. Banken, S. 346). Einschlie�lich der Bank von England hatten die Aktienbanken in G. 1902 ein eingezahltes Kapital von 77,6 Mill. Pfd. Sterl., einen Reservefonds von 47,5 Mill. Pfd. Sterl. Mit Einrechnung des Kapitals der Privatbanken (7,9 Mill. Pfd. Sterl.) verf�gten die Banken insgesamt �ber 132 Mill. Pfd. Sterl. an Kapital und Reserven. Der Betrag der bei ihnen eingezahlten Depositen wird 1903 auf 680 Mill. Pfd. Sterl. berechnet. – Die Zahl der Aktiengesellschaften betrug 1902 insgesamt 33,259 mit einem Kapital von 1805 Mill. Pfd. Sterl. – Gem�nzt wurden 1898–1902: 37,402,250 Pfd. Sterl. in Gold, 6,493,336 Pfd. Sterl. in Silber, 660,694 Pfd. Sterl. in Kupfer. Von dem Umfang des englischen Gesch�fts erh�lt man einen Begriff, wenn man bedenkt, da� im Londoner Clearinghaus (s. d.) 1902: 10,029 Mill. Pfd. Sterl. ausgeglichen wurden.

Ma�e, Gewichte, M�nzen.

Das britische Ma�system ist mittels Parlamentsakte vom 17. Juni 1824 durch Einf�hrung vom imperial measures vereinfacht worden, aber noch �u�erst mannigfaltig, und �berdies gestattet das Gesetz vom 28. Juni 1864 den Gebrauch metrischer Ma�gr��en. F�r die L�ngenma�e dient als Normalstab das Imperial Standard Yard von 1760 pei 62� Fahrenheit, = 914,38348 mm. Ein Fathom hat 2 Yards zu[370] 3 Feet (ft.), ein Foot 12 Inches zu 12 Lines oder 16 Teilen, die Feldmesserrute (Pole, Perch, Rod) 51/2 Yards, ein Furlong 10 Chains von 4 Poles zu 25 Links = 220 Yards, die gesetzliche Meile (Statute Mile oder British Mile zum Unterschied von der Londoner und der See-Meile) 8 Furlongs = 1609,815 m; andre L�ngen gelten im Garn-, Tuchhandel und Milit�rdienst. Fl�chenma�e: das Square Yard zu 9 Square Feet = 0,886097 qm, das Square Rod = 30,25 Square Yards, das Acre zu 4 Roods von 40 Square Rods = 40,4671 Ar, das Square Mile zu 640 Acres = 258,98945 Hektar. K�rperma�e: das Cubic Foot von 1728 Cubic Inches = 1/27 Cubic Yard = 28,31531 Lit.; das Load behauenes Holz hat 50, unbehauenes 40, die Frachttonne (ton of shipping) als Raumma� 42 und das Registerton als Ma� der Schiffsgr��e 100 Kubikfu�. Die Einheit aller Hohlma�e, das Imperial Standard Gallon, soll bei 30 Zoll Barometerstand und 162/3� Luftw�rme 10 Handelspfund destilliertes Wasser enthalten = 4,54346 Lit. (nach der Raumbestimmung, mit Grenzen der G�ltigkeit f�r 4,54339–4,54352, sowie 4,54041 nach der Wasserbestimmung); 1 Gallon hat 4 Quarts zu 2 Pints von 4 Gills. F�r Fl�ssigkeiten: das Tun Wein meistens zu 2 Pipes oder Butts von 2 Hogsheads = 252 Gallonen oder 1144,95 Lit., das Puncheon zu 2 Tierces von 42 Gallonen, das Rundlet (Runlet) = 18, bei Branntwein das Anker = 10 Gallonen, bei Ale und Bier das Butt zu 2 Hogsheads oder 3 Kilderkins = 108, das Barrel von 4 Firkins = 36 Gallonen. F�r trockne Dinge: das Bushel zu 4 Pecks von 4 Pottles = 8 Gallonen oder 36,34767 Lit., das Quarter zu 2 Combs (Cooms) von 4 Bushels, das Wey = 5, das Chaldron = 4 Quarters; vielfach sind Raumma�e feste Gewichtsgr��en geworden.

Von den Gewichten dient f�r Edelmetalle, M�nz- und Medizinalwesen das Imperial Troy Pound pou 5760 Grains = 373,24195 g, eingeteilt in 12 Ounces (oz.) zu 20 Pennyweights (dwt.) von 24 oder bei Perlen 30 Grains. Beim Apothekergewicht hat die Unze 8 Drachmas (Drams) zu 3 Scruples von 20 Grains, und die Bank teilt sie seit 1852 dezimal. Die Feinheit des Goldes wird durch Einteilung des Ganzen in 24 Karats zu 4 Grains von 4 Quarts angegeben, seitens der Bank aber in Tausendsteln zu 3 Thirds berechnet. Bei Edelsteinen zerf�llt die Unze in 1511/2 Karats von 205,304 mg, das Karat in 4 Juwelengrains oder 64 Teile. Eigentliches Handelsgewicht ist das pound avoirdupois von 7000 Troygrains = 453,69265 g, 144 davon = 175 Troypfund; es wird eingeteilt in 16 Ounces zu 16 Drams von 3 Scruples = 7680 Grains avdp. Ein Hundredweight (cwt.) hat 4 Quarters (qr.) zu 2 Stones von 14 Pounds = 112 Pfund oder 50,802377 kg. Das Ton als Gewicht enth�lt 20 Hundredweights, aber die Frachttonne (ton of shipping) 20 Centals zu 100 Pfund. Es kommen zahlreiche andre Namen und Gr��en, im Kornhandel allein etwa 200, in einigen Kolonien auch alte Ma�e vor.

Im M�nzwesen herrscht nach den Gesetzen vom 22. Juni 1816 und 7. Febr. 1816 reine Goldw�hrung, deren Einheit, das British Pound oder Livre Sterling (�) = 20 Schilling (s.) zu 12 Pence (d.), 123,274478 Grains wiegt und 20,42945 Mk. Geldwert besitzt. Die Englische Bank, deren sich die Regierung zur Ausm�nzung bedient, wurde 1844 verpflichtet, Goldbarren von 11/12 Feinheit (standard fineness) zum Preise von 773/4 Schill. f�r die Unze entgegenzunehmen und auf Ansuchen zu 777/8 Schill. in Banknoten zu verkaufen, so da� 1 Pfd. Sterl. eine Menge von 113,0016 Troygrains seinen Goldes bedeutet. Privatpersonen d�rfen Gold in Posten von mindestens 10,000 Pfd. Sterl. unentgeltlich ausm�nzen lassen; die Toleranz betr�gt an Feinheit 2 auf 9162/3 Tausendteile, an Gewicht auf 1 Pfd. Sterl. 0,4 Grains, und St�cke von weniger als 122,5 Grains = 20,3011 Mark zerschl�gt die Bank bei der Einlieferung. St�ckelung in 1 Pfd. Sterl. (Sovereign; s. Tafel »M�nzen V«, Fig. 8) und 1/2, selten zu 5 und 2. Silbergeld braucht bei Zahlungen nur bis 2 Pfd. Sterl. angenommen zu werden. Normalgewicht des Schilling ist 5,65518 g zu 37/40 Feinheit = 94,1588 Pf. der Talerw�hrung, daher Wertverh�ltnis des Silbers zum Gold 1: 14,2878; gepr�gt werden St�cke zu 5 (Crown), 21/2 (half a crown), 2 (Florin), 1 Schilling, 1/2 (Sixpence) und 1/4, selten zu 4, 1/3 (Groat), 1/6 f�r Westindien und 1/12 (Maunday-Money). An Stelle der Kupferm�nzen sind 1860 Bronzest�cke zu 1 Penny, 1/2 und 1/4 (Farthing) getreten. Mangelt Kleingeld, so lassen Gro�unternehmer sogen. Tokens, wenigstens 1/2 Penny, anfertigen, die sie in Gold oder Silber einl�sen. Hauptzahlungsmittel sind au�er den Schecks von Privatleuten die Noten der Bank von England zu 5, 10, 20, 50, 100, 200, 300, 500 und 1000 Pfd. Sterl., die jederzeit gegen Goldm�nzen umgewechselt werden und in England nebst Wales Zwangsumlaufsrecht besitzen; der Umlauf darf 15 Mill. Pfd. Sterl. �ber den Goldvorrat der Bank nicht �bersteigen. Den �brigen Notenbanken steht seit 1849 ein absolutes Recht der Notenausgabe nicht mehr zu. Die britische W�hrung gilt auch in den Kolonien, ausgenommen Gibraltar, Neufundland, Kanada, die ostafrikanischen, s�d- und ostasiatischen Besitzungen.

Nationaleinkommen und Wohlstand.

Wiederholt sind Versuche gemacht worden, den Werk des gesamten Eigentums der Nation sowie den Betrag der einzelnen Jahreseinkommen zu sch�tzen. Da diese Sch�tzungen sich gro�enteils auf Steuerlisten und �hnliche Quellen st�tzen, so verdienen sie ein gewisses Vertrauen. 1843 wurde das gesamte Einkommen auf 515 Mill., 1867 auf 821 Mill. (wovon 128 Mill. auf 8000 Personen entfielen), 1883 auf 1200 Mill. Pfd. Sterl. gesch�tzt, und es bel�uft sich gegenw�rtig auf mindestens 1600 Mill. Pfd. Sterl. Der Kapitalwert des liegenden und beweglichen Eigentums ist gleichfalls rasch gestiegen; 1840 sch�tzte man denselben auf 4030 Mill., 1860 auf 5560 Mill. und 1882 auf 8720 Mill. Pfd. Sterl. Da� diese Zahlen nicht zu hoch gegriffen sind, beweisen die Angaben �ber das Einkommen, die von den Interessenten f�r die Steuerlisten j�hrlich gemacht werden. Dabei sind die Einkommen von weniger als 150 Pfd., seit 1894 von weniger als 160 Pfd. Sterl. als steuerfrei ausgeschlossen. 1871 wurde das Einkommen auf 471,4 Mill, 1881 auf 585,2 Mill., 1891 auf 698,4 Mill. und 1901/02 auf 867 Mill. Pfd. Sterl. angegeben; letztere Ziffer erh�ht sich auf mehr als 900 Mill., wenn man die den landwirtschaftlichen Betrieben gew�hrte Erm��igung in Ansatz bringt.

Mit wachsendem Wohlstand hat die Bev�lkerung der Armenh�user abgenommen, und die Einlagen in den Sparkassen sind gestiegen. Arme, die �ffentliche Unterst�tzung erhielten, gab es 1871: 1,280,188; 1903: 1,040,908 (833,005 in England und Wales, 104,675 in Schottland, 103,228 in Irland). Das Kapital der Sparkassen aber belief sich 1871 auf 55,8 Mill. Pfd. Sterl., 1881 auf 80,3 Mill., 1891 auf[371] 114,5 Mill., 1902 auf 197,1 Mill. Pfd. Sterl. (davon in Postsparkassen 144,6 Mill.). Im allgemeinen erscheinen Reichtum und Armut in G. in schreiendem Kontrast.

Staatsverfassung.

Die britische Staatsverfassung hat zur Grundlage die angels�chsische Verfassung, die durch Wilhelm den Eroberer nur in manchen St�cken modifiziert ward (s. Angelsachsen). Die Grundgesetze, auf denen die britische Verfassung beruht, sind. die Magna Charta (Great Charter) vom 15. Juni 1215, die jedem Briten v�llige Sicherheit der Person und dss Eigentums zusichert; die Petition of rights von 1628, durch welche die Landesprivilegien gegen die k�nigliche Gewalt gesichert werden; die Habeaskorpusakte von 1679, nach der jeder Brite den Grund seiner Verhaftung erfahren, binnen 24 Stunden verh�rt und (au�er bei Staats- und Kapitalverbrechen) gegen B�rgschaft daf�r, da� er sich zur Untersuchung vor Gericht stellen wolle, freigelassen werden mu�; die Bill and Declaration of rights vom 22. Jan. 1689, seit der kein Gesetz ohne Parlamentsbewilligung g�ltig ist, gewisserma�en die Kapitulation, die Wilhelm III. vor seiner Thronbesteigung annehmen mu�te; die Sukzessionsakte (Act of settlement) von 1701 und die von 1705; die Unionsakte zwischen England und Schottland vom 6. M�rz 1707 in 25 Artikeln; die Unionsakte zwischen G. und Irland vom 2. Juni 1800 in acht Artikeln; die Emanzipationsbill der Katholiken vom 29. April 1829; die Reformbills der Jahre 1832,1867–68 und 1885 �ber Zusammensetzung und Wahl der Mitglieder des Unterhauses.

G. ist demgem�� eine erbliche, konstitutionelle, beschr�nkte Monarchie. Dem K�nig, dessen Person heilig und unverletzlich ist, und welcher der englisch-bisch�flichen Kirche angeh�ren mu�, steht die h�chste vollziehende Gewalt zu; er ist Oberlehnsherr und Haupt der Kirche und ernennt die hohen Staatsbeamten, Bisch�fe und Richter. Er erkl�rt Krieg und schlie�t Frieden, schickt und empf�ngt Gesandte, verf�gt �ber Armee und Flotte, erteilt den Adel und verwaltet den �ffentlichen Schatz. Seine Handlungen sind keiner Untersuchung unterworfen; aber die von ihm gew�hlten Staatsbeamten sind dem Parlament gegen�ber f�r alle Regierungshandlungen verantwortlich. Die Gewalt des K�nigs ist durch Reichsgesetze und die Versammlung der Reichsst�nde (Imperial Parliament) ziemlich eng beschr�nkt; selbst das ihm zustehende Recht der Begnadigung ist sehr bedingt. Die Thronfolge ist in dem genannten Act of settlement geordnet und auf die protestantischen Nachkommen der Prinzessin Sophie von Braunschweig beschr�nkt. Dieselbe erfolgt in strenger Linealfolge und geht auf eine entferntere Linie nicht eher �ber, als bis alle m�nnlichen und weiblichen Mitglieder der herrschenden Linie ausgestorben sind. Nur mittels Parlamentsakte (s. unten) kann eine �nderung der Thronfolge bestimmt werden. Gew�hnlich findet eine Kr�nung zu London in der Westminsterabtei durch den Erzbischof von Canterbury statt, wobei der K�nig den Kr�nungseid leistet. Die Vollj�hrigkeit des K�nigs tritt mit dem vollendeten 21. Lebensjahr ein. W�hrend seiner Minderj�hrigkeit f�hrt die K�nigin-Mutter oder in deren Ermangelung ein vom K�nig (im Testament) oder vom Parlament ernannter Prinz des Hauses die Regentschaft; doch kann der K�nig die w�hrend derselben erlassenen Gesetze bei seinem Regierungsantritt verwerfen. Bei physischer Regierungsunf�higkeit des K�nigs f�hrt der Thronerbe die Regentschaft als Prinz-Regent, die K�nigin oder in deren Ermangelung ein vom Parlament ernannter Gro�er des Reiches die Obhut �ber den kranken K�nig. Der Gemahl einer regierenden K�nigin hat keine Teilnahme an den k�niglichen Rechten und f�hrt nicht den Titel eines K�nigs von G. Die Gemahlin des regierenden K�nigs teilt dagegen mit ihrem Gemahl Titel und Wappen. Der Titel des Monarchen ist (seit 1877): »K�nig des Vereinigten K�nigreichs von G. und Irland und dessen Kolonien und Dependenzen, Besch�tzer des Glaubens (defensor fidei), Kaiser von Indien, Sovereign des Hosenbandordens etc.«

Der Kronprinz f�hrt den Titel eines »Prinzen von Wales«, den er, im Fall er vor der Thronbesteigung stirbt, auf seinen �ltesten Sohn vererbt. Alle Prinzen des Hauses sind geborne Peers, werden mit dem 21. Jahr vollj�hrig, beziehen dann ein Jahrgeld, erhalten vom K�nig besondere Herzogs- und Grafentitel und d�rfen sich ohne Zustimmung des K�nigs nicht verheiraten, au�er nach dem 25. Jahr, wenn sie ein Jahr vorher dem Geheimen Staatsrat (s. unten) hiervon Anzeige gemacht haben und das Parlament dagegen keinen Einspruch erhoben hat. Die �lteste Prinzessin hat den Titel Prinze� Royal. Die Zivilliste des K�nigs betr�gt 409,592 Pfd Sterl. (wovon 60,000 Pfd. Sterl. in seinen Privats�ckel, Privy Purse, flie�en). Au�erdem aber erh�lt er die Eink�nfte des Herzogtums Lancaster (48,000 Pfd. Sterl. netto); die k�niglichen Pal�ste werden auf �ffentliche Kosten unterhalten. Der Prinz von Wales bezieht einen Jahresgehalt von 40,000 Pfd. Sterl. und die Eink�nfte des Herzogtums Cornwall (60,000 Pfd. Sterl. netto).

Der k�nigliche Hofstaat teilt sich in vier gro�e Departements, n�mlich diejenigen des Lord Steward (Oberhofmeister), des Lord Chamberlain (Oberst-K�mmerer), des Master of the Horse (Oberst-Stallmeister) und der Mistress of the Robes (Oberhofmeisterin der K�nigin). Unter diesen stehen ein Graf-Marschall (eine erbliche W�rde des Herzogs von Norfolk), ein Schatzmeister, ein S�ckelwart (Keeper of the Privy Purse), ein Gro�almosenier (erblich in der Familie des Grafen von Exeter), ein Zeremonienmeister, ein Gro�falkenier (dessen W�rde dem Herzog von St. Albans erblich zusteht), Hofdamen, Hof�rzte und zahlreiche niedere Beamte. Auch in Schottland besteht ein Hofstaat, einschlie�lich eines Hofmeisters, eines Oberconnetable, eines Bannertr�gers, eines Wappentr�gers und eines Truchse�, deren W�rden s�mtlich erblich sind. K�nigliche Leibwachen sind die Yeomen of the Guard, im Volksmund als Beefeaters bekannt (eine Korrumpierung von Bouffetiers), das Korps der Gentlemen-at-Arms und die Company of Archers (in Schottland). Der K�nig bewohnt entweder den Buckinghampalast in London (der St. Jamespalast dient nur zu Staatszeremonien) oder das Schlo� zu Windsor oder die Sommerresidenzen von Osborne (Insel Wight) oder Balmoral (schottische Hochlande), jetzt auch Sandringham (in Norfolk). Marlborough House ist dem Prinzen von Wales einger�umt. Andre von Mitgliedern der k�niglichen Familie oder Hofpension�ren bewohnte Pal�ste sind zu Kensington und Kew. Gegenw�rtig regierender K�nig ist Albert Eduard VII., geb. 9. Nov. 1841, Sohn des Prinzen Albert von Sachsen-Koburg und der K�nigin Viktoria, folgte seiner Mutter 22. Jan. 1901, verm�hlt seit 10. M�rz 1863 mit Alexandra, Prinzessin von D�nemark. Kronprinz ist Georg, geb. 3. Juni 1865.[372]

Das Parlament.

Das Parlament besteht aus dem K�nig, dem Haus der Lords (Haus der Peers, Oberhaus, House of Lords) und dem Haus der Gemeinen (Unterhaus, House of Commons), deren �bereinstimmung zu einem Gesetz (Parlamentsakte) geh�rt. Das Parlament, ohne den Konia betrachtet, beaufsichtigt die Verwaltung, beratschlagt die Gesetze, bewilligt das Budget auf ein Jahr, legt Steuern auf und hat das Recht der Steuerverweigerung, richtet auch durch das Oberhaus seine Mitglieder wegen Hochverrats und auf Anklage des Unterhauses die Verbrechen der Minister und hohen Staatsbeamten. Das Parlament wird vom K�nig berufen, durch eine Thronrede im Oberhaus, wozu das Unterhaus eingeladen wird, er�ffnet und kann vom K�nig auf l�ngere Zeit vertagt und g�nzlich aufgel�st werden. Ein Parlament darf nie l�nger als sieben Jahre bestehen und nicht l�nger als 80 Tage vertagt bleiben. Beide H�user f�hren ihre Verhandlungen besonders. Jedes Mitglied eines derselben kann einen Vorschlag (bill) machen. Die Bills betreffen entweder allgemeine Angelegenheiten (public bills) oder Lokal- und Privatsachen (private bills). Geldbewilligungen (money bills) m�ssen im Haus der Gemeinen eingebracht und von den Lords entweder unabge�ndert angenommen oder g�nzlich verworfen werden. Fede Bill mu� eine zweimalige Lesung und Abstimmung bestehen, ehe die eigentliche Debatte er�ffnet wird. Der K�nig genehmigt jede Art mit einer besondern franz�sischen Formel. Verwirft er die Bill, so geschieht es mit der Formel. »Le roi s'avisera«, ein Fall, der �brigens seit 1707, als die K�nigin Anna die schottische Milizbill verwarf, nicht vorgekommen ist. Vor der Emanzipationsbill (1829) hatten Katholiken im Oberhaus nur Sitz, nicht Stimme, vom Unterhaus waren sie g�nzlich ausgeschlossen, weil die Mitglieder au�er dem noch jetzt gebr�uchlichen Eide der Treue (oath of allegiance) noch den Kircheneid (oath of supremacy) und den Testeid ablegen mu�ten, was die Katholiken nicht konnten. Seit 21. Juli 1858 kann jedes der beiden H�user einem zu beeidigenden Mitgliede die Worte »beim wahren Glauben eines Christen« erlassen. Kein Mitglied beider Hauser kann w�hrend der Parlamentszeit mit Arrest belegt werden.

Zum Oberhaus geh�ren die majorennen Prinzen des k�niglichen Hauses, die weltlichen Peers des Vereinigten K�nigreichs, die das Recht erblich besitzen und wenigstens 21 Jahre alt sind, 3 Oberrichter als person liche Peers (Life Peers), ein Ausschu� des schottischen und irischen Adels (von ersterm 16, von letzterm 28 Peers, die von ihresgleichen gew�hlt werden, jene f�r jedes Parlament, diese auf Lebenszeit), die 2 Erzbisch�fe und 24 Bisch�fe von England und Wales, im ganzen jetzt 595 Mitglieder. Der Lord-Kanzler (dessen Sitz der »Wollsack«, ein gro�es, viereckiges, mit rotem Tuch bedecktes Kissen ohne R�cken- und Seitenlehne, ist) f�hrt den Vorsitz. Jedes Mitglied stimmt durch »content« (einverstanden) oder »non content« (nicht einverstanden); sie k�nnen ihre Stimmen durch Mandatare (by proxy) abgeben. Das Quorum oder die zur g�ltigen Abstimmung erforderliche Anzahl von Mitgliedern betr�gt 3 (im Unterhaus 40) Mitglieder. Das Unterhaus oder das Haus der Gemeinen besteht aus den Abgeordneten der Grafschaften, St�dte (boroughs) und Universit�ten und z�hlt 670 Mitglieder; davon kommen 495 Abgeordnete (n�mlich 253 der Grafschaften, 236 der St�dte und 6 der Universit�ten) auf England und Wales; 72 (39 f�r die Grafschaften, 31 f�r die St�dte, 2 der Universit�ten) auf Schottland; 103 (85 f�r die Grafschaften, 16 f�r die St�dte, 2 f�r die Universit�ten) auf Irland. Das Wahlrecht ist das gleiche f�r die drei K�nigreiche wie f�r Stadt oder Land. Das Stimmrecht hat, wer ein eignes Haus oder H�uschen bewohnt, oder wer als Mieter 10 Pfd. Sterl. j�hrliche Miete zahlt. Die Abgeordneten der Universit�ten werden von s�mtlichen Graduierten der betreffenden Universit�t gew�hlt. Kein Stimmrecht haben Ausl�nder, die Peers, des Meineides �berwiesene, Arme, die von der Gemeinde Unterst�tzung erhalten, und viele der Regierungsbeamten. Nicht wahlf�hig sind die Richter, die einen Gehalt beziehen, Geistliche der englischen, schottischen und r�mischen Kirche, gewisse Staatsbeamte und Verbrecher. Einmal gew�hlt, kann ein Mitglied nur infolge der Annahme eines Kronamtes austreten (s. Chiltern hundreds). Die Abstimmung bei den Wahlen ist geheim. Die Mitglieder des Parlaments erhalten keine Di�ten.

Gleich bei Er�ffnung des Parlaments wird der Sprecher erw�hlt, der die Verhandlungen leitet, jedoch nicht daran teilnimmt, w�hrend die Redner (der Form nach) sich an ihn allein wenden; er bezieht einen Jahresgehalt von 5000 Pfd. Sterl. Ein Chair-man leitet die Verhandlungen, wenn das Haus als Komitee ber�t. Ein solches Komitee des ganzen Hauses hei�t Committee of supply, wenn es sich um Ausgaben, Committee of ways and means, wenn es sich um Deckung dieser Ausgaben handelt. Au�erdem bestehen zwei st�ndige Aussch�sse (Standing Committees) f�r Handel und Verkehr und f�r juristische Angelegenheiten, Aussch�sse f�r die Begutachtung von Private bills und Select Committees f�r verschiedene Zwecke. Die Mitglieder stimmen mit »Ay« und »No« (Ja und Nein). Bei der Abstimmung erfolgt erst die Verneinung, dann die Bejahung. Das Recht, die Verhandlungen durch die Presse zu ver�ffentlichen, besteht gesetzlich nicht, doch hat man den Berichterstattern eine Galerie einger�umt.

St�nde, politische Rechte.

Nach den politischen Rechten gibt es in staatsb�rgerlicher Hinsicht drei St�nde: die Krone, die Nobility (Adel) und die Commonalty. W�rde und Titel eines Peers gehen aber nur auf den �ltesten Sohn �ber, der bei Lebzeiten des Vaters nur dessen zweiten Titel f�hrt. Deshalb hei�t der �lteste Sohn eines Herzogs Marquis oder Graf, der eines Marquis Graf oder Viscount, der eines Grafen Lord. Den j�ngern S�hnen eines Herzogs oder Marquis geb�hrt der Titel Lord. S�hne eines Viscounts oder Barons f�hren keinen besondern Titel; es geb�hrt ihnen aber, wie s�mtlichen Peerss�hnen, die sich nicht eines h�hern Titels erfreuen, das Pr�dikat »Honourable«. Die Zahl der Mitglieder des hohen Adels kann nach Belieben des K�nigs vermehrt werden. Er zerf�llt in f�nf Klassen: Herzoge oder Dukes, deren es au�er den Prinzen k�niglichen Gebl�ts 22 gibt; Marquis, 23 Geschlechter; Grafen oder Earls, 125 (die 2 �ltesten, Shrewsbury und Derby, von 1442 und 1435); Viscounts, 35; Barone oder Lords, urspr�nglich die reichsunmittelbaren Vasallen Wilhelms des Eroberers, 316. Von den geistlichen Peers stehen die Erzbisch�fe zwischen den k�niglichen Prinzen und den Herzogen, die Bisch�fe zwischen den Viscounts und den Baronen. Der hohe Adel Schottlands und Irlands z�hlt 262 Mitglieder, von denen 135 gleichzeitig Peers des Vereinigten K�nigreichs sind und als solche im Haus der Peers einen Sitz einnehmen.[373] Von den �brigen haben 16 schottische und 28 irische »Representative Peers« gleichfalls Sitz und Stimme im Oberhaus. Die Commonalty umfa�t den Rest der Bev�lkerung. Au�er den S�hnen der Peers geh�ren zu ihr die Gentry (s. d.), die seit Jakob I. kreierten Baronets (s. d.) und s�mtliche andre Klassen des Volkes. Wenn nun aber auch keine gesetzlichen Schranken zwischen den verschiedenen Volksklassen errichtet sind und nur die Peers als geborne Gesetzgeber sich eines Vorrechts erfreuen, so kann doch nicht in Abrede gestellt werden, da� Geburt und Reichtum sich streng absondern vom niedern B�rgerstand und selbst der Besuch von Schulen, in denen Kinder von tradesmen (Kr�mern, Handwerkern etc.) ihre Erziehung erhalten, den Kindern der obern St�nde verp�nt ist.

Jeder in G., auch von einer Ausl�nderin, und im Ausland von einer Engl�nderin Geborne ist ein Brite und genie�t dessen politische und b�rgerliche Rechte. Jedem Briten steht v�llige Freiheit der Person, namentlich auch Sicherheit des Lebens und des guten Namens, Schutz gegen jede willk�rliche Verhaftung und Freiheitsbeschr�nkung zu; ferner Sicherheit des Eigentums, Freiheit der Rede und der Presse unter dem Schutz der Geschwornengerichte, Petitionsrecht und der Schutz der Gerichtsh�fe, Unantastbarkeit seines Hauses und das Recht, zur Selbstverteidigung Waffen zu tragen. Die B�rger sind der Regierung, d. h. der ganzen Hierarchie des Beamtenstandes, nicht zu unbedingtem, sondern nur zu verfassungsm��igem Gehorsam verpflichtet. Die schroffe Trennung aber des Beamtenstandes vom Volk wird dadurch ausgeschlossen, da� die britische Verfassung eine Menge Regierungsgesch�fte der eignen Besorgung der Nation �berl��t. Hierher geh�ren die Friedens- und die Geschwornengerichte, die Grand jury, die Munizipalverfassung und vor allem das Recht, sich zur Beratung aller gemeinschaftlichen Angelegenheiten zu versammeln und zu verbinden.

Staatsverwaltung.

Die Exekutivgewalt geh�rt, wie schon erw�hnt, der Krone. Ihre Organe sind die Minister und die von der Krone gew�hlten Beamten. Die anerkannten Ratgeber der Krone bilden den Geheimen Staatsrat (Privy Council), der aus bedeutenden, vom K�nig gew�hlten Pers�nlichkeiten besteht (nur der Lord-Mayor von London geh�rt ex officio dazu), ohne Beschr�nkung der Zahl. Ein Ausschu� dieses Rates fungiert als Appellationsgericht f�r die kolonialen, Admiralit�ts- und kirchlichen Gerichtsh�fe. Gegenw�rtig z�hlt der Geheime Staatsrat �ber 200 Mitglieder und vereinigt in sich die hervorragendsten Politiker aller Parteien. Die eigentlich wirksamen Kr�fte, die ausf�hrenden Minister der Krone, dagegen bilden einen kleinern K�rper von Kabinettsr�ten (Cabinet Council), unter welche die Hauptstaats�mter verteilt sind. Die Mitglieder dieses Kabinettsrats, das Ministerium, werden zwar auch vom K�nig ernannt, da sie aber dem Parlament gegen�ber f�r ihre Handlungen verantwortlich sind, so h�ngt ihre Wahl von der Majorit�t im Parlament ab. Dazu geh�ren in der Regel folgende Mitglieder. der erste Lord der Schatzkammer (First Lord of the Treasury) als Premierminister; der Lord-Gro�kanzler als Rechtsbeistand des Kabinetts und Bewahrer des gro�en Siegels; der Lord-Pr�sident des Geheimen Rats und Minister des �ffentlichen Unterrichts; der Kanzler des Schatzamtes (Exchequer, Finanzminister); die Staatssekret�re f�r innere Angelegenheiten, ausl�ndische Angelegenheiten, die Kolonien, Krieg und Indien; der erste Lord der Admiralit�t (Marineminister); der Generalpostmeister; die Pr�sidenten des Handelsamtes (Board of Trade), des Amtes f�r Lokalregierung und des landwirtschaftlichen Amtes; der Lord-Kanzler und der Obersekret�r f�r Irland und der Sekret�r f�r Schottland. Andre hohe Staatsbeamte sind der Oberkommissar f�r �ffentliche Bauten, die junior Lords der Admiralit�t und der Schatzkammer, die Unterstaatssekret�re. Sie gehen fast s�mtlich aus dem Parlament hervor und legen ihr Amt nach R�cktritt des Ministeriums nieder. F�r Justizf�lle stehen der Regierung au�er dem Lord-Kanzler ein Attorney general (Generalfiskal), ein Solicitor general (Generalprokurator) und ein Advocate general zur Seite. Die Verwaltung der Angelegenheiten Schottlands ist jetzt gr��tenteils mit der englischen vereinigt. Irland dagegen hat eine eigne Regierung, der ein in Dublin residierender Statthalter (Lord-Lieutenant) vorsteht. Die Schatzkammer (Treasury) sorgt f�r Erhebung der Steuern und deren richtige Verwendung. In ihr haben Sitz der erste Lord der Schatzkammer, der Kanzler des Exchequer und drei andre hohe Staatsbeamte, die jedoch nicht Mitglieder des Kabinetts sind. Unter ihr stehen das Zollamt und das inl�ndische Steueramt mit dem Stempelamt.

Was die innere Verwaltung des Landes betrifft, verweisen wir auf die Artikel »England«, »Schottland« und »Irland«. Hier mag nur erw�hnt sein, da� die Lokalausgaben 1900–01: 133,713,267 Pfd. Sterl. betrugen. Diese bedeutende Summe wurde durch eine Mietsteuer, Renten von Gas-, Wasser- und Elektrizit�tswerken etc. (67 Mill. Pfd. Sterl.), durch Anleihen (35,5 Mill.), Zusch�sse aus der Staatskasse (16 Mill.), ferner durch Abgaben von Stra�enbahnen, Chausseegelder, Marktgeb�hren etc. gedeckt. Von den Ausgaben entfielen auf die Polizei, Gesundheitspflege und die �ffentlichen Anlagen in st�dtischen Gemeinden 79,2 Mill., auf Polizei, Gesundheitspflege und Wegebau in den Grafschaften 13,8 Mill., auf die Armenpflege 14,4 Mill., das Schulwesen 14,5 Mill., Hafenanlagen 6,1 Mill. Pfd. Sterl. etc.

Rechtspflege.

Die Gerichts- und Rechtsverfassung Gro�britanniens enth�lt viele veraltete Einrichtungen. Wie in andern Staaten, sind auch in England die �ltesten Volksrechte schon fr�h untergegangen, und der Einflu� des r�mischen Rechts auf die neuern Rechte seit dem 11. Jahrh. ist nicht zu verkennen. Man unterscheidet das gemeine Recht (Common Law), dessen Grundlage die Gesetze der Briten, Sachsen und D�nen sind, und das statutarische Recht (Statute Law), das in Parlamentsgesetzen enthalten ist. Au�erdem kommt in den kirchlichen und Admiralit�tsgerichten das r�mische Zivilrecht und teilweise das kanonische Recht zur Anwendung. Wie gro� die Masse der britischen Gesetze ist, kann man schon daraus entnehmen, da� die von Pakering besorgte Ausgabe der Gesetze von 1215–1817: 34 Quartb�nde enth�lt. Um die Kriminalgesetzgebung zeitgem�� umzugestalten, wurden schon in der ersten H�lfte des 19. Jahrh. viele veraltete Parlamentsgesetze aufgehoben, die H�rte andrer gemildert und namentlich die Todesstrafe in mehreren Fallen abgeschafft; doch besitzt England auf keinem Gebiete des Rechts ein f�rmliches Gesetzbuch. Darum ist auch jetzt noch die Rechtspflege langwierig und kostspielig. F�r das Vereinigte K�nigreich ist das Haus der Lords der oberste Gerichtshof, denn es kommen vor dasselbe nicht nur von den[374] Gemeinen erhobene Anklagen wegen Hochverrats und alle gegen Peers anh�ngig gemachten Kriminalklagen, sondern es ist gleichzeitig Appellationsgericht f�r Schottland und Irland. Weiteres s. England, S. 804.

Finanzen.

Die Bed�rfnisse der britischen Staatsverwaltung sind seit Anfang des 18. Jahrh. riesig gewachsen. 1709 betrugen die ordentlichen Ausgaben 7 Mill. Pfd. Sterl., dagegen 1902–03: 184,5 Mill. Pfd. Sterl. 1784 waren die Staatseinnahmen bereits auf fast 12 Mill. Pfd. Sterl. gestiegen. Die Kriege mit Frankreich erheischten ungeheure Summen, so da� 1815 das Budget allm�hlich bis auf 1163/4 Mill. Pfd. Sterl. gestiegen war, wovon 893/4 Mill. Pfd. Sterl. durch Steuern, die andern 27 Mill. durch Anlehen aufgebracht wurden. Solch gewaltige Anstrengungen hat England erst in der neuesten Zeit wieder gemacht; aber w�hrend der Krimkrieg (1854–56) nur 77,6 Mill. Pfd. Sterl. kostete, werden die durch den s�dafrikanischen Krieg verursachten Ausgaben auf 140 Mill. Pfd. Sterl. gesch�tzt, wenigstens ist die englische Staatsschuld in den Jahren 1899–1903 um 142 Mill. Pfd. Sterl gewachsen.

Die Quellen, aus denen die britischen Staatseinnahmen flie�en, sind von der verschiedensten Art, werden aber im wesentlichen unter Zollen, Akzise (excise), Stempelgeb�hren, direkten Steuern (taxes), dem Ertrag vom Post- und Telegraphendienst und den Einnahmen der Kronl�ndereien zusammengefa�t. Von den fr�her ausgedehnten Kronl�ndereien sind jetzt, abgesehen von den Herzogt�mern Cornwall und Lancaster, deren Einnahmen in den S�ckel des K�nigs, bez. des Prinzen von Wales flie�en, nur etwa 48,000 Hektar �brig, die j�hrlich nur 455,000 Pfd. Sterl. (netto) abwerfen. Die Grundsteuer (land tax), die urspr�nglich von allen Lehnsleuten entrichtet werden mu�te, wurde 1660 beseitigt, aber 1692 wieder eingef�hrt und zwar im Betrag von 20 Proz. auf die Roheinnahmen von liegendem Eigentum. Gleichzeitig wurde die Abl�sung dieser Steuer zugestanden. Sie trug damals in England und Schottland 2,037,627 Pfd. Sterl. ein und w�rde jetzt an 40 Mill. ergeben, wenn nicht noch immer die urspr�ngliche Einschatzung Kraft hatte und fast die H�lfte der Steuer abgel�st worden ware. So belief sich der Ertrag 1902/03 auf nur 750,000 Pfd. Sterl. Eine Haussteuer ist seit 1851 an Stelle der �ltern Fenstersteuer getreten und wird von allen H�usern erhoben, deren j�hrlicher Mietswert 20 Pfd. Sterl. �bersteigt. Eine Einkommensteuer wurde zuerst 1798 von W. Pitt eingef�hrt und bis 1315 als Kriegssteuer bezahlt; 1843 wurde sie von Sir R. Peel erneuert. Sie betr�gt jetzt 1 Schilling 2 Pence (bis 1900 nur 8 Pence) pro Pfund Sterling (5,8 Proz.) f�r alle Einkommen, gleichviel ob von Land, Kapital oder Erwerb. Doch sind Einkommen von weniger als 160 Pfd. Sterl. steuerfrei, bei solchen unter 700 Pfd. Sterl. bleiben 70–160 Pfd. steuerfrei. Vom Ertrag der Landwirtschaft wird nur ein Drittel zur Steuer herangezogen. Eine Akzise wird seit 1660 von Bier und Spirituosen erhohen. Jetzt betr�gt sie auf Bier 7 Schill. 9 Pence pro Fa� von 36 Gallonen (4 Mk. 75 Pf. pro Hektoliter) bei 1,055� W�rze, und auf Spirituosen 11 Schill. pro Gallon (2 Mk. 42 Pf. pro Liter); neuerdings unterliegen auch Saccharin und Glukose der Akzise. Lizenzen (zum Betrieb von Gewerben etc.) m�ssen gel�st werden von Brauern, Brennern, Tabakfabrikanten, Essigfabrikanten, Seifensiedern, Wirten jeder Art, Tabakh�ndlern, Hausierern, Wildbreth�ndlern, Hundebesitzern, J�gern, Wagenbesitzern, Bankiers, Versteigerern u. v. a. Eisenbahngesellschaften haben 5 (f�r st�dtische Bahnen nur 2) Proz. von allen Passagierbilletts zu zahlen, f�r welche die Fahrt 1 Penny f�r die engl. Meile (5,4 Pf. pro Kilometer) �bersteigt. �ber die Z�lle s. oben, S. 369.

Die Stempelgeb�hren sind insgemein vielf�ltig, aber wirklich eintr�glich sind unter ihnen nur die Erbschaftssteuern, die nach dem Grade der Verwandtschaft 1–10 Proz. von der Hinterlassenschaft betragen (s. Erbschaftssteuer, S. 897). Nur wenn Eheleute sich beerben, wird keine Steuer bezahlt.

Die Einnahmen f�r das Jahr 1902/03 ergaben:

Tabelle

Die ordentlichen Ausgaben betrugen 1898/99 (im letzten Jahr vor dem s�dafrikanischen Krieg) und 1902/03:

Tabelle

[375] Die britische Staatsschuld belief sich zur Zeit der letzten Revolution (1689) nur auf 664,263 Pfd. Sterl. Kapital. K�nigin Anna fand bei ihrem Regierungsantritt eine Schuld von 16,4 Mill. Pfd. Sterl., die sie in zw�lf Jahren um 37,7 Mill. Pfd. Sterl. vermehrte. Georg II. traf 1727 eine Schuld von 52 Mill. Pfd. Sterl. an, die bis zum Pariser Frieden (1763) bis auf 133,9 Mill. Pfd. Sterl. anwuchs. Beim Ausbruch des amerikanischen Krieges (1774) betrug sie noch 128,6 Mill. Pfd. Sterl., hatte aber beim Friedensschlu� (1783) eine H�he von 250 Mill. Pfd. Sterl. erreicht. Nach dem Ende des franz�sischen Krieges (Anfang 1817) ward der Stand der ganzen Schuld zu 841 Mill. Pfd. Sterl. berechnet, und sie b�rdete dem Land eine j�hrliche Ausgabe von 32 Mill. Pfd. Sterl. auf. 1853 war die Schuld auf 771 Mill. Pfd. Sterl. gefallen, stieg aber wieder infolge des Krieges mit Ru�land und belief sich 1867 auf 836 Mill. Pfd. Sterl. 1899 war sie auf 628 Mill. gesunken und betrug 31. M�rz 1903. 770,778,762 Pfd. Sterl. (n�mlich 640,085,726 fundiert, 75,133,000 nicht fundiert und 55,560,036 Annuit�ten zu 3 Proz., in Kapital umgerechnet); dazu kommen noch 27,570,428 Pfd. Sterl. an andern Verbindlichkeiten. Abz�glich der Guthaben (Suezkanalaktien etc.) und eines Kassenbestandes von 6,637,127 Pfd. belief sich die Nationalschuld auf 760 Mill. Pfd. Sterl.

Heerwesen.

Heeresverfassung. (S�mtliche Angaben k�nnen keinen Anspruch auf dauernde G�ltigkeit haben, da G. in einer umfangreichen Heeresreform begriffen ist.) Die Genehmigung, ein stehendes Heer in bestimmter St�rke zu halten, wird j�hrlich durch Parlamentsbeschlu� (army act) erneuert. Der vorj�hrige Etat berechnete das regul�re Heer auf 420,000 Mann, das Budget auf etwas �ber 69 Mill. Pfd. Sterl., der Heeresetat f�r 1903/04 wird auf 34,245,000 Pfd. Sterl. veranschlagt, weil die Heeresst�rke nur 235,761 K�pfe betragen soll. Trotz der schlechten Erfahrungen des s�dafrikanischen Feldzuges erg�nzt sich die aktive Armee noch durch Werbung. Historisch liegt der Grund, da� die allgemeine Wehrpflicht noch nicht eingef�hrt ist, darin, da� G. in der neuern Zeit nie das nationale Ungl�ck hatte, den Feind im Lande zu haben wie andre V�lker; es fehlt daher das Verst�ndnis f�r den innern Wert der allgemeinen Wehrpflicht fast durchweg. Schwierig w�re es auch, bei der kurzen Dienstzeit, die die allgemeine Wehrpflicht zur Folge h�tte, f�r die Besatzung der �berseeischen Garnisonen Rekruten auszubilden, zu versenden und zu akklimatisieren. Alter der Rekruten mit wenigen Ausnahmen 18–25 Jahre; sie verpflichten sich beim Eintritt zu einer zw�lfj�hrigen Dienstzeit im stehenden Heer, von der meist 3,7, auch 12 Jahre bei der Fahne abgeleistet werden gegen einen Tagessold von 1 Schilling 4 Pence. Der Rest der Dienstzeit wird beim Ausscheiden vor Ablauf der 12 Jahre in der Armeereserve verbracht; t�gliche L�hnung etwa 50 Pf. Eine Weiterverpflichtung �ber die vorgeschriebene Dienstzeit ist statthaft. Vom 1. April 1904 an soll jedem zweij�hrig gedienten Soldaten freistehen, in die Reserve �berzutreten oder bis zum 8., resp. 12. Jahr in der aktiven Armee weiterzudienen. Im letztern Fall erh�lt er vom Beginn des dritten Dienstjahres an eine t�gliche Zulage von 6 Pence. Die Kosten hierf�r werden f�r England auf 1,048,000 Pfd. Sterl., f�r Indien auf 786,000 Pfd. Sterl. berechnet. – Neben dem stehenden Heere dienen ausschlie�lich zu Zwecken der Landesverteidigung gewisse Hilfstruppen, hestehend aus der Miliz mit Milizreserve, der Milizkavallerie (yeomanry, neuerdings imperial yeomanry) und den Freiwilligen (volunteers). Auf dem Papier steht f�r die Miliz die allgemeine Wehrpflicht: alle waffenf�higen M�nner zwischen dem 18. und 30. Lebensjahr sollen in ihren Gemeinden losen, und die h�chsten Nummern bis zu der von der Gemeinde zu gestellenden Zahl werden f�r den f�nfj�hrigen Dienst herangezogen. Stellvertretung ist gestattet und f�hrt auch hier zur Werbung mit Verpflichtung auf 6 Jahre. Auch Volunteers k�nnen an Stelle der Milizen seitens der Gemeinden gestellt werden. F�r jeden fehlenden Mann ist ein Strafgeld von 200 Mk, zu entrichten. Mannschaften unter 45 Jahren ist eine Verl�ngerung der Dienstzeit gestattet. Milizrekruten werden 6 Monate und darauf j�hrlich zu mindestens 28t�gigen �bungen eingezogen. Leute unter 34 Fahren, die zwei �bungen in der Miliz mitgemacht haben, k�nnen gegen j�hrliches Handgeld von 20 Mk. zur Milizreserve �bertreten. Sie verpflichten sich zu 6j�hriger Dienstzeit in derselben und finden im Kriegsfall wie die Armeereserve (also auch au�erhalb des Mutterlandes) Verwendung. Sie k�nnen im Frieden j�hrlich zu 56t�giger �bung in ihrem Miliztruppenteil herangezogen werden. Mit Durchf�hrung der geplanten Reorganisation wird diese Milizreserve, die eigentlich nur eine Reserve f�r die Feldarmee ist, verschwinden und eine neue geschaffen werden, die nur zum Dienst im Mutterlande verpflichtet ist, gegen eine Pr�mie von 4 Pence t�glich, und dse bestehen soll teils aus Mannschaften, die zehn Jahre in der Miliz gedient haben, teils aus Leuten, die nach 14j�hriger Dienstzeit in der Linie ausschieden, sofern sie nicht in neu zu gr�ndende Garnisonbataillone �bertreten wollen. Diese Reservedivision der Miliz ist 1903 aufgestellt worden und soll auf 50,000 Mann gebracht werden. – Die Yeomanry ist eine freiwillige Truppe, die sich auf eigne Kosten beritten macht (berittene Sch�tzen). Sie �bt an 14 nicht immer aufeinander folgenden Tagen im einzelnen und 6 Tage im Regimentsverband, au�erdem findet j�hrlich ein Schie�kursus statt. L�hnung erh�lt sie f�r jeden �bungstag. Mit der Umwandlung in die Imperial Yeomanry geht eine Vermehrung von 10,000 auf 35,000 Mann Hand in Hand. Die Pferde k�nnen fortan geliefert werden; wer ein eignes Pferd mitbringt, erh�lt eine Entsch�digung von 5 Pfd. Sterl. Jedes Jahr findet eine mindestens 14t�gige Lager�bung bei 51/2 Schilling Tagessold statt. – Die Volunteers dienen ohne L�hnung in besondern Truppenteilen, denen f�r Ausr�stung, Bekleidung etc. eine bestimmte Summe pro Kopf zu gewiesen wird. Sie dienen wie die Yeomanry nur zur Verteidigung von England und Schottland und rekrutieren sich aus allen britischen Untertanen zwischen dem 17. und 50. Lebensjahr, �ber das hinaus keiner dienen darf. Sie verpflichten sich auf keine bestimmte Zeit, im Frieden kann jeder Volunteer nach 14t�giger K�ndigung ausscheiden. Neuerdings sollen die Volunteers alle 2 Jahre wenigstens f�r eine Woche zum Dienst im Feldlager herangezogen werden, um sie f�r den Kriegsfall besser vorzubereiten. Da infolge von Berufspflichten u. dgl. die Truppenteile selten vollz�hlig sein w�rden, werden hierf�r kombinierte Bataillone etc. gebildet. W�hrend der Zudrang zu den Offizierstellen der Linie gro� ist, ist die Zahl der Volunteer-Offiziere ganz unzureichend. Bis vor kurzem rangierten sie hinter den Linienoffizieren von gleichem Rang. Seit dem s�dafrikanischen Krieg wird namentlich auch an einer Reorganisierung der Volunteers gearbeitet.[376]

Organisation. An der Spitze der Armee steht der K�nig. Der Posten des H�chstkommandierenden (Commander in chief) ist abgeschafft; neu geschaffen wird der des Generalinspekteurs, dem 5 Inspekteure unterstehen sollen, und der seinerseits dem Kriegsministerium nicht untersteht. Mit dem Kriegsministerium (Kriegsamt, War Office) verbunden ist der Heeresrat (Army Council), der unter dem Vorsitz des Kriegsministers 4 milit�rische und 2 Zivilmitglieder z�hlt, und an den der Generalinspekteur �ber seine Truppenbesichtigungen etc. berichtet. Eine den deutschen Generalstabsgesch�ften �hnliche T�tigkeit soll der st�ndige Landesverteidigungsausschu� entwickeln (1 Vorsitzender, 2 Offiziere des Kriegsamts und der Admiralit�t, 2 indische Offiziere und Vertreter der Kolonien). In welcher Weise nun die fr�hern Befugnisse des H�chstkommandierenden auf die verschiedenen neuen Organisationen �bergehen, ist noch nicht durchweg entschieden. Bei den jetzigen Reformen ist eine besondere Stellung f�r den Generalinspekteur des Zeugwesens geschaffen, dem auch die Inspizierung von Mobilmachungsvorr�ten, bei denen sich bekanntlich im letzten Kriege M�ngel herausstellten, �bertragen wurde. – G. ist in 17 Milit�rdistrikte und 67 Subdistrikte mit Depots f�r Linie, Miliz und Volunteers eingeteilt. Den Milit�r-, bez. Subdistrikten sind Generale, bez. Oberstleutnants vorgesetzt, die f�r Ausbildung, Verwaltung, Mobilmachung etc. zu sorgen haben. F�r Irland besteht ein besonderes Oberkommando; au�erdem sind in den Kolonien kommandierende Generale. Die St�be der Distrikte sind je nach ihrer Wichtigkeit und Truppenzahl zusammengesetzt. Die begonnene Neuorganisation bezweckt, die Friedensarmee Gro�britanniens in sechs territoriale Armeekorps zusammenzufassen; sie ist aber bisher nur f�r die drei ersten Armeekorps, die f�r den Dienst im Auslande bestimmt sind und nur aus regul�ren Truppen bestehen, durchgef�hrt, deren Bezirk ohnehin mit den bisherigen wichtigsten Milit�rdistrikten Aldershot, Salisbury und Curragh (Irland) zusammenfallen. Ferner existieren an h�hern Friedensverb�nden vier Kavalleriebrigaden in Aldershot, Canterbury, Colchester und Curragh, alle �brigen Einheiten sind noch den die Milit�rdistrikte kommandierenden Generalen direkt unterstellt. Ein neuer Inspekteur der Kavallerie ist ernannt. Bei einer Mobilmachung erhalten die Einberufenen einen Teil der Feldausr�stung bei den Depots der Subdistrikte, den Rest erst bei den Truppenteilen. F�r den Kriegsfall stehen nach Abschlu� der Reformpl�ne zur Verteidigung des Mutterlandes bereit: eine Feldarmee von 6 Armeekorps (260,000 Mann), Besatzungstruppen (196,000 Mann), Volunteers f�r Verteidigung Londons (100,000 Mann), bei den St�ben (4000 Mann), Rekrutendepots etc. (120,000 Mann), zusammen 680,000 Mann. Au�erhalb der vereinigten K�nigreiche stehen zur sofortigen Verf�gung: das 1.–3. Armeekorps (108,777 Mann), 3 Kavalleriebrigaden (7491 Mann), Etappentruppen (4000 Mann), zusammen 120,268 Mann; au�erdem ist ein Teil der indischen Truppen und die freiwillige Beteiligung der Auxiliartruppen in Berechnung zu ziehen, wie der s�dafrikanische Krieg gezeigt hat. Ein Armeekorps der Feldarmee besteht aus 3 Infanteriedivisionen und den Korpstruppen; zu letztern geh�ren 1 Bataillon Korpsinfanterie mit 2 Maschinengesch�tzen, 1 Eskadron, 3 reitende und 3 fahrende Batterien Korpsartillerie, 1 Kompagnie Korpspioniere, 1 Train- und 1 Signalistenkompagnie. Eine Infanteriedivision setzt sich zusammen aus 2 Infanteriebrigaden und den Divisionstruppen; zu diesen geh�ren 1 Eskadron, 3 fahrende Batterien, 1 Feldpionier- und 1 Trainkompagnie, 1 Munitionskolonne und 1 Feldlazarett. Eine Infanteriebrigade hat 4 Bataillone, 1 Revolvergesch�tzabteilung (2 Gesch�tze), 1 Trainkompagnie und 1 Sanit�tsdetachement. Die Kavalleriedivision besteht aus 3 Kavalleriebrigaden, 1 Bataillon berittener Infanterie (mounted infantry) mit Revolvergesch�tzabteilung, 2–3 reitenden Batterien, 1 Trainkompagnie und 1 Feldlazarett. Jede Kavalleriebrigade besteht aus 2 Kavallerieregimentern, 1 Revolvergesch�tzabteilung, 1 Trainkompagnie, 1 Feldlazarett und 1 Sanit�tsdetachement. – Die planm��ige Friedensst�rke betr�gt zurzeit 219,800 Mann f�r das Mutterland mit den Kolonien und �gypten und au�erdem 73,518 Mann britischer Truppen f�r Indien, insgesamt 12,057 Offiziere, 274,383 Mannschaften, 37,583 Pferde und 904 bespannte Gesch�tze; ferner Armeereserve 90,000 Mann; Miliz 150,000 Mann, 54 bespannte Gesch�tze (darunter neue Milizreserve 50,000 Mann), neuorganisierte Yeomanry 35,000 Mann, Volunteers 250,000 Mann, 404 Gesch�tze.

St�rke des stehenden Heeres: Infanterie: 172 Bataillone, darunter 10 Gardebataillone, und zwar 82 in England, 38 in den Kolonien, 52 in Indien. Kavallerie. 31 Regimenter, darunter 3 Garderegimenter, und zwar 12 in England, 10 in den Kolonien, 9 in Indien. Feldartillerie: 199 Batterien, und zwar 17 reitende, 104 fahrende in England, 2 reitende, 12 fahrende in den Kolonien, 11 reitende, 45 fahrende, 8 Gebirgsbatterien in Indien. Festungsartillerie: 113 Kompagnien, und zwar 48 in England, 37 in den Kolonien, 28 in Indien. Pioniere, Seeminenleger etc.: 84 Kompagnien, und zwar 57 in England, 26 in den Kolonien, 1 in Indien. Train: 62 Kompagnien in England, 16 in Indien. Zeugkorps: 20 Kompagnien in England. Sanit�tskorps: 23 Kompagnien in England. Miliz: 131 Infanteriebataillone, 9 fahrende Batterien, 178 Festungsartilleriekompagnien, 25 Pionier-, Seeminenleger- etc. Kompagnien, 12 Sanit�tskompagnien. Yeomanry: 59 Regimenter. Volunteers: 223 Infanteriebataillone, 2 reitende und 136 fahrende Batterien, 390 Festungsartilleriekompagnien, 32 Pionier-, Seeminenleger- etc. Kompagnien, 26 Sanit�tskompagnien. Hierzu tritt das Kolonialkorps mit 12 Infanteriebataillonen, 19 Kompagnien Lokalartillerie, 5 Kompagnien Pioniere. Die Luftschifferabteilung in England ist in 6 Sektionen zu 3 Offizieren und 30 Mann formiert; sie hat insgesamt 6 Kugelballons (darunter 2 kleinere aus Goldschl�gerhaut).

Die Etats bei der Feldartillerie sind in folgender Weise ge�ndert:

Tabelle

[377] Die taktischen Einheiten beim Infanteriebataillon und Kavallerieregiment sind die fr�hern geblieben und zwar im Mutterlande bei der

Tabelle

Bewaffnung. Die Infanterie in Europa f�hrt das Lee-Enfield-Gewehr M/95 von 7,7 mm Kaliber, nach den unbefriedigenden Erfahrungen des letzten Krieges steht die Einf�hrung eines neuen Modells nahe bevor. S�mtliche Batterien der Feld- und reitenden sowie der Garnisonartillerie haben pro Batterie 48 Gewehre erhalten. Die Eingebornenarmee ist im Laufe des Jahres 1903 gleichfalls mit dem Lee-Enfield-Gewehr M/95 bewaffnet worden, die �ltern Systeme finden f�r Volunteers, Reserven und f�r Bildung einer allgemeinen Heeresreserve beim indischen Heer Verwendung, Die unberittenen Offiziere f�hren den Lee-Enfield-Karabiner oder Revolver, aber keinen S�bel. Die Kavallerie f�hrt S�bel und Karabiner am Sattel. Die Lanze ist im Mutterland abgeschafft und wird nur zu Parade- und Eskortezwecken gef�hrt. Die Kavallerieregimenter und im Felde die berittenen Infanteriebataillone erhalten je ein 3,7 cm-Maschinengesch�tz. Die Feldartillerie f�hrt f�r die fahrenden Batterien ein 15pf�ndiges Gesch�tz, f�r die reitenden Batterien einen Zw�lfpf�nder mit Drahtumwickelung ohne Achssitze; beide haben 7,6 cm Kaliber und eine Anfangsgeschwindigkeit von 480, bez. 473 m, die meisten sind mit der R�cklaufhemmung des Obersten Clarke versehen. Eine Anzahl Batterien ist seit 1896 mit 5z�lligen Feldhaubitzen von 12,7 cm Kaliber ausger�stet. F�r Belagerungs- und Festungsartillerie sind neben den fr�hern Kanonen Haubitzen von 13,7 und 15,2 cm eingestellt (s. Gesch�tz, S. 705). Schon 1900 wurden 18 Batterien 76,2 mm Schnellfeuerkanonen (System Ehrhardt) bezogen und ebenso wurden seitdem von den Firmen Armstrong, Vickers, Sons and Maxim und dem Arsenal in Woolwich Versuchsbatterien hergestellt. Die Versuche scheinen indessen nicht zum Ziele gef�hrt zu haben, denn es wird berichtet, da� die englische Feldartillerie ein neues Gesch�tz nach franz�sischem Muster unter Benutzung des verbesserten Verschlu�blocks des Obersten D�port erhalten soll. Von den neuen Gesch�tzen sind bereits im August 1903: 4 Batterien von den Firmen Armstrong und Vickers abgeliefert worden. Die Gescho�gewichte sind auf 8,39 kg beim fahrenden und 5,67 kg beim reitenden Gesch�tz, die Anfangsgeschwindigkeit auf 520 m angegeben. Das Gesch�tz ist mit Schutzschilden versehen.

Erziehungswesen. Das Staff College zu Sandhurst bereitet in zweij�hrigem Unterricht 64 Offiziere, die 5 Jahre gedient haben m�ssen, f�r Generalstab und Adjutantur vor. Die Royal Military Academy zu Woolwich erzieht in zweij�hrigem Kursus 200 Kadetten f�r Artillerie und Ingenieure, das Royal Military College zu Sandhurst in einj�hrigem Kursus 360 Kadetten f�r Infanterie und Kavallerie. Das Artillery College zu Woolwich gew�hrt Artillerie-, die School of Military Engineering zu Chatham Ingenieuroffizieren Fortbildung in ihrem Beruf. Die Artillerieschie�schule zu Shoeburynes wird im Sommer nach Okehampton, dem Hauptschie�platz, verlegt. Schie�schule f�r Infanterie und Kavallerie zu Hythe. Die Errichtung einer Kavallerieschule ist beabsichtigt. Medizinalschule f�r Milit�r�rzte zu Netley. Musikschule zu Houndlow. Reitschule zu Woolwich, Milit�rasyle zu Chelsea und Dublin zur Erziehung von Soldatenkindern. Tierarzneischule zu Aldershot.

Regierungswerkst�tten sind das Staatsarsenal in Woolwich und die k�nigliche Gewehrfabrik in Enfield. An Privatfirmen f�r Kriegsbedarf bestehen im Lande Vickers, Sons and Maxim sowie Armstrong, Whitworth and Co. in Eldwick sowie eine private Gewehrfabrik in Birmingham. Die Anlage von Festungen beschr�nkt sich haupts�chlich auf die Seek�ste Gro�britanniens; hier liegen die Kriegsh�fen Cork-Queenstown und Milford Haven mit Pembroke, ferner Plymouth, Portsmouth und Dover, an der Themsem�ndung Sheerne�-Chatham-Gravesend. W�hrend man in Aufwendungen f�r das Landheer sparsam ist, war man f�r den Ausbau und die Verst�rkung des Verteidigungssystems der K�sten stets zu Opfern bereit. Neuerdings hat man seit 1899 besonders dem M�ndungsbusen des Forthflu�es und den Firth of Clyde Aufmerksamkeit zugewendet, da es im Plan zu liegen scheint, zwischen beiden eine f�r die Flotte nutzbare Verbindung zu schaffen. Bei ersterm Punkt liegt das Hauptwerk an der Carlingnose in beherrschender H�he 28 m �ber dem Wasserspiegel in der Enge von Queensferry und besteht aus einer Gruppe von Panzerbatterien. Beim Firth of Clyde wurden die alten Befestigungen, die Forts bei Ardhollow, Kligreggon und Matilda sowie an der Skapsiebucht, mit neuer Armierung versehen und neue Batterien erbaut. Letzteres geschah ebenfalls zur Verst�rkung der schon bisher starken Befestigungen an der Themse und dem Medway. Bei Gibraltar mu�te die begonnene Herstellung eines m�chtigen Hafenbeckens durch neue Befestigungen gesch�tzt werden, da man die alten umfangreichen, darunter auch die ber�hmten Felsengalerien, nicht brauchen konnte. Alle Gesch�tzpositionen sind mit den weittragendsten Gesch�tzen (23 cm Kaliber, Rohrl�nge 11,3 m, Gescho�gewicht 172 kg) armiert. Diese K�stenbefestigungen haben im allgemeinen schon im Frieden ihre Kriegsbesatzung, aus Linien-, Miliz- u. Freiwilligentruppen bestehend. Mit der K�stenverteidigung ist auch die K�stenwache (fencibles, K�stenwehrm�nner), die in Divisionen geteilt ist, betraut, die im Frieden der Zollbeh�rde Dienste leistet. Vgl. »Die Heere und Flotten der Gegenwart«, Bd. 2: G. und Irland (Berl. 1897); Brunker, Notes on organisation and equipment (Lond. 1899); Fortescue, History of the British army (bisher 3 Bde., das. 1899–1903); Goodenough, Dalton u. a., Army book for the British empire (1902); le Juge, Das englische Heer einschlie�lich der Kolonialtruppen (Leipz. 1896); Daniel, The military forces of the crown (Lond.); v. Loebell, Jahresberichte �ber die Ver�nderungen etc. im Milit�rwesen (zuletzt Berl. 1903)

Marine.

Entwickelung. Alfred d. Gr. (871–901) baute eine Flotte gegen die D�nen, die nach seinem Tode verfiel. Den ersten englischen Seesieg erk�mpfte Eduard III. bei Sluys gegen die genuesische Mietsflotte Frankreichs; auch unter Heinrich V. beherrschte England zeitweilig die See, wurde sp�ter aber von der deutschen Hansa (1472) schwer bedr�ngt. Erst Elisabeth begr�ndete die englische Seeherrschaft dauernd und richtete die erste st�ndige k�nigliche Flotte ein; diese z�hlte 1588 bei Bek�mpfung der spanischen Armada 34 Schiffe von 11,820 Ton. Gr��e mit 837 Gesch�tzen und 6279 Mann. Damals stellten die einzelnen Seeh�fen noch besondere Geschwader zur Verst�rkung[378] dor k�niglichen Flotte. Das gr��te Schiff, Triumph, hatte 1100 T., 42 Gesch�tze, 500 Mann. In der viert�gigen Seeschlacht vom 11.–14. Juni 1666 z�hlte die englische Flotte 81 Schiffe mit 4460 Gesch�tzen und 21,580 Mann. 1688 hatte die Flotte schon 173 Schiffe mit 6930 Gesch�tzen und 43,000 Mann; nachdem schon vorher die holl�ndische Seemacht gebrochen worden war, wurde nun auch, anfangs mit Hollands Hilfe, die franz�sische Flotte in einer langen Reihe von Kriegen im Laufe des 18. Jahrh. niedergeworfen. Nelsons Sieg pei Trafalgar (1805) befestigte die unbeschr�nkte Seeherrschaft der englischen Flotte �ber alle Meere f�r das ganze 19. Jahrh. Schon 1800 z�hlte die Flotte 1108 Schiffe, darunter 293 Linienschiffe, 258 Fregatten, mit 29,000 Kanonen und 175,000 Mann. 1835 waren 35 Dampfschiffe vorhanden. 1855, w�hrend des Krimkriegs, hatte die Flotte eine St�rke von 302 Segelschiffen mit 11,473 Kanonen und von 289 Dampfern mit 5818 Kanonen und 69,989 Pferdekr�ften. 1859 wurde das erste englische Panzerschiff, der Warrior, erbaut. Als der Ausbau der franz�sischen Panzerflotte die Vorherrschaft Englands zur See bedrohte, stellte man den »two powers standard« auf, wonach stets die englische Flotte denen der beiden n�chstgr��ten Seem�chte gewachsen, also mindestens so gro� wie die Frankreichs und Ru�lands oder Italiens sein m�sse, und jetzt fordern die englischen Imperialisten, die Linienschiffsflotte so stark zu machen, da� sie drei andern Seem�chten widerstehen kann. F�r die St�rke der englischen Kreuzerflotte ist die Gro�e des englischen Handels und der englischen Handelsflotte ma�gebend. F�r K�stenverteidigung sind nur geringe Mittel erforderlich, weil die englische Linienschiffsflotte den Feind vor seiner K�ste festlegen soll, um die eigne K�ste und zugleich den englischen Seeverkehr auf allen Meeren am wirksamsten zu sch�tzen.

Schiffsbestand. Mitte 1904 an kriegsbrauchbaren Schiffen. 1) Linienschiffe: 60 von 808,000 Ton. Wasserverdr�ngung, davon 13 von 1881–90, 15 von 1890–95, 17 von 1896–99 vom Stapel gelaufen; gro�er als je 15,000 T. sind davon 24. Die neuesten englischen Linienschiffe der King Edward VII.-Klasse sind 16,612 T. gro�, 129,5 m lang, 23,8 m breit mit 8,2 m Tiefgang; ihre Maschinen leisten 18,000 Pferdekr�fte und geben 181/2 Seemeilen Fahrt; Bewaffnung: vier 30,5 cm-, vier 23,4 cm-, zehn 15 cm-Schnellader, 12 leichte Schnellader, 16 Maschinenkanonen, zusammen 46 Gesch�tze; au�erdem 4 Unterwassertorpedorohre. Panzerst�rke 22,9 cm f�r den Panzerg�rtel, 30,5 cm f�r die Brustwehrt�rme der schweren Gesch�tze, 17,8 cm f�r die T�rme der mittlern Gesch�tze. Kohlenvorrat bis zu 2000 T.; Besatzung etwa 800 Mann. 2) Panzerkreuzer: 35 von 349,514 T. Wasserverdr�ngung, davon 9 alte 1883–87 vom Stapel gelaufen, alle �brigen seit 1899 (z. T. noch im Bau). Die gr��ten sind die 4 der Drake-Klasse, Stapellauf 1901, je 14,325 T. gro�, 152,4 m lang, 21,7 m breit bei 7,6 m Tiefgang; ihre Maschinen leisten 30,000 Pferdekr�fte und geben 23 Seemeilen Fahrt; Bewaffnung zwei 23,4 cm-, sechzehn 15 cm-Schnellader, 14 leichte Schnellader, 5 Maschinenkanonen, zusammen 37 Gesch�tze; dazu 2 Unterwassertorpedorohre. Panzerst�rke 15,2 cm f�r G�rtel und Gesch�tzt�rme, 6,3 cm Panzerdeck. Kohlenvorrat pis zu 2500 Ton.; Besatzung 900 Mann. 3) Gro�e gesch�tzte Kreuzer: 39 von 308,771 T. Wasserverdr�ngung, davon 19 von 1889–95, die andern sp�ter vom Stapel gelaufen. Gr��e sehr verschieden, die neuesten 5973 T.; Geschwindigkeit 191/2-22 See meilen. Die gr��ten sind Powerful und Terrible Stapellauf 1895, je 14,427 T. gro�, 152,5 m lang 21,7 m breit bei 8,2 m Tiefgang; Maschinen leisten 25,800 Pferdekr�fte und geben 22 Seemeilen Fahrt; Bewaffnung zwei 23,4 cm-, sechzehn 15 cm-Schnelllader, 16 leichte Schnellader, 14 Maschinenkanonen zusammen 48 Gesch�tze; dazu 4 Unterwassertorpedorohre; Panzerst�rke 15,2 cm f�r Gesch�tzt�rme mit Deck; Kohlenvorrat bis 3000 T.: Besatzung 860 Mann 4) Kleine gesch�tzte Kreuzer: 65 von 214,416 T Wasserverdr�ngung, davon 10 mit 15–17 Seemeilen Fahrt 1883–86 vom Stapel, 42 mit 19–20 Seemeilen Fahrt 1888–93, die �brigen seit 1896 mit 20–22 Seemeilen Fahrt vom Stapel gelaufen. Die neuesten kleinen Kreuzer der Topaze-Klasse sind 3050 T. gro� 110 m lang, 12,2 m breit bei 4,4 m Tiefgang; Ma schinen leisten 9800 Pferdekr�fte und geben 22 Seemeilen Fahrt; Bewaffnung 22 leichte Schnelladegesch�tze, 2 Torpedorohre; Panzerdeck 5 cm stark; Kohlenvorrat bis 750 T.; Besatzung etwa 300 Mann. 5) Torpedofahrzeuge: 28 Torpedokanonenboote, Stapellauf von 1886–94, Gr��e 525–1070 T., Geschwindigkeit 17–20 Seemeilen; 131 Torpedobootszerst�rer, Stapellauf 1893–1903, Gr��e 240–550 T. Geschwindigkeit 25–30 Seemeilen; 24 Torpedoboote von �ber 100 T. Gr��e, 2 Torpedodepotschiffe von 6600 T. Gr��e; 1 Torpedorammschiff; au�erdem etwa 140 alte kleine Torpedoboote und 18 Unterseeboote. 6) Ungesch�tzte Kreuzer: 24, darunter 11 Schlupen (sloops) von mehr als 1000 T. Gr��e; au�erdem 83 Kanonenboote (unter 1000 T. gro�), darunter 11 Schlupen und 9 Flu�kanonenboote. 7) Hafenschiffe und Schulschiffe: 16 alte Linienschiffe (Panzerschlachtschiffe), 8 Vermessungsfahrzeuge, 6 Jachten, 12 Tender, 1 Werkst�ttenschiff, 1 Destillierschiff, 34 K�stenwachtkreuzer, 14 alte Hulken als Wacht- und Kasernenschiffe, etwa 100 Hafendampfer (Schlepper, Transporter, Dampfwasserprahme u. dgl.). etwa 100 alte Hulken im Hafendienst als Kohlenhulken, Artilleriemagazine, Lazarette, schwimmende Kuchen und Kirchen, Vorratshulken etc. 16 alte Kriegsschiffe sind Privatvereinen in den Handelsh�fen als Schiffsjungen- etc. Schulschiffe leihweise �berlassen. Als Schulschiffe dienen 49 meist alte Schiffe, darunter 8 Segler. 8) Hilfskreuzer sind 50 Handelsdampfer, wovon 26 Schnelldampfer j�hrlich subventioniert werden, kriegsm��ig vorbereitet sind und die blaue (Marinereserve-) Flagge f�hren. Wegen der Subventionierung vgl. Dampfschiffahrt, Beilage zum Text.

Schiffsneubauten. Im Finanzjahr 1903/04 wurden neu gebaut 3 Linienschiffe (Gr��e je 16,600 T.), au�erdem sind noch 2 f�r 1904 bewilligte im Bau; desgl. 4 Panzerkreuzer f�r 1903,4 f�r 1904 im Bau von etwa je 14,000 T. Gr��e (die fr�her bewilligten Schiffe sind im Schiffsbestand mitgerechnet, weil sie 1903 nahezu fertig waren); desgleichen 8 Torpedoavisos (scouts) von je 3800 T. Gr��e und 26 Seemeilen Geschwindigkeit, eine ganz neue Schiffsgattung; ferner 19 Torpedobootszerst�rer und 11 Unterseeboote. Insgesamt werden f�r Schiffsbauten und deren Bewaffnung 1903/04 ausgegeben rund 411 Mill. Mk., d. h. das Vierfache der deutschen gleichen Ausgabe f�r dasselbe Jahr.

Der Personalbestand f�r 1904/05 betr�gt 131,515 Mann, darunter sind 2746 Seeoffiziere, 1051 Maschineningenieure, 574 Sanit�tsoffiziere, 625 Zahlmeister, 177 Geistliche, 1405 Seeoffiziersanw�rter, 34 technische Offiziere (artison-officers), 99,000 Deckoffiziere, [379] Unteroffiziere, Matrosen, Heizer, Handwerker und Schiffsjungen; 20,661 Mann Marineinfanterie (Royal mariner), 4303 Mann K�stenwache und 939 Pension�re im aktiven Dienst. Die Mannschaften werden angeworben; Schiffsjungen m�ssen sich zu zw�lf Jahren Dienst verpflichten, aus ihnen geht das meiste aktive seem�nnische Personal hervor; j�hrlich werden etwa 6000 Jungen ausgebildet. Flottenreserve (Royal naval reserve) aus Offizieren und Mannschaften der Handelsmarine z�hlt etwa 45,000 K�pfe, gen�gt aber noch nicht, um den vollen Kriegsbedarf an Kriegsschiffsbesatzungen zu decken; deshalb beginnt man, auch in den Kolonien Seefischer u. a. als Flottenreservisten auszubilden. Die K�stenwache besorgt im Frieden den K�stensignal-, Leuchtfeuer-, Betonnungs- und Rettungsdienst, auch die Zollaufsicht und Seepolizei und besteht aus ausgedienten aktiven Marinemannschaften. Das Seeoffizierkorps erg�nzt sich aus Kadetten, die mit 15 Jahren eintreten und nach etwa vier Jahren Offizier werden.

Flottenbetrieb. Oberste Marinebeh�rde ist die Admiralit�t, deren Gesch�fte von sechs Lords Commissioners geleitet werden; verantwortlich als Kabinettsminister und Vertreter der Marine im Parlament ist der Erste Lord der Admiralit�t, der kein Seemann ist; ihm ist der Parlaments- oder Finanzsekret�r beigegeben; vier der Kommissare sind Seelords, d. h. Admirale, die andern Zivillords. Beim Wechsel des Ministeriums behalt nur der permanente Sekret�r seine Stellung. Der Admiralit�t sind unterstellt die 3 heimischen Flottenbezirke Portsmouth, Devonport und Chatham sowie die 8 au�erheimischen Flottenbezirke. Mittelmeer, Nordatlantik, S�datlantik, Ostafrika, Ostindien, Australien, Ostasien, Stiller Ozean. In den genannten Bezirken sind Admirale Befehlshaber der Schiffe, Kriegsh�fen, Werften etc. Kriegsh�fen sind: an der englischen Ostk�ste Chatham mit Werft und 8 Trockendocks, Sheerne� mit Werft und 5 kleinen Trockendocks, Woolwich mit Werft und 3 kleinen Trockendocks; ein neuer Kriegshafen mit allen Einrichtungen ist im Firth of Forth bei St. Margarets Hope im Bau; im Kanal: Dover (Werftanlagen geplant), Portsmouth mit gro�er Werft und 15 Trockendocks, davon 10 f�r die gr��ten Schiffe, Portland (als Schutzhafen), Plymouth-Devonport-Keyham mit gro�er Werft und 10 Trockendocks, davon 7 f�r die gr��ten Schiffe; in der Irischen See: Pembroke (Milford Haven) mit Werft und einem gro�en Trockendock, Queenstown (Cork) und Haulbowline ebenso. Im Ausland sind dse wichtigsten Kriegshilfen. Gibraltar mit Werft und 3 grosten Trockendocks; Malta mit Werft und 6 Trockendocks, darunter 4 gro�e: Halifax mit Werft und Dock; Hamilton auf den Bermudas mit Werft und 2 gro�en Schwimmdocks; Kingston auf Jamaika mit Werft und Dock; Simonsbay mit Werft und einem gro�en Trockendock; Aden als befestigter Kohlenhafen; Bombay mit Werft und 5 gro�en Trockendocks; Kalkutta mit Werft und Docks; Hongkong mit Werft und einem gro�en Marinedock, au�erdem 5 Privattrockendocks; Esquimalt (Vancouver) mit Werft und einem gro�en Trockendock.

Aktive Seestreitkr�fte Anfang 1904: 1) heimische Flotte (Home fleet), aus 2 Divisionen von 8 Linienschiffen, 4 gro�en und 2 kleinen Kreuzern bestehend; die erste Division ist stets vereinigt, die zweite wird aus K�stenwachtschiffen viertelj�hrlich zusammengezogen. Auch die 3 heimischen Torpedobootszerst�rer-Flottillen �ben mit dieser Flotte sowie das heimische Kreuzergeschwader mit 5 Panzerkreuzern und 2 kleinen Kreuzern. 2) Kanalgeschwader mit 6 Linien schiffen, 3 Panzerkreuzern, 2 gro�en und 2 kleinen Kreuzern h�lt sich in den nordwesteurop�ischen Gew�ssern auf. Mit ihm �bt das Kreuzergeschwader von 4 Panzerkreuzern, 1 gro�en und 2 kleinen Kreuzern. 3) Mittelmeerflotte mit 15 Linienschiffen, 4 gro�en und 9 kleinen Kreuzern, 1 Torpedodepotschiff, 4 Torpedokanonenbooten, 20 Torpedobootszerst�rern, 1 Pumpendampfer, 1 Aviso und 1 Transportschiff; enth�lt die neuesten und m�chtigsten Linienschiffe. 4) Nordatlantisches Geschwader mit 1 gro�en und 7 kleinen Kreuzern, 1 Torpedobootszerst�rer; au�erdem 1 K�stenpanzerschiff und mehrere Depot- und Kasernenschiffe auf der Station. 5) S�datlantisches Geschwader wird neu gebildet, zun�chst 4 kleine Kreuzer. 6) Kapgeschwader mit 1 Panzerkreuzer, 5 kleinen Kreuzern, 6 Kanonenbooten und 1 alten Linienschiff als Hafenschiff. 7) Ostindisches Geschwader mit 2 K�stenpanzerschiffen, 1 gro�en und 5 kleinen Kreuzern, 1 Torpedokanonenboot, 2 Kanonenbooten und 1 Spezialschiff. 8) Chinageschwader mit 5 Linienschiffen, 7 gro�en und 11 kleinen Kreuzern, 11 Kanonenbooten, 4 Torpedobootszerst�rern, 1 Aviso, 1 Vorrats- und 1 Kasernenschiff. 9) Australisches Geschwader mit 1 gro�en und 9 kleinen Kreuzern, 1 Torpedokanonenboot und 2 Kanonenbooten. 10) Geschwader im Stillen Ozean mit 1 gro�en und 3 kleinen Kreuzern, 1 Torpedobootszerst�rer und 1 Depotschiff. Au�erdem waren als seegehende Schulschiffe in heimischen Gew�ssern in Dienst etwa 40 Schiffe und Fahrzeuge. Gro�e Flottenman�ver finden j�hrlich statt; im Herbst 1902 �bten das Mittelmeer-, Kanal- und Kreuzergeschwader gemeinschaftlich vor Argostoli (Ionische Insel Kephallinia), insgesamt 19 Lunenschiffe, 22 Kreuzer, 21 Torpedobootszerst�rer, 6 Torpedoboote, 1 Torpedodepotschiff sowie eine Anzahl von Hilfsschiffen.

Vgl. »Navy Estimates for the year 1903/4« (Lond. 1903); Brasseys »Naval Annual«; Vesey Hamilton, Naval Administration (1896); Dilke u. Wilkinson, Imperial defence (1097); Robinson, Royal Navy Handbooks (1897 ff.); Eardley-Wilmot, Our Navy for a thousand years (1899); Laird Clowes u. a., The Royal Navy, a history from the earliest times to the present (1897 ff.); »Die Heere und Flotten der Gegenwart«, Bd. 2: G. und Irland, die Flotte, von A. Stenzel (Berl. 1897). Zeitschriften. »Army and Navy Gazette«; »Engineer«; »Army and Navy Journal«; »Nautical Magazine«. S. auch die Karte »Seestreitkr�fte« bei Art. »Marine«.

Wappen, Flagge, Orden.

Das Wappen des Vereinigten K�nigreichs (s. Tafel »Wappen II«, Fig. 3) ist ein Schild mit vier Feldern: das obere rechts und das untere links enthalten die drei goldenen, blau bewehrten Leoparden Englands auf rotem Grunde. Das obere linke Feld hat den ausgerichteten roten L�wen von Schottland auf goldenem Grund in doppelter roter Einfassung mit untergelegten, abwechselnd aus- und ein w�rts gerichteten Lilien; das untere rechte, der Schild von Irland, stellt auf blauem Grunde die goldene Davidsharfe mit silbernen Saiten dar. Der Schild tr�gt einen Spangenhelm mit goldener, hermelingef�tterter Decke, auf dem Helm erscheint die k�nigliche Krone Gro�britanniens mit einem dar�berstehenden gekr�nten goldenen L�wen. Um den Schild schlingt sich das blaue Band des Hosenbandordens mit der goldenen Umschrift: »Honi soit qui mal y pense«. �fter erscheint[380] auch noch die Kette dieses Ordens. Unter dem Schild sind die englische Rose, die schottische Distel und der irische Klee angebracht, mit der Devise der Krone: »Dieu et mon droit«. Als Schildhalter steht rechts ein goldener gekr�nter L�we, links ein silbernes Einhorn mit einer Krone um den Hals und einer daran befestigten, herunterh�ngenden Kette. Die Unionsflagge (Union Jack, s. Abbildung auf dem Textblatt zur Tafel »Flaggen«) ist aus den Kreuzen der Heiligen Georg, Andreas und Patrick, als der Landespatrone von England, Schottland und Irland, zusammengesetzt (vgl. Cumberland, History of the Union Jack, 1901). Die Staatsfarben sind: Rot, Gelb und Blau; die Kokarde dagegen ist schwarz. Die Kriegs- und die Handelsflagges. Tafel »Flaggen I« (mit Beschreibung der gro�britannischen Flaggen). Das britische Reich hat acht Ritterorden, die teils Hofehren, teils belohnende Anerkennungen der Verdienste um den Staat sind: der Orden des blauen Hosenbandes (Order of the Garter, s. Tafel »Orden II«, Fig. 5), der nur an fremde F�rsten und die ersten Peers des Reiches ausgeteilt wird, gestiftet von Eduard III. 1350; der schottische Orden von der Distel, 1540 gestiftet, von Jakob II. 1687 erneuert; der irische Orden des heil. Patrick, seit 1783; der Bathorden, gestiftet von Heinrich IV. 1399, erneuert von Georg I. 1725 als Verdienstorden f�r Milit�r- und Zivilbeamte (in drei Klassen; s. Tafel »Orden II«, Fig. 6); der Orden des Sterns von Indien (Fig. 7), 1861 gestiftet, um Personen, die sich um Indien verdient gemacht haben, zu belohnen; der Orden von St. Michael und St. Georg, 1807 gestiftet, um Verdienste um die Kolonien zu belohnen; der Orden des indischen Kaiserreichs, 1878 gestiftet, und der Viktoria-Orden, seit 1896. Dazu kommen noch drei Orden f�r Damen, n�mlich der Viktoria- und Albert-Orden, 1862 gestiftet, der kaiserliche Orden der Krone von Indien, seit 1878, und der Orden des Roten Kreuzes, 1883 gestiftet. Von milit�rischen Ehrenzeichen bestehen das 1856 gestiftete Viktoria-Kreuz (s. Tafel »Orden II«, Fig. 8), der 1886 gestiftete Orden f�r ausgezeichnete Verdienste und das 1901 gestiftete Verdienstkreuz f�r Subalternoffiziere der Flotte; au�erdem ein Milit�rorden f�r indische Eingeborne (1842 gestiftet). Vgl. die den einzelnen Orden gewidmeten Sonderartikel.

Geographisch-statistische Literatur.

Vgl. namentlich die Blaub�cher, die j�hrlich in gro�er Zahl erscheinen; Kellys »Directories«, die »Jahrb�cher« (»The Statesman's Yearbook«, »Whitakers Almanack«, »Hazell's Annual« etc.) und »Almanacks«; E. G. Ravenstein, Handbuch der Geographie und Statistik des britischen Reichs (in Stein-H�rschelmanns »Handbuch der Geographie«, Leipz. 1863), und dessen erweiterte englische Bearbeitung von Elis�e Reclus' »G�ographie universelle« (Lond. 1887); Ramsay, The physical geography of the British islands (6. Ausg., das. 1894); Milner, The land we live in (neue Ausg., das. 1874, 4 Bde.), und J. Cook, England picturesque and descriptive (2. Ausg., Philad. 1900, 2 Bde.), Hahn, Die britischen Inseln (in Kirchhoffs »L�nderkunde von Europa«, 2. Bd., Prag u. Leipz. 1890); Haughton, Descriptive, physical, industrial and historical geography of England and Wales (1893); Hughes, Geography of British history (1874); E. Hull, Contributions to the physical history of the British isles (neue Ausg. 1895); Woodward, Geology of England and Wales (2. Aufl. 1887); J. Beddoe, The races of Britain (1885); Hughes u. Williams, Geography of the British empire (1895); T. Johnson, Imperial Britain, a comprehensive description of the geography etc. of the British Empire (1898, 2 Bde.); Mackinder, Britain and the British seas (1902); Neuse, Landeskunde der brit. Inseln (Bresl. 1903).

Von Spezialwerken kommen au�er den bei den betreffenden Abschnitten bereits angegebenen in Betracht: Cox, Die Staatseinrichtungen Englands (deutsch, Berl. 1867); R. Gneist, Das englische Verwaltungsrecht der Gegenwart (3. Aufl., das. 1884, 3 Bde.) und Das englische Parlament (das. 1886); Chalmers, Localgovernment (Lond. 1883); Shaw, Municipal government in Great Britain (neue Ausg. 1902); Hugo, St�dteverwaltung und Munizipal-Sozialismus in England (Stuttg. 1897); Redlich, Englische Lokalverwaltung (Leipz. 1901; engl. Ausg. mit Zus�tzen von Hirst, Lond. 1903); Blackstone, Commentaries on the laws of England (zuletzt hrsg. von Kerr, das. 1887); Stephen, New commentaries on laws of England (14. Aufl. 1903, 4 Bde.); Chitty, Statutes of practical utility (neue Ausg., bis 1894,1896, 13 Bde.); Wertheim, W�rterbuch des englischen Rechts (Berl. 1899); F. Pollock, The land laws (1893); Jeans, England's supremacy: its sources, economies, etc. (1885); Escott, England, its people, polity and pursuits (3. Ausg. 1890); Lefevre, Agrarian tenures (1893); Wendt, England, seine Geschichte, Verfassung und staatlichen Einrichtungen (2. Aufl., Leipz. 1898); Steffen, England als Weltmacht und Kulturstaat (a. d. Schwed., 2. Aufl., Stuttg. 1902, 2 Bde.); Popescu, Wirtschaftsgeographische Studien aus G. (Leipz. 1903); Heiderich, Das Wachstum Englands (Kassel 1901); Makower, Die Verfassung der Kirche von England (Berl. 1894); »Baudenkm�ler in G.« (hrsg. von Uhde, das. 1894); weitere Literatur �ber Verfassung, soziale Verh�ltnisse etc. s. unter Geschichte (S. 419); die Reisehandb�cher von Murray, B�deker; topographische Lexika von Bartholomew (Neudruck, Edinb. 1893) und Cassell (6 Bde. 1893–97). Bibliographie: Anderson, Book of British topography (1881).

Kartenwerke: Eine topographische Landeskarte (Ordnance map, in 1: 63,360) ist vollendet. Von England ist eine Neuausgabe im Gange, die bestimmt ist, die �ltere, besonders im Terrain sehr mangelhafte Karte zu ersetzen, neue Serie mit braunem Terrain und farbigem Stra�ennetz. Eine Reduktion derselben bilden die »2 miles to 1 inch map« (1: 126,720), 1902 begonnen, die »4 miles to 1 inch map« (1: 253,440), 1898 begonnen, mit Kreideterrain, und die »Coloured map of Great Britain«, 1: 633,600 (Southampt. 1904). Karten noch gr��ern Ma�stabes sind die County maps (Grafschaftskarten, 1: 10,560), Parish maps (Kirchspielskarten, 1: 2500), f�r England 51,488 Bl�tter, sie entsprechen unsern Katasterpl�nen. Bartholomew, The Survey Atlas of England and Wales, 84 Blatt (1: 126,720) in H�henschichten, 11 Blatt stellen die geologischen, meteorologischen und wirtschaftlichen Verh�ltnisse Englands dar (Edinb. 1903–04), au�erdem Stanford, New Library map of England and Wales, 4 Blatt (1: 380,000), England und Wales in »Andrees Handatlas«, 2 Blatt (1: 1,000,000), G. im Stieler, 2 Blatt, 1: 1,500,000 (1902). Eine Generalkarte liefert Keith Johnston in seinem Handatlas in 5 Bl�ttern; geologische �bersichtskarte von Ramsay (1: 728,600). Weiteres s. unter Irland und Schottland und die Textbeilage zum Artikel »Landesaufnahme«.[381]

Die Kolonien Gro�britanniens.

(Hierzu Karte: »Entwickelung des britischen Kolonialreiches«.)

Der Gesamtumfang und die Bev�lkerung Gro�britanniens mit Einschlu� seiner s�mtlichen Kolonien und ausw�rtigen Besitzungen sind aus der nebenstehenden Tabelle ersichtlich.

Die Geschichte der englischen Kolonien beginnt, nachdem mancherlei Versuche in der Zeit der K�nigin Elisabeth nicht zur Begr�ndung dauernder �berseeischer Niederlassungen gef�hrt hatten, unter ihrem Nachfolger Jakob I., der 1606 zwei Gesellschaften in London und Plymouth mit Freibriefen zur Kolonisation Nordamerikas begabte. Von jener wurde 1607 mit einer Niederlassung zu Jamestown die Besiedelung Virginiens begonnen; doch nahm die Krone schon 1624 die Rechte der Gesellschaft an sich. In dem der Plymouthkompanie zugewiesenen Gebiet von Neuengland gr�ndeten 1620 die puritanischen Pilgrimv�ter eine Kolonie zu New Plymouth im heutigen Massachusetts; auch diese Gesellschaft gab 1635 ihren Freibrief dem K�nig zur�ck. Indem nun in den n�chsten Jahrzehnten immer neue Scharen von Ansiedlern, haupts�chlich um religiosen Bedr�ckungen zu entgehen, die europ�ische Heimat verlie�en, und indem zugleich von den �ltern Kolonien aus neue Gr�ndungen stattfanden, kam es dahin, da� bis zum Ende des 17. Jahrh. die atlantische K�ste Nordamerikas von Maine bis S�dcarolina in den H�nden britischer Kolonisten war. Der gr��te Teil dieses weiten Gebietes war unmittelbar von England aus besiedelt und im Kampfe gegen die Ein gebornen behauptet worden; nur in New York und New Jersey bestanden urspr�nglich holl�ndische Niederlassungen, denen 1655 auch das zuerst von den Schweden kolonisierte Delaware einverleibt wurde, die aber mit diesem 1664 von den Engl�ndern angegriffen und durch den Frieden von Breda 1667 an England abgetreten wurden. Schwedische Kolonisten gab es auch in dem 1681 mit einem Freibrief ausgestatteten Pennsylvanien, an dessen Erschlie�ung �brigens auch deutsche Auswanderer unter englischer Oberherrschaft teilnahmen.

W�hrend die Versuche Englands, auch in S�damerika festen Fu� zu fassen, im 17. Jahrh. erfolglos blieben, waren in Westindien schon 1612 auf den Bermudas, 1623 und 1624 auf den Inseln St. Christopher (St. Kitts) und Barbados britische Niederlassungen gegr�ndet worden; von hier aus wurden in den n�chsten Jahrzehnten die meisten der Leeward-, Virgin- und Bahamainseln besiedelt; ihre wertvollste Besitzung in den westindischen Gew�ssern, Jamaika, erwarben aber die Engl�nder 1655 durch Eroberung, nachdem sie bis dahin spanisch gewesen war.

Lag der Schwerpunkt der britischen Kolonialmacht in der ersten Periode ihrer Geschichte somit in Amerika, so waren doch auch in Asien und Afrika schon in dieser Zeit einige englische Niederlassungen begr�ndet, die freilich insofern einen andern Charakter hatten, als es bei ihnen nicht eigentlich auf Besiedelung des Landes durch englische Kolonisten, sondern auf Handelsfaktoreien und milit�rische St�tzpunkte f�r diese abgesehen war. In Ostindien, wohin die 1600 privilegierte East India Company einen h�chst eintr�glichen Handel trieb, war die erste Faktorei 1612 in Surate gegr�ndet, die erste Festung 1639 in St. George (Madras) errichtet; 1651 nahm die Gesellschaft die von Holland aufgegebene Insel St. Helena als Zwischenstation auf dem Wege nach Indien in Besitz; 1668 wurde ihr die Insel Bombay �berlassen, die sieben Jahre fr�her als Mitgift der Infantin Katharina

Tabelle

[382] von Portugal an Karl II. abgetreten war; 1691 wurde das Fort St. David s�dlich von der franz�sischen Niederlassung zu Ponditscherri errichtet und einige Jahre darauf eine Niederlassung zu Kalkutta mit dem stark befestigten Fort St. William begr�ndet. Auf diese wenigen Punkte aber, zu denen allerdings noch eine Niederlassung auf der Insel Sumatra hinzukam, blieb bis zum Ende des 17. Jahrh. das von den Engl�ndern milit�risch beherrschte Gebiet in Indien beschr�nkt. Auch an der afrikanischen Westk�ste, an der eine eigne Africa Company den Handel monopolisierte, waren im Verlaufe des 17. Jahrh. nur wenige feste Pl�tze am Gambia, an der Goldk�ste (Capecoastcastle) und in Sierra Leone im englischen H�nden.

Einen durchaus andern Charakter nahm die englische Kolonialpolitik seit dem Beginn des 18. Jahrh. an. Verdankten die ersten �berseeischen Niederlassungen der Briten wesentlich privatem oder gesellschaftlichem Unternehmungsgeist ihre Entstehung, dem die Staatsgewalt mit rechtlicher Anerkennung und Privilegierung zu Hilfe gekommen war, hatte der Staat mit seinen eignen Machtmitteln nur gelegentlich und vor�bergehend die private T�tigkeit unterst�tzt, so ward im 18. Jahrh. die Ausbreitung der englischen Kolonialmacht die wichtigste Aufgabe der staatlichen Politik selbst. Ihr diente die gewaltige Vergr��erung der englischen Flotte, die Erhebung Gro�britanniens zur ersten Seemacht der Welt und das Niederringen der rivalisierenden M�chte. Frankreich, Holland, Spanien; ihr kamen aber auch die Erfolge, die Englands Heere in den Kriegen auf dem Boden des europ�ischen Festlandes gewannen, in erster Reihe und in reichem Ma�e zu statten. So erwarb G. gleich in dem ersten gro�en Ringen des 18. Jahrh., dem Spanischen Erbfolgekriege, 1704 Gibraltar, das, in einen gewaltigen und uneinnehmbaren Waffenplatz verwandelt, das westliche Zufahrtstor des Mittell�ndischen Meeres beherrscht, und 1708 die Insel Menorca. Im Utrechter Frieden, der diesen Krieg beendete, wurden beide Besitzungen behauptet, dazu aber der englische Machtbereich in Amerika erheblich vergr��ert: Frankreich �berlie� an G. die Hudsonbail�nderRupertsland«), f�r deren Besiedelung seit 1670 eine eigne Gesellschaft (s. Hudsonbaikompanie) t�tig war, ferner Neufundland, auf das England seit 1583 Anspr�che erhob, too aber im 17. Jahrh. nur kleinere, von den Franzosen best�ndig angefochtene britische Niederlassungen bestanden hatten, endlich Akadien (Neuschottland), wo 1621–23 eine kleine Kolonie errichtet, aber wieder aufgegeben war; au�erdem erhielt G. durch den sogen. Assiento (s. d.) von Spanien das Monopol der Negereinfuhr und andre bedeutende Handelsvorteile in Westindien, zu deren Ausbeutung die bald durch ihre wilden Spekulationen �bel berufene S�dseekompanie privilegiert wurde. Von noch gr��erer Bedeutung f�r die britische Kolonialmacht waren die K�mpfe, die G. seit 1739 gegen Spanien und seit 1741 gegen Frankreich f�hrte; sie waren durch den Aachener Frieden von 1748 in Europa unterbrochen, hatten aber auch nach diesem in Ostindien fortgedauert, begannen in Amerika schon 1754 aufs neue und wurden erst 1763 durch den Pariser Frieden beendet. W�hrend dieser K�mpfe hatten die Briten sowohl in Nordamerika als in Ostindien trotz des tapfern Widerstandes, den ihnen dort der Marquis von Montcalm, hier Dupleix, La Bourdonnais und Lally-Tollendal entgegenstellten, die gr��ten Vorteile gewonnen. F�r das Gebiet pou Kanada war der Sieg des Generals Wolfe bei Quebec 1759 entscheidend; f�r das Ostindiens, wo die Franzosen anfangs gro�e Vorteile errungen, 1746 Madras genommen und ihre Herrschaft �ber einen gro�en Teil S�dindiens ausgebreitet hatten, wo dann 1756 auch Kalkutta an den Nabob von Bengalen, Surahdschah Dowla, verloren gegangen war, waren die Erfolge Robert Clives von gleicher Bedeutung, dessen Sieg bei Plassey 1757 �ber den mit den Franzosen verb�ndeten Nabob endg�ltig die Zukunft Ostindiens bestimmte. Der Pariser Friede gab den Engl�ndern ganz Kanada mit Cape Breton und dem fr�her noch strittigen, obwohl zu Akadien geh�renden Neubraunschweig im N. ihrer bisherigen Besitzungen; im S. wurden diese, die schon seit 1732 durch die Besiedelung Georgias eine Erweiterung erfahren hatten, durch Louisiana bis zum Mississippi und durch Florida, das Spanien abtrat, vergr��ert. In Westindien erhielten sie die Inseln Grenada, St. Vincent, Dominica und Tobago, von denen die erstere bisher unter franz�sischer Herrschaft gestanden hatte, w�hrend die drei letztern zwischen Frankreich und G. streitig und 1748 f�r neutral erkl�rt worden waren. Endlich aber war seitdem die Oberherrschaft Englands in Ostindien entschieden; die Franzosen erhielten zwar Ponditscherri und einige kleinere Pl�tze zur�ck; aber auf den Wettbewerb mit G. verzichteten sie endg�ltig, und 1770 l�ste sich die Franz�sisch-Ostindische Kompanie auf.

In Ostindien (s. d.) schritt nun die Ausbreitung der britischen Herrschaft auch in der n�chsten Zeit erfolgreich fort: nur an ihre Hauptphasen sei hier in der K�rze erinnert. Bengalen war schon seit Clives Zeit ganz unter der Botm��igkeit der Ostindischen Kompanie; in S�dindien erlangte sie nach schweren. K�mpfen gegen die Radschahs Haider Alt und Tippu Saib von Maisur, in die auch die Franzosen noch wieder einzugreifen versuchten, bis zum Schlu� des 18. Jahrh. das �bergewicht; nach dem Tode Tippu Saibs (1799) wurde der gr��te Teil seines Reiches sofort, das Binnenland, das seinen Nachkommen zun�chst belassen war, 1832 unter englische Verwaltung gestellt. Auch gegen die Mahratthen k�mpften Lord Wellesley und der Marquis von Hastings gl�cklich; bis 1818 war ihre politische Macht v�llig vernichtet. Die Erwerbung des Sind, d. h. des Landes am untern Indus, und des Reiches der Sikhs im Pandschab fallen in die vierziger Jahre des 19. Jahrh.; ein Krieg mit Birma verschaffte 1852 den Engl�ndern den Besitz der Provinz Pegu in Hinterindien; Audh ward 1856 unter unmittelbare Verwaltung genommen; 1886 wurde auch das noch unabh�ngige Oberbirma zur britischen Provinz gemacht. Im W. von Ostindien steht Belutschistan seit 1876 unter englischem Schutz; n�rdlich davon beherrscht ihr Einflu�, obwohl von den Russen bek�mpft, die Politik des Emirs von Afghanistan; Kaschmir ist seit 1846 ein britischer Vasallenstaat; und 1904 haben die Engl�nder begonnen, auch in dem bisher v�llig abgeschlossenen Tibet ihre Macht zu zeigen.

W�hrend so das britisch-indische Reich seit dem Frieden von 1763 sich immer weiter ausdehnte, vermochte G. seinen amerikanischen Besitz nicht zu behaupten. Durch den Aufstand der 13 amerikanischen Kolonien, der 1774 ausbrach, verloren die Engl�nder den wertvollsten Teil ihres dortigen Kolonialreichs, und im Frieden von Versailles mu�ten sie die Unabh�ngigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika anerkennen. Indem aber Frankreich und Spanien die Kolonien unterst�tzt hatten, mu�te G. im Frieden auch ihnen Opfer bringen: an ersteres wurden die Inseln St.-Pierre und Miquelon bei Neufundland, ferner Tobago[383] in Westindien, an letzteres Menorca und Florida abgetreten. Doch schon wenige Jahre danach gew�hrten die Erfolge, die Englands Seemacht im Kriege gegen die franz�sische Republik, das Kaisertum Napoleons I und die Bundesgenossen Frankreichs gewann, nicht nur reichen Ersatz f�r diese Verluste, sondern der Pariser Friede von 1814 erhob auch au�erhalb Indiens G. zur ersten Kolonialmacht der Welt. In Europa kam zu Gibraltar ein zweiter britischer Vorposten im Mittelmeer: die 1800 den Franzosen abgenommene Inselgruppe von Malta; in der Nordsee wurde 1807 Helgoland, bisher d�nisch, erobert; in Westindien wurde Tobago zur�ckgewonnen, St. Lucia und Trinidad, ersteres bisher franz�sisch, letzteres spanisch, erobert; jetzt erst waren auch die schon seit langer Zeit bestehenden britischen Niederlassungen in Mittelamerika (Honduras), die bisher immer von den Spaniern bedroht waren, in ihrer Existenz gesichert, und durch den Erwerb von Britisch-Guayana, das die Holl�nder abtreten mu�ten, fa�te G. zum erstenmal in der S�dh�lfte des amerikanischen Festlandes Fu�. Die Franzosen mu�ten auch auf die 1810 eroberte Insel Mauritius (Isle de France) im Indischen Ozean, die Holl�nder auch auf Ceylon, das 1795 erobert wurde, und auf die gr��te ihrer Kolonien, das Kapland, das die Engl�nder 1806 gewannen, verzichten: diese letztere Erwerbung, die den Engl�ndern die herrschende Stellung in S�dafrika sicherte, war von allen, die im Zeitalter der Revolution gemacht wurden, die bedeutendste.

Mit dem Ende dieses Zeitalters beginnt abermals eine neue, die dritte Periode in der Geschichte der britischen Kolonialmacht. Die Epoche ihrer Vergr��erung auf Kosten konkurrierender europ�ischer M�chte war zu Ende; seit 1814 ist keinem abendl�ndischen Staate mehr eine koloniale Besitzung durch G. mit Waffengewalt entrissen worden; auch die 1878 okkupierte Insel Cypern ist ihm nicht als Gegner, sondern als Bundesgenossen durch einen Staatsvertrag seitens der T�rkei �berlassen worden. �berdies ver�nderte sich die Richtung der kolonialen Bewegung: wenn auch noch im 19. Jahrh. viele Tausende von britischen Auswanderern nach Amerika gegangen sind, so erfolgte doch in dieser Epoche die Ausdehnung des Kolonialreiches selbst weniger im Westen, als vielmehr im Osten des Mutterlandes, in Afrika, Asien und Australien.

In Nordamerika, das 1812–14 von den Vereinigten Staaten vergeblich angegriffen und sp�ter ebenso vergeblich von den irischen Feniern (s. d.) bedroht wurde, wurden neue Ansiedelungen seit 1811 am Red River, aus denen sich allm�hlich die Provinz Manitoba entwickelte, und seit 1849 auf der Vancouverinsel begr�ndet. Von hier aus wurde das Gebiet zwischen den Rocky Mountains und dem Stillen Meere kolonisiert, das 1856 den Namen Britisch-Columbia erhielt. Die Einteilung der britischen Kolonien hier erfuhr vielerlei Wandlungen. Kanada wurde 1791 in die beiden selbst�ndigen Kolonien Ober- und Unterkanada geteilt, die erst 1840 wieder vereinigt wurden. Von Neuschottland wurden 1784 Neubraunschweig und Cape Breton abgetrennt, letzteres aber 1820 wieder mit Neuschottland vereinigt. Die Prinz Edward-Inseln waren seit 1770 eine selbst�ndige Kolonie. Seit der Mitte des 19. Jahrh. aber entstand eine Bewegung f�r den Zusammenschlu� aller britischen Kolonien in Nordamerika, die immer mehr Anh�nger fand und schlie�lich den Sieg gewann. 1867 wurden Kanada, Neubraunschweig und Neuschottland unter dem Namen »Dominion of Canada« zu einem Bundesstaate vereinigt, in den, nachdem 1869 die Hudsonbaikompanie f�r ihre Regierungsrechte mit Geld abgefunden war, 1870 Manitoba, 1871 auch Britisch-Columbia und die Vancouverinsel aufgenommen wurde. 1873 trat auch die Prinz Edward-Insel darin ein, 1876 erhielten die fr�her zum Gebiet der Hudsonbai geh�rigen Nordwestterritorien eine Verfassung, und seit 1880 ist, mit Ausnahme von Neufundland, das ganze britische Nordamerika bundesstaatlich geeinigt.

In Westindien, wo nach heftigem Widerstand der Kolonisten die Sklaverei durch ein 1834 erlassenes, 1838 in volle Wirksamkeit getretenes Gesetz aufgehoben wurde, hat der britische Besitz eine Vergr��erung nicht mehr erfahren. Seine administrative Einteilung ist so geregelt, da� 1) die Bermudas-, 2) die Bahamainseln, 3) Jamaika mit einigen kleinern benachbarten Inseln, 4) die seit 1871 zu einer Art von Bundesstaat vereinigten Leewardinseln, 5) Barbados, 6) die Windwardinseln und 7) Trinidad und Tobago, die 1889 verbunden wurden, je eine besondere Kolonie bilden. Ebenso sind in Mittel- und S�damerika Britisch-Honduras u. Britisch-Guayana als zwei eigne Kolonien konstituiert. Im �u�ersten S�den Amerikas sind die 1592 entdeckten, im Laufe der n�chsten Jahrhunderte von verschiedenen europ�ischen M�chten bald besetzten, bald wieder ausgegebenen Falklandinseln endg�ltig unter englische Hoheit gekommen; von ihnen ist die gleichfalls G. geh�rende, aber unbewohnte Insel S�dgeorgien abh�ngig.

In Asien hat, abgesehen von Ostindien und dem eine besondere Kolonie bildenden Ceylon, wozu die Inselgruppe der Malediven geh�rt, Gro�britanniens Kolonialmacht sich besonders in der Inselwelt des fernsten Ostens ausgebreitet. In der Malaiischen See hatte die Ostindische Kompanie schon 1786 Pinang (Prinz von Wales-Insel) und 1800 einen Landstrich auf der gegen�berliegenden K�ste (Provinz Wellesley) von einem eingebornen F�rsten erworben; 1819 wurde Singapur besetzt und 1824 von dem Sultan von Johore f�rmlich abgetreten; im gleichen Jahre vertauschten die Niederlande ihre Niederlassungen in Malakka gegen die britischen Besitzungen auf Sumatra (Benkulen). Aus diesen Besitzungen und einigen kleinern dazugeh�rigen Inseln wurde die 1867 von Ostindien abgel�ste, schnell aufbl�hende Kolonie der Straits Settlements gebildet; eine Anzahl malaiischer Sultane (Perak, Selangor u. a.) stehen �berdies in einer Art von Vasallit�tsverh�ltnis zur englischen Krone. Versuche, sich auch auf Borneo festzusetzen, hatte die Ostindische Kompanie im 17. und 18. Jahrh. mehrfach, aber ohne dauernden Erfolg, gemacht. Dagegen erwarb der britische Agent James Brooke 1841 von dem Sultan von Brunei einen Landstrich im Westen der Insel um Sarawak, der durch sp�tere Verleihungen von 1861, 1882 u. 1885 vergr��ert wurde; das Gebiet bildet jetzt ein eignes, unter britischem Schutz stehendes F�rstentum, das ein Neffe des Radscha Brooke mit einem Stabe britischer Offiziere regiert. Weiter trat 1846 der Sultan von Brunei die Insel Labuan an G. ab, die zu einer eignen Kolonie gemacht wurde: Radscha Brooke wurde zu ihrem ersten Gouverneur ernannt. Endlich erwarben 1877 und 1878 der Baron Overbeck und Sir Alfred Dent ein umfangreiches Gebiet im Norden der Insel, zu dessen Verwaltung 1881 die Nordborneo-Kompanie gegr�ndet wurde; Labuan ist seit 1890 gleichfalls damit vereinigt worden. Einen ebenso schnellen Aufschwung wie die Straits Settlements hat die 1841 von China an G. abgetretene Insel Hongkong genommen; die Kolonie wurde seit[384] 1861 durch neue Abtretungen auf dem gegen�berliegenden Festland vergr��ert. Schlie�lich erwarb G. 1898 durch einen Pachtvertrag auf 99 Jahre Stadt und Gebiet von Weihaiwei an der K�ste gegen�ber Korea. Zu diesen Besitzungen im �u�ersten Osten Asiens kommen im Westen Indiens einige kleinere Niederlassungen, deren Wert f�r die Sicherung der Seefahrt nach Indien seit der Erbauung des Suezkanals ein sehr erheblicher geworden ist. An der Ausfahrt aus dem Roten Meer haben die Engl�nder 1839 die Halbinsel Aden, die sehr stark befestigt wurde, und 1857 die gleichfalls befestigte Insel Perim besetzt; das Gebiet von Aden ist sp�ter mehrfach vergr��ert worden; 1854 kamen die Kuria-Muria-Inseln, 1876 die Insel Sokotra hinzu; seit den 1880er Jahren endlich ist durch eine Reihe von Vertr�gen die britische Schutzherrschaft �ber die arabischen St�mme rings um Aden und �ber Teile der afrikanischen Somalk�ste ausgedehnt worden; die Abgrenzung gegen die italienische Interessensph�re an der letztern erfolgte durch ein Abkommen von 1887. Wie die englischen Besitzungen am Roten Meer ihre Bedeutung haupts�chlich als Etappen der gro�en Seestra�e nach Ostindien haben, so sind sie auch administrativ der indischen Regierung unterstellt.

Von ungleich gr��erm Wert als diese asiatischen sind die im 19. Jahrh. begr�ndeten Kolonien in Australien (s. d.), wo ein neues, gro�es, in der Hauptsache angels�chsisches Reich geschaffen worden ist. Nachdem James Cook 1770 an der Ostk�ste Australiens die englische Flagge gehi�t und das Land Neus�dwales getauft hatte, begann seine Besiedelung mit deportierten Strafgefangenen; im Januar 1788 kamen die ersten Str�flinge in Sydney an. Unter gro�en Schwierigkeiten, deren �berwindung wesentlich das Verdienst des ersten Gouverneurs Arthur Philip war, behauptete sich die Kolonie und bl�hte namentlich durch die Einf�hrung der Schafzucht auf, indem auch die Zahl der freien Kolonisten, die hierhin auswanderten, schnell wuchs. Schon 1803 war von hier aus die Besiedelung von Tasmania (Vandiemensland) in Angriff genommen worden, das 1825 zu einer besondern Kolonie gemacht wurde; es folgte dann die Kolonisation von Westaustralien (seit 1826), Queensland (seit 1826; 1859 selbst�ndige Kolonie), Victoria (seit 1834; 1851 selbst�ndige Kolonie) und S�daustralien (seit 1836). Ernste K�mpfe waren nur auf Neuseeland zu bestehen, das nach verschiedenen, wenig gl�cklichen Anl�ufen 1840 endg�ltig f�r G. in Besitz genommen wurde; der hartn�ckige Widerstand der eingebornen Bev�lkerung (Maori) wurde erst 1365 durch Sir George Grey gebrochen; doch wiederholten sich kleinere Aufst�nde noch bis 1886. Von der gr��ten Wichtigkeit f�r die Entwickelung Australiens war es einmal, da� seit 1851 zuerst in Neus�dwales, dann auch in den andern Kolonien Gold gegraben wurde, sodann da�, wiederum zuerst f�r Neus�dwales (1840, endg�ltig 1848), zuletzt f�r Westaustralien (1868) die Deportation von Strafgefangenen eingestellt ward. 1901 gelang es nach langen Verhandlungen, alle australischen Kolonien, mit Ausnahme von Neuseeland, zu einem Bundesstaat (Commonwealth of Australia) zusammenzuschlie�en.

In der australasiatischen Inselwelt (Ozeanien) wurden 1874 die Fidschiinseln unter britischen Schutz gestellt, und 1888 wurde der s�dostliche Teil von Neuguinea in Besitz genommen; �ber die Neuhebridischen Inseln wurde 1887 ein Vertrag mit Frankreich geschlossen, dem zufolge ein gemeinsames Protektorat beider M�chte hergestellt wurde. Au�erdem geh�ren noch eine Anzahl kleinerer Inseln zum britischen Machtbereich.

F�llt die Besitzergreifung Australiens in die erste H�lfte des 19. Jahrh., so ist die Hauptaktion der britischen Kolonialpolitik in der zweiten H�lfte dieses Jahrhunderts wesentlich auf Afrika gerichtet gewesen, dessen Aufteilung unter die europ�ischen Kolonialm�chte eines der denkw�rdigsten Ereignisse der neuesten Geschichte ist. Im Norden des Kontinents ist �gypten zwar nicht im eigentlichen Sinn eine englische Kolonie, aber doch seit 1882 von G. v�llig abh�ngig; durch einen Vertrag vom Jahre 1904 ist die britische Suprematie in �gypten auch von Frankreich, das ihr bis dahin standhaft widersprochen hatte, anerkannt worden.

In Westafrika erwarb G. durch Kaufvertr�ge 1850 die d�nischen und 1871 die niederl�ndischen Besitzungen an der Goldk�ste sowie seit 1861 das Gebiet von Lagos, zu dem das Protektorat �ber ein weites Hinterland geh�rt. Die vier westafrikanischen Kolonien waren 1866 unter einem Generalgouverneur in Sierra Leone vereinigt worden; doch wurden 1874 nach dem Aschantikriege die Goldk�ste mit Lagos sowie 1888 Gambia wieder von Sierra Leone abgetrennt und zu besondern Kolonien gemacht; 1886 wurde Lagos wiederum von der Goldk�ste abgel�st, und sein Hinterland wurde 1899 abgegrenzt. Diese Abgrenzung erfolgte gegen�ber dem Nigergebiet, wo seit 1879 eine Gesellschaft englischer Kaufleute (die United African, sp�ter National African, zuletzt Royal Niger company) t�tig war und mit den Eingebornen zahlreiche Schutzvertr�ge abgeschlossen hatte, und wo au�erdem 1884 und 1885 die britische Regierung selbst das Protektorat der �lfl�sse geschaffen hatte, das seit 1893 Nigerk�sten-Protektorat hie�. Die Besitzverh�ltnisse in Westafrika wurden 1885–99 durch eine Anzahl von Vertr�gen zwischen G., Deutschland und Frankreich geordnet; auch der Kolonie Sierra Leone wurde dadurch ein Hinterland von mehr als 70,000 qkm gesichert. Nach Abschlu� dieser Vertr�ge verzichtete die Nigerkompanie 1899, da sie in finanzielle Verlegenheiten geraten war, auf ihre Regierungsrechte und bildete sich in eine einfache Handels- und Ansiedelungsgesellschaft um; aus ihrem Gebiet und dem bisherigen Nigerk�stenprotektorat wurden nun zwei neue, unmittelbar unter der Krone stehende Kolonien, Nord- und S�dnigeria, geschaffen. Somit besitzt G. in Westafrika seit 1. Jan. 1900 sechs gesonderte Kolonien, zu denen noch St. Helena (s. oben, S. 382) und die 1815 besetzten Inseln Ascension (seit 1881 nur noch Kohlenstation) und Tristan da Cunha (unter der Verwaltung der Regierung des Kaplandes) hinzuzurechnen sind.

Auch in Ost- und Zentralafrika ist der britische Besitz erst in den letzten Jahrzehnten konsolidiert worden. Erst als Deutschland hier festen Fu� gefa�t hatte, richtete auch die englische Regierung ihr Augenmerk auf Landerwerbungen in diesem Teile des Kontinents, und ein Vertrag von 1886 grenzte hier zuerst die beiderseitigen Machtsph�ren ab. Das dadurch G. �berlassene Gebiet wurde der von Sir W. Mackinnon geleiteten, 1888 mit einem Freibrief ausgestatteten Ostafrika-Kompanie zur Verwaltung �berwiesen, die auch den dem Sultan von Sansibar verbliebenen K�stenstreifen pachtete und ihren Einflu� im Innern auszubreiten suchte. Neuen Verwickelungen mit Deutschland, die dadurch hervorgerufen wurden, machte ein Vertrag vom 1. Juli 1890 ein Ende, durch[385] den Deutschland (unter andern gegen die Abtretung von Helgoland) auf Sansibar, Pemba, Uganda- und Wituland verzichtete; das so gewaltig vergr��erte Gebiet der Kompanie wurde 1891 gegen das italienische Somalland und 1894 gegen den Kongostaat abgegrenzt. Aber auch hier erwies sich die Verwaltung durch eine Gesellschaft auf die Dauer unm�glich, und so verzichtete die Kompanie schon 1895 gegen eine namhafte Geldentsch�digung auf ihren Freibrief, nachdem sie schon zuvor Uganda aufgegeben hatte. Das letztere war schon 1894 zu einem britischen Schutzgebiet gemacht worden, das unter andern auch Unyoro und Usoga umfa�t; nunmehr wurde auch das �brige Gebiet der Kompanie zu einem eignen, dem Ostafrikanischen Schutzgebiet, umgewandelt, dessen oberster Verwaltungsbeamter auch die englischen Oberhoheitsrechte in Sansibar und Pemba aus�bt, wo dem Sultan nur eine nominelle Herrschaft belassen ist. Von dem britischen Ostafrika ist durch Deutsch-Ostafrika das britische Zentralafrika getrennt, zu dessen Abgrenzung au�er den schon erw�hnten Vertr�gen mit Deutschland und dem Kongostaat auch ein Abkommen mit Portugal im Juni 1891 geschlossen wurde. Aber nur das Land westlich vom Nyassasee wurde unmittelbar unter die Verwaltung der Krone genommen und bildet das seit 1893 so genannte Schutzgebiet von Britisch-Zentralafrika, w�hrend die weiter westlich angrenzenden Landschaften der S�dafrikanischen Gesellschaft �berlassen wurden, von der gleich die Rede sein wird.

In S�dafrika ist die Ausbreitung des englischen Gebietes im best�ndigen Gegensatz und in harten K�mpfen einerseits mit den Kaffern, denen gegen�ber die Grenzen des Kaplandes immer weiter nach Osten und Norden erweitert wurden, anderseits mit den holl�ndischen Kolonisten erfolgt, die sich nicht so willig, wie die Franzosen in Kanada, der britischen Herrschaft f�gen mochten und mit den seit 1814 (s. oben, S. 384) aus G. eingewanderten neuen Ansiedlern keineswegs verschmolzen. Nachdem schon vorher einzelne Burenfamilien aus dem Kapland ausgewandert waren, begann im J. 1836 der gro�e »Trek« niederl�ndischer Kolonisten einerseits ins Gebiet des Oranje- und Vaalflusses, anderseits nach Natal, wo schon 1824 englische Ansiedler sich niedergelassen hatten, wo aber bis dahin die britische Regierung Hoheitsrechte formell nicht in Anspruch genommen hatte. Die Haltung Gro�britanniens gegen�ber dieser Bewegung war anfangs unentschlossen und keineswegs konsequent. Zwar erkl�rte der Gouverneur des Kaplandes, da� er die Ausgewanderten, die sich in ihren neuen Besitzungen in schweren K�mpfen mit den Eingebornen siegreich behaupteten, nach wie vor als britische Untertanen betrachte, aber im Mutterlande war man damals einer Erweiterung des Kolonialreiches in Afrika abhold, und die Buren gaben sich, um jene Erkl�rung unbek�mmert, republikanische Verfassungen. Erst als Lord John Russell 1839 an die Spitze des Kolonialministeriums trat, wurde die Eroberung Natals beschlossen; 1842 r�ckten englische Truppen ein; 1843 wurde Natal zur britischen Kolonie erkl�rt; die Folge davon aber war, da� die meisten Buren das kaum besiedelte Land wieder verlie�en und sich mit ihren Stammesgenossen im Gebiete des Oranje- und Vaalflusses vereinigten. Hier gelang es denn auch den Buren, sich lange Zeit in ihrer Unabh�ngigkeit zu behaupten, indem sie 1848 die Oranje-Republik und 1852 die aus drei verschiedenen, bis dahin voneinander unabh�ngigen Niederlassungen zusammengesetzte Transvaalrepublik schufen. Die letztere wurde noch 1852, die erstere, die G. zun�chst f�r sich in Anspruch nahm, 1854 als unabh�ngiger Freistaat anerkannt. Erst nachdem die Diamantfunde (zuerst 1867) im Gebiete des Oranje- und Vaalflusses den Wert des s�dafrikanischen Gebietes in ungeahnter Weise erh�ht hatten, fa�te die britische Regierung die weitere Ausdehnung ihres dortigen Besitzes wieder ins Auge. Schon 1868 wurde die Annexion des Basutolandes �stlich von der Oranje-Republik beschlossen, und da auch diese darauf Anspr�che erhob, wurde das Land durch einen Vertrag von 1869 zwischen der Republik und G. geteilt; der britische Teil wurde zun�chst dem Kapland einverleibt, 1884 aber davon abgel�st und zu einer besondern Kolonie gemacht. Demn�chst wurde 1871 Westgriqualand trotz des Widerspruches der Burenrepubliken f�r G. in Besitz genommen (seit 1877 Provinz des Kaplandes), und seit 1874 verfolgte die englische Regierung den Plan, ihre s�dafrikanischen Kolonien mit den Republiken zu einem von G. abh�ngigen Bundesstaate zu verschmelzen. Da die Buren sich dem widersetzten, benutzte die englische Regierung die Hilfegesuche der mit den Republiken im Streite liegenden Eingebornen, um 1877 durch Sir Th. Shepstone Transvaal zu einer britischen Besitzung zu erkl�ren. Anfangs f�gten sich die Buren, aber 1881 erhoben sie sich zu einem Aufstand und zwangen die Engl�nder, die in mehreren Treffen besiegt wurden, ihnen ihre Unabh�ngigkeit zur�ckzugeben. Das Suzer�nit�tsrecht, das sich G. 1881 gewahrt hatte, wurde 1884 durch einen neuen Vertrag dahin eingeschr�nkt, da� die britische Regierung sich nur die Genehmigung aller Vertr�ge vorbehielt, welche die S�dafrikanische Republik (diesen Namen hatte Transvaal angenommen) mit europ�ischen M�chten oder eingebornen St�mmen abschlie�en w�rde. Dagegen mu�ten die Buren auf das Betschuanaland, wo sie 1881 zwei kleine Republiken zu begr�nden versucht hatten, verzichten; der s�dliche Teil wurde als britische Kolonie (1895 dem Kapland einverleibt), das �brige Gebiet als eignes Schutzgebiet eingerichtet. Ebensowenig wurde den Buren gestattet, durch die Besitznahme des Sululandes, wo sie 1884 die Nieuwe Republik gr�ndeten, den Zugang zum Meere zu gewinnen; durch einen Vertrag von 1886 wurde die Neue Republik (1888 der S�dafrikanischen einverleibt) zwar anerkannt, aber nur in einem vom Meer abgeschnittenen Teil des Landes, der �brige Teil des Sululandes wurde 1887 annektiert (1898 der Kolonie Natal einverleibt). Nachdem inzwischen die gro�en Goldfunde im Transvaalland (seit 1885) abermals die Begehrlichkeit nach Landerwerbungen in S�dafrika gesteigert hatten, wurde 1888 das Matabele- und Maschonaland als britisches Gebiet erkl�rt; ihre Verwaltung und Ausbeutung wurde 1889 der unter leitender Mitwirkung von Cecil Rhodes (s. d.) begr�ndeten S�dafrika-Kompanie �bertragen, der es gelang, nach hartn�ckigem Widerstande der Eingebornen, bis 1897 das Land zu unterwerfen. Das Gebiet der Kompanie, zu dem auch das durch die fr�her erw�hnten Vertr�ge mit andern Kolonialm�chten der britischen Sph�re zugewiesene, aber kaum aufgeschlossene Land n�rdlich vom Sambesi geschlagen wurde, erhielt 1895 den Namen Rhodesia. Von hier aus wurde dann Anfang 1896 der unerh�rte Angriff Jamesons auf die S�dafrikanische Republik unternommen; zu seinen Folgen geh�rte es, da� 1898 die Regierungsrechte der Gesellschaft zwar nicht aufgehoben, aber doch eingeschr�nkt wurden. Die letzte und bedeutendste Erweiterung des s�dafrikanischen Kolonialbesitzes[386] Gro�britanniens wurde endlich durch den seit langer Zeit vorbereiteten, im Oktober 1899 ausgebrochenen Krieg mit den beiden Burenrepubliken herbeigef�hrt; im M�rz 1900 wurde der Oranje-Freistaat, im September die S�dafrikanische Republik zur britischen Kolonie erkl�rt; ersterer erhielt den Namen Oranje-River-Colony, letztere den Namen Transvaal. So ward durch die r�cksichtslose und gewaltt�tige Energie Cecil Rhodes' und Chamberlains der seit einem Vierteljahrhundert verfolgte Plan der Vereinigung S�dafrikas unter britischer Herrschaft verwirklicht.

Ungleich k�rzer als die Geschichte der �u�ern, kann die der innern Kolonialpolitik Gro�britanniens behandelt werden. Hinsichtlich ihrer aber ist zwischen Ostindien einer- und dem �brigen Kolonialreich anderseits zu unterscheiden. Ostindien, wo britische Niederlassungen niemals erfolgt sind und niemals erfolgen k�nnen, ist eigentlich keine Kolonie, sondern ein erobertes und unterworfenes Reich, beherrscht durch britische Waffen, verwaltet durch britische Beamte. Aber seine Verwaltung und Ausbeutung war bis in die zweite H�lfte des 18. Jahrh. ausschlie�lich und fast ohne Einmischung seitens der Regierung der Ostindischen Kompanie �berlassen, und erst nach den gewaltigen Eroberungen Clives mischte sich 1767 das Parlament insofern ein, als es die Dividende der Aktion�re auf 10 Proz. beschr�nkte und der Kompanie eine hohe j�hrliche Abgabe f�r ihren Landbesitz auferlegte. Aber schon sechs Jahre sp�ter f�hrte die Mi�regierung der Kompanie, die �berdies in finanzielle Verlegenheiten geraten war, zum Erla� eines Gesetzes (1773), durch das eine strenge Staatsaufsicht �ber die indische Verwaltung eingef�hrt wurde; 1783 wurde diese noch versch�rft und einer eignen Beh�rde, dem Board of control, �bertragen, das aus sechs vom K�nig ernannten Mitgliedern des Geheimen Rates bestand und in dringenden F�llen oder in geheimen Angelegenheiten sogar ohne Zuziehung der Direktion der Gesellschaft Befehle an die Beamten in Indien erteilen durfte. Dies Kontrollamt hat �ber 80 Jahre fungiert, bis nach dem gro�en indischen Aufstande (1857) die �ffentliche Meinung dringend die Aufhebung der Kompanie und die �bernahme der Regierung Indiens durch die Krone forderte. Die letztere erfolgte durch ein Gesetz von 1858, das alle Regierungsrechte der (1874 nach Abfindung der Aktion�re ganz aufgehobenen) Kompanie beseitigte und diese einem Staatssekret�r f�r Indien �bertrug, dem ein aus 15 Mitgliedern bestehender Rat zur Seite gestellt wurde. Im November 1858 wurde die K�nigin als Herrscherin von Indien ausgerufen und 1876 nahm sie den Titel Kaiserin von Indien (Kaisar-i-Hind) an. Unter dem dem Parlament verantwortlichen Staatssekret�r steht der Generalgouverneur (Vizek�nig) von Indien mit seinem aus den Chefs der sechs obersten Verwaltungsbeh�rden zusammengesetzten Rat, der zu Zwecken der Gesetzgebung durch 16 andre Mitglieder verst�rkt wird. Ebenso stehen aus�bende und gesetzgebende R�te den Gouverneuren der Provinzen zur Seite (N�heres s. Ostindien, Verwaltung). Eine Landesvertretung gibt es nicht. Die Mitglieder aller Rate werden ernannt; zwar sind regelm��ig einige Eingeborne sowohl Mitglieder der obersten als der provinzialen gesetzgebenden Rate. In der Hauptsache aber wird Indien immer noch wie ein erobertes Land regiert.

Kolonialverwaltung. F�r die oberste Leitung der eigentlichen Kolonien wurde eine eigne Aufsichtsbeh�rde schon von Karl I. geschaffen, die im Laufe des 17. u. 18. Jahrh. mancherlei Wandlungen erfuhr, indem sie bald als ein eignes Kollegium, bald als ein Ausschu� des Geheimen Rates gestaltet wurde. 1768 wurde ein eigner Staatssekret�r f�r Amerika ernannt, 1782–86 war die oberste Kolonialverwaltung dem Minister des Innern �bertragen und von 1794–1854 war sie mit dem Kriegsministerium vereinigt. Dann wurde 1854 ein eignes Kolonialministerium, an dessen Spitze ein Staatssekret�r steht, errichtet. Au�erdem besteht als oberstes Appellationsgericht sowohl f�r die Kolonien als f�r Indien der richterliche Ausschu� des Geheimen Rates (Judicial committee of the privy council), dessen Kompetenz freilich in bezug auf einzelne Kolonien neuerdings gewisse Einschr�nkungen erfahren hat. Auch im �brigen ist die Befugnis des Kolonialministeriums und der von ihm ernannten Gouverneure in den einzelnen Kolonien verschiedenartig gestaltet, und sie hat sich im Laufe des 18. und 19. Jahrh. in vieler Hinsicht wesentlich ver�ndert. W�hrend n�mlich die im 17. Jahrh. begr�ndeten Niederlassungen in Amerika fast �berall eine freie, parlamentarische Verfassung erhielten und diese auf das mannhafteste verteidigten, verstand es sich von selbst, da� die im 18. Jahrh. eroberten Kolonien nicht von vornherein mit gleichen Rechten autonomer Selbstverwaltung ausgestattet wurden. Ganz entbehrten sie deren freilich nicht, wie denn z. B. die zum Gouvernement Grenada vereinigten westindischen Inseln schon 1765 eine gew�hlte gesetzgebende K�rperschaft erhielten, die das ausschlie�liche Recht, Steuern f�r die Kolonie zu bewilligen, in Anspruch nahm und behauptete, und wie in Kanada seit 1791 gesetzgebende Versammlungen bestanden, die aus Wahlen hervorgingen, deren finanzielle Rechte aber doch nur beschr�nkt waren. Freilich hatten weiterblickende englische Politiker aus dem amerikanischen Freiheitskriege die Lehre gezogen, da� die dauernde Behauptung der gr��ern, wesentlich von einer angels�chsischen Bev�lkerung bewohnten �berseeischen Besitzungen nur m�glich sei, wenn sie mit freier Selbstregierung ausgestattet wurden; aber es dauerte doch noch lange Zeit, bis diese �berzeugung sich allgemeinere Anerkennung verschaffte. Von erheblichem Einflusse darauf war ein nach der Niederwerfung des kanadischen Aufstandes von 1837/38 von Lord Durham erstatteter Bericht vom 31. Jan. 1839, der die �berzeugung aussprach, da� dem Zwist zwischen Kolonie und Mutterland nur durch die Gew�hrung einer weitgehenden Autonomie an jene ein Ende zu machen sei. So lebhaft diese Anschauungen auch bek�mpft wurden, sie drangen doch schlie�lich durch, und es war die Folge davon, da� Kanada 1840 eine neue Verfassung erhielt, durch die der ausf�hrende Rat (Ministerium) der gew�hlten Volksvertretung verantwortlich gemacht wurde. In �hnlicher Weise wurden bis 1855 die Verh�ltnisse in den �brigen britischen Kolonien Nordamerikas geordnet; 1853 erhielt das Kapland eine Repr�sentativverfassung, die 1872 zur v�lligen Selbstregierung ausgestaltet wurde; von 1842–55 vollzog sich in den australischen Kolonien der gleiche Vorgang; und 1867 wurde f�r die neue Verfassung der Dominion of Canada, 1893 f�r die Natals, 1900 f�r die des Commonwealth of Australia der Gedanke voller Autonomie zugrunde gelegt.

So zerfallen heute die englischen Kolonien hinsichtlich ihrer Verfassung in drei Kategorien. Erstens Kronkolonien, in denen die gesetzgebende wie die ausf�hrende Gewalt in den H�nden der Regierung liegt, insofern die gesetzgebenden R�te, die auch hier fast �berall bestehen, nicht aus gew�hlten, sondern aus ernannten Mitgliedern zusammengesetzt sind. Zweitens [387] Kolonien mit gew�hlter Volksvertretung, aber ohne verantwortliches Ministerium, in denen also die Krone bei der Gesetzgebung nur ein Vetorecht hat, die Parlamente aber auf die Verwaltung einen unmittelbaren Einflu� nicht aus�ben. Drittens Kolonien mit voller parlamentarischer Selbstregierung, in denen das Ministerium aus der Mehrheit der Volksvertretung hervorgehen mu�, und in denen der Krone, abgesehen von der Ernennung des Gouverneurs, nur ein praktisch bedeutungsloses Vetorecht bei der Gesetzgebung und ein gewisser Einflu� auf Fragen, die mit der ausw�rtigen Politik zusammenh�ngen, gewahrt ist, die also fast v�llig selbst�ndige Staaten darstellen. Zur letzten Kategorie geh�ren die Dominion of Canada, der Commonwealth of Australia, Neufundland, Neuseeland, das Kapland und Natal. Zur zweiten, innerhalb deren �brigens die Zusammensetzung und die Rechte der gesetzgebenden K�rperschaften sehr verschieden gestaltet sind, geh�ren ein Teil der westindischen Inseln (Barbados, Bermudas, Jamaika, die Leewardinseln), Britisch-Guayana, Mauritius, Cypern, Malta. Die erste Kategorie umfa�t alle �brigen Kolonien, darunter auch Ceylon. Bei den Kolonien mit Selbstregierung ist der Zusammenschlu� zu gr��ern Bundesstaaten in Nordamerika und Australien beinahe vollst�ndig durchgef�hrt, w�hrend sie in S�dafrika noch nicht gelungen ist. Seit den letzten Jahren ist der Gedanke einer engern Verbindung aller dieser sich selbstregierenden Kolonien mit dem Mutterland (Imperial federation) das Ziel der englischen Kolonialpolitik; Konferenzen ihrer leitenden Minister mit dem Kolonialminister des Mutterlandes haben ihn er�rtert, und in handelspolitischen Ma�nahmen der Kolonialregierungen, in Beitr�gen der Kolonien zu den Ausgaben des Mutterlandes f�r Heer und Flotte und in der Entsendung kolonialer Truppen zur Unterst�tzung des Mutterlandes im s�dafrikanischen Krieg ist erz. T. bereits verwirklicht worden.

Gegenw�rtig stellen die Kolonien und ausw�rtigen Besitzungen das britische Reich hinsichtlich der Gr��e und Volkszahl �ber alle Staaten alter und neuer Zeit (s. Karte »Kolonien«). Die Kolonien werden vom Mutterland nicht nur besteuert, sondern letzteres bezahlt auch den gr��ten Teil der f�r die Verteidigung n�tigen Truppen (mit Ausnahme Ostindiens) und teilweise die Gehalte der Gouverneure und andrer Beamten. Es stehen in den Kolonien 166,000 Mann europ�ische Truppen, wovon 74,400 in Indien und 41,500 in S�dafrika und Somalland.

�ber die Finanzen und den Umfang des Handels in den wichtigern britischen Kolonien im J. 1901 unterrichtet die folgende �bersicht:

Tabelle

�ber die Kolonien vgl. Seeley, The expansion of England (2. Aufl. 1895); Hodgetts, Greater England (1887); Dilke, Problems of Greater Britain (1890, 2 Bde.); Robinson, Colonial chronology (1892); A. W. Jose, Growth of the empire. Handbook to the history ot Greater Britain (2. Aufl. 1900); »Journal of the African Society« (seit Oktober 1901); Egerton, The origin and growth of the English colonies (1904); W. F. Johnson, A century of expansion (1904); Vogel, Das britische Kolonialreich (Berl. 1886); Bonwick, The British colonies and their resources (1886); Lucas, Historical geography of the British colonies (1888–1901, Bd. 1–5); Zimmermann, Die Kolonialpolitik Gro�britanniens (Berl. 1898–99, 2 Bde.); Chevilliard, Les colonies anglaises (Par. 1899); Greswell, The growth and administration of the British colonies (1898); Jewell, Handbook to British military stations abroad (1898); de Wiart, Les grandes compagnies coloniales anglaises du [388] XIX. si�cle (Par. 1899); B�sching, Die Entwickelung der handelspolitischen Beziehungen zwischen England und seinen Kolonien bis zum Jahre 1860 (Stuttg. 1902); Darcy, France et Angleterre. Cent ann�es de rivalit� coloniale: L'Afrique (Par. 1903); Corbett, England in the Mediterranean. A study of the rise and influence of British power within the Straits, 1603 to 1713 (1904, 2 Bde.).


Geschichte Englands, bez. Gro�britanniens.

�bersicht der Regenten.


I. England unter den R�mern 55 v. Chr. bis 410 n. Chr.


II. England unter den Angelsachsen 449–1066

(1017–1042 Herrschaft der D�nen).


III. Normannische K�nige 1066–1154.

1066–1087 Wilhelm I., der Eroberer.

1087–1100 Wilhelm II.

1100–1135 Heinrich I.

1135–1154 Stephan von Blois.


IV. Haus Anjou oder Plantagenet 1154–1399.

1154–1189 Heinrich II.

1189–1199 Richard I. L�wenherz.

1199–1216 Johann ohne Land.

1216–1272 Heinrich III.

1272–1307 Eduard I.

1307–1327 Eduard II.

1327–1377 Eduard III.

1377–1399 Richard II.


V. H�user Lancaster und York.

1399–1413 Heinrich IV.

1413–1422 Heinrich V.

1422–1461 Heinrich VI.

1470–1471 Heinrich VI.

1461–1483 Eduard IV.

1483 Eduard V.

1483–1485 Richard III.


VI. Haus Tudor 1485–1603.

1485–1509 Heinrich VII.

1509–1547 Heinrich VIII.

1547–1553 Eduard VI.

1553–1558 Maria (die Katholische od. Blutige).

1558–1603 Elisabeth.


VII. Haus Stuart 1603–1714.

1603–1625 Jakob I.

1625–1649 Karl I.


1649–1660 Die Republik (Protektor Oliver Cromwell 1651 bis 1658, Richard Cromwell 1658–1659).


1660–1685 Karl II.

1685–1688 Jakob II.

1689–1702 Maria (gest. 1695) und Wilhelm III. von Oranien.

1702–1714 Anna.


VIII. Haus Hannover (seit 1714).

1714–1727 Georg I.

1727–1760 Georg II.

1760–1820 Georg III.

1820–1830 Georg IV.

1830–1837 Wilhelm IV.

1837–1901 Viktoria.

Seit 1901 Eduard VII.


Vorgedichte; r�mische und angels�chsische Zeit (bis 1066).

Im Altertum wurden die britischen Inseln zuerst von den Ph�nikern, die von dort das Zinn holten, in den Weltverkehr einbezogen; dem Abendland kam die erste zusammenh�ngende Kunde von ihnen durch die Reisen des Pytheas von Marseille (um 330 v. Chr.). Die Romer lernten G., dessen �ltester einheimischer Name Albin oder Albion war, erst kennen, als es von einer im Verlauf l�ngerer Zeit eingewanderten keltischen Bev�lkerung eingenommen war; die Hauptst�mme dieser den Galliern des Festlandes in Sprache, Sitte und Religion verwandten Bev�lkerung waren die G�len (Goidelen) und die Britanner (Brython), nach denen die ganze Insel Britannia benannt wurde. Als C�sar Gallien unterworfen hatte, unternahm er, wahrscheinlich um die Briten an einer Unterst�tzung ihrer festl�ndischen Stammesgenossen zu verhindern, 55 und 54 v. Chr. zwei Z�ge nach G., auf deren zweitem er bis �ber die Themse vordrang, ohne jedoch eine dauernde Festsetzung auf der Insel zu bewirken. Erst unter Kaiser Claudius ward 43 n. Chr. die Eroberung Britanniens begonnen und unter Domitian bis 85 durch Agricola im wesentlichen vollendet. Au�er Irland (Hibernia) blieb nur der n�rdlich des Clyde und Forth gelegene Teil Britanniens unbezwungen. Das unterworfene, im Norden durch gro�artige Grenzbefestigungen gegen die Kaledonier gesch�tzte Land, seit Diokletian in mehrere Provinzen geteilt, erf�llte sich allm�hlich mit r�mischer Bildung und Gesittung; in aufbl�henden St�dten, wie London, York, Lincoln, Colchester u. a., entwickelten sich lebhafter Handel und Verkehr; auch das Christentum verbreitete sich unter der r�mischen Herrschaft.

Zur Zeit der V�lkerwanderung verlie�en im Anfang des 5. Jahrh. die r�mischen Legionen G., und um 410 gab Kaiser Honorius die Herrschaft �ber die Insel auf; er sowohl als 446 der Statthalter von Gallien, Aetius, verweigerten den Briten die Hilfe gegen die von Schottland und von der See aus drohenden Feinde. Letztere, die Angelsachsen (s. d.), hatten schon seit dem Ende des 3. Jahrh. die K�sten Englands als Seer�uber heimgesucht. Seit der Mitte des 5. Jahrh. setzten sie sich dauernd im S�dosten der Insel fest, begannen sie von hier aus zu erobern und hatten um die Mitte des 6. Jahrh. diese Eroberung vollendet. Sie beherrschten den S�den und Osten der Insel. Im Westen und Norden, in Wales sowie in den schottischen Hochlanden, erhielten sich die Briten. Beide V�lkerschaften standen sich v�llig gesondert, ja feindlich gegen�ber. In England kam daher die germanische Art zu reinerer und reicherer Entfaltung als in allen �brigen germanischen Reichen auf r�mischem Boden (s. Angelsachsen sowie Angels�chsische Sprache und Literatur). Nachdem um 600 die Angelsachsen das Christentum angenommen hatten, schmolzen im 7. Jahrh. die von ihnen gegr�ndeten Kleinstaaten zu sieben oder acht K�nigreichen zusammen: Kent (Ostkent und Westkent), Essex, Sussex, Wessex, Mercia, Ostangeln (Eastanglia) und Northumberland; man bezeichnet diese Reiche gew�hnlich als die angels�chsische Heptarchie. In der ersten H�lfte des 9. Jahrh. verschmolz Egbert, K�nig von Wessex (802–839), diese Staaten zu Einem Reich Anglia. In schwere Gefahr geriet das Reich durch die Angriffe normannisch-d�nischer Seer�uber, die fast j�hrlich an den englischen K�sten landeten, tief in das Innere hinein vordrangen und sich endlich dauernd festsetzten. Erst K�nig Alfred der Gro�e (871–901) schlug 878 die D�nen entscheidend, bekehrte die in England bleibenden zum Christentum, wehrte weitere Angriffe der Normannen ab und stellte Frieden und Ordnung wieder her. Durch eine weise Gesetzgebung und Verwaltung heilte er die Wunden des Krieges, f�rderte Ackerbau, Gewerbe, Schiffahrt, Handel, st�dtisches Leben, Wissenschaft und Kunst; seine Gesetzgebung ward die erste Grundlage des sp�tern common law. Unter Alfreds Nachfolgern war sein Urenkel Edgar (959–975) der bedeutendste, der seine Oberherrschaft auch �ber die benachbarten kleinern Inseln und �ber einen gro�en Teil von Irland ausbreitete. Aber schon unter seinem zweiten Sohn, Ethelred (dem Unberatenen, 979–1016), wurden die Angriffe der D�nen aufs neue gef�hrlich; nur vor�bergehend konnte man durch Tributzahlungen (das Danegeld) den Frieden erkaufen, und nachdem 1016 Ethelred und wenige Monate sp�ter sein Sohn Edmund (Eisenseite) gestorben waren, wurde der D�nenk�nig Knut zu London als K�nig von England anerkannt; auf seinem Haupte vereinigte er auch die d�nische und norwegische Krone. Indes nach Knuts Tode (1035) wurde England wieder ein selbst�ndiges Reich, und als 1042 sein Geschlecht mit Harthaknut erlosch, erhoben die Gro�en den Bruder Edmunds, Eduard den Bekenner (1042–66), der in der Normandie in der Verbannung gelebt hatte, zum K�nig. Nach dem kinderlosen Tode Eduards, mit dem das Geschlecht Egberts ausstarb, wurde [389] Harald, der Sohn Godwins, zum Nachfolger gew�hlt. Allein Wilhelm, Herzog von der Normandie, beanspruchte jetzt auf Grund angeblicher Zusicherungen Eduards den englischen Thron; er landete 29. Sept. 1066 mit 60,000 Mann an der S�dk�ste von England, und in der Schlacht bei Senlac oder Hastings 14. Okt. verlor Harald Thron und Leben. Diese Schlacht machte der angels�chsischen Herrschaft in G. ein Ende; am 25. Dez. wurde Wilhelm »der Eroberer« in London zum K�nig von England gew�hlt und von dem Erzbischof von York gekr�nt.

England unter den normannischen K�nigen (1066 bis 1154).

Die neuen Beherrscher, die Normannen, waren urspr�nglich germanischen Blutes, aber in der Normandie vollst�ndig romanisiert worden. Ihre Sprache war ein Dialekt der franz�sischen, ihre Verfassung streng feudal. Dies franz�sische Wesen wurde nun auf England �bertragen. Wiederholte Aufst�nde der Angelsachsen, die von Wilhelm mit r�cksichtsloser H�rte unterdr�ckt wurden, gaben dem K�nig Anla� zu einer v�lligen Umgestaltung der Verh�ltnisse, �ber die das um 1085 verfa�te Reichsgrundbuch, »Domesday Book« (s. d.) genannt, genaue Aufschl�sse gibt. Die daraus entwickelte, noch heute der Theorie nach geltende Maxime des englischen Rechts ist, da� der K�nig alleiniger Eigent�mer des ganzen eroberten England ist, und da� niemand Land besitzen kann, das er nicht mittelbar oder unmittelbar durch k�nigliche Verleihung erlangt hat. Der K�nig selbst besa� ein Reservat von urspr�nglich mehr als 1000 manors, die neben zahlreichen Jagden, Parken und Forsten seine Dom�ne bildeten. Ungef�hr 600 Personen und K�rperschaften erscheinen als weltliche und geistliche unmittelbar vom K�nig belehnte Kronvasallen (chief-tenants, tenentes in capite). Au�erdem werden 7871 Afterlehnsleute, 10,097 Freisassen und 23,072 Sokemannen, d. h. Freie mindern Rechts, erw�hnt. Die unfreie, in verschiedenen Abstufungen der Abh�ngigkeit stehende Bauernschaft und das l�ndliche Gesinde werden zu etwa 200,000, die Zahl der Knechte auf 25,000 anzunehmen sein. Nur in der Klasse der Kronvasallen sind fast ausschlie�lich Normannen zu finden; alle �brigen setzen sich aus ihnen und Angelsachsen zusammen. Die Inhaber der erblichen Lehen waren zum Kriegsdienst verpflichtet; wie die Kronvasallen, leisteten auch die Afterlehnsleute und gr��ern Freisassen dem K�nig unmittelbar den Eid der Lehnstreue. Die Einteilung des Landes in Grafschaften ward beibehalten; an der Spitze jeder Grafschaft stand ein Vizecomes oder Sheriff als oberster milit�rischer, finanzieller, administrativer und Justizbeamter, der vom K�nig ernannt ward und absetzbar war. J�hrlich mehrmals versammelte der K�nig die Gro�en und Vasallen, geistliche wie weltliche, zu Hoftagen, auf denen wohl auch Recht gesprochen, finanzielle Gesch�fte erledigt und �ber wichtige Angelegenheiten beraten wurde Doch hatten diese Hoftage nicht die Bedeutung der fr�hern Witenagemote, der angels�chsischen Reichstage: sie besa�en keine eigne gesetzgebende oder ritterliche Gewalt.

Als Wilhelm I. 7. Sept. 1087 auf einem Feldzug in Frankreich gestorben war, folgte ihm seinem Willen gem�� in der Normandie sein �ltester Sohn, Robert, in England der zweite, Wilhelm II. (der Rote, 1087–1100). Ein Aufruhr der englischen Barone, welche Gegner der Trennung von der Normandie waren, zugunsten Roberts, wurde mit Hilfe der von dem K�nig aufgebotenen angels�chsischen Bev�lkerung unterdr�ckt. Seine wiederholten Versprechungen, gut und gesetzm��ig zu regieren, hielt er freilich nicht; schwer lastete seine Hand auf dem durch Erpressung und Tyrannei bedr�ckten Lande. Den K�nig Malcolm von Schottland n�tigte Wilhelm 1092 zur Lehnshuldigung und gewann, nachdem Malcolm und sein Sohn Eduard 1093 bei Alnwick erschlagen waren, gr��ern Einflu� auf die schottischen Verh�ltnisse. Wilhelm II. verungl�ckte 2. Aug. 1100 auf der Jagd; da er keine Kinder hinterlie� und Robert noch nicht vom Kreuzzug zur�ckgekehrt war, so bestieg sein j�ngster Bruder, Heinrich I. (1100–1135), den Thron. Um sich diesen zu sichern, best�tigte er durch die sogen. Charta libertatum das alte angels�chsische Landesrecht (oder, wie man damals sagte, die Gesetze K�nig Eduards) mit den Ab�nderungen Wilhelms des Eroberers. Auch suchte er mit seinen angels�chsischen Untertanen in ein besseres Verh�ltnis zu gelangen, indem er sich mit Mathilde, einer Urenkelin K�nig Edmunds, verm�hlte. Als sein Bruder Robert die Barone der Normandie nicht im Zaum halten konnte, erschien Heinrich 1105 daselbst, schlug den Bruder, nachdem mehrere Vers�hnungsversuche gescheitert waren, 28. Sept. 1106 bei Tinchebray und hielt ihn bis zu seinem Tode gefangen. So kam die Normandie wieder an die englische Krone und wurde auch gegen Roberts Sohn Wilhelm, den Ludwig VI. von Frankreich unterst�tzte, behauptet. Im Innern f�hrte die Regierung Heinrichs I. zu einer bedeutenden Steigerung der k�niglichen Macht durch die Dem�tigung �berm�chtiger Kronvasallen; in dem Investiturstreit mit der r�mischen Kurie, der auch England ergriff, behauptete Heinrich die wesentlichen Hoheitsrechte der Krone, wenn er auch formelle Zugest�ndnisse machte.

Heinrich lie�, da sein einziger Sohn, Wilhelm, schon 1120 durch Schiffbruch umgekommen war, seine Tochter Mathilde, seit 1125 kinderlose Witwe des deutschen Kaisers Heinrich V., zur Kronerbin erkl�ren und verm�hlte sie 1129 mit dem Grafen von Anjou, Gottfried Plantagenet. Nach Heinrichs Tod (1. Dez. 1135) trat jedoch Stephan von Blois (1135–54), Sohn der Adele, einer Tochter Wilhelms des Eroberers, als Thronbewerber auf und setzte durch mancherlei Zugest�ndnisse an das Volk und an die Kirche seine Anerkennung durch. Zu Mathildens Gunsten trat der K�nig David von Schottland auf, der jedoch in der »Standartenschlacht« bei Northallerton 22. Aug. 1138 besiegt wurde. Bald darauf erhob sich aber auch der Graf Robert von Gloucester, nat�rlicher Sohn Heinrichs I., gegen Stephan, und da dieser die bei seiner Thronbesteigung gegebenen Versprechungen nicht hielt, brach ein Aufstand aus. Im Herbst 1139 landete Mathilde mit Robert von Gloucester in England und lie� sich, nachdem in der Schlacht bei Lincoln (2. Febr. 1141) Stephan gefangen genommen war, in Winchester zur K�nigin w�hlen und kr�nen. Da sie jedoch durch ihren �bermut und ihre Herrschsucht vielfach Ansto� erregte, dauerte der Kampf fort. Robert von Gloucester fiel in die H�nde der Gegner und mu�te gegen K�nig Stephan ausgewechselt werden. 1148 kehrte Mathilde, des Kampfes m�de, nach Frankreich zur�ck; doch nun trat ihr Sohn Heinrich gegen Stephan auf. Diesen belehnte Ludwig VII. von Frankreich mit der Normandie, womit er das pou seinem Vater ererbte Anjou und 1152 durch seine Ehe mit der vom K�nig Ludwig geschiedenen Eleonore auch Poitou und Guienne vereinigte. Als er 1153 mit ansehnlicher Streitmacht in England erschien, schlo� Stephan unter Vermittelung der Gro�en in Wallingford[390] einen Vertrag, der ihm selbst den lebensl�nglichen Besitz der Krone, Heinrich aber die Nachfolge sicherte. Demgem�� bestieg nach Stephans Tod (25. Okt. 1154) Heinrich II. und mit ihm das Haus Anjou-Plantagenet (1154–1399) den Thron Englands.

Die ersten K�nige aus dem Haus Plantagenet.

Heinrich II. (1154–89) beherrschte au�er England die Normandie, Anjou, Maine und das Land zwischen der Loire und den Pyren�en. 1171 unternahm er einen Zug nach Irland, empfing die Huldigung der geistlichen und weltlichen Gro�en, lie� sich in Dublin einen Palast erbauen und legte so den ersten Grund zur Eroberung Irlands. Auch gegen die Schotten war Heinrich II. gl�cklich: K�nig Wilhelm von Schottland wurde 1174 gefangen genommen und mu�te seine Freiheit mit der Anerkennung der englischen Lehnshoheit erkaufen. Unter Heinrichs K�mpfen in Frankreich war von besonderer Wichtigkeit sein Zug gegen Toulouse, auf das seine Gemahlin Anspr�che hatte, 1159, weil auf ihm zuerst das Schildgeld (scutagium) allgemein ausgeschrieben wurde, eine Kriegssteuer, die in der Folge beibehalten wurde und dem Feudalwesen einen ersten Sto� versetzte, indem sie die Abl�sung des pers�nlichen Kriegsdienstes erm�glichte und den K�nig in den Stand setzte, ein S�ldnerheer zu unterhalten. Durch Heinrichs II. Streit mit Thomas Becket (s. d.), Erzbischof von Canterbury, wurde der Kampf zwischen Staat und Kirche, der zu derselben Zeit auf dem Kontinent stattfand, auch nach G. verpflanzt. Durch die 16 Konstitutionen von Clarendon (1164) entschied der K�nig die streitigen Fragen unter strenger Wahrung der staatlichen Rechte, machte die Exkommunikation seiner Lehnsleute von seiner Zustimmung abh�ngig, behielt sich die Lehnsgerichtsbarkeit auch �ber Erzbisch�fe und Bisch�fe vor, wahrte seinen Einflu� auf die Wahl zu den geistlichen �mtern und schr�nkte den Verkehr des Klerus mit Rom ein. Dar�ber kam es zum Bruch zwischen dem Erzbischof und dem K�nig; Becket floh nach Frankreich, kehrte aber 1170 zur�ck und wurde 29. Dez. 1170 von mehreren H�flingen, die den Wunsch des K�nigs, von dem r�nkes�chtigen Priester befreit zu werden, erf�llen wollten, in der Kathedrale zu Canterbury ermordet. Eine Folge dieser Tat und der Wunder, die man am Grab des Ermordeten geschehen lie�, waren mannigfache innere Unruhen. Auch die Auss�hnung Heinrichs mit Rom (1172) und sein Verzicht auf die Ausf�hrung eines Teiles der Beschl�sse von Clarendon verhinderten 1173 den Ausbruch eines Aufstandes nicht, an dessen Spitze Heinrichs gleichnamiger Sohn trat, unterst�tzt von den K�nigen von Frankreich und Schottland. Doch behauptete der alte K�nig die Oberhand, und nachdem er 12. Juli 1174 am Grabe Thomas Beckets Kirchenbu�e getan hatte, besiegte er die Aufst�ndischen so vollst�ndig, da� er in dem am 30. Sept. 1174 abgeschlossenen Frieden gro�m�tige Milde zeigen konnte.

Die wiederhergestellte Ruhe benutzte der K�nig zur Durchf�hrung innerer Reformen, von denen die auf der Reichsversammlung zu Northampton (1176) beschlossenen besonders wichtig waren. Ganz England wurde in sechs Gerichtsbezirke geteilt, f�r die je drei reisende Richter (justices itinerant) bestellt wurden. Das Institut der Geschwornengerichte wurde ausgebildet; am Hofe wurde 1178 oder schon vorher ein st�ndiges Richterkollegium von f�nf M�nnern eingesetzt, aus dem der erst neuerdings aufgehobene h�chste englische Gerichtshof (King's Bench) hervorgegangen ist. Endlich machte auch die Entwickelung einer schon unter Heinrich I. begr�ndeten finanziellen Oberbeh�rde, der Schatzkammer (Exchequer), erhebliche Fortschritte. Des K�nigs letzte Jahre waren von neuen K�mpfen erf�llt, die durch die Emp�rungen seiner von Frankreich unterst�tzten S�hne hervorgerufen wurden. Heinrich mu�te zuletzt einen schimpflichen Frieden mit Frankreich schlie�en und starb kurz darauf, 6. Juli 1189.

Richard I., L�wenherz (1189–99), sein Nachfolger, hatte von des Vaters Herrschertugenden nur die Tapferkeit geerbt. W�hrend seines mit Philipp August von Frankreich unternommenen Kreuzzuges (s. Kreuzz�ge) st�rzte sein Bruder Johann den Reichsverweser William Longchamp, Bischof von Ely, verband sich mit Philipp August, der nach seiner R�ckkehr aus Pal�stina Richards franz�sische Besitzungen bedrohte, und suchte sich der Regierungsgewalt ganz zu bem�chtigen. Richard war indessen auf der R�ckkehr vom Orient in der N�he von Wien gefangen genommen und durch Herzog Leopold von �sterreich an Kaiser Heinrich VI. ausgeliefert worden, der ihn erst im Februar 1194 gegen hohes L�segeld freigab. Nach England zur�ckgekehrt, unterwarf Richard seinen Bruder und besiegte Philipp August bei Gisors (28. Sept. 1198), worauf ein Friede zustande kam, starb aber schon 6. April 1199 an den Folgen einer Wunde, die er bei der Belagerung einer Burg im Limousin erhalten hatte. Ihm folgte sein Bruder Johann, dem sein Vater einst den Beinamen Ohne-Land gegeben hatte (1199–1216); ihn hatte Richard zum Nachfolger ernannt ohne R�cksicht auf die Anspr�che des Sohnes seines �ltern Bruders Gottfried, Arturs von der Bretagne. Diese Anspr�che machte Artur mit Hilfe Frankreichs geltend, fiel aber in die H�nde seines Oheims und wurde 1203 ermordet. Philipp lud darauf den K�nig Johann nach Paris vor seinen Lehnshof, lie� ihn, als er nicht erschien, verurteilen und eroberte fast alle festl�ndischen Besitzungen Johanns. Bald darauf wurde dessen Lage noch gef�hrlicher. Nach dem Tode des Erzbischofs Hubert von Canterbury (1205) kam es �ber die Wahl seines Nachfolgers zu einem Streit mit Papst Innozenz III.; dieser sprach 1208 das Interdikt �ber England aus und bannte 1209 den K�nig. Johanns Barone, bei denen der unzuverl�ssige und grausame F�rst allgemein verha�t war, drohten deshalb abzufallen, und Philipp von Frankreich r�stete 1213 ein Heer, um den Bannstrahl in England zu vollstrecken. Da fa�te Johann den verzweifelten Entschlu�, sich dem Papst zu unterwerfen. Er legte 15. Mai 1213 die Krone von England und Irland nieder, um sie als p�pstliches Lehen gegen eine j�hrliche Abgabe von 1000 Mark Sterl. zur�ckzuempfangen. Dieser schm�hliche Vertrag brachte ihm allerdings die p�pstliche Absolution; aber der Kampf mit Frankreich, in dem Johann sich mit dem deutschen Kaiser Otto IV. verband, dauerte fort, und in der Schlacht bei Bouvines (27. Juli 1214) wurde das vereinigte deutsch-englische Heer entscheidend geschlagen, worauf der K�nig sich zu einem ung�nstigen Frieden mit Philipp gen�tigt sah.

Begr�ndung der englischen Verfassung.

Als Johann nach England zur�ckkehrte, fand er sein Land in voller G�rung; immer entschiedener verlangten die Barone und gro�en Kommunen die Anerkennung ihrer alten, vielfach verletzten Rechte. Zuletzt kam es zu offenem Abfall der Barone, mit denen sich die B�rger von London verbanden; Johann mu�te 15. Juni 1215 in Runnymede, einer Wiese an der Themse unweit Staines, die Magna Charta[391] unterzeichnen, die das ganze Mittelalter hindurch als eine Zusammenfassung der wichtigsten Gesetze Englands gegolten hat, und auf der z. T. noch heute seine Freiheiten beruhen. Vor allem waren zwei Bestimmungen dieses Gesetzes von Wichtigkeit: die eine (Art. 39) sicherte die Freiheit der Person durch die Anordnung, da� niemand ohne gesetzm��igen Spruch seiner Standesgenossen verhaftet, zum Verlust seines Eigentums oder zur Verbannung verurteilt werden solle; die andre (Art. 12–14) machte die au�erordentliche Besteuerung der Lehnstr�ger und die Schatzung Londons von der Bewilligung des gro�en Reichsrates abh�ngig, zu dem die gro�en Barone einzeln durch k�nigliches Schreiben (writ), die kleinern insgesamt durch den Sheriff geladen werden sollten. Um die Beobachtung dieser und andrer dem Land zugestandener Rechte zu sichern, ward ein Ausschu� von 25 Baronen eingesetzt.

Johann hatte die Erf�llung seiner Versprechungen beschworen, dachte aber nur an Rache f�r den erlittenen Schimpf. Er lie� daher durch eine Bulle Innozenz' III. vom 25. Aug. 1215 den Freibrief f�r ung�ltig erkl�ren, durchzog pl�ndernd das Land und eroberte Stadt f�r Stadt, ausgenommen London. Da riefen die Barone franz�sische Hilfe an und boten dem Kronprinzen Ludwig von Frankreich die Krone an. Dieser erschien mit einem Heer und eroberte mit Alexander II. von Schottland den gr��ten Teil von England. W�hrenddessen starb Johann 19. Okt. 1216. Ihm folgte sein neunj�hriger Sohn Heinrich III. (1216–72) unter Vormundschaft des p�pstlichen Legaten Guala und des Marschalls Grafen Wilhelm von Pembroke, der die Rechte seines Sch�tzlings kraftvoll verteidigte. Er best�tigte im Namen des K�nigs die Magna Charta, jedoch mit �bergehung der auf die Steuerbewilligung und die Einsetzung des Ausschusses der Barone bez�glichen Bestimmungen. Allm�hlich verst�rkte sich der Anhang des jungen K�nigs; Pembroke erfocht 20. Mai 1217 bei Lincoln einen gro�en Sieg, und die franz�sische Flotte wurde im August bei Dower geschlagen, worauf Ludwig im Frieden von Lambeth 11. Sept. 1217 seine Anspr�che aufgab und G. verlie�. Darauf leistete auch der K�nig von Schottland von neuem den Lehnseid. 1227 wurde Heinrich III. f�r m�ndig erkl�rt; seine erneuerten Anspr�che auf Poitou f�hrten 1242 zu einem Krieg mit Frankreich; allein er wurde 22. Juli bei Tailleborc an der Charente geschlagen und mu�te im Frieden von Bordeaux 7. April 1243 auf die L�nder diesseit der Garonne verzichten.

Die Bedr�ckung Englands durch die steigenden Anforderungen seines p�pstlichen Oberlehnsherrn wurde immer unertr�glicher; als »einen Brunnen, der nicht zu ersch�pfen sei«, betrachtete Papst Innozenz IV dies Land. Die Unzufriedenheit stieg, als 1255 Heinrich mit dem Papst Alexander IV. einen Vertrag schlo�, durch den dieser des K�nigs Sohn Edmund mit Neapel und Sizilien belehnte, wogegen Heinrich �ber 135,000 Mark Sterl. nach Rom zu zahlen versprach. Als nun �berdies Richard von Cornwall, Heinrichs Bruder, die deutsche K�nigskrone annahm, was England mit neuen Opfern bezahlen mu�te, und als 1258 infolge einer Mi�ernte Hungersnot drohte, brach der Sturm der Entr�stung los. Das Parlament zu Oxford, das man sp�ter das »wahnsinnige« (the mad parliament) genannt hat, zwang im Juni d. J. dem K�nig die Einsetzung eines Regierungsausschusses von 15 Personen auf, in dem die Gegner des K�nigs die Mehrheit hatten und durch den eine Reihe von Bestimmungen getroffen wurden (die sogen. Provisionen von Oxford), deren Ziel es war, die monarchische Regierung durch eine aristokratisch-landst�ndische zu ersetzen. Die hohen Kronbeamten, Gro�richter, Kanzler, Schatzmeister, sollten j�hrlich im Parlament ernannt werden; wenigstens dreimal im Jahr sollte ein Parlament stattfinden und darin der Regierungsausschu� mit zw�lf von den Baronen gew�hlten Vertretern die �ffentlichen Angelegenheiten ordnen.

Einige Jahre hindurch f�hrten diese landst�ndischen Vertreter in der Tat die Regierung. Als Heinrich aber der Unterst�tzung des Papstes und Frankreichs sicher zu sein glaubte, versuchte er, die verlorne Gewalt wiederzugewinnen, und es kam zu offenem Kampf zwischen ihm und den Baronen, deren F�hrer der hochbegabte Simon von Montfort, Graf von Leicester, war. Dieser errang in der Schlacht bei Lewes (14. Mai 1264) einen vollst�ndigen Sieg, und Heinrich sowie sein Bruder Richard wurden gefangen genommen. Da nun aber die K�nigin Eleonore in Frankreich und den Niederlanden alles aufbot, um ihren Gemahl zu befreien, mochte Leicester empfinden, da� er, um sich zu behaupten, der Unterst�tzung des ganzen Volkes bed�rfe; so fa�te er einen Beschlu�, der f�r die Entwickelung der englischen Verfassung von entscheidender Bedeutung geworden ist. Noch im Dezember berief er ein Parlament, zu dem nicht nur die Barone geh�ren, sondern auch aus jeder Grafschaft zwei Ritter, aus einer Anzahl von St�dten und Flecken je zwei B�rger entsandt werden sollten. Der 20. Januar 1265, an dem dies Parlament zusammentrat, ist mit Recht als der Geburtstag des englischen Unterhauses bezeichnet worden. Trotzdem vermochte Leicester sich nicht zu halten. Einer seiner Bundesgenossen, der Graf Gilbert von Gloucester, verband sich mit Heinrichs Sohn Eduard, und mit seiner Hilfe erk�mpfte der Prinz bei Evesham (4. Aug. 1265), wo Leicester fiel, die Freiheit seines Vaters.

Nachdem im Verlauf der n�chsten Jahre die Ruhe hergestellt war und Heinrich die Magna Charta von neuem anerkannt hatte, konnte Eduard 1270 eine Kreuzfahrt antreten; noch vor seiner R�ckkehr starb Heinrich III. 16. Nov. 1272. Sein Sohn Eduard (IV. oder, als der erste dieses Namens aus dem Haus Anjou, I., 1272–1307) setzte sich das Ziel, die ganze Insel G. unter seinem Zepter zu vereinigen. Wales hatte bis dahin trotz aller Angriffe seine Unabh�ngigkeit im wesentlichen behauptet; 11. Dez. 1282 aber ward sein F�rst Llewellyn in der N�he von Carmarthen �berw�ltigt und fiel im Kampf. Als dann 1283 auch Llewellyns Bruder David gefangen und hingerichtet worden, war die Unterwerfung des Landes vollendet; indem Eduard 1284 seinen �ltesten, zu Carnarvon gebornen Sohn zum Prinzen von Wales erhob, gab er den Wallisern einen »eingebornen« F�rsten und vollzog zugleich die Vereinigung des F�rstentums mit der englischen Krone. Sp�ter versuchte Eduard, auch Schottland zu unterwerfen. Nach dem Aussterben des schottischen K�nigshauses lie� er sich von John Baliol, dem er die Krone zuerkannte, als Oberlehnsherrn anerkennen (20. Nov. 1292), sah sich aber sp�ter gen�tigt, seine Rechte mit Waffengewalt geltend zu machen. Bei Dunbar (27. April 1296) errang Eduard einen vollst�ndigen Sieg, Baliol ward entsetzt; Schottland schien unterworfen, aber bald brach ein neuer Aufstand unter William Wallace aus, und das englische Heer ward 11. Sept. 1297 bei Stirling[392] geschlagen. Zwar gelang es 1305, Wallace gefangen zu nehmen, der am 23. Ang. hingerichtet wurde, aber schon im folgenden Jahr rief Robert Bruce Schottland von neuem unter die Waffen und ward zum K�nig gekr�nt. Eduard starb w�hrend der Kriegsr�stung gegen ihn 7. Juli 1307.

Die fortw�hrenden K�mpfe Eduards blieben nicht ohne R�ckwirkung auf die Verfassung des Landes. Wenn er oft genug Steuern ohne Zustimmung der Gemeinen ausschrieb, so lie� er doch anderseits h�ufig und seit 1295 fast j�hrlich auch die Vertreter der Grafschaften und St�dte zusammentreten, um sich Abgaben bewilligen zu lassen oder ihren Rat zu h�ren. Ein Gesetz von 1297 bestimmte, da� neue Steuern und Z�lle nicht ohne Bewilligung der Barone (ob auch der Gemeinen, ist zweifelhaft) erhoben werden sollten. Die Anma�ungen des Papstes Bonifatius VIII., der ihm den Krieg gegen Schottland untersagte, wies Eduard mit Zustimmung der St�nde entschieden zur�ck. Ebenso vertrat er dem Papst gegen�ber die Statuten, die er zur Einschr�nkung der Grundbesitzerwerbungen der Toten Hand (d. h. geistlicher Korporationen) erlassen hatte.

Sein Sohn und Nachfolger Eduard II. (1307–1327), ein schwacher, genu�s�chtiger F�rst, r�umte seinem G�nstling, dem Gascogner Piers de Gaveston, allzu gro�en Einflu� auf die Regierung ein. Dar�ber erbittert, n�tigten die Barone 1310 auf dem Parlament zu Westminster den K�nig, in die Einsetzung eines Ausschusses von 21 Gro�en (den sogen. Ordainers) zu willigen. Die von diesen 1311 erlassene Akte untersagte dem K�nig, ohne Zustimmung der Barone Krieg zu f�hren, das Land zu verlassen oder hohe Staats�mter zu vergeben, und bestimmte, da� j�hrlich mindestens einmal ein Parlament zusammentreten sollte; Gaveston wurde 1312 enthauptet. Indessen machte Robert Bruce in Schottland immer weitere Fortschritte; er besiegte Eduard 24. Juni 1314 bei Bannockburn, und erst 1323 kam ein 13j�hriger Waffenstillstand mit ihm zustande. Bald brachen neue K�mpfe zwischen dem K�nig, der sich den Satzungen der Ordainers nicht f�gen wollte, und dessen G�nstlinge jetzt die beiden Hugh d'Espencer (Spenser), Vater und Sohn, waren, und den Baronen aus, deren F�hrer Thomas, Graf von Lancaster, war. Nachdem dieser 1322 bei Boroughbridge gefangen und enthauptet war, wurden die Festsetzungen der Ordainers widerrufen und bestimmt, da� in Zukunft nur das Gesetzeskraft haben sollte, was der K�nig selbst mit Zustimmung der zum Parlament versammelten St�nde des Landes verf�gen w�rde. In diesem Statut von 1322 tritt zuerst der Gedanke der konstitutionellen Regierung deutlich zum Vorschein. Aber der K�nig kam trotzdem nicht zur Ruhe. Seine Gemahlin Isabella, Schwester Karls IV. von Frankreich, verlie� ihn, um sich in Paris mit ihrem Liebhaber, Lord Mortimer, zu vereinigen, die Barone der Lancasterschen Partei verbanden sich mit ihr, als sie nach England zur�ckkehrte; die d'Espencers wurden hingerichtet, Eduard selbst gefangen, zur Abdankung gen�tigt und im Gef�ngnis zu Berkeley ermordet.

Eduard II. und seine n�chsten Nachfolger.

Unter Eduard III. (1327–77), seinem Sohn und Nachfolger, ward Schottland, wo David dem Sohn des 1329 gestorbenen Robert Bruce, John Baliols Sohn, Eduard, die Krone streitig machte, durch die Schlacht von Halidon 19. Juli 1333 gen�tigt, die englische Oberhoheit wieder anzuerkennen, und ein Versuch, die Unabh�ngigkeit wiederzugewinnen, scheiterte 1346 durch die Schlacht bei Neville's Cro�. Schon vorher war der Krieg mit Frankreich ausgebrochen. Nachdem 1328 die gerade Linie der Kapetinger in Frankreich ausgestorben war, erhob Eduard III. Erbanspr�che auf Grund des Rechtes seiner Mutter Isabella und machte Philipp VI. von Valois seit 1338 die Krone streitig. Er hatte anfangs gl�nzenden Erfolg: Philipp erlitt bei Cr�cy 26.–27. Juli 1346 eine entscheidende Niederlage; ja, des K�nigs ber�hmter Sohn Eduard (der Schwarze Prinz) nahm in der siegreichen Schlacht bei Poitiers 19. Sept. 1356 sogar Philipps Nachfolger, den K�nig Johann II., gefangen, und der Friede zu Bretigny (8. Mai 1360), durch den Eduard Poitou, Guienne und Gascogne sowie die St�dte Calais und Guines als souver�nen Besitz erhielt, begr�ndete die Macht der englischen K�nige in Frankreich aufs neue. Doch brach der Krieg 1369 wieder aus, und die Engl�nder verloren allm�hlich ihre festl�ndischen Besitzungen wieder, mit Ausnahme der Hafenst�dte Guines und Calais. Sehr wichtig war Eduards Regierung f�r die Entwickelung der parlamentarischen Verfassung. Unter ihm bildete sich allm�hlich die Scheidung des Parlaments in Oberhaus (Pr�laten und Barone) und Unterhaus (Haus der Gemeinen, Ritter der Grafschaften und B�rger der St�dte) aus. Das Recht des Parlaments in bezug auf Steuerbewilligung und Gesetzgebung wurde anerkannt, und unter Eduard III. machte es 1376 auch den ersten Versuch einer Anklage (impeachment) gegen die Lords Latimer und Lyons.

Eduard starb 21. Juni 1377. Ihm folgte sein Enkel, der Sohn des Schwarzen Prinzen, Richard II. (1377–99), w�hrend dessen Minderj�hrigkeit Unruhen im Innern herrschten und die ausw�rtigen K�mpfe ungl�cklich verliefen. 1381 brach infolge einer neuen Kopfsteuer ein Aufruhr der niedern Schichten der Bev�lkerung unter Wat Tyler (s. d.) aus, der indessen durch den Mut des K�nigs und die Tapferkeit der Londoner niedergeschlagen wurde. W�hrend der Krieg mit Frankreich und Schottland fortdauerte, kam es auch im Innern zu neuen K�mpfen. Richard entzweite sich mit seinen Oheimen, den Herzogen von Lancaster, York und Gloucester; letzterer zwang den K�nig 1386, seine G�nstlinge zu entfernen und sich einem neuen Regentschaftsrat zu f�gen. Erst 1389 �bernahm Richard wieder die Regierung, und 1397 f�hrte er einen unerwarteten Staatsstreich aus. Er lie� seine Hauptgegner gefangen nehmen, den Erzbischof von Canterbury und dessen Bruder, den Grafen von Warwick, verbannen, einen andern Bruder, den Grafen von Arundel, enthaupten; Gloucester wurde im Gef�ngnis ermordet. Richard war nun im Vollbesitz der Macht; als er aber 1399 nach dem Tode des Herzogs von Lancaster dessen G�ter einzog, unternahm der Sohn und Erbe Lancasters, der Herzog Heinrich von Hereford, der als Verbannter in Paris lebte, w�hrend Richard auf einem Feldzug in Irland begriffen war, eine Landung in Yorkshire. Der Regent des Reiches, der Herzog von York, schlug sich zu seiner Partei; Richard wurde gefangen genommen, zur Abdankung gezwungen und darauf noch durch das Parlament abgesetzt. Der Herzog von Hereford als n�chstberechtigter Enkel Eduards III. und erster Lancaster bestieg nunmehr den Thron unter dem Namen Heinrich IV.; Richard starb in dem Schlo� Pontefract 1400 eines gewaltsamen Todes.

In diesen Zeiten war das Haus der Gemeinen zu immer steigender Bedeutung gelangt. Aus seinem Petitions- und Steuerbewilligungsrecht[393] erwuchsen ihm alle andern Rechte, die es nach und nach errang. Vielfach ging schon damals die Initiative zu wichtigern Akten von ihm aus, und unter Richard II. erhielt es das Zugest�ndnis, da� »bei Feststellung der Gesetze, der Geldbewilligungen und aller sonstigen Dinge f�r den gemeinen Nutzen des K�nigreichs seine Zustimmung erforderlich sei«. Unter ihm wurde auch das Anklagerecht des Unterhauses in zahlreichen F�llen gegen hohe Staatsbeamte und m�chtige Lords ausge�bt; das Urteil wurde dann von dem Oberhaus gesprochen.

Herrschaft des Hauses Lancaster.

Mit Heinrich IV. (1399–1413) kam das Haus Lancaster auf den Thron. Auch er hatte mit vielen Verschw�rungen zu k�mpfen; der Graf von Northumberland und sein Sohn Heinrich Percy, genannt Hotspur (»Hei�sporn«), emp�rten sich gegen ihn, wurden aber in der Schlacht bei Shrewsbury 21. Juli 1403, in der Percy fiel, geschlagen. Northumberland ergab sich 1404, wurde begnadigt, erhob sich aber 1405 aufs neue in Verbindung mit dem Erzbischof von York und dem seit 1400 im Aufstand begriffenen Owen Glendower, der Titel und Herrschaft der alten F�rsten von Wales beanspruchte. Obwohl Frankreich und Schottland die Emp�rer unterst�tzten, behauptete sich Heinrich, lie� 1405 den Erzbischof hinrichten, zwang Northumberland zur Flucht, nahm den Thronfolger von Schottland, den Prinzen Jakob, gefangen und verband sich gegen Frankreich mit dem Herzog von Burgund. Als Northumberland 1408 wieder in England einfiel, verlor er 19. Febr. bei Bramham Schlacht und Leben. Im Innern bek�mpfte Heinrich IV. mit dem orthodoxen Klerus die Anh�nger Wiclefs, die Lollarden (s. d.); unter ihm flammten die ersten Scheiterhaufen in England. Auch mit dem Parlament stand der K�nig in gutem Einvernehmen, er r�umte sogar 1404 den Gemeinen eine Kontrolle �ber die Verwendung der bewilligten Steuern ein und verstand sich 1407 dazu, ihnen Rechnung dar�ber legen zu lassen. Er starb 20. M�rz 1413.

Sein Nachfolger Heinrich V. (1413–22) erneuerte die Anspr�che Eduards III. auf den franz�sischen Thron, verband sich mit dem Herzog von Burgund, landete im August 1415 in der Normandie, siegte 25. Okt. bei Azincourt, eroberte 1419 Rouen und schlo� 21. Mai 1420 mit Karl VI. den Frieden zu Troyes, durch den er als Erbe der franz�sischen Krone anerkannt wurde, worauf er sich mit Katharina, der Tochter Karls VI., verm�hlte. 1422 eroberte er noch Meaux, starb aber bald darauf, 31. Aug. 1422.

Heinrich VI. (1422–61), sein Sohn, ward, neun Monate alt, K�nig von England und, da Karl VI. bald darauf starb, auch von Frankreich. Hier f�hrte sein Oheim, der Herzog von Bedford, in England dessen Bruder, der Herzog von Gloucester, die Regentschaft. Bedford besiegte den franz�sischen Thronerben, Karl VII., 1424 bei Verneuil, �berschritt 1423 die Loire und lie� Orl�ans belagern. Da wandte sich nach dem Auftreten der Jungfrau von Orl�ans, Jeanne d'Arc (s. d.), das Geschick. Diese befreite 1429 Orl�ans und f�hrte den Dauphin nach Reims, wo er 17. Juli gekr�nt wurde. Zwar ward die Jungfrau 23. Mai 1430 bei Compiegne gefangen genommen und 30. Mai 1431 zu Rouen verbrannt, und Bedford lie� den jungen Heinrich VI. im Dezember zu Paris kr�nen; aber die englische Sache stand darum nicht besser, und nachdem 1435 Karl VII. sich mit dem Herzog Philipp von Burgund vers�hnt hatte und Bedford in demselben Jahr gestorben war, verloren die Engl�nder mehr und mehr an Boden. Der Erzieher Heinrichs VI., der Kardinal von Winchester, schlo� 1444 einen Waffenstillstand mit Frankreich und verm�hlte den K�nig mit Margarete von Anjou, der Tochter des Titulark�nigs Ren� von Neapel, Sizilien und Jerusalem. Die junge K�nigin bem�chtigte sich bald der Z�gel der Regierung und erhob William de la Pole, Marquis von Suffolk, der ihre Heirat vermittelt hatte, zum Herzog und zum allgebietenden G�nstling. Da nun fast alle englischen Besitzungen in Frankreich verloren gingen und auch in England die Gewaltherrschaft Suffolks Unzufriedenheit erregte, ward dieser 1450 durch die Gemeinen des Hochverrats angeklagt, des Landes verwiesen und von den Flottenmannschaften auf der �berfahrt nach Frankreich enthauptet, worauf der Herzog von Somerset, der bis dahin in Frankreich kommandiert hatte, in der Gunst des K�nigs und seiner Gemahlin sein Nachfolger ward.

Kampf der beiden Rosen; Haus York.

Als die Unzufriedenheit mit Heinrichs Herrschaft wuchs, erhob sich Richard, Herzog von York, wie Heinrich VI. ein Nachkomme Eduards III., gegen ihn und er�ffnete so 1452 den 30j�hrigen Thronstreit zwischen den beiden H�usern Lancaster und York, den sogen. Kampf der Roten und der Wei�en Rose (wegen der Feldzeichen der beiden H�user so genannt), w�hrenddessen 1453 der Krieg mit Frankreich, wo die Engl�nder nur Calais behielten, ohne f�rmlichen Friedensschlu� endete. Nach manchen Wechself�llen kam es bei St. Albans (21. Mai 1455) zur Schlacht zwischen Richard und dem K�nig, in der Heinrich gefangen genommen wurde und Somerset fiel. Richard behandelte den K�nig achtungsvoll und gab ihm sogar 1456 die Regierung zur�ck. Aber schon 1459 brachen neue Feindseligkeiten aus, und die K�niglichen trugen 12. Okt. 1459 bei Ludlow einen Sieg �ber Richard davon. Richards Anh�nger, der Graf von Warwick, entkam jedoch nach Calais, setzte mit andern Yorkisten nach England �ber und schlug das k�nigliche Heer bei Northampton (10. Juli 1460); der K�nig wurde abermals gefangen, und York erhob nun �ffentlich Anspruch auf die englische Krone. Das Parlament entschied 25. Okt. 1460, da� Heinrich zwar die Krone behalten, York aber sein Nachfolger sein solle. Die K�nigin setzte jedoch den Kampf fort und errang 30. Dez. 1460 bei Wakefield einen gl�nzenden Sieg; Richard wurde gefangen genommen und hingerichtet. Seine Anspr�che erbte sein Sohn Eduard, Graf von March, der sich, obwohl Margarete durch die zweite Schlacht von St. Albans (17. Febr. 1461) ihren Gemahl befreit hatte, in London behauptete und 2. M�rz 1461 unter dem Namen Eduard IV. (1461–83) zum K�nig ausrufen lie�.

Mit ihm kam das Haus York auf den Thron. Eduard besiegte in der Schlacht bei Towton (28. M�rz 1461) die mutige Margarete, die nach Frankreich floh, zwar im Oktober 1462 nochmals zur�ckkehrte, aber durch Warwick von neuem zur Flucht gen�tigt ward. Den letzten Versuch der Anh�nger des Hauses Lancaster, Heinrich VI. wieder auf den Thron zu setzen, vereitelte Lord Montague durch die Schlachten bei Hedgley Moor und Hexham (25. April und 8. Mai 1464). Bald darauf wurde K�nig Heinrich VI. gefangen genommen und mu�te bis 1470 im Tower schmachten. Eduard, der sich besonders auf die Gemeinen st�tzte, verm�hlte sich 1465 mit Lady Elisabeth Wydewille, der Witwe Sir John Greys, geriet aber durch die Beg�nstigung der Verwandten seiner Gemahlin mit der m�chtigen Familie Nevil, der Warwick, der[394] »K�nigsmacher«, angeh�rte, in Zwist. Warwick emporte sich 1469, wurde zwar zur Flucht nach Frankreich gen�tigt, vers�hnte sich aber hier mit der K�nigin Margarete, kehrte an der Spitze eines Heeres zur�ck und erhob 1470 Heinrich VI. von neuem auf den Thron. Eduard IV. floh nach Holland, kam aber mit burgundischer Unterst�tzung zur�ck, siegte bei Barnet �ber Warwick, der im Kampfe fiel (14. April 1471), und nahm Heinrich VI. abermals gefangen. Auch Margarete, die von neuem mit einem Heer gelandet, ward bei Tewksbury (4. Mai 1471) geschlagen, mit ihrem Sohn gefangen und letzterer sogleich erschlagen. Unter den Anh�ngern der Roten Rose lie� der K�nig ein furchtbares Blutbad anrichten. Heinrich VI. starb 21. Mai 1471 im Tower, nach sp�term Ger�cht durch Eduards IV. Bruder, den Herzog Richard von Gloucester, ermordet.

Als Eduard IV. 9. April 1483 gestorben war, bem�chtigte sich Richard von Gloucester des zw�lfj�hrigen Prinzen von Wales und lie� ihn als Eduard V. zum K�nig ausrufen, sich selbst aber zum Protektor des Reiches ernennen. Dann brachte er auch den zweiten Sohn Eduards IV., den neunj�hrigen Herzog Richard von York, in seine Gewalt und setzte ihn zu seinem Bruder in den Tower. Demn�chst verd�chtigte er, nachdem die m�chtigsten Anh�nger der K�nigin Elisabeth hingerichtet waren, die Rechtsg�ltigkeit ihrer Ehe mit Eduard IV. und demgem�� die legitime Geburt ihrer S�hne und bewirkte, da� ihm, als dem allein berechtigten Thronerben, eine Anzahl von Londoner B�rgern und Mitgliedern des Parlaments die Krone anboten; er nahm sie an und wurde 26. Juni 1483 als Richard III. (1483–85) zum K�nig ausgerufen. Die beiden Prinzen wurden im Sommer oder Herbst 1483 im Tower ermordet. Allein, vergebens versuchte Richard durch Furcht und Schrecken seine Herrschaft zu befestigen. Eine Erhebung des Herzogs von Buckingham, der Richard bei seiner Usurpation unterst�tzt hatte, wurde zwar niedergeworfen und der Herzog 2. Nov. 1483 enthauptet. Aber im Sommer 1485 landete Heinrich Tudor, Graf von Richmond, der m�tterlicherseits vom Hause Lancaster abstammte, in England, zog eine Menge Unzufriedener an sich und erfocht bei Bosworth (22. Aug.) einen vollst�ndigen Sieg �ber Richard III., der, von seinen Anh�ngern verlassen, nach tapferm Kampfe fiel. Damit endete der Krieg zwischen der Roten und Wei�en Rose, und mit Heinrich pou Richmond, als K�nig Heinrich VII., bestieg das Haus Tudor (s. d.) den Thron von England.

Wenn auch in diesen K�mpfen das englische Parlament keine entscheidende Rolle gespielt hatte, so hatten seine Befugnisse doch keine Minderung erfahren. Zweimal sa�en Ober- und Unterhaus zu Gericht �ber die K�nige. Das Steuerbewilligungsrecht der Gemeinen und ihr Anteil an der Gesetzgebung waren unantastbar geworden. Die Redefreiheit der Mitglieder des Unterhauses war anerkannt, und sie beanspruchten das Privilegium, w�hrend der Dauer des Parlaments gegen alle gerichtlichen Verfolgungen gesch�tzt zu sein. Unter Heinrich VI. ward eine feste Wahlordnung durchgef�hrt, indem das Wahlrecht auf solche Freeholders beschr�nkt ward, die j�hrlich ein reines Einkommen von wenigstens 40 Schilling hatten. Hierdurch wurde das Unterhaus die Vertretung eines von den untersten Klassen sich abhebenden Mittelstandes (Gentry), w�hrend die alte Aristokratie in den blutigen Kriegen der Rosen sehr zusammengeschmolzen war.

England unter dem Haus Tudor (1485–1603).

Heinrich VII. (1485–1509) war ein kluger Herrscher und ein guter Haushalter. Er lie� durch das Parlament sein und seiner Nachkommen Erbrecht anerkennen und verm�hlte sich 18. Jan. 1486 mit der Prinzessin Elisabeth, der �ltesten Tochter Eduards IV. und Erbin des Hauses York, wodurch die Rote und die Wei�e Rose vereinigt wurden. Lambert Simnel, der sich f�r den im Tower gefangenen Grafen Eduard von Warwick, den Sohn Georgs von Clarence, ausgab und in Dublin als Eduard VI. zum K�nig gekr�nt wurde, nahm er 1487 gefangen; Perkin Warbeck, ein andrer Betr�ger, der als Richard, Herzog von York, auftrat und seit 1495 in England, Schottland und Irland sein Gl�ck versuchte, geriet ebenfalls in Gefangenschaft und wurde 1499 mit dem echten Warwick, den er im Tower zu einem Fluchtversuch verleitet hatte, hingerichtet. Mit Frankreich seit 1488 gespannt, landete Heinrich 1492 auf franz�sischem Boden, schlo� aber schon 3. Nov. den Frieden zu Etaples und kehrte gegen gro�e Geldzahlungen heim. Seine strengen Ma�regeln gegen die st�rrische Aristokratie f�llten den K�nigsschatz und verminderten die Lasten des Volkes. Er setzte eine Kommission ein, um die Krong�ter zur�ckzufordern, die sich die Gro�en in Zeiten der Unordnung ohne Rechtstitel angema�t hatten. Die Gerichtsbarkeit des Geheimen Rates in der Sternkammer dehnte er auf alle Verbrechen gegen den Staat aus und unterwarf ihr auch den Adel. So entstand ein Staatsgerichtshof ohne Geschworne, ohne Appellation, den M�chtigen furchtbar und deshalb lange Zeit sehr popul�r. Heinrichs finanzielle Verwaltung war oft dr�ckend und l�stig, daf�r aber beg�nstigte er Handel und Industrie, die unter ihm m�chtig emporbl�hten. Das Volk hatte Grund, mit ihm zufrieden zu sein, und nannte ihn den »K�nig der armen Leute«; England geno� seit langer Zeit zum erstenmal die Segnungen des Friedens. Bei seinem Tode, 21. April 1509, hinterlie� Heinrich VII. einen reich gef�llten Schatz.

F�r die ausw�rtige Politik seines Sohnes und Nachfolgers Heinrich VIII. (1509–47) war seine Verm�hlung mit Katharina, Tochter Ferdinands von Aragonien, entscheidend. Im Bunde mit seinem Schwiegervater beteiligte er sich am Kriege gegen Ludwig XII. von Frankreich und gewann mit seinem Verb�ndeten, dem Kaiser Maximilian, die »Sporenschlacht« bei Terouanne am H�gel Guinegate (17. Aug. 1513), schlo� aber schon 1514 Frieden. K�nig Jakob IV. von Schottland, der den Franzosen zu Hilfe kommen wollte, verlor bei Flodden 9. Sept. 1513 Schlacht und Leben. Der haupts�chlichste Leiter von Heinrichs Politik in diesen Jahren war der Erzbischof von York, Thomas Wolsey (s. d.), dessen Ehrgeiz nach der p�pstlichen Tiara trachtete. Dieser brachte, in der Hoffnung, hierin von Kaiser Karl V. unterst�tzt zu werden, ein B�ndnis zwischen Karl und Heinrich VIII. zustande, verm�ge dessen Heinrich an dem Kriege gegen Franz I. von Frankreich teilnahm; doch mi�langen seine beiden Einf�lle in die Picardie (1522 und 1523), schon 1525 wurde der Friede mit Frankreich geschlossen, und im n�chsten Jahre trat Heinrich v�llig zu den Gegnern des Kaisers �ber.

Der politische Gegensatz zwischen Heinrich und Karl wurde durch pers�nliche Motive versch�rft. K�nig Heinrich, von gl�hender Liebe zu einer Hofdame seiner Gemahlin, der sch�nen Anna Bullen (Boleyn, s. Anna 1), ergriffen, die sich weigerte, seine Buhlerin[395] zu werden, ging damit um, seine Ehe mit Katharina von Aragonien, der Tante des Kaisers, zu l�sen, zumal aus dieser Ehe nur eine Tochter, Maria, lebte, und so auch Bef�rchtungen wegen der Erbfolge gehegt werden mochten. Als Vorwand daf�r ward die erste Heirat Katharinas mit Heinrichs Bruder Artur angef�hrt; eine Ehe mit der Witwe des Bruders galt nach der Schrift als verboten. Diese rein pers�nliche Angelegenheit des K�nigs hatte die wichtigsten Folgen f�r das Reich. Clemens VII., dessen Vorg�nger Leo X. Heinrich wegen seiner gegen Luther gerichteten Schrift »Assertio septem sacramentorum« den Titel »Besch�tzer des Glaubens« (»Defensor fidei«) gegeben hatte, lehnte es aus R�cksicht auf Karl V. ab, die Ehe Heinrichs f�r nichtig zu erkl�ren. Nun ward Wolsey, der die Verhandlungen gef�hrt halte, gest�rzt, und Heinrich entschlo� sich, mit dem Papst zu brechen. Nachdem er 1532 von der Geistlichkeit als das oberste Haupt der englischen Kirche anerkannt war und sich 25. Jan. 1533 heimlich mit Anna Bullen verm�hlt hatte, sprach 1533 eine Parlamentsakte die Trennung der englischen Kirche von Rom aus, indem sie alle Appellationen an den Papst verbot und die Entscheidung aller kirchlichen Streitigkeiten in G. geistlichen Richtern unter der Autorit�t des K�nigs �bertrug. Darauf l�ste der Erzbischof von Canterbury, Thomas Cranmer, im geistlichen Gericht Heinrichs Ehe mit Katharina auf. Als nun der Papst gegen ihn einschritt, �bertrug der K�nig 1534 die bisher nach Rom gezahlten Annaten auf die Krone, schaffte den Peterspfennig ab, regelte das Verfahren bei den Bischofswahlen unabh�ngig von Rom und vollendete sein Werk durch die Erkl�rung der k�niglichen Suprematie, indem er sich vom Parlament als »oberstes Haupt der Kirche von England auf Erden unmittelbar unter Gott« anerkennen lie�. Seit 1534 wurden auch die englischen Kl�ster aufgehoben und ihre G�ter eingezogen. �ber diese �nderungen der Kirchenverfassung wollte aber Heinrich nicht hinausgehen; die Glaubenslehren der katholischen Kirche versuchte er festzuhalten; seine 1539 verk�ndeten sechs Artikel verboten Priesterehe und Laienkelch und sch�rften die Lehre von der Transsubstantiation, die Feier der Messe und die Ohrenbeichte ein. Alle diese Ma�regeln stie�en beim Parlament auf keinen Widerstand, und in der Unterw�rfigkeit gegen den K�nig �berboten sich Lords und Gemeinen, erstere, um von der reichen Beute der Kircheng�ter ihren Teil zu empfangen, letztere, weil durch die treffliche Verwaltung Heinrichs Handel und Industrie einen lebhaften Aufschwung nahmen. Heinrichs Ungebundenheit zeigte sich auch in seinen Privatverh�ltnissen: auf Anna Bullen, die nach kurzem Gl�ck 1536 auf dem Schafott endete, folgten noch vier andre Gemahlinnen: Johanna Seymour (gest. 1537), Anna von Kleve (geschieden 1540), Katharina Howard (hingerichtet 1542) und Katharina Parr, die den Gatten �berlebte. 1542 begann Heinrich einen Krieg mit Schottland, der erfolglos verlief. Sp�ter verb�ndete er sich noch einmal mit Karl V. gegen Frankreich und nahm 1544 Boulogne, das noch einige Jahre nach dem 1546 geschlossenen Frieden in englischem Pfandbesitz blieb.

Heinrich starb 28. Jan. 1547. Ihm folgte sein neunj�hriger Sohn aus der Ehe mit Johanna Seymour, Eduard VI. (1547–53), unter der Vormundschaft seines m�tterlichen Oheims, des Protektors Eduard Seymour, Herzogs von Somerset. Nun erst wurde unter Leitung Cranmers eine wirkliche Reformation der englischen Kirche auch in Sachen des Glaubens und der Lehre durchgef�hrt. Die sechs Artikel wurden zur�ckgenommen, Austeilung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt beschlossen, eine neue Liturgie und ein allgemeines Gebetbuch (das Common Prayer Book) eingef�hrt, die Priesterehe gestattet: in 42 von Cranmer ausgearbeiteten Artikeln wurden diese Neuerungen zusammengefa�t (1552). Ungeachtet der milden Regierung des Protektors ward dieser, als infolge der durch die Einziehung des Kirchenguts hervorgerufenen Ver�nderungen in den Verh�ltnissen des Grundbesitzes und der gewaltsamen Durchf�hrung der religi�sen Reform Wirren im Land ausbrachen, 1549 von John Dudley, Grafen von Warwick, sp�ter Herzog von Northumberland, gest�rzt und, als er seine Wiederherstellung versuchte, 1552 hingerichtet. Northumberland �berredete den K�nig, seine Schwestern Maria und Elisabeth von der Thronfolge auszuschlie�en und eine Seitenverwandte, Johanna Gray, Gro�nichte Heinrichs VIII., die Schwiegertochter Northumberlands und eine eifrige Protestantin, zur Nachfolgerin zu erkl�ren. Als Eduard VI. 6. Juli 1553 starb, wurde demnach die Thronbesteigung Johannas verk�ndet; aber gegen sie machte Maria die Katholische (1553–58), die Tochter Heinrichs VIII. von Katharina von Aragonien, ihr Erbrecht geltend, wurde als K�nigin anerkannt und lie� Northumberland sofort, Johanna 1554 hinrichten. Maria begann sogleich eine kirchliche Reaktion, die nach ihrer Verm�hlung mit Karls V. Sohn Philipp (nachmals K�nig Philipp II. von Spanien) in f�rmliche Verfolgung der Protestanten ausartete. 1554 wurde auf Beschlu� des auch jetzt gef�gigen Parlaments die englische Kirche dem Papst wieder unterworfen; die alten Statuten gegen die Ketzer wurden erneuert; die Zahl der Verbrannten hat man auf 277 berechnet, darunter Erzbischof Cranmer und mehrere Bisch�fe. »Die Blutige« hat man Maria wegen dieser Verfolgungen genannt. Durch ihren Gemahl wurde die K�nigin 1557 zum Kriege gegen Frankreich veranla�t; dadurch ging 1558 Calais, die letzte englische Besitzung auf franz�sischem Boden, verloren. Der Gram hier�ber beschleunigte Marias Tod (17. Nov. 1558).

Unter der Regierung ihrer Stiefschwester, der protestantischen Elisabeth (1558–1603), der Tochter Heinrichs VIII. aus seiner Ehe mit Anna Bullen, ward der kirchliche Zustand des Landes im wesentlichen so wiederhergestellt, wie er unter Eduard VI. gewesen. Sie forderte von der Geistlichkeit, den Beamten und Parlamentsmitgliedern den Supremateid, d. h. die eidliche Anerkennung ihrer kirchlichen Suprematie, und entfernte alle Widerspenstigen aus ihren �mtern. Mit gleicher Strenge verfuhr sie gegen die Nonkonformisten, welche die vom Parlament best�tigten 39 Artikel, eine revidierte Erneuerung der 42 Artikel Cranmers, nicht anerkannten. Die Rechte des Parlaments blieben formell unangetastet, aber seine Bedeutung war geringer als unter den Lancasters, zumal die strengste Sparsamkeit im Staatshaushalt Elisabeth hinsichtlich der Finanzen vom Parlament unabh�ngig machte. Auch die Rechtspflege stand unter dem ma�gebenden Einflu� der Regierung. Die Sternkammer dehnte ihre Gewalt �ber alles aus, was nicht gerade ins b�rgerliche Recht einschlug; die »hohe Kommission« richtete mit umfassender Kompetenz �ber kirchliche Vergehen. Dessenungeachtet war Elisabeths Regierung popul�r, da unter ihr die materielle Wohlfahrt einen bedeutenden[396] Aufschwung nahm und Ackerbau, Handwerk und Industrie zu hoher Bl�te gediehen. Der ausw�rtige Handel entfaltete sich mit der Schiffahrt; neben dem lebhaftesten Verkehr mit Ru�land begannen die Verbindungen mit der Levante und mit Ostindien. 1600 erteilte die K�nigin der Ostindischen Kompanie den ersten Freibrief. Auch in Nordamerika wurde unter ihr die erste Niederlassung gegr�ndet und zu Ehren der »jungfr�ulichen K�nigin« Virginia benannt. Endlich entfaltete die Nation in Wissenschaft und Kunst ungeahnte und geniale Kr�fte. Die ausw�rtige Politik Elisabeths wurde durch die Notwendigkeit, ihr Thronrecht zu verteidigen, bestimmt. Die K�nigin Maria Stuart (s. d.) von Schottland erhob auf den Titel einer K�nigin von England und Irland Anspruch, und dieser wurde von den zahlreichen Katholiken in G. sowie von Spanien unterst�tzt. Als sich Maria, aus Schottland vertrieben, unter Elisabeths Schutz fl�chtete, lie� diese sie gefangen setzen und, da ihr Aufenthalt in England zu wiederholten Verschw�rungen f�hrte, 1587 hinrichten. Um Spanien zu schw�chen, unterst�tzte Elisabeth den niederl�ndischen Aufstand. Der Erfolg, den England 1588 mit der Zerst�rung der spanischen Armada durch die neugeschaffene englische Flotte errang, steigerte das Selbstvertrauen der Nation au�erordentlich. Elisabeth, die letzte aus dem Hause Tudor, starb 3. April 1603. Sie hatte den Urenkel Heinrichs VII., Jakob VI. von Schottland, den Sohn der Maria Stuart, als ihren Nachfolger anerkannt.

England unter dem Hause Stuart.

Mit Jakob I. (1603–25) kam das Haus Stuart (1603–1714) auf den Thron Englands, dessen Verschmelzung mit Schottland zu einem Staatswesen das englische Parlament 1604 ablehnte, so da� beide Neiche nur durch Personalunion verbunden blieben. Jakob I. war ein pedantischer Gelehrter mit stark ausgepr�gten theologischen Neigungen, besa� hohe Begriffe von den k�niglichen Pr�rogativen und war ein entschiedener Anh�nger der bisch�flichen Kirchenverfassung, die er auch in Schottland eingef�hrt hatte; er verfolgte die Puritaner (s. d.) und die Geistlichen, die den Supremateid nicht leisten wollten. Die Folge eines vereitelten Komplotts, der von Guy Fawkes und andern katholischen Fanatikern angezettelten sogen. Pulververschw�rung (s. d.), war eine Versch�rfung der Gesetze gegen die Katholiken, indem man einen zweiten religiosen Treueid (Oath of allegiance) einf�hrte, den jeder Geistliche und seit 1610 auch jeder weltliche Beamte schw�ren mu�te. Die Katholiken wurden dadurch von allen Staats�mtern ausgeschlossen, da ihnen der Papst verbot, den Eid zu leisten. Ernste Zerw�rfnisse zwischen K�nig und Parlament traten 1610 ein. Jakob, dessen Prachtliebe gro�er Summen bedurfte, verlangte Geld; die Gemeinen wollten dies nicht eher bewilligen, als bis die Beschwerden des Volkes geh�rt seien. Die kleinlichen Mittel, die der K�nig anwendete, um sich ohne Bewilligung Geld zu verschaffen (zu ihnen geh�rte die Sch�pfung des k�uflichen Baronetsadels 1611), hielten nicht lange vor, und Jakob mu�te 1614 doch wieder ein Parlament berufen. Alsbald erneuerten sich die Beschwerden; der K�nig zog einige der r�cksichtslosesten Redner zur Strafe und l�ste das Parlament auf. Auch mit Jakobs ausw�rtiger Politik war das Land unzufrieden. Die Mehrzahl der Bev�lkerung w�nschte ein entschiedenes Eintreten f�r den in den ersten Jahren des Drei�igj�hrigen Krieges hart bedr�ngten deutschen Protestantismus, wozu der K�nig sich nicht entschlie�en konnte, obwohl seine eigne Tochter, die Kurf�rstin Elisabeth von der Pfalz, von den Kaiserlichen und Ligisten aus ihrem Lande vertrieben war. Das 1621 zusammengetretene Unterhaus teilte diesen Wunsch und mi�billigte des K�nigs Plan, seinen �ltesten Sohn mit einer spanischen Infantin zu verm�hlen. Der K�nig verwies dem Parlament diese Einmischung in Dinge, die »ï¿½ber sein Verst�ndnis hinausgingen«, und als das Parlament sich auf seine Privilegien berief, l�ste er es auf und warf mehrere Mitglieder ins Gef�ngnis, Zwei Jahre behalf er sich nun ohne Parlament, Erst als sein spanisches Heiratsprojekt gescheitert war, berief er 1624 ein neues Parlament, gestand diesem die Kontrolle �ber die Verwendung der zu bewilligenden Gelder zu und sandte den Protestanten in Deutschland Hilfstruppen. Bald darauf starb Jakob 6. April 1625.

Sein Sohn Karl I. (1625–49) setzte den Kampf gegen das Parlament fort. Gleich mit dem ersten, das er berief, kam er in Konflikt, da das Unterhaus aus Mi�trauen gegen den K�nig und seine katholische Gemahlin, Henriette von Frankreich, den Ertrag der Z�lle (das sogen. Pfund- und Tonnengeld), statt, wie bisher �blich, auf die ganze Lebenszeit des K�nigs, nur auf ein Jahr bewilligte. Ein neues Parlament erhob 1626 Beschwerde �ber die Forterhebung der Z�lle nach Ablauf der Zeit, f�r die sie bewilligt waren, und beschlo� eine Anklage gegen Karls G�nstling, den Herzog von Buckingham, worauf der K�nig auch dieses aufl�ste. Karl erhob die Z�lle nichtsdestoweniger und suchte sich mit Zwangsanleihen, Dom�nenverk�ufen u. dgl. zu helfen; aber ein verungl�ckter Zug Buckinghams (1627), der den franz�sischen Hugenotten Hilfe bringen wollte, st�rzte ihn in solche Finanznot, da� er 1628 ein drittes Parlament berufen mu�te. Das Unterhaus stellte Subsidien in Aussicht, beschwerte sich aber zun�chst wegen der willk�rlichen Verhaftungen, der Erhebung unbewilligter Abgaben und Zwangsanleihen und andrer Gewaltma�regeln. In einer Bittschrift an den K�nig, der Petition of rights, formulierte es seine Forderungen, und nach l�ngerm Z�gern mu�te Karl 7. Juni 1628 die Petition of rights zum Gesetz erheben, worauf das Unterhaus die verlangten Gelder bewilligte. Schon 1629 kam es wegen der durch die Petition of rights nicht erledigten Frage des Pfund- und Tonnengeldes zu neuem Hader, und Karl l�ste das Unterhaus auf (10. M�rz). Er regierte nun elf Jahre lang ohne Parlament; in Staatssachen von Thomas Wentworth, Grafen von Strafford (s. d.), in Kirchensachen von dem Erzbischof von Canterbury, William Land, beraten. Mit Frankreich schlo� er 1629, mit Spanien 1630 Frieden. Die eigenm�chtig ausgeschriebenen Steuern, besonders das sogen. Schiffsgeld, wurden mit Gewalt eingetrieben, und in dem Proze�, den John Hampden (s. d.) deswegen f�hrte, entschieden die Richter der Schatzkammer 1638 f�r den K�nig.

Eine Zeitlang schien sich dies unparlamentarische Regierungssystem zu bew�hren. Da aber Karl durch die katholisierende Tendenz seines Kirchenregiments und durch die Verfolgung der Puritaner die protestantische Bev�lkerung immer mehr reizte, steigerte sich die G�rung im Lande so, da� sie zum Ausbruch nur eines �u�ern Ansto�es bedurfte. Dieser kam von Schottland. Als Karl den Schotten 1637 eine neue Liturgie aufdr�ngen wollte, wurde von den F�hrern des Widerstandes dagegen 1638 der sogen. Covenant[397] entworfen, wodurch das alte Glaubensbekenntnis der Presbyterianer von 1581 erneuert wurde. Die Covenanters r�steten sich zu bewaffneter Abwehr; 1639 brach der Krieg aus, und Karl mu�te 1640 ein neues, das sogen. Kurze Parlament berufen. Aber auf seine Geldforderung antwortete das Unterhaus mit erneuten Klagen und Beschwerden. Wieder ward es aufgel�st, aber nun r�ckten die Schotten 20. Aug. 1640 in England ein und verdr�ngten das englische Heer aus seinen Stellungen am Tyne. Nachdem ein Versuch, das Parlament durch eine Versammlung der Lords allein zu ersetzen, gescheitert war, trat 3. Nov. 1640 das sogen. Lange Parlament zusammen, in dem die Opposition die �berwiegende Mehrheit hatte. Im Unterhaus wurden zahllose Beschwerden gegen die Regierung vorgebracht und Anklagen gegen die Minister sowie gegen die Beamten, welche die Befehle des Hofes ausgef�hrt hatten, vorbereitet. Dar�ber verlor Karl den Mut, so da� er nicht nur ein Gesetz best�tigte, demzufolge das Parlament alle drei Jahre, n�tigenfalls auch ohne Berufung, zusammentreten sollte, sondern auch in die Verurteilung und Hinrichtung Straffords (12. Mai 1641) und in die Abschaffung der Hohen Kommission, der Sternkammer und des Schiffsgeldes willigte. Auch den Schotten wurden alle ihre Forderungen bewilligt.

Da brach im Oktober 1641 in Irland ein furchtbarer Aufstand aus, der den Umsturz der englischen Herrschaft bezweckte; zahllose englische Kolonisten wurden ermordet, und nur wenige Pl�tze blieben in den H�nden der Engl�nder. Mit Unrecht beschuldigte man den K�nig der Anstiftung des Aufruhrs; aber das Mi�trauen gegen ihn und das Machtbewu�tsein des Parlaments waren so gestiegen, da� im November 1641 eine gro�e »Remonstranz« beschlossen wurde, die eine v�llige Umgestaltung der Verfassung forderte. Karls Versuch, sich der F�hrer der Opposition zu bem�chtigen (4. Jan. 1642), mi�lang, worauf der Hof London verlie�. Das Parlament legte sich nun die legislative Autorit�t in Staat und Kirche allein bei und sammelte aus seinen Anh�ngern, den wegen ihres puritanischen Haarschnittes sogen. Rundk�pfen, ein ansehnliches Heer zum Schutz gegen die Getreuen des K�nigs, die sogen. Kavaliere. Nachdem der K�nig die »Propositionen« des Parlaments, die seine Macht zu einem Schatten herabdr�ckten, abgelehnt hatte, begann im August 1642 der B�rgerkrieg. Anfangs waren die Kavaliere unter F�hrung des Prinzen Ruprecht von der Pfalz den Parlamentstruppen �berlegen und errangen 1642 und 1643 entschiedene Erfolge. Aber diese bewirkten nur, da� im Parlament unter dem Einflu� der hauptst�dtischen Bev�lkerung die radikale Partei die Herrschaft erlangte; die gem��igten Mitglieder begaben sich an den k�niglichen Hof zu Oxford. Es gelang ferner dem Parlament, die Schotten f�r sich zu gewinnen, und zugleich bildete Cromwell aus seinen Anh�ngern, independentischen P�chtern, eine Reiterei, die, von politisch-religi�sem Enthusiasmus erf�llt, den ersten entscheidenden Sieg �ber den Prinzen Ruprecht 2. Juli 1644 bei Marston Moor erfocht.

W�hrend dieser K�mpfe trat auch im Parlament der Gegensatz zwischen den religi�s und politisch gem��igtern Presbyterianern (s. d.) und den radikalern Independenten (s. d.) immer st�rker hervor. Im Parlament und unter der Geistlichkeit hatten die Presbyterianer die Mehrheit; aber ein gro�er Teil der Nation, insbes. des l�ndlichen Mittelstandes, stand auf seiten der Independenten, und zu ihnen geh�rte der genialste Staatsmann und Feldherr der Revolution, Oliver Cromwell. Nachdem Essex im Herbst 1644 in Cornwallis den Royalisten gegen�ber so ungl�cklich operiert hatte, da� seine ganze Infanterie sich ergeben mu�te und er selbst mit M�he entkam, und nachdem Lord Manchester seinen Sieg bei Newbury (27. Okt. 1644) ungen�gend ausgenutzt hatte, setzte Cromwell 1645 im Parlament die sogen. Selbstent�u�erungsakte (Self-denying Act) durch, kraft deren alle Mitglieder des Ober- und Unterhauses ihr milit�risches Kommando niederlegen mu�ten. Nun traten Essex, Manchester u. a. zur�ck; Fairfax wurde Oberbefehlshaber des Parlamentsheers, Cromwell aber, da die Lords die Wiederernennung der Zur�ckgetretenen durch einen Zusatz zu der Akte erm�glicht hatten, der zweite im Kommando und der Befehlshaber der Reiterei. Zugleich wurde das Heer im Sinne Cromwells organisiert und der independentistische Einflu� in ihm herrschend. Die Bedeutung des Heeres stieg durch den gl�nzenden Sieg bei Naseby (14. Juni 1645); fast ganz England wurde von den Parlamentstruppen unterworfen. Karl I. mu�te 1646 in das Lager der Schotten fliehen; da er sich aber weigerte, den Covenant zu unterzeichnen, lieferten ihn die Schotten gegen Zahlung von 400,000 Pfd. Sterl. an das englische Parlament aus. Jetzt glaubte dessen presbyterianische Mehrheit des Heeres nicht mehr zu bed�rfen und beschlo�, einen Teil davon nach Irland zu senden, den gr��ten Teil der �brigen Truppen aber zu entlassen. Allein das Heer verweigerte den Gehorsam, bem�chtigte sich im Juni 1647 des K�nigs, r�ckte im August gegen London vor und erzwang den Ausschlu� von elf F�hrern der Presbyterianer aus dem Unterhaus. Als sich darauf die Schotten f�r den K�nig erhoben, wurden sie in der Schlacht bei Preston (17.–19. Aug. 1648) v�llig besiegt. Indessen verhandelte das Parlament mit dem K�nig und beschlo� 5. Dez. 1648, sich mit ihm zu vers�hnen. Aber schon 1. Dez. hatten die F�hrer des Heeres Karl auf das einsame Schlo� Hurst bringen lassen. Am 6. Dez. lie� Cromwell durch Oberst Pride die presbyterianischen Mitglieder des Parlaments austreiben (Pride's Purge, Prides Reinigung); das nunmehrige Rumpfparlament unterwarf sich seinem Willen. Karl I. wurde von einem vom Unterhaus eingesetzten Gerichtshof unter Vorsitz Bradshaws zum Tode verurteilt und 30. Jan. 1649 vor dem Schlo� Whitehall in London hingerichtet.

Die englische Republik unter Cromwell 1649 bis 1660).

Das Unterhaus, dem von den 1640 gew�hlten 500 Mitgliedern nicht mehr 100 angeh�rten, erkl�rte jetzt England zur Republik und �bertrug unter Beseitigung des Oberhauses die Regierung einem j�hrlich zu erneuernden Staatsrat, in dem Cromwell den gr��ten Einflu� besa�. Dieser bezwang mit grausamer H�rte das abgefallene Irland (s. d.) und begab sich 1650 nach Schottland, wo der Prinz von Wales gelandet und als Karl II. zum K�nig ausgerufen worden war. Er schlug die Schotten 3. Sept. bei Dunbar und brachte, als Karl II. 1651 in England einfiel, diesem 3. Sept. bei Worcester eine vernichtende Niederlage bei. Durch diese Siege wurde das Machtbewu�tsein des Heeres noch mehr gesteigert. Man verlangte, da� das Rumpfparlament sich aufl�se, und da es sich weigerte, wurde es durch Cromwell 20. April 1653 gewaltsam gesprengt.[398]

Ein Kriegsrat �bernahm unter Cromwells Vorsitz das Regiment und berief 4. Juli ein aus erlesenen »Heiligen« zusammengesetztes Parlament von 155 englischen, schottischen und irischen Mitgliedern, das sogen. Kleine oder Barebone-Parlament (s. d.), das schon 12. Dez. von Cromwell wieder aufgel�st wurde, als es sich in das Heerwesen einmischen wollte. Nun verk�ndeten die h�hern Offiziere eine neue VerfassungInstrument der Regierung«), welche die h�chste Gewalt einem Protektor �bertrug, neben dem ein Staatsrat und ein aus Wahlen in den drei Reichen hervorgehendes Parlament bestehen sollten. Cromwell �bernahm 16. Dez. als Lord-Protektor die Regierung. Er besa� die volle monarchische Gewalt und beschlo�, sie auch zu behalten. Daher l�ste er das Parlament, das, 3. Sept. 1654 zusammengetreten, eine Revision der Verfassung unternahm, schon 22. Jan. 1655 wieder auf und f�hrte eine strenge Milit�rherrschaft ein. Hierdurch wurde die �ffentliche Ruhe gesichert; Handel und Industrie bl�hten; religi�se Verfolgungen fanden nicht statt. Dennoch gelang es Cromwell nicht, dem Reich eine dauerhafte Verfassung zu geben. Als Geldbed�rfnisse ihn 1656 zwangen, ein neues Parlament zu berufen, fielen die Wahlen so sehr im Sinne der Opposition aus, da� Cromwell sofort 100 Mitglieder vom Sitzungssaal ausschlie�en lie�. Das Parlament bewilligte nun die verlangten Subsidien und bot dem Protektor 31. M�rz 1657 sogar die K�nigskrone an. Cromwell lehnte sie aus R�cksicht auf seine republikanisch gesinnten Armee genossen ab (8. Mai) und begn�gte sich mit einer Revision der Verfassung, die seine Gewalt noch verst�rkte und ihm das Recht, seinen Nachfolger zu w�hlen, erteilte; auch wurde er ersucht, ein Oberhaus zu bilden. Dies war schwierig, da der alte Adel den Eintritt ablehnte, und als das Parlament Anfang 1658 wieder zusammentrat, wurde das neue Oberhaus so heftig angegriffen, da� Cromwell 4. Febr. auch dies Parlament aufl�ste. Nicht lange darauf, 3. Sept. 1658, starb der Protektor. So wenig erfolgreich Cromwells innere Politik war, so gl�nzend war die �u�ere. Um die Holl�nder f�r Beg�nstigungen der Stuartschen Fl�chtlinge zu strafen, wurde 9. Okt. 1651 die Navigationsakte erlassen, die dem holl�ndischen Handel schwere Wunden schlug und die Niederlande 1652 zum Kriege reizte. In diesem entwickelte die englische Flotte unter Blake eine solche St�rke, da� die Holl�nder 1654 Frieden schlie�en mu�ten. Nicht weniger gl�cklich verlief der Krieg mit Spanien (1654 bis 1658); Jamaika wurde erobert und im Bunde mit Frankreich D�nkirchen genommen. Auf allen Meeren blieb die englische Flotte siegreich, vorteilhafte Handelsvertr�ge wurden abgeschlossen und der Kolonialbesitz in Amerika erheblich ausgebreitet.

Gem�� Cromwells Bestimmung �bertrug der Staatsrat nach seinem Tode (3. Sept. 1658) die Protektorw�rde seinem �ltesten Sohn, Richard Cromwell, den das 1659 neuberufene Parlament best�tigte. Jedoch die Armee weigerte sich, ihn als Oberbefehlshaber anzuerkennen, zwang ihn, das Parlament aufzul�sen, und bewirkte den Wiederzusammentritt des 1653 gesprengten Rumpfparlaments, worauf Richard 25. Mai 1659 abdankte. Nun kam es zu einem neuen Konflikt zwischen Parlament und Heer und zu einer zweiten Sprengung des Rumpfparlaments (13. Okt. 1659). Allein im Volk herrschte der Wunsch nach Herstellung friedlicher Verh�ltnisse, die man nur von der Restauration der Monarchie erwartete, und der General Monk, der Ende 1659 die m Schottland stehenden Truppen nach England f�hrte, machte sich zu seinem Vollstrecker. Er r�ckte im Februar 1660 in London ein und veranla�te, nachdem 16. M�rz das abermals zusammengetretene Lange oder Rumpfparlament sich selbst aufgel�st hatte, die Einberufung eines neugew�hlten, wiederum aus Ober- und Unterhaus bestehenden Parlaments, in dem die Royalisten das �bergewicht hatten. Dies Parlament, das sich 25. April 1660 versammelte, trat mit Karl II. in Unterhandlung, und nachdem dieser eine fast allgemeine Amnestie, Gewissensfreiheit und die Achtung erworbener Rechte versprochen hatte, ward er als K�nig ausgerufen und zog 29. Mai in London ein.

Die zweite Herrschaft der Stuarts und die glorreiche Revolution (1660–89).

Die Restauration Karls II. (1660–85) vollzog sich nicht ohne H�rte. Die meisten Richter, die an der Verurteilung Karls I. teilgenommen hatten und nicht entflohen waren, wurden hingerichtet; die Leichname Cromwells, Iretons und Bradshaws wurden aus den Gr�bern gerissen und gesch�ndet. Die Armee wurde bis auf zwei Regimenter aufgel�st. Die Bisch�fe wurden ins Oberhaus zur�ckberufen; die Gleichf�rmigkeitsakte (Act of uniformity) vom 19. Mai 1662 zwang den englischen Klerus zum Bekenntnis der hochkirchlichen Glaubensartikel und n�tigte an 2000 Geistliche, die sich dessen weigerten, zur Niederlegung ihrer �mter. Die Union zwischen England und Schottland, die Cromwell geschaffen, wurde aufgehoben. In der �u�ern Politik schlo� Karl sich an Ludwig XIV. an, dem er 1662 D�nkirchen verkaufte. Seine Beziehungen zu Frankreich kamen den katholisierenden Tendenzen am Hofe zu statten, die auch durch Karls Verm�hlung mit der portugiesischen Prinzessin Katharina (Mai 1662) gef�rdert wurden. Karl unterhielt geheime Verbindungen mit dem Papst und dachte an eine Wiedervereinigung der englischen Kirche mit Rom. Haupts�chlich wurde aber seine Politik durch Finanzfragen bestimmt. Das ihm vom Parlament bewilligte ordentliche Einkommen von 1,200,000 Pfd. Sterl. reichte nicht aus; der K�nig war daher auf au�erordentliche Bewillungen des Parlaments angewiesen, wenn er es nicht vorzog, sich von Frankreich erkaufen zu lassen. Damit h�ngen die Schwankungen seiner �u�ern und innern Politik zusammen.

Der Wunsch, Karls Neffen, dem Prinzen von Oranien, wieder zur Statthalterw�rde in den Niederlanden zu verhelfen, und vielfache Differenzen �ber Handels- und Kolonialfragen riefen 1665 einen Krieg mit den Niederlanden hervor, der im Juli 1667 durch den Frieden von Breda beendet ward, durch den England gegen Abtretungen in Ostindien New York erhielt. 1668 schlo� Karl mit Schweden und den Niederlanden eine Tripelallianz, die Frankreich zum Aachener Frieden zwang. Nun aber bot Ludwig alles auf, um England in sein Interesse zu ziehen, und versprach dem K�nig bedeutende Geldzahlungen, die ihn vom Parlament unabh�ngig machen sollten. Die katholischen Minister sowie der ebenfalls katholische Bruder des K�nigs, Herzog Jakob von York, unterst�tzten diese Bem�hungen, und so kam es 1. Juni 1670 zu einem geheimen Vertrag mit Frankreich, der Karl zur Teilnahme an dem Rachekrieg gegen die Niederlande verpflichtete. Allein dieser Krieg (1672–74) verlief f�r England wenig g�nstig und brachte, da Spanien auf die Seite der Niederlande trat, dem englischen Handel gro�en Schaden. Als sich Karl 1673 doch mit Geldforderungen an das Parlament wenden mu�te,[399] zwang ihn dieses zum Erla� der Pr�fungsakte (Test Act), nach der alle Staatsbeamte und Offiziere schw�ren mu�ten, da� sie nicht an die Transsubstantiation glaubten und vor dem Amtsantritt das Abendmahl nach dem Brauch der anglikanischen Kirche empfangen h�tten. Bald nachher brach das sogen. Cabal-Ministerium (s. d.) zusammen, und 1674 wurde zu Westminster Friede mit den Niederlanden geschlossen.

W�hrend Karl gegen franz�sische Jahrgelder in dem noch fortdauernden Kriege Ludwigs XIV. gegen die Niederlande neutral blieb, willigte er doch in die Ehe seiner Nichte Maria, Tochter des Herzogs von York, mit Wilhelm von Oranien, dem Verteidiger des Protestantismus und der europ�ischen Staatenfreiheit gegen Ludwigs Eroberungsgel�ste. Im Land aber wuchs das Mi�trauen gegen den K�nig und den Hof. Als 1678 ein Betr�ger, Titus Oates (s. d.), eine Verschw�rung der Jesuiten entdeckt haben wollte, welche die Ermordung des K�nigs und die Erhebung des Herzogs von York auf den Thron zum Zweck haben sollte, gelang es dem Grafen Shaftesbury, seit seiner Entlassung aus dem Ministerium F�hrer der Opposition, ein Gesetz zustande zu bringen, das die Katholiken vom Parlament ausschlo�. Als dann das Parlament zu einer Anklage gegen Karls leitenden Minister, Lord Danby, Herzog von Leeds, schritt, wurde es aufgel�st (24. Jan. 1679). Allein die Neuwahlen fielen f�r die Regierung ung�nstig aus, und in dem neuen Parlament wurde der Antrag gestellt, den Herzog von York von der Thronfolge auszuschlie�en. Karl machte dem Parlament ein Zugest�ndnis, indem er zum Schutz gegen willk�rliche Verhaftungen die Habeaskorpusakte (s. d.) genehmigte; aber von der Exklusionsbill wollte er nichts wissen und l�ste das Unterhaus auf (27. Mai 1679). In dem neuen, im Oktober 1680 er�ffneten Parlament wurde die Exklusionsbill im Oberhaus verworfen; dagegen lehnte das Unterhaus alle Geldforderungen ab. In dieser Zeit sind die Parteinamen Whigs und Tories (s. d.) aufgekommen: der erstere f�r die Anh�nger, der letztere f�r die Gegner der Exklusionsbill. Eine abermalige Aufl�sung des Parlaments folgte; das neue berief der K�nig auf 21. M�rz 1681 nach Oxford, l�ste aber, als die Opposition wiederum in der Mehrzahl war, auch dieses auf (28. M�rz), griff, von Frankreich mit Geld unterst�tzt, zu den »Mitteln, die ihm von Gott gegeben waren«, und begann eine strenge katholisch-toryistische Reaktion. Die unter dem Namen Ryehouse-plot bekannte Verschw�rung von 1683, die vor ihrem Ausbruch entdeckt wurde, kam seinem Streben zugute. Viele angesehene Mitglieder der Opposition wurden in skandal�sen Prozessen zum Tode verurteilt und mehrere hingerichtet. Karl II. regierte ohne Parlament bis zu seinem Tod (6. Febr. 1685).

Die blutigen Verfolgungen hatten die Whigs so eingesch�chtert, da� sie sich der Thronbesteigung des Herzogs von York als Jakob II. (1685–88) nicht widersetzten. Ein Aufstand des Herzogs von Monmouth (s. d.), eines nat�rlichen Sohnes Karls II., und des Grafen von Argyll ward ohne M�he unterdr�ckt. Als aber der K�nig kraft seines vermeintlichen Rechts, von den Strafgesetzen zu dispensieren, katholischen Offizieren den Testeid erlie�, den Jesuitenpater Eduard Petre zum Mitglied des Geheimen Rates erhob, Katholiken in den Universit�ten Cambridge und Oxford zu Mitgliedern der Korporation machte, katholische Bisch�fe und einen p�pstlichen Nunzius in England zulie� und mit der Gewissensfreiheit zugleich die Freiheit des katholischen Gottesdienstes proklamierte, ward die Aufregung immer gr��er. Sieben anglikanische Bisch�fe verweigerten die Ablesung des Toleranzedikts von den Kanzeln und lie�en sich eher in den Tower f�hren, als da� sie sich dem Befehl des K�nigs f�gten (8. Juni 1688). Die einzige Hoffnung der Nation beruhte darauf, da� nach dem Tode des K�nigs seine protestantischen T�chter, die Prinzessin Maria von Oranien und Anna, die Gemahlin des Prinzen Georg von D�nemark, auf den Thron gelangen w�rden. Da ward 10. Juni 1688 Jakob II. aus seiner zweiten Ehe mit einer modenesischen Prinzessin ein Sohn (der nachmalige Pr�tendent Jakob III.) geboren; damit schien die Herrschaft einer katholischen Dynastie in England dauernd gesichert. Dazu kam, da� Jakob II. sich eng mit Ludwig XIV. verbunden hatte, die �bermacht des K�nigs von Frankreich aber nur dann erfolgreich bek�mpft werden konnte, wenn auch England sich der Koalition gegen ihn anschlo�. Der Sturz Jakobs war also auch ein europ�isches Interesse, so da� auch der Kaiser und sogar der Papst damit einverstanden waren. Daher entschlo� sich Wilhelm von Oranien zu einem entscheidenden Schritt. Die Niederlande stellten ihm ihre Streitkr�fte zur Verf�gung; auch Friedrich III. von Brandenburg unterst�tzte ihn. Am 15. Nov. 1688 landete er in England. Nicht nur das Volk, sondern auch das Heer und die Flotte fielen ihm zu. Jakob floh nach Frankreich; Wilhelm zog 18. Dez. in London ein und rief das Parlament auf 22. Jan. 1689 zusammen. Diese Versammlung, die sich, weil ihre Berufung nicht vom K�nig ausging, Konvention nannte, erkl�rte, »da� Jakob II., da er dahin gestrebt, die Verfassung des Landes zu f�lschen, indem er den urspr�nglichen Vertrag zwischen K�nig und Volk gebrochen, da er, dem Rate der Jesuiten und andrer gottloser Leute gem��, die Grundgesetze verletzt und da er das K�nigreich verlassen, abgedankt habe und somit der Thron erledigt sei«. Darauf wurde die Krone Wilhelm und seiner Gemahlin Maria zugleich zugesprochen, denen, falls sie keinen Erben hinterlassen w�rden, die Prinzessin Anna folgen solle. Auch in Schottland trat eine Konvention zusammen und erkl�rte das Recht Jakobs II. auf den Thron verwirkt, worauf Wilhelm und Maria die Herrschaft �bernahmen.

Die Begr�ndung des parlamentarischen K�nigtums und der Gro�machtstellung (1689–1763).

Die Regierung Wilhelms III. (1689–1702) war f�r die politische Entwickelung Gro�britanniens von der wesentlichsten Bedeutung. Gleichzeitig mit der Erkl�rung der Thronerledigung hatte das Parlament die Erkl�rung der Rechte (Declaration of rights) beschlossen, die Wilhelm bei �bernahme der Krone (23. Febr. 1689) als Gesetz (Bill of rights) best�tigte. Dies Gesetz, dem in Schottland der Claim of rights entsprach, erkl�rte den Anspruch Jakobs II., da� die Krone von Gesetzesbestimmungen dispensieren oder Gesetze suspendieren k�nne, f�r verfassungswidrig, verbot die Erhebung von Abgaben sowie die Errichtung eines stehenden Heeres ohne Genehmigung des Parlaments, verb�rgte das Petitionsrecht der Untertanen, die freie Wahl der Parlamentsmitglieder, die Freiheit der Rede im Parlament und das Institut der Geschwornengerichte und bestimmte, da� der K�nig h�ufig das Parlament berufen m�sse. In kirchlicher Beziehung wurden die Uniformit�tsakte und der Testeid festgehalten; aber ein Toleranzgesetz von 1689 gestattete den protestantischen Dissenters die �ffentliche Aus�bung des Gottesdienstes. In Schottland[400] wurde der Presbyterianismus zur Landeskirche erkl�rt. In der Folge wurde die Unabsetzbarkeit der Richter eingef�hrt, die Pre�freiheit und die Verantwortlichkeit der Minister angebahnt, 1694 die Einf�hrung dreij�hriger Parlamente durchgesetzt, mit der Trennung der Zivilliste des K�nigs von den andern Staatsausgaben ein Anfang gemacht; auch ward eine Nationalbank gegr�ndet und die Ostindische Kompanie erneuert und damit die Bahn geebnet, auf der G. zur ersten Geld- und Kolonialmacht Europas aufstieg.

Durch die ausw�rtige Politik Wilhelms III. spielte G. im Bunde mit den Niederlanden eine ma�gebende Rolle als europ�ische Gro�macht. Wilhelm trat dem 1689 in Wien geschlossenen B�ndnis zur Aufrechthaltung des von Ludwig XIV. gef�hrdeten europ�ischen Gleichgewichts bei; er war die Seele dieses Bundes, der 1689 den Krieg gegen Frankreich aufnahm. Infolgedessen unterst�tzte Ludwig XIV. die Versuche Jakobs II., seinen Thron wiederzuerobern. Dieser landete im M�rz 1689 in Irland, wurde aber im Juli 1690 von Wilhelm am Boyneflu� geschlagen und floh nach Frankreich, worauf General Ginkell die Wiederunterwerfung Irlands vollendete. Im Kriege mit Frankreich verliefen die Landschlachten bei Steenkerken (1692) und Neerwinden (1693) nicht gl�cklich f�r Wilhelm; aber zur See behauptete die englisch-holl�ndische Flotte seit dem Siege Russells bei La Hongue das �bergewicht, und 1697 schlo� Frankreich den Frieden zu Ryswyk, in dem Ludwig XIV. Wilhelm als K�nig anerkannte. In der spanischen Frage (s. Spanischer Erbfolgekrieg) suchte G. anfangs zu vermitteln, trat aber nach dem Tode Karls von Spanien (1700), als Ludwig XIV. sich �ber die vorher abgeschlossenen Vertr�ge hinwegsetzte, 17. Sept. 1701 der »Gro�en Allianz« gegen Frankreich bei, w�hrend Ludwig nach Jakobs II. Tode (16. Sept. 1701) dessen Sohn, den Pr�tendenten Jakob III., als K�nig anerkannte. Kurz darauf starb Wilhelm 19. M�rz 1702; seine Gemahlin Maria war ihm schon 1695 vorangegangen.

Wilhelms III. Nachfolgerin Anna (1702–14) setzte den Krieg mit Frankreich fort, in dem ihr Feldherr, der Herzog von Marlborough, bei H�chst�dt-Blenheim (1704), Ramillies (1706), Oudenaarde (1708) und Malplaquet (1709) glorreiche Siege gewann. Unter seiner Oberleitung brachten die Whigs im Mai 1707 die Union zwischen England und Schottland zustande, wodurch beide L�nder unter dem Namen G. zu Einem K�nigreich mit einem gemeinsamen Parlament vereinigt wurden, w�hrend Schottland seine b�rgerlichen Gesetze, seine Gerichtsh�fe und seine besondere Kirchenverfassung behielt. Da trat 1710 ein Umschwung ein; die K�nigin, mit der herrschs�chtigen Lady Marlborough, ihrer fr�hern Freundin, zerfallen und der kirchlichen Richtung der Whigs abhold, berief, als Neuwahlen zum Unterhaus den Tories die Mehrheit verschafften, aus diesen ein neues Ministerium unter Lord Bolingbroke. Da nun Marlborough seinen Einflu� verloren hatte, und da 1711 durch den Tod des Kaisers Joseph I. und die Nachfolge seines Bruders Karl VI. ein Festhalten an der bisherigen Politik das Eintreten f�r die Vereinigung der spanischen und �sterreichischen Monarchie bedeutet h�tte, schlo� G. 1713 den Frieden zu Utrecht, in dem es Ludwigs Enkel Philipp V. als K�nig von Spanien anerkannte und daf�r von Frankreich die Hudsonbai, Neuschottland, Neufundland und die Anerkennung der protestantischen Thronfolge, von Spanien Gibraltar, Menorca und Handelsbeg�nstigungen in Westindien erhielt.

Da Anna 12. Aug. 1714 kinderlos gestorben war, fiel die Krone kraft der protestantischen Sukzessionsakte von 1701 an den Kurf�rsten von Hannover, Georg I. (1714–27), einen Enkel der Pfalzgr�fin Elisabeth, Tochter Jakobs I., der die Whigs wieder zur Regierung berief. Der Versuch des Pr�tendenten Jakob III., sich wenigstens die Krone von Schottland zu erwerben (Dezember 1715), schlug fehl, und ebenso scheiterten sp�tere Erhebungsversuche der Jakobiten (1717 und 1719). Im Einvernehmen mit dem Ministerium verl�ngerte das whiggistische Unterhaus 1716 die Dauer seines Mandats (wie aller zuk�nftigen Parlamente) auf sieben Jahre. Dies beg�nstigte die Entwickelung einer Cliquenherrschaft, welche die Wahlen zum Unterhaus leitete, dessen Mitglieder bestach, die einflu�reichen �mter unter ihre Anh�nger verteilte und ihre Stellung zu pers�nlichen Vorteilen ausbeutete. Georg I. lie� die herrschende Partei gew�hren und war zufrieden, wenn Macht und Einflu� Gro�britanniens seiner hann�verschen Hauspolitik zustatten kamen. Die Nation erfreute sich b�rgerlicher Freiheit, und der allgemeine Wohlstand wuchs in den langen Friedensjahren.

Der Hauptvertreter des whiggistischen Regierungssystems war Robert Walpole, der seit 1721 an der Spitze des Ministeriums stand und auch nach dem Tode Georgs I. (22. Juni 1727) unter dessen Sohn und Nachfolger Georg II. (1727–60) seine Stellung behauptete. In dem verwickelten diplomatischen Spiel jener Zeit wu�te er G. einen gro�en Einflu� zu sichern und die Interessen seiner Handels- und Kolonialpolitik geschickt zu vertreten. Erst 1739 wurde er durch die popul�re Str�mung zum Kriege gegen Spanien gen�tigt; aber Erfolge von gr��erer Bedeutung wurden in diesem Kriege nicht erzielt, und als durch den Ausbruch des �sterreichischen Erbfolgekrieges die Lage sich verwickelte, trat Walpole 22. Febr. 1742 zur�ck. Die Leitung der ausw�rtigen Angelegenheiten �bernahm nun Lord Carteret, der es erreichte, da� Friedrich II. durch den Breslauer Frieden 1742 aus dem Bunde gegen das mit G. alliierte �sterreich ausschied. Als aber Georg II. 1743 auf das Festland �berging und mit einem deutsch-englischen Heere von mehr als 40,000 Mann (der sogen. pragmatischen Armee) gegen die Franzosen zog, die er 27. Juni bei Dettingen schlug, da warf man der Regierung vor, da� sie den eigentlich nationalen Krieg mit Spanien l�ssig betreibe, dagegen die Kr�fte Gro�britanniens im Interesse des Kurf�rstentums Hannover vergeude, und Carteret mu�te im Dezember 1744 zur�cktreten. Das neue Ministerium Pelham hatte zun�chst eine innere Gefahr zu bek�mpfen. Im August 1745 landete n�mlich Karl Eduard, Sohn des Pr�tendenten Jakob III., in Schottland, nahm Edinburg, r�ckte Ende 1745 bis in die N�he von London vor, wurde aber von dem Herzog von Cumberland 27. April 1746 bei Culloden geschlagen und entging kaum der Gefangenschaft. Es war der letzte Versuch der Stuarts, mit bewaffneter Hand ihre Restauration zu erk�mpfen. Inzwischen war zur See gegen Frankreich und Spanien gl�cklich gek�mpft worden, weniger erfolgreich aber zu Lande, indem die pragmatische Armee 11. Mai 1745 bei Fontenay geschlagen war. Da nun auch die finanzielle Lage zur Beendigung des Krieges dr�ngte, schlo� G. 1748 zu Aachen mit Frankreich und 1750 auch mit Spanien Frieden. Aber bald kam es mit Frankreich zu neuen Streitigkeiten, namentlich[401] �ber die Grenzen der Kolonien in Nordamerika, die 1755 den Wiederausbruch des Kampfes voraussehen lie�en. Um Hannover zu sch�tzen, schlo� G. im Januar 1756 mit Preu�en das B�ndnis zu Westminster, und so fiel der zwischen G. und Frankreich entbrennende See- und Kolonialkrieg mit dem Siebenj�hrigen Kriege (s. d.) zusammen. Anfangs verlief er f�r England nicht gl�cklich. In Deutschland wurde der Herzog von Cumberland 26. Juli 1757 bei Hastenbeck geschlagen und gab durch die Konvention von Kloster Zeven Hannover den Franzosen preis; Menorca wurde von dem Herzog von Richelieu erobert, und in Amerika richtete die aus deutschen Soldtruppen bestehende Armee wenig aus. Erst als Pitt 1757 eine leitende Stellung in der Regierung erhielt, wurde der Krieg mit mehr Energie und Erfolg gef�hrt. In Deutschland siegte Ferdinand von Braunschweig bei Krefeld (23. Juni 1758) und Minden (1. Aug. 1759); in Amerika eroberten die Engl�nder Quebec 18. Sept. 1759 und besetzten 1760 ganz Kanada. Gleichzeitig war die Englisch-Ostindische Kompanie �berall siegreich; nach dem Siege Clives bei Plassey (1757) nahmen die Engl�nder 1758 Kalkutta, 1759 Surate; 1761 verloren die Franzosen Ponditscherri und Mah�, und damit waren sie vollst�ndig aus Indien verdr�ngt. Als 1761 Spanien infolge des Bourbonischen Hausvertrags an G. den Krieg erkl�rte, griffen die Engl�nder auch die spanischen Kolonien an und eroberten Havanna und Manila. Darauf kam es 10. Febr. 1763 zu dem Frieden von Paris, in dem Frankreich ganz Kanada, Neuschottland, Cape Breton, die Inseln Grenada, St.-Vincent, Dominica und Tabago sowie seine Besitzungen am Senegal, Spanien Florida an G. abtrat.

Die Zeiten der amerikanischen und der franz�sischen Revolution (1763–1815).

Schon vor dem Frieden war Georg II. 25. Okt. 1760 gestorben. Ihm folgte sein Enkel Georg III. (1760–1820), der 1761 die Tories unter seinem G�nstling, Lord Bute, an die Regierung berief. Dieser trat 1763 zur�ck, aber auch die folgenden Ministerien: Grenville, Rockingham (seit 1765) und Grafton (seit 1766), waren wenig popul�r, und immer offener trat das Bestreben der Regierung hervor, die Macht der Krone zum Nachteil der bestehenden Verfassung zu erh�hen. Einen lebhaften Ausdruck fand die oppositionelle Stimmung in den meisterhaft geschriebenen Juniusbriefen (s. d.), die, 1769–71 im »Public Advertiser« ver�ffentlicht, durch ihre scharfen Angriffe gegen K�nig, Minister, Parlament und Gerichtsh�fe das gr��te Aufsehen machten. Die Regierung suchte die Staatseinnahmen zu erh�hen, indem sie die Ostindische Kompanie, die durch Lord Clives Eroberungen ihre Besitzungen ungeheuer ausgedehnt hatte, 1772 dazu bewog, einen Teil ihres �berschusses an die Schatzkammer zu zahlen. Aber auch die amerikanischen Kolonien wollte man zu gr��ern Leistungen heranziehen. Das Ministerium Grenville setzte daher 1764 eine Bill durch, die auf einige Handelsartikel in Amerika Eingangsz�lle legte, und f�hrte 1765 eine Stempeltaxe ein. Die Amerikaner sprachen jedoch dem Parlament, in dem sie nicht vertreten waren, das Recht ab, sie zu besteuern (s. Vereinigte Staaten von Nordamerika, Geschichte); sie verbanden sich gegen die Einfuhr zollpflichtiger Waren und widersetzten sich der Stempeltaxe. Diese wurde zwar 1766 zur�ckgenommen; aber ein neuer Versuch, einige Waren mit einem Einfuhrzoll zu belegen, stie� 1767 auf nicht minder heftigen Widerstand in Amerika, der selbst dann nicht aufh�rte, als das Ministerium North 1770 die s�mtlichen Auflagen zur�ckzog und nur, um das Prinzip zu wahren, f�r den Tee einen geringen Zoll bestehen lie�. Die Erbitterung der Amerikaner war so hoch gestiegen, da� man in Boston drei Schiffsladungen Tee, die in den Hafen eingebracht waren, in das Meer warf (Dezember 1773). Die hierauf in G. beschlossenen Strafma�regeln gegen Boston f�hrten 1775 zum Ausbruch des amerikanischen Unabh�ngigkeitskriegs. Der in Philadelphia versammelte Kongre� der 13 Kolonien sprach 4. Juli 1776 die Unabh�ngigkeit der Vereinigten Staaten aus.

Die ungeschulten amerikanischen Milizen waren den deutschen Mietstruppen Englands nicht gewachsen, und die Amerikaner verloren New York und Philadelphia, ja zeitweilig die ganze Ostk�ste an die Engl�nder. Aber 1778 erkannte Frankreich die Unabh�ngigkeit der Kolonien an und sicherte ihnen seine Unterst�tzung zu. Spanien schlo� sich 1779 diesem Bund an; die Niederlande hatten schon 1778 mit Amerika einen Handelsvertrag geschlossen, der 1780 bekannt wurde und eine englische Kriegserkl�rung hervorrief, w�hrend die Staaten Mittel- und Nordeuropas bewaffnete Neutralit�t beschlossen. Dennoch behauptete G. seine �berlegenheit zur See, besonders durch die gl�nzenden Taten des Admirals Rodney, der die spanische Flotte bei St.-Vincent (16. Jan. 1780), die franz�sische bei Dominica (12. April 1782) besiegte, w�hrend die Holl�nder in der Schlacht bei der Doggersbank (5. Aug. 1781) eben nur eine Niederlage vermieden. Port Mahon auf Menorca wurde von den Spaniern erobert, Gibraltar aber behauptete sich gegen alle Angriffe der spanisch-franz�sischen Flotte. Dagegen gingen durch die Kapitulation von Yorktown (19. Okt. 1781) alle in Nordamerika errungenen Erfolge verloren, und so sah sich G. doch zum Frieden gen�tigt, der am 3. Sept. 1783 zu Versailles geschlossen wurde. Die Unabh�ngigkeit der Vereinigten Staaten wurde darin anerkannt; Spanien erhielt Florida und Menorca, Frankreich Tabago, Ste. – Lucie, ansehnliche Distrikte in Ostindien, Gor�e und die Inseln St.-Pierre und Miquelon; als einzige Entsch�digung erhielt G. von den Niederlanden Negapatnam. F�r den Verlust der amerikanischen Kolonien gew�hrten gl�ckliche Erfolge in Ostindien einigen Ersatz. Die Erhebungen der Mahratthen und des von Frankreich unterst�tzten Radscha Haider Ali von Maisur sowie seines Nachfolgers Tippu Sahib wurden mit Erfolg zur�ckgeschlagen; Tippu Sahib mu�te 1784 alle Eroberungen herausgeben und den britischen Kaufleuten freien Handel gestatten. Dieser Krieg hatte die Ostindische Kompanie so tief in Schulden gest�rzt, da� sie ihren Verpflichtungen gegen die Regierung nicht nachkommen konnte. Daher setzte William Pitt der j�ngere, der seit 1783 an der Spitze des Ministeriums stand, 1784 die Einsetzung einer staatlichen Aufsichtsbeh�rde (board of control) �ber die Kompanie und ihre Organe durch. 1790 brach zwischen Tippu Sahib und den Engl�ndern ein neuer Krieg aus, der damit endete, da� jener sein halbes Reich abtreten und ansehnliche Kriegskosten zahlen mu�te. Einen andern Ersatz f�r Amerika boten die durch James Cook (s. d.) gemachten Entdeckungen in Australien.

W�hrend dieser Kriege war G. auch im Innern nicht unbedeutenden Gefahren ausgesetzt. Der gl�ckliche Aufstand Nordamerikas erweckte in Irland �hnliche Bestrebungen. Die Irl�nder forderten die[402] Selbst�ndigkeit ihres Parlaments, das seit 1719 dem englischen unterworfen war, und die Beseitigung der unertr�glichen Handelsbeschr�nkungen, die jeden Aufschwung der irischen Industrie und Landwirtschaft unm�glich machten. Die Regierung mu�te 1782 beide Forderungen gew�hren, da 40,000 Irl�nder unter Waffen traten und England mit einem Einfall bedrohten. Dann rief die franz�sische Revolution, die von den Hauptern der parlamentarischen Opposition, Fox und Sheridan, freudig begr��t wurde, eine lebhafte demokratische Bewegung in England hervor, die anfangs nicht ungef�hrlich zu sein schien, von der Regierung aber durch strenge polizeiliche Ma�regeln niedergehalten wurde. Diese fanden nicht nur bei den Tories, sondern auch bei einem Teil der Whigs, so bei dem gr��ten Redner des Unterhauses, Edmund Burke, Billigung; und auf das Andr�ngen dieser Gegner der Revolution entschlo� sich Pitt nach der Hinrichtung Ludwigs XVI. (21. Jan. 1793), seine neutrale Haltung Frankreich gegen�ber aufzugeben, und lie� den franz�sischen Gesandten auffordern, G. zu verlassen. Darauf erkl�rte der franz�sische Konvent 1. Febr. 1793 den Krieg. So trat G. in Kampf gegen das republikanische und sp�ter das Napoleonische Frankreich ein, in dem es als einzige Macht Europas unbesiegt blieb, seine Seeherrschaft befestigte, seine Kolonialmacht vergr��erte und durch den Aufschwung seines Handels und seiner Industrie alle andern Staaten Europas �berfl�gelte.

Der Krieg der ersten Koalition gegen Frankreich war zu Lande nicht gl�cklich; Belgien ward 1794 von den Franzosen erobert, Holland 1795 in die Batavische Republik verwandelt; Preu�en und Spanien schlossen 1795 den ruhmlosen Frieden zu Basel und �sterreich 17. Okt 1797 den verlustreichen Frieden von Campo Formio. W�hrend dessen aber beherrschten die Briten mit ihren Flotten alle Meere. Nachdem sie unter Hood und Howe eine franz�sische Flotte im Mittelmeer fast vernichtet hatten, vertrieben sie die Franzosen in Amerika und Asien aus allen Kolonien, mit Ausnahme von Cayenne, und nahmen den Holl�ndern nach ihrem B�ndnis mit Frankreich das Kap der Guten Hoffnung, Malakka, Ceylon, Amboina, Ternate und andre Inseln ab. Die Landung Bonapartes in �gypten konnte zwar nicht verhindert werden, aber der Zweck seines Unternehmens wurde durch den Sieg Nelsons bei Abukir (1. Aug. 1798) und durch den von den Engl�ndern geleiteten erfolgreichen Widerstand von St. Jean d'Acre (1799) vereitelt. Im Kriege der zweiten Koalition gegen Frankreich scheiterte eine Landung der Engl�nder und Russen in Nordholland, nachdem es gelungen war, die holl�ndische Flotte wegzuf�hren. Die Kontinentalm�chte schlossen bald mit Frankreich Frieden, und Kaiser Paul von Ru�land erneuerte sogar, dar�ber erz�rnt, da� G. die 1800 eroberte Insel Malta ihm, dem Gro�meister des Johanniterordens, zu �berlassen z�gerte, den Bund der Nordm�chte zur Aufrechthaltung einer bewaffneten Neutralit�t zur See. Schweden, D�nemark und Preu�en traten bei, was G. mit einem erfolgreichen Angriff auf Kopenhagen (2. April 1801) beantwortete. Gleichwohl machte sich, besonders durch das Anwachsen der Staatsschuld, das Friedensbed�rfnis auch in England f�hlbar Pitt trat unter diesen Umst�nden 1801 zur�ck, und das Ministerium Addington schlo� 28. M�rz 1802 den Frieden von Amiens, worin G. versprach, alle seine Eroberungen an die Franzosen, Holl�nder und Spanier, mit Ausnahme von Ceylon und Trinidad, zur�ckzugeben.

W�hrend der �u�ern Kriege hatte G. wiederum in Irland einen bedenklichen Konflikt zu bestehen gehabt. Schon 1791 hatte sich hier unter den Einwirkungen der franz�sischen Umw�lzung ein Bund der vereinigten Irl�nder (United Irishmen) gebildet, der im geheimen mit Frankreich in Verbindung getreten war. Eine im Dezember 1796 von den Franzosen unter Hoche versuchte Landung in Irland scheiterte zwar, aber im Fr�hjahr 1798 brach in den n�rdlichen Grafschaften ein Aufstand aus, der erst nach mehreren Monaten niedergeschlagen wurde. Um solche Aufst�nde f�r die Folge zu verh�ten, wurde 1800 die Union Irlands mit G. von beiden Parlamenten beschlossen; 22 irische Lords traten in das britische Oberhaus und 100 Deputierte ins Unterhaus; Handel und Verkehr waren zwischen beiden L�ndern frei, die politischen Rechte gleich. Indessen hatten davon nur die irischen Protestanten Vorteil; die Katholiken, sieben Achtel der Bev�lkerung, blieben von dem Eintritt ins Parlament und von jedem �ffentlichen Amt ausgeschlossen.

Der Friede mit Frankreich war nicht von langer Dauer. Da Napoleon sich eigenm�chtige Eingriffe in die Verh�ltnisse Italiens, der Schweiz und Hollands erlaubte, verz�gerte auch die britische Regierung die R�ckgabe ihrer Eroberungen an die Holl�nder und die Franzosen. Schon im Mai 1803 brach der Krieg wieder aus, und die Franzosen besetzten alsbald Hannover. Darauf trat Pitt 18. Mai 1804 wieder an die Spitze der Gesch�fte und schlo� 1805 eine dritte Koalition gegen Frankreich, deren Mitglieder reichliche Subsidien von G. erhielten. Napoleon, der 1804 eine Landung in G. geplant hatte, warf sich nun auf �sterreich und zertr�mmerte die Koalition auf dem Festland durch den Sieg bei Austerlitz. Ebenso gl�nzend aber waren die Erfolge der Engl�nder zur See. Nelson schlug die franz�sisch-spanische Flotte bei Trafalgar (21. Okt. 1805), und Duckworth und Warren vernichteten 1806 die letzten �berreste der neugeschaffenen franz�sischen Marine.

Nach der Dem�tigung Preu�ens im Tilsiter Frieden (1807) und der Verst�ndigung Napoleons mit dem Zaren Alexander I. stand der gr��te Teil Europas unter franz�sischer Botm��igkeit; nur G. blieb gegen Frankreich auf dem Kampfplatz. Das 1806 nach Pitts Tod gebildete Ministerium Grenville-Addington-Fox machte 24. M�rz 1807 dem Kabinett Portland Platz, in dem George Canning, ein Sch�ler Pitts und ein Anh�nger seiner politischen Grunds�tze, die ausw�rtigen Angelegenheiten leitete. Napoleon hatte schon 21. Nov. 1806 allen Handel und Verkehr mit den britischen Inseln untersagt und alle aus G. und seinen Kolonien stammenden Waren oder Schiffe f�r gute Prise erkl�rt. Als G. mit Repressalien antwortete, versch�rfte er diese Ma�regeln und bildete sie zu dem System der sogen. Kontinentalsperre aus, durch das er den Handel von G. zu vernichten w�hnte. G. entsch�digte sich durch einen gro�artigen Schmuggelhandel und durch die Wegnahme der Schiffe aller M�chte, die dem Napoleonischen System beitraten. Als D�nemark das Ansinnen zur�ckwies, mit G. ein B�ndnis zu schlie�en und seine Flotte in einen englischen Hafen zu f�hren, zwang 1807 eine englische Flotte Kopenhagen durch ein viert�giges Bombardement (2.–5. Sept.) zur Kapitulation, der zufolge die d�nische Flotte den Engl�ndern ausgeliefert wurde. Dies v�lkerrechtswidrige Verfahren bewog D�nemark und Ru�land, England den Krieg zu erkl�ren, worauf die Briten die d�nischen [403] Kolonien St. Thomas und St.-Croix (Dezember 1807) und eine im Hafen von Lissabon liegende russische Flotte wegnahmen. Ihre Schiffe beherrschten alle Meere, versorgten alle Weltteile mit Kolonialwaren und den Erzeugnissen der bl�henden englischen Industrie und nahmen den Franzosen und Holl�ndern ihre letzten Kolonien ab. Seit 1808 unterst�tzte G. den Widerstand Portugals und Spaniens gegen die franz�sischen Eroberungspl�ne mit Geld und Hilfstruppen; in diesem Halbinselkrieg (Peninsulawar) gewann der sp�tere Herzog von Wellington gl�nzende Lorbeeren und verjagte zuletzt durch die Siege bei Salamanca (12. Juli 1812) und Vittoria (21. Juni 1813) die Franzosen ganz aus der Halbinsel.

Das Ministerium war 1809 auf Perceval und 1812 auf Lord Liverpool �bergegangen. Aber die Grunds�tze der britischen Politik erlitten keine Ver�nderung, auch dann nicht, als, nachdem Georg III. 1810 in unheilbare Geisteskrankheit verfallen war, vom Parlament 10. Jan. 1811 die Regentschaft an den Prinzen von Wales �bertragen worden war. Auch gegen�ber den Vereinigten Staaten von Nordamerika, die sich 1812, durch den r�cksichtslosen Gebrauch der englischen �bermacht zur See verletzt, den Feinden von G. anschlossen, behauptete dieses im wesentlichen die Oberhand, so da� der am 24. Dez. 1814 in Gent geschlossene Friede seine Seeherrschaft nicht ersch�tterte. 1812 verst�ndigte sich G. mit Ru�land, das von dem Kontinentalsystem zur�cktrat; und 1813 nach dem R�ckzug Napoleons aus Ru�land schlo� G. mit Ru�land, Preu�en, Schweden und �sterreich Vertr�ge, denen zufolge es jenen M�chten gro�e Subsidien zum Kriege gegen Frankreich zahlte. Zu derselben Zeit, da in Deutschland die Macht des Korsen gebrochen wurde, �berschritt Wellington die Pyren�en, besetzte Bordeaux und schlug 10. April 1814 Soult bei Toulouse. Nicht minder eifrigen Anteil nahm G. nach Napoleons R�ckkehr aus Elba an dem belgischen Feldzug von 1815 und errang 18. Juni mit preu�ischer Hilfe den Sieg bei Waterloo. Demgem�� spielte G. auch bei den Friedensverhandlungen und auf dem Wiener Kongre� eine hervorragende Rolle. Durch den ersten Pariser Frieden (30. Mai 1814) erhielt G. Malta, Tobago, Ste.-Lucie, Ile-de-France und die Seschellen von Frankreich, das Kap der Guten Hoffnung, Demerara, Essequibo, Berbice und Ceylon von Holland, Helgoland von D�nemark; der zweite Pariser Friede (20. Nov. 1815) gab ihm noch das Protektorat �ber die Ionischen Inseln. Das Reich der Ostindischen Kompanie war bedeutend erweitert, die Begr�ndung eines neuen Kolonialreichs in Australien begonnen worden.

Kalholikenemanzipation und Parlamentsreform (1815–32).

Trotz aller �u�ern Erfolge und der Vermehrung des nationalen Reichtums krankte jedoch das innere Leben des Staates an schweren Gebrechen. Um die Zinsen f�r die Staatsschuld, die auf mehr als 800 Mill. Pfd. Sterl. angewachsen war, zu beschaffen, mu�ten die Steuern erh�ht werden, und sie lasteten mit besonderer Schwere auf dem Mittelstande, w�hrend die Zahl der von den politischen Rechten, insbes. dem Wahlrecht ausgeschlossenen Fabrikarbeiter und Proletarier immer gr��er wurde. So ward der Ruf nach Steuerreform und Ausdehnung des Wahlrechts immer lauter; hier und da, z. B. in Manchester im August 1819, kam es zu offenen Aufst�nden, deren die Regierung zwar durch Waffengewalt Herr wurde, deren Quelle sie aber nicht zu verstopfen vermochte. Nach dem Tode Georgs III. (29. Jan. 1820) �bernahm Georg IV. (1820–30) in eignem Namen die Regierung. Bei dem Volk unbeliebt, steigerte er die Unzufriedenheit der Nation durch den anst��igen Scheidungsproze�, den er 1821 gegen seine Gemahlin Karoline von Braunschweig bei dem Oberhaus, obwohl vergeblich, anstrengte. Im Kabinett Liverpool leitete Lord Castlereagh die ausw�rtigen Angelegenheiten nach den Grunds�tzen der Heiligen Allianz, der G. freilich nicht beigetreten war. Nach Castlereaghs Selbstmord (September 1822) wurde Canning der leitende Minister u. nach Liverpools Tod (April 1827) Premier. Dieser n�herte sich in seiner ausw�rtigen Politik den Anschauungen der Whigs, beg�nstigte die gegen Spanien aufgestandenen s�d- und mittelamerikanischen Kolonien sowie die Unabh�ngigkeit Brasiliens und schlo� 6. Juli 1827 mit Ru�land und Frankreich einen Vertrag zugunsten Griechenlands, worauf die vereinigten Flotten dieser M�chte 27. Okt. bei Navarino die t�rkische Flotte vernichteten und so die Selbst�ndigkeit Griechenlands begr�ndeten. Canning hatte dies Ereignis nicht mehr erlebt; nach seinem Tode bildete nach kurzer �bergangszeit Wellington 1828 ein Toryministerium. Unter diesem, von dem man sich keine Reformma�regeln versprach, entstand alsbald in Irland die heftigste G�rung. Schon seit 1823 bestand hier eine katholische Assoziation, die sich �ber das ganze Land verbreitete. An ihrer Spitze stand der gro�e Agitator Daniel O'Connell (s. d.), der, von der Geistlichkeit unterst�tzt, 1828 in das Parlament gew�hlt wurde und erkl�rte, da� er trotz der Testakte seinen Platz im Unterhaus einnehmen werde. Darauf legte die Regierung 5. M�rz 1829 dem Parlament eine Bill vor, die durch Abschaffung des Testeides den Katholiken den Zutritt zum Parlament und mit wenigen Ausnahmen zu allen Staats�mtern er�ffnete. Trotz des Widerstandes der anglikanischen Hierarchie ging die Emanzipationsbill im Parlament durch und erhielt 13. April 1829 Gesetzeskraft.

Dieser Sieg der liberalen Grunds�tze erweckte vielfach die Hoffnung auf eine durchgreifende Reform des Parlaments. Dessen Zusammensetzung litt an gro�en �belst�nden, die schon zu Pitts Zeiten heftig, aber stets vergeblich angegriffen worden waren. An 150 Mitglieder des Unterhauses wurden von alten Burgflecken (rotten boroughs) gew�hlt, die ihre fr�here Bedeutung l�ngst verloren hatten, und deren Bev�lkerung von einigen m�chtigen Grundherren abhing, die �ber die Parlamentssitze nach Gutd�nken verf�gten. Durch wirklich freie Wahl wurden h�chstens 70 Stellen im Unterhaus besetzt; nur bei etwa 160 andern fand noch eine gewisse Einwirkung der Bev�lkerung auf das Wahlresultat statt. Neuerbl�hte Gro�st�dte, wie Sheffield, Birmingham, Manchester, waren im Parlament gar nicht vertreten. Solche Mi�st�nde machte jetzt die Opposition zum Gegenstand ihrer Angriffe und forderte eine gr�ndliche Reform des Wahlrechts.

Erst unter Wilhelm IV. (1830–37), der am 26. Juni 1830 seinem Bruder Georg IV. auf dem Throne folgte, gelangte diese Bewegung, unterst�tzt durch die Einwirkungen der franz�sischen Julirevolution, zum Siege. Nach den Parlamentswahlen von 1830 wurde die Toryregierung 15. Nov. gest�rzt, und Lord Grey bildete ein Whigministerium, dessen namhafteste Mitglieder die Lords John Russell, Melbourne, Palmerston und Brougham waren. Der erste Entwurf eines neuen Wahlgesetzes, den Russell 1. M�rz 1831 vorlegte, drang zwar nicht durch, aber als darauf[404] das Parlament aufgel�st wurde, siegten die Whigs bei den Neuwahlen, und die wieder vorgelegte Reformbill wurde im Unterhaus 19. Sept. angenommen. Das von Wellington gef�hrte Oberhaus verwarf sie jedoch 8. Okt. 1831, trat ihr auch im Mai 1832, als sie zum drittenmal vorgelegt war, feindlich entgegen und wurde erst nach dem von Grey angek�ndigten R�cktritte des Ministeriums durch die aufs h�chste gestiegene Erbitterung im Volke, die selbst zu einer Insultierung des K�nigs f�hrte, zur Nachgiebigkeit bewogen. Darauf �bernahm Grey die Regierung wieder, und die Reformbill ging 4. Juni 1832 im Oberhaus durch; im folgenden Monat wurden auch die Reformgesetze f�r Schottland und Irland angenommen. Dadurch wurden die rotten boroughs beseitigt, eine gerechtere Verteilung der Mandate unter den St�dten und Grafschaften der drei Reiche bewirkt und die Zahl der W�hler auf etwa eine Million erh�ht, indem in den Grafschaften auch die Erbp�chter und die Zeitp�chter mit bestimmtem Pachtbetrag und in den St�dten alle Eigent�mer oder Mieter von H�usern mit 10 Pfd. Sterl. j�hrlichem Mietswert das Wahlrecht erhielten. Mit dem Zusammentritt des ersten nach dem neuen Gesetz gew�hlten Parlaments 5. Febr. 1833 beginnt eine neue Epoche der Geschichte von G.

Die Bewegungen der Chartisten sowie des Antikornzollbundes und Peels Steuer- und Zollreform (1833–46).

In dem neuen Parlament hatten die Liberalen die entschiedene Mehrheit, so da� weitere Reformma�regeln m�glich wurden. So erfolgte 1833 die Abschaffung der Sklaverei in den britischen Kolonien; im gleichen Jahre wurde die Kinderarbeit in den Fabriken gesetzlich eingeschr�nkt und 1834 die Armengesetzgebung verbessert. Auch die Neuordnung der Verh�ltnisse Indiens nahm das Ministerium Grey in Angriff, als 1834 der Freibrief der Ostindischen Kompanie ablief. Ihr ungeheures Gebiet, das 1826 durch einen siegreichen Krieg gegen Birma noch betr�chtlich vergr��ert worden war, wurde immer noch von einer Handelsgesellschaft regiert, und in der Verwaltung des Landes herrschten beklagenswerte Mi�st�nde. Daher wurden 1834 bei Erneuerung des Privilegiums die Befugnisse des 1784 errichteten Kontrollamts vergr��ert, das Handelsmonopol der Kompanie aufgehoben und die Dividende der Aktion�re auf die feste Summe von 633,000 Pfd. Sterl. normiert; die weitern �bersch�sse der Gesellschaft wurden zur Einl�sung der Aktien bestimmt. Gr��ere Schwierigkeiten bereiteten der Regierung die Verh�ltnisse Irlands, dessen Bev�lkerung immer dringender die Erleichterung ihrer Lasten, insbes. die Aufhebung des an die anglikanischen Kirchen zu zahlenden Zehntens verlangte, w�hrend zugleich die Agitation O'Connells jetzt unmittelbar auf die Aufl�sung (repeal) der Union mit England und die Selbst�ndigkeit Irlands gerichtet war. Grey schritt hiergegen mit einer irischen Zwangsbill ein (M�rz 1833), suchte aber zugleich durch ein andres Gesetz die Lasten, welche die anglikanische Staatskirche den Iren auferlegte, zu mildern. Dar�ber kam es im Ministerium zu Zerw�rfnissen, die 1834 den R�cktritt Greys herbeif�hrten. Nach einer kurzen Regierung der Tories unter Peel kam 1835 Lord Melbourne aus Ruder, der ein entschieden liberales Ministerium bildete. Dieses f�hrte in England eine neue, zeitgem��e St�dteordnung ein, verzichtete auf die Zwangsbill, erlie� ein neues irisches Armengesetz, setzte aber seine Zehntenbill, durch welche die Zahlung der Zehnten auf die Landeigent�mer �bertragen wurde, erst 1838 durch.

Am 20. Juni 1837 starb Wilhelm IV. kinderlos; ihm folgte in G. die 18j�hrige Prinzessin Viktoria, seine Nichte, in Hannover aber, wo nur m�nnliches Erbfolgerecht galt, der Herzog Ernst August von Cumberland. Die ersten Regierungsjahre der jungen F�rstin, die sich 10. Febr. 1840 mit ihrem Vetter Albert, Prinzen von Sachsen-Koburg, verm�hlte, waren von lebhaften politischen Bewegungen erf�llt. Auf der einen Seite forderten die sogen. Radikalreformer unter F�hrung O'Connors (s. d.) eine v�llige Umgestaltung der politischen und sozialen Verh�ltnisse des Landes und formulierten ihre W�nsche in einem Gesetzentwurf (The People's Charter, s. Chartismus), der unter anderm allgemeines Wahlrecht, geheime Wahl, Einteilung der Wahlbezirke lediglich nach der Bev�lkerungszahl und j�hrliche Parlamentswahlen ins Auge fa�te. Zahlreiche Volksversammlungen sprachen sich f�r dies Programm aus, zu dem sich namentlich die Arbeiterbev�lkerung bekannte. Anderseits richtete sich eine lebhafte Bewegung innerhalb des b�rgerlichen Mittelstandes gegen die Kornz�lle, durch die im Interesse der Gro�grundbesitzer die Getreidepreise k�nstlich hochgehalten wurden; ihr F�hrer war Richard Cobden (s. d.), der seine Anh�nger zu einem gro�en Bund, der sogen. Anti-Cornlaw-League, zusammenfa�te. Parlament und Regierung verhielten sich gegen beide Bewegungen ablehnend. Den Veranstaltern der Petitionen um Aufhebung der Getreidez�lle, die 50,000 Unterschriften erhalten hatte, wurde nicht gestattet, ihre Gr�nde durch Bevollm�chtigte dem Parlament m�ndlich vorzutragen. Die Petition um Einf�hrung der Volkscharte, die mit 1,280,000 Unterschriften bedeckt war, �berwies das Unterhaus nicht einmal einem Ausschu�; die Absicht der Chartistenf�hrer, sie in einem Massenzuge von vielen Tausenden, wom�glich Bewaffneten, dem Parlament zu �berreichen, hatte die Regierung durch energische polizeiliche Ma�regeln vereitelt.

W�hrenddessen setzte das liberale Ministerium Melbourne 1839 noch einige Reformen durch: die Einf�hrung des einheitlichen Portotarifs von 1 Penny f�r den einfachen Brief (penny-postage) und die Einsetzung eines Ausschusses des Geheimen Rates als oberster Aufsichtsbeh�rde f�r den �ffentlichen Unterricht. Auch seine ausw�rtige Politik blieb nicht ohne Anerkennung. Der Krieg mit China (s. d., S. 50 f.), in den G. wegen des Opiumhandels geraten war, erfuhr zwar von den Tories schweren Tadel; dagegen wurde es beif�llig begr��t, da� Palmerston zum Schutz der T�rkei gegen die Eroberungsgel�ste des von Frankreich beg�nstigten Vizek�nigs Mehemed Ali von �gypten 15. Juli 1840 eine Quadrupelallianz mit Ru�land, �sterreich und Preu�en schlo�, worauf die verb�ndete britisch-�sterreichisch-t�rkische Flotte unter Sir Charles Napier Mehemed Ali zur R�umung Syriens zwang. Dennoch mu�te die Regierung 28. Aug 1841 zur�cktreten, nachdem die von ihr beantragte Ver�nderung der Zollpolitik im freih�ndlerischen Sinn im Unterhaus abgelehnt war, und nach dessen Aufl�sung die Whigs bei den Neuwahlen in der Minderheit geblieben waren. Robert Peel bildete nun ein Toryministerium, das seine Verwaltung unter gro�en Schwierigkeiten antrat, diese jedoch mit Mut und Selbstvertrauen zu �berwinden suchte. Der Krieg in China wurde erfolgreich fortgesetzt: die englische Flotte erzwang den Eingang in den Jangtsekiang und n�tigte China zu einem Frieden (29. Aug. 1842), der den Engl�ndern[405] den Besitz von Hongkong verschaffte, eine Anzahl H�fen �ffnete u. eine Kriegssteuer von 21 Mill. Doll. einbrachte. In Afghanistan (s. d., S. 131), mit dem G. seit 1838 im Kriege lag, war im Januar 1842 ein kleines britisches Heer in Kabul und beim R�ckzug von dort beinahe vernichtet worden; aber noch im gleichen Jahr stellte der General Pollock durch einen gl�nzenden Feldzug die Ehre der britischen Waffen wieder her und eroberte Kabul, r�umte aber Anfang 1843 Afghanistan wieder. Um den Staatshaushalt zu ordnen, setzte Peel 1842 die Einf�hrung einer Einkommensteuer von etwa 3 Proz. auf alle Einkommen �ber 150 Pfd. Sterl., die Erm��igung der Korn- und die Aufhebung oder Herabsetzung andrer wenig eintr�glicher, aber f�r den Verkehr l�stiger Schutzz�lle durch. Die chartistische Bewegung, deren F�hrer 2. Mai 1842 in ungeheurem Zuge vor dem Unterhaus erschienen, um eine neue Riesenpetition zu �berreichen, wurde durch energisches, aber gesetzm��iges Einschreiten ged�mpft. Um die Repealagitation O'Connells einzuschr�nken, wurde durch ein Gesetz vom Jahre 1843 die Einf�hrung von Waffen und sonstigem Kriegsbedarf nach Irland verboten; auch wurde das Versammlungsrecht beschr�nkt. Zur F�rderung des Handels ward 1844 die ber�hmte Peelsche Bankakte (N�heres s. Banken, S. 346) erlassen. Im n�chsten Jahre ward eine noch umfassendere Steuer- und Zollreform durch abermalige Erm��igung der Zuckerz�lle sowie Aufhebung aller Ausfuhrz�lle und einer gro�en Anzahl von Einfuhrz�llen auf Rohstoffe, namentlich auf rohe Baumwolle, beschlossen. Dann aber veranla�ten die Mi�ernte des Jahres 1845 und die Kartoffelkrankheit, die in Irland eine furchtbare Hungersnot herbeizuf�hren drohte, Peel, die g�nzliche Abschaffung der Kornz�lle zu beantragen, wof�r der Grundbesitz durch die �bernahme der Kosten der Polizei und des Gef�ngniswesens in den Grafschaften sowie der Armenh�user auf den Staat entsch�digt werden sollte. Nach heftigen Debatten, w�hrend deren ein Teil der Tories unter Disraeli sich von Peel lossagte, erhielten diese Vorschl�ge 26. Juni 1846 Gesetzeskraft. Aber am Tage zuvor hatten Peels schutzz�llnerische Gegner eine Gelegenheit gefunden, sich f�r ihre Niederlage zu r�chen, indem sie eine von der Regierung gegen die zunehmende Unsicherheit in Irland vorgelegte Zwangsbill in Verbindung mit den Liberalen, Radikalen und Iren zu Falle brachten, worauf das Ministerium zur�cktreten mu�te.

Ausw�rtige Politik bis zum Pariser Frieden.

Peels Nachfolger als Premierminister wurde der F�hrer der Whigs, Lord John Russell. Die Neuwahlen vom Sommer 1847 verschafften den verbundenen Liberalen und Radikalen die Mehrheit; die Schutzz�llner waren g�nzlich machtlos; Peels Anh�nger bildeten eine Mittelpartei. Bei diesen Wahlen hatte es sich gezeigt, da� es nicht mehr blo�, wie fr�her, zwei gro�e Parteien im Lande gab; wie die Whigs in gem��igt Liberale und Radikale, so schieden sich die Tories in Strengkonservative und Peeliten, w�hrend die irischen Deputierten eine Sonderstellung einnahmen; auch wirkten wirtschaftliche und religi�se Grunds�tze mehr und mehr auf die Bildung der Parteien ein. Das Revolutionsjahr 1848 ging in G. ohne gr��ere Ersch�tterung vor�ber; ein neuer Versuch der Chartisten, 10. April in einem Massenaufzug dem Parlament eine Riesenpetition um Einf�hrung der Volkscharte zu �berreichen, wurde durch milit�rische und polizeiliche Ma�regeln leicht vereitelt. W�hrend so G. ruhig blieb, trat die vielgesch�ftige ausw�rtige Politik Lord Palmerstons 1848 und 1849 nach au�en hin vielfach f�r die Revolution ein und verschaffte ihm, den man Lord Feuerbrand nannte, vor�bergehend gro�e Popularit�t. Er unterst�tzte die Emp�rung in Sizilien wie die sardinischen Einheitsbestrebungen und die ungarische Insurrektion, erkl�rte sich aber um der englischen Interessen willen f�r D�nemark gegen die schleswig-holsteinsche Erhebung, machte gegen das kleine Griechenland zugunsten eines britischen Untertanen von der Macht�berlegenheit Gro�britanniens r�cksichtslosen Gebrauch und billigte den Staatsstreich Napoleons III. in Frankreich (2. Dez. 1851), ohne die Genehmigung der K�nigin oder die Zustimmung seiner Kollegen abzuwarten. F�r die letztere Eigenm�chtigkeit wurde er 22. Dez. 1851 entlassen, r�chte sich aber bald darauf, indem er das Ministerium Russell st�rzte. Dieses hatte seine Stellung schon durch seine schw�chliche Haltung gegen�ber der vom Papst mittels einer Bulle vom 29. Sept. 1850 verf�gten Erneuerung der katholischen Hierarchie in England (Errichtung von zw�lf r�misch-katholischen Bist�mern in England und Ernennung des Kardinals Wiseman zum Erzbischof von Westminster) erheblich ersch�ttert, und als es 1852 angesichts der gespannten ausw�rtigen Verh�ltnisse eine betr�chtliche Vermehrung der Land- und Seemacht beantragte, brachte Palmerston im Bunde mit den Tories 20. Febr. einen Gegenvorschlag zur Annahme, worauf Russell zur�cktrat. Lord Derby bildete nun ein neues, rein toryistisches Kabinett, das im Juli 1852 das Parlament aufl�ste, aber nach dem ung�nstigen Ergebnis der Neuwahlen schon 17. Dez. seine Entlassung nehmen mu�te.

Nun folgte ein Ministerium Aberdeen, das aus Peeliten, Whigs und andern Liberalen zusammen gesetzt war und daher mit einem dem 18. Jahrh. entlehnten Ausdruck das »Ministerium aller Talente« genannt wurde; Gladstone als Schatzkanzler, Palmerston als Staatssekret�r des Innern, Russell und Clarendon waren seine hervorragendsten Mitglieder. Die Finanzma�regeln Gladstones fanden allgemeine Zustimmung, und auch die Kolonialpolitik der Regierung ward vom Gl�ck beg�nstigt. In Afrika und Asien war nach dem Ende des Kaffernkrieges und dem Friedensschlu� mit Birma (30. Juli 1853), das bedeutende Gebietsteile abtreten mu�te (s. Birma, S. 897), die Ruhe hergestellt. Die australischen Kolonien entwickelten sich seit der Entdeckung der Goldfelder in Neus�dwales und Victoria (1851) gl�nzend und erhielten, ebenso wie die Kapkolonie, damals eine freie, auf Selbstregierung begr�ndete Verfassung.

Da wurde G. durch die orientalische Frage wiederum in einen gro�en europ�ischen Krieg verwickelt. Es verband sich 1853 mit Frankreich zum Schutz der durch Ru�land bedrohten Unabh�ngigkeit des t�rkischen Reiches und schickte eine Flotte in das Mittelmeer. Nach der Vernichtung der t�rkischen Flotte durch die Russen bei Sinope (30. Nov.) schlossen die Westm�chte 12. M�rz 1854 ein B�ndnis mit der T�rkei und erkl�rten 27. M�rz Ru�land den Krieg (s. Krimkrieg). Dieser war anfangs durchaus popul�r, aber sein Verlauf entsprach den im Parlament und vom Volk gehegten Erwartungen keineswegs. In der Ostsee richtete die Flotte Napiers gegen die russischen Seefestungen nur wenig aus. Im Schwarzen Meer wurde Odessa bombardiert (22. April), und 14. Sept. landeten die Franzosen unter Saint-Arnaud und die[406] Engl�nder unter Lord Raglan auf der Krim, siegten 20. Sept. an der Alma und schlossen Sebastopol ein. Die Belagerung dieser Festung zog sich aber lange ohne entscheidende Erfolge hin, w�hrend die britischen Truppen sich zwar tapfer zeigten, aber infolge der mangelhaften F�hrung und der schweren Mi�st�nde im Verwaltungs- und Verpflegungswesen sehr gro�e Verluste erlitten. Durch einen Antrag Roebucks auf Einsetzung eines Ausschusses zur Untersuchung der Kriegf�hrung wurde das Ministerium Aberdeen 29. Jan. 1855 gest�rzt. Ihm folgte ein Kabinett Palmerston, das die R�stungen in gro�artigstem Umfang betrieb und das Verpflegungs- und Transportwesen energisch reformierte. Aber die gehofften Erfolge blieben aus: der Sturm auf Sebastopol 18. Juni 1855 wurde zur�ckgeschlagen, und als 8. Sept. die Festung fiel, waren die Franzosen die Sieger; der Angriff der Engl�nder auf den Redan war mi�lungen. So konnte sich G. den Friedensverhandlungen, die sein franz�sischer Verb�ndeter mit Ru�land ankn�pfte, nicht entziehen. Sie f�hrten 30. M�rz 1856 zum Pariser Frieden, der die Integrit�t der Pforte garantierte und das Schwarze Meer den Kriegsschiffen Ru�lands verschlo�.

Die Herrschaft der Liberalen (1856–65).

Nachdem 1857 Persien gezwungen worden war, Herat zu r�umen und G. sehr wesentliche Zugest�ndnisse f�r seinen Handel zu machen, nachdem Ostindien durch die Einverleibung des Pandschab (1849) und Audhs (1856) betr�chtlich vergr��ert und zur Ausbreitung des englischen Handels ein Krieg mit China begonnen worden war, drohten alle Erfolge der Engl�nder in Asien durch den furchtbaren Aufstand in Ostindien (s. d.), der 1857 ausbrach, vernichtet zu werden. Als die Unterdr�ckung endlich gelungen war, wurde 1858 die Ostindische Kompanie aufgehoben und die unmittelbare Herrschaft der Krone �ber ihr Gebiet eingef�hrt. In London wurde ein Ministerium f�r Indien errichtet; in Ostindien selbst die Regierung einem zu Kalkutta residierenden Vizek�nig �bertragen. Der Krieg mit China ward durch den Frieden von Ti�ntsin (27. Juni) beendigt, aber schon 1859 wegen Streitigkeiten �ber dessen Ausf�hrung im Bunde mit Frankreich wieder begonnen. Die Verschanzungen der Chinesen an der Peihom�ndung wurden im August 1860 von den Verb�ndeten genommen, 13. Okt. Peking besetzt und 26. Okt. daselbst der Friede unterzeichnet.

Das Ministerium Palmerston war inzwischen im Februar 1858 gest�rzt und durch ein toryistisches unter Derby ersetzt worden, weil die von Palmerston nach dem Attentat Orsinis gegen Napoleon III. eingebrachte sogen. Murder-bill, durch welche die bisherigen milden Gesetze gegen Verschw�rungen versch�rft wurden, im Unterhaus scharf getadelt worden war. Aber auch das Derbysche Kabinett behauptete sich nicht lange. Die von Disraeli 1859 vorgeschlagene Reformbill wurde 31. M�rz im Unterhaus abgelehnt, worauf dieses aufgel�st, durch die Neuwahlen aber die Opposition nur verst�rkt wurde. So mu�te Derby im Juni 1859 zur�cktreten, und Palmerston bildete ein neues Kabinett, in dem Russell das Ausw�rtige und Gladstone die Finanzen �bernahmen. Einen gl�nzenden Erfolg errang dies Ministerium durch den auf freih�ndlerischen Grunds�tzen beruhenden Handelsvertrag mit Frankreich, der 1860 abgeschlossen wurde. In der ausw�rtigen Politik war G. weniger gl�cklich. Indem Palmerston auch jetzt fortfuhr, sich in die innern Angelegenheiten ausw�rtiger Staaten einzumischen, aber weder den Willen noch die Macht besa�, seinen Worten durch die kraftvolle Tat Nachdruck zu geben, f�hrte sein Eintreten f�r die polnischen Insurgenten von 1863 und seine Parteinahme f�r D�nemark bei dem Ausbruch der schleswig-holsteinischen Verwickelung nur zu empfindlichen diplomatischen Niederlagen. Von der Expedition nach Mexiko (s. d.), zu der sich G. mit Frankreich und Spanien im Oktober 1861 verbunden hatte, zog es sich durch die Konvention von Soledad (19. Febr. 1862) bald wieder zur�ck. W�hrend des B�rgerkrieges in der nordamerikanischen Union, der allerdings durch die Unterbrechung der Baumwollenzufuhr die Interessen der englischen Industrie empfindlich ber�hrte, widmete G. den S�dstaaten, dse es als kriegf�hrende Macht anerkannte, die lebhaftesten Sympathien. Es gestattete die Ausr�stung von s�dstaatlichen Blockadebrechern und Kaperschiffen in britischen H�fen, zog sich aber dadurch energische Beschwerden Amerikas zu und mu�te schlie�lich in dem Vertrag von Washington 8. Mai 1871 in die Einsetzung eines Schiedsgerichtes willigen, das die von G. zu zahlende Entsch�digung festsetzen sollte (vgl. Alabamafrage). W�hrend G. so allen ernsten ausw�rtigen Verwickelungen auswich, vermehrte es eifrig seine Verteidigungsmittel gegen einen etwaigen Angriff; 1860 bewilligte das Parlament nicht weniger als 11 Mill. Pfd. Sterl. f�r eine ausgedehnte K�stenbefestigung; auch wurden die Flotte verst�rkt und die Freiwilligenkorps vermehrt. Ein uneigenn�tziger und kluger Akt der britischen Regierung war 1862 die Abtretung der Ionischen Inseln an Griechenland.

Die Parlamentsreform und die irische Frage (1865–74).

Als Lord Palmerston 18. Okt. 1865 aus dem Leben geschieden war, wurde das Kabinett, dessen Vorsitz Russell �bernahm, durch fortgeschrittene Liberale erg�nzt. Hierdurch wurde die Parlamentsreformfrage, �ber die schon in mehreren Sessionen fruchtlos verhandelt worden war, aufs neue in Flu� gebracht. Im M�rz 1866 legte Gladstone dem Unterhaus seinen Reformplan vor, der aber an dem Widerstande der konservativen Partei und eines Teiles der Liberalen unter Horsman und R. Lowe (der sogen. Adullamiten) scheiterte. Das Ministerium nahm darauf 26. Juni seine Entlassung, und Derby bildete ein konservatives Kabinett, in dem Disraeli das Schatzamt und die F�hrerschaft im Unterhaus �bernahm. Dieser legte, da die �ffentliche Meinung entschieden f�r die Wahlreform war, einen neuen Gesetzentwurf vor, der auf der Grundlage des sogen. Householdsuffrage beruhte, aber im Unterhaus nicht unerheblich umgestaltet wurde. Wie die Bill schlie�lich 15. Juli 1867 durchging, gab sie in den St�dten jedem steuerzahlenden Eigent�mer oder Mieter eines ganzen Hauses und ferner jedem Zimmermieter, der 10 Pfd. Sterl. Miete zahlte und dieselbe Wohnung ein Jahr lang innehatte, das Wahlrecht, in den Grafschaften jedem P�chter, dessen Pachtsumme 12 Pfd. Sterl. betrug. Dies Gesetz, das mehr als eine Million neue W�hler schuf, wurde 1872 durch die Einf�hrung der geheimen schriftlichen Abstimmung (Ballot) erg�nzt.

Im Herbst 1867 kam es zu einem Kriege gegen K�nig Theodor von Abessinien (s. d., S. 35), der sich gegen englische Untertanen Gewaltt�tigkeiten erlaubt hatte. Der Feldzug f�hrte mit der Erst�rmung Magdalas (14. April 1868) durch indische Truppen unter Sir Robert Napier ohne gro�en Verlust zum Ziel, worauf die Engl�nder 1. Juni Abessinien wieder r�umten.[407] Das Parlament bewilligte die Kosten f�r diesen Krieg, mi�billigte aber die Haltung des Kabinetts, dessen Vorsitz nach dem R�cktritt Derbys (25. Febr. 1868) Disraeli �bernommen hatte, in der irischen Frage, in der die Konservativen mit Ausnahmema�regeln und geringen Zugest�ndnissen auszukommen hofften. Gladstone beantragte dagegen eine Resolution, welche die Entstaatlichung (disestablishment) der anglikanischen Staatskirche in Irland forderte und 30. April 1868 angenommen wurde. Disraeli trat darauf, nachdem er auch bei den nach dem neuen Wahlgesetz vorgenommenen Wahlen unterlegen war, 3. Dez. 1868 zur�ck.

Gladstone, der das neue liberale Kabinett bildete, bereitete nun eine umfassende Reform der irischen Verh�ltnisse vor, die allerdings nicht l�nger aufgeschoben werden konnte. Denn der in Nordamerika begr�ndete revolution�re Geheimbund der Fenier (s. d.) arbeitete schon seit Jahren auf die Losrei�ung Irlands von G. und die Errichtung einer irischen Republik hin, die auf dem ersten fenischen Kongre� zu Chicago 1863 als Ziel des Bundes proklamiert wurde. Durch die Suspension der Habeascorpusakte (1865), die Unterdr�ckung des Hauptorgans der Fenier in der Presse, durch zahlreiche Verhaftungen und durch eine sorgf�ltige K�stenbewachung suchte die Regierung dem Ausbruch eines Aufstandes vorzubeugen. Und als dennoch die Fenier 12. Febr. 1867 eine Emp�rung in Killarnay, 5. M�rz in Drogheda, Anfang Juni auch eine Landung in Waterford unternahmen, ward die Regierung zwar ihrer Herr, aber Gladstone sah ein, da� den Mi�st�nden in Irland nicht blo� durch Gewaltma�regeln ein Ende gemacht werden k�nne. Zun�chst setzte er nach harten K�mpfen eine Bill �ber die Aufhebung der irischen Staatskirche durch, die am 26. Juli 1869 Gesetzeskraft erhielt; das gro�e Eigentum der irischen Kirche ging in die H�nde einer k�niglichen Kommission �ber; etwa der dritte Teil davon wurde zu wohlt�tigen Zwecken, auch f�r Katholiken und Presbyterianer, bestimmt. 1870 wurde sodann eine irische Landbill angenommen, wonach der Staat in Irland L�ndereien ankaufen sollte, um sie zu parzellieren und wieder kleine Grundbesitzer zu schaffen; au�erdem wurde den P�chtern gegen willk�rliche Ma�regeln seitens der meist in England lebenden Grundherren staatlicher Schutz gesichert. Aber die Wirkungen, die man erhofft hatte, �bten diese Ma�regeln nicht aus. Die Tumulte und agrarischen Mordtaten der Fenier h�rten nicht auf, und auch die gem��igten Iren, die im Unterhaus von Butt und Sullivan gef�hrt wurden, betrachteten jene Zugest�ndnisse nur als eine Abschlagszahlung; sie nahmen die alte Repealbewegung mit dem Stichwort Homerule (Heimatsregierung) auf und forderten f�r Irland ein selbst�ndiges Parlament. Um dies zu erreichen, benutzten sie die schwerf�llige Gesch�ftsordnung des Parlaments zu systematischer »Obstruktion« gegen die ordnungsm��ige Erledigung seiner Gesch�fte und verscherzten dadurch die Sympathie des Parlaments so sehr, da� ein neues Gesetz, das durch Regelung des Universit�tsunterrichts in Irland dringenden Beschwerden der Katholiken abhelfen sollte, im M�rz 1873 verworfen wurde.

W�hrend des deutsch-franz�sischen Krieges 1870 blieb G. neutral, duldete aber nach dem Sturz des Napoleonischen Kaiserreichs die Ank�ufe von Pferden, Kohlen und Waffen sowie die Aufnahme von Anleihen in G. seitens der franz�sischen Republik. Als nun Ru�land verlangte, da� die ihm im Pariser Frieden von 1856 auferlegte Beschr�nkung, keine Kriegsschiffe im Schwarzen Meer halten zu d�rfen, aufgehoben w�rde, wies G. zwar diese Forderung zur�ck; da es aber weder von Deutschland noch von irgend einer andern europ�ischen Macht unterst�tzt wurde, mu�te es in die Berufung der Pontuskonferenz nach London (Januar 1871) willigen, welche die russische Forderung im wesentlichen genehmigte. Diese empfindliche Niederlage konnte durch den erfolgreichen Feldzug Wolfeleys gegen die Aschanti (1873–74) nicht aufgewogen werden. Unter diesen Umst�nden fielen die Neuwahlen zum Parlament im Februar 1874 zugunsten der Konservativen aus, worauf Gladstone seine Entlassung nahm. Es folgte ein konservatives Kabinett unter Disraeli, dessen bedeutendste Mitglieder Derby und Salisbury waren.

Die Reichspolitik Disraeli-Beaconsfields (1874–1880).

Die Politik Disraelis, seit August 1876 Lord Beaconsfield, war im Innern durchaus konservativ und hielt in Irland die �u�ere Ruhe aufrecht, suchte dagegen nach au�en hin Macht und Einflu� des britischen Reiches zu erweitern, zu welchem Zweck das Landheer einer durchgreifenden Reform unterzogen und die Seemacht ansehnlich verst�rkt wurde. Nachdem am 26. Sept. 1874 die Fidschiinseln annektiert waren, erwarb 1875 G. durch den Ankauf von 4 Mill. Pfd. Sterl. Aktien des Suezkanals von dem Chedive von �gypten einen ma�gebenden Einflu� auf diese wichtigste Seeverbindung mit Ostindien, das am 1. Jan. 1877 zum Kaiserreich erhoben wurde. In S�dafrika plante G. eine Konf�deration aller Kolonien, und als die Transvaalrepublik beizutreten sich weigerte, ward sie im April 1877 unter britische Oberhoheit gestellt. In Europa gab die orientalische Frage G. Gelegenheit, sein ersch�ttertes Ansehen herzustellen. Als nach dem Ausbruche des russisch-t�rkischen Krieges (im April 1877) die Russen 1878 gegen Konstantinopel vorr�ckten und 29. Jan. die K�ste des Marmarameers erreichten, legte sich eine britische Flotte zum Schutz Konstantinopels bei den Prinzeninseln vor Anker. Nach dem Frieden von Santo Stefano (3. M�rz) betrieb dann Beaconsfield aufs eifrigste die R�stungen zum Krieg und bewog dadurch Ru�land, das den Konflikt vermeiden wollte, zur Nachgiebigkeit. Auf Grund des Londoner Protokolls vom 30. Mai trat im Juni der Berliner Kongre� zusammen, auf dem G. eine erhebliche Verminderung der von Ru�land im Frieden von Santo Stefano erhobenen Anspr�che erreichte. Noch w�hrend des Kongresses wurde ein Vertrag mit der T�rkei vom 4. Juni bekannt, durch den die Insel Cypern an G. abgetreten wurde, das daf�r die Garantie der asiatischen Besitzungen des Sultans �bernahm. Es waren in der Tat gl�nzende Erfolge, die so die ausw�rtige Politik Beaconsfields davongetragen hatte.

Allerdings hatte die Spannung mit Ru�land noch in Afghanistan ein Nachspiel. Der Emir Schir Ali wies n�mlich, durch die Russen aufgereizt, eine an ihn abgeschickte englische Gesandtschaft im September 1878 an seiner Grenze zur�ck. Die indische Regierung lie� darauf eine betr�chtliche Armee in Afghanistan einr�cken, die einen gro�en Teil des Landes besetzte. Schir Ali fl�chtete und �berlie� die Regierung seinem Sohne Jakub-Chan, der im Mai 1879 mit G. den Frieden von Gandamak schlo�, in dem er alle Gebirgsdistrikte an der indisch-afghanischen Grenze abtrat und gegen j�hrliche Subsidien einen britischen Residenten in Kabul aufzunehmen versprach. Da aber[408] dieser Resident mit seinen Begleitern schon 3. Sept. bei einem Aufstand in Kabul ermordet wurde, brach der Krieg wieder aus. In S�dafrika verlief ein Krieg gegen den Zuluk�nig Cetewayo zwar anfangs unter F�hrung von Lord Chelmsford nicht gl�cklich; nachdem aber dieser durch Wolseley ersetzt war, wurde Cetewayo 3. Juli 1879 entscheidend geschlagen und 30. Aug. gefangen genommen.

So gro� alle diese �u�ern Erfolge Beaconsfields waren, so kostspielig waren sie f�r G.; und diese Kosten waren um so schwerer zu tragen, als Ackerbau, Handel und Industrie unter den Folgen einer allgemeinen Gesch�ftskrisis litten. Dies und die Fortdauer der Erregung in Irland, wo die Homerule-Partei, jetzt unter F�hrung Parnells, eine Landliga gr�ndete und eine v�llige Umw�lzung der Besitzverh�ltnisse forderte, beeinflu�te in �berraschender Weise das Ergebnis der Neuwahlen, die Beaconsfield anordnete, nachdem er 24. M�rz 1880 das Unterhaus aufgel�st hatte. Die Liberalen gewannen �ber 350 Sitze, die Konservativen nur etwa 230, so da� Beaconsfield 19. April zur�cktrat und Gladstone zum Premierminister ernannt wurde.

Gladstones Reformgesetze (1880–85).

Das neue Gladstonesche Ministerium, das aus allen Schattierungen der Liberalen zusammengesetzt war, beeilte sich, die ausw�rtigen Verwickelungen zu l�sen, die es als Erbschaft von der vorigen Regierung �bernommen hatte. In Afghanistan wurde ein bisheriger Sch�tzling Ru�lands, Abd er Rahm�n, als Emir anerkannt und gegen einen andern Pr�tendenten, Ejjub Chan, durch die englischen Truppen unter General Roberts gesch�tzt (im September 1880). Die Annexion Transvaals wollte Gladstone aufrechterhalten, mu�te aber, als die Buren sich dagegen erhoben, nach den Niederlagen bei Laings Neck und bei Majubahill (28. Jan. u. 27. Febr. 1881) einen Frieden schlie�en (23 M�rz) und sich mit der Suzer�nit�t �ber Transvaal begn�gen. Der zugleich selbsts�chtige und �ngstliche Charakter der Gladstoneschen Politik trat besonders deutlich in �gypten hervor. Als sich hier 1882 eine Nationalpartei unter Arabi Pascha gegen den schwachen Chedive Tewfik erhob, der 1879 auf den abgesetzten Ismael Pascha gefolgt war und ganz unter dem Einflu� der Fremden, besonders der Engl�nder und Franzosen, stand, schritt G., da Frankreich sich nicht beteiligen wollte, allein ein, lie� 11. Juli Alexandria bombardieren und besetzen und nach einem kurzen Feldzug das Heer Arabis 13. Sept. bei Tel el Kebir auseinandersprengen. Die Engl�nder hielten darauf �gypten mit 12,000 Mann besetzt und die Regierung des Chedive unter strenger Vormundschaft. Dagegen gaben sie den �gyptischen Sud�n dem daselbst ausgebrochenen Aufstand des Mahdi preis und lie�en auch General Gordon (s. d. 3) in Chartum im Stiche.

Sein Hauptaugenmerk richtete Gladstone auf die Beruhigung Irlands, wo die �ffentliche Sicherheit durch Zusammenrottungen, Stra�entumulte, agrarische Verbrechen und durch ein von der Landliga r�cksichtslos ausge�btes Einsch�chterungs- und Achtungssystem (s. Boycott) in einzelnen Teilen des Landes v�llig zerr�ttet war. Um diesen Zust�nden ein Ende zu machen, setzte die Regierung nach langer Obstruktion der irischen Deputierten 21. M�rz 1881 zwei Ausnahmegesetze f�r Irland durch, deren eins den Besitz von Feuerwaffen verbot, das andre den Vizek�nig erm�chtigte, eine Art von Belagerungszustand zu verh�ngen und ohne gerichtliches Verfahren Verhaftungen vorzunehmen. Darauf ward von Gladstone eine neue irische Landbill eingebracht, die den P�chtern erhebliche Zugest�ndnisse machte, aber trotzdem von der irischen Landliga 16. Sept. f�r durchaus ungen�gend erkl�rt wurde, da die Abschaffung der Pachtzinse allein die Iren zufriedenstellen k�nne. Darauf lie� die Regierung zahlreiche F�hrer der Landliga, auch Parnell, verhaften und verbot die Liga und ihre Versammlungen. Aber die verhafteten F�hrer der Liga hatten die Parole ausgegeben, bis zur Aufhebung der Zwangsma�regeln �berhaupt keinen Pachtzins mehr zu zahlen (No rent-Manifest), und dieser Befehl fand entweder freiwilligen oder durch die Schreckenstaten der »Mondscheinbanden« erzwungenen Gehorsam.

Angesichts der Erfolglosigkeit der Zwangsma�regeln und der Fortdauer der Gesetzlosigkeit in Irland kn�pfte der Minister Chamberlain mit den verhafteten F�hrern der Iren Verhandlungen an, die im Mai 1882 zu einer Verst�ndigung (Vertrag von Kilmainham) f�hrten. Parnell und seine Freunde versprachen f�r die Herstellung der gesetzlichen Ordnung zu wirken, wenn sie freigelassen und neue agrarische Reformma�regeln ergriffen w�rden. Ihre Freilassung reizte aber die unvers�hnlichen Elemente der irischen Partei zu einer blutigen Gewalttat, um eine Vers�hnung unm�glich zu machen, n�mlich zur Ermordung des neuen Obersekret�rs f�r Irland, Lord Cavendish, und seines Unterstaatssekret�rs Burke in Dublin 7. Mai 1882. Die Regierung legte nun dem Parlament eine neue irische Zwangsbill, gleichzeitig aber auch eine Bill vor, welche die allm�hliche Tilgung der Pachtr�ckst�nde mit Hilfe von Beitr�gen des Staates und von Opfern der Grundherren herbeif�hren sollte. Beide Gesetze wurden angenommen. Um nun aber seine irische Reformpolitik sicherer fortsetzen zu k�nnen, hielt Gladstone eine Verst�rkung der entschieden liberalen Elemente im Parlament f�r notwendig, da viele seiner ehemaligen Anh�nger ihn verlassen hatten. Um dies herbeizuf�hren, legte er 29. Febr. 1884 dem Unterhaus eine neue Reformbill vor, die das durch das Wahlgesetz von 1867 f�r die St�dte eingef�hrte Stimmrecht f�r alle Haushaltungsvorst�nde u. Chambregarnisten auf die l�ndlichen Wahlbezirke ausdehnte, unter gewissen Bedingungen auch den m�nnlichen Dienstboten das Stimmrecht verlieh und so die Zahl der W�hler um 2,5 Mill. vermehrte. Das Oberhaus machte seine Zustimmung zu diesem Gesetz von dem Zugest�ndnis einer neuen Einteilung der Wahlbezirke abh�ngig, durch welche die Zahl der Abgeordneten auf 670 vermehrt wurde. Darauf genehmigte es die Reformbill 5. Dez. 1884, und die ganze Wahlgesetzgebung kam 23. Juni 1885 zum Abschlu�.

Der Kampf um Irland.

Kurz vorher war das Ministerium Gladstone, von einem Teil der liberalen Partei selbst verlassen, 9. Juni 1885 bei einer Budgetdebatte im Unterhaus geschlagen und zum R�cktritt gezwungen worden. Es folgte ein konservatives Kabinett unter Lord Salisbury, das der ausw�rtigen Politik wieder eine energischere Richtung gab, im Herbst 1885 einen Feldzug nach Birma anordnete und nach der Gefangennahme des K�nigs die Einverleibung Birmas in das indobritische Reich verk�nden lie� (1. Jan. 1886). Indessen aber hatte bei den Neuwahlen zum Parlament (im November und Dezember 1885) die Demokratisierung des Wahlrechts ihre Wirkung getan; 251 konservativen Abgeordneten standen 333 Liberale und 86 Iren unter Parnell gegen�ber, so da� die letztern die ausschlaggebende Partei im Unterhaus waren. Unter diesen Umst�nden[409] vollzog Gladstone eine verh�ngnisvolle Wendung seiner Politik. Mit Unterst�tzung der Iren st�rzte er 26. Jan. 1886 das Ministerium Salisbury und bildete zum drittenmal ein liberales Kabinett. Um aber der irischen Hilfe auch fernerhin sicher zu sein, ohne die er seinen Plan, die englischen Zust�nde noch weiter im demokratischen Sinn umzugestalten, nicht ausf�hren konnte, beschlo� er, den Hauptforderungen der Iren nachzugeben. Er legte dem Parlament zwei Gesetzentw�rfe vor, deren einer die Errichtung eines irischen Parlaments und eines irischen Ministeriums in Dublin (»Homerule«) vorschlug, w�hrend der andre mit Staatsmitteln die Umwandlung des irischen Gro�grundbesitzes in Bauernbesitz unterst�tzen wollte. Dar�ber aber kam es zu einer Spaltung der liberalen Partei. Nicht nur die F�hrer der gem��igten Liberalen, wie Hartington, Forster, Goschen, sondern auch ein Teil der Radikalen unter Chamberlain trennten sich von Gladstone und bildeten die Partei der liberalen Unionisten, die sich mit den Konservativen verband und 7. Juni das Homerule-Gesetz zu Fall brachte. Gladstone l�ste nun das Parlament auf, aber das Land entschied gegen ihn (Juli 1886), und in dem neuen Unterhaus hatten die Konservativen und liberalen Unionisten die Mehrheit gegen die Gladstonianer und Parnelliten. Darauf trat Gladstone zur�ck (20. Juli), und Salisbury bildete ein konservatives Ministerium, in das sp�ter Goschen als Schatzkanzler und Vertreter der liberalen Unionisten eintrat (Januar 1887).

Die ausw�rtige Politik der neuen Regierung war friedlich, aber nicht kraftlos. Die schon fr�her bestehenden freundschaftlichen Beziehungen zu Italien wurden befestigt und eine Ann�herung an Deutschland angebahnt, die auch Kaiser Wilhelm II. beg�nstigte. Durch eine Reihe von Vertr�gen mit Frankreich, Deutschland, Italien und Portugal wurden in den Jahren 1887–1891 die ewige Neutralit�t des Suezkanals festgestellt und die Besitzungen der europ�ischen Kolonialm�chte in Afrika gegen die britischen abgegrenzt; an Deutschland wurde dabei 1. Juli 1890 gegen die Anerkennung des britischen Protektorats �ber Sansibar und Witu die Insel Helgoland abgetreten. In �gypten hielt G. seine Stellung aufrecht und schlug 3. Aug. 1889 einen Einfall der Derwische des Sud�ns zur�ck; die Versuche des Chedive Abbas Pascha, der durch den Tod seines Vaters Tewsik 7. Jan. 1892 zur Regierung gelangt war, sich von der englischen Bevormundung zu befreien, wurden energisch niedergehalten. Endlich trug Lord Salisbury auch f�r eine namhafte Verst�rkung der britischen Wehrkraft Sorge. Im Mai 1889 wurde eine �ber sieben Jahre zu verteilende Vermehrung der Flotte um 70 Kriegsschiffe, darunter 10 Panzer, weiter eine sofortige Verst�rkung der Flottenmannschaft um 3000 und der Landarmee um 2600 Mann, endlich die Einf�hrung des Magazingewehrs beschlossen.

Die bedeutenden Ausgaben hierf�r zu bewilligen, erm�glichte G. die ausgezeichnete Finanzwirtschaft des Schatzkanzlers Goschen, der durch eine Zinsreduktion der Staatsschuld (von 3 auf 23/4 Proz.) erhebliche Ersparnisse erzielt hatte. Auch im �brigen war die innere Politik der Regierung keineswegs unfruchtbar; durch das B�ndnis mit den liberalen Unionisten war sie gezwungen, auf dem Wege der Reformgesetzgebung vorzuschreiten. Durch ein Gesetz vom Jahre 1888 wurde die Provinzialverwaltung v�llig umgestaltet; ganz England (und �hnlich 1889 auch Schottland) wurde in 122 neue Grafschaften eingeteilt und deren Verwaltung Grafschaftsr�ten �bertragen, die aus allgemeinen Wahlen hervorgehen sollten, ein h�chst bedeutsamer Schritt zu weiterer Demokratisierung der englischen Zust�nde. Auch f�r das �ffentliche Unterrichtswesen ward Sorge getragen. Nachdem bereits 1870 staatliche Schulbeh�rden eingerichtet waren und 1876 der Besuch der Volksschulen obligatorisch geworden war, ward durch ein am 1. Sept. 1891 in Kraft getretenes Gesetz die Unentgeltlichkeit des Unterrichts an zwei Dritteln aller Volksschulen eingef�hrt, an einem letzten Drittel das Schulgeld bedeutend erm��igt. Zur Hebung der wirtschaftlichen Verh�ltnisse des Landes wurde 1889 ein Ackerbauministerium errichtet und 1892 die Erwerbung kleiner Landg�ter durch P�chter auch in England erleichtert.

In Irland bestrebte sich die Regierung, mit starker Hand die Ordnung aufrecht zu erhalten; zu diesem Behuf lie� sie sich durch ein Gesetz vom Juli 1887 neue Vollmachten, insbes. zur Ersetzung der Geschwornen durch Ausnahmegerichte in gewissen Grafschaften Irlands, erteilen. Aber auch hier ward daneben auf die allm�hliche Besserung der wirtschaftlichen Verh�ltnisse Bedacht genommen. Diesem Zwecke dienten eine Landbill von 1887 und ein noch umfassenderes Gesetz von 1891, das zur Erleichterung der Parzellierung des irischen Gro�grundbesitzes Staatsmittel in bedeutendem Umfang zur Verf�gung stellte, weiter 1889 Gesetze �ber den Bau von Sekund�rbahnen und die Entw�sserung des Landes, dann 1891 die Einf�hrung des unentgeltlichen Volksschulunterrichts auch in Irland. Die parlamentarische Behandlung dieser Gesetze war dadurch wesentlich erleichtert worden, da� die Aktionsf�higkeit der irischen Partei im Unterhaus erheblich geschw�cht war. Zwar hatten sich ihre F�hrer von den Anklagen, welche die »Times« auf Grund angeblicher Briefe Parnells gegen sie wegen Mitschuld an der Ermordung des Lords Cavendish und des Unterstaatssekret�rs Burke erhoben hatten, vor einer im August 1888 eingesetzten richterlichen Kommission, deren Verhandlungen sich bis zum Februar 1890 hinzogen, gereinigt, indem sich ergab, da� jene Briefe gef�lscht und da� auch andre von der »Times« gegen sie vorgebrachte Beschuldigungen wegen unmittelbarer Beteiligung an den Verbrechen der Fenier nicht aufrecht zu erhalten waren. Aber schon im Dezember 1890 f�hrte ein skandal�ser Ehebruchsproze�, in dem Parnell f�r schuldig erkl�rt war, und wegen dessen Gladstone seine Verbindung mit ihm abgebrochen hatte, zur Spaltung der Partei, deren Mehrheit Parnell die F�hrerschaft entzog. Der Gegensatz zwischen Parnelliten und Antiparnelliten (unter Mac Carthy) wurde sehr schroff; er erhielt sich auch, als nach dem Tode Parnells 6. Okt. 1891 die F�hrung seines Fl�gels der Partei auf Redmond �berging; erst nach neun Jahren, im Januar 1900, kam es zur Wiedervereinigung der beiden Fraktionen unter Redmonds Leitung.

Inzwischen hatte die Regierung, auf ihre bisherigen Erfolge bauend, 28. Juni 1892 das Unterhaus aufgel�st, obwohl dessen Mandat noch bis 1893 gereicht haben w�rde. Die Neuwahlen brachten eine �hnliche �berraschung wie diejenigen von 1880. Die lange Herrschaft einer Partei hatte jetzt wie damals zahlreiche Mi�vergn�gte geschaffen, und die Stimmung aller derer, die mit den bestehenden Verh�ltnissen unzufrieden waren, ward von der skrupellosen Demagogie Gladstones und seiner Anh�nger geschickt ausgenutzt. So geschah es, da� Gladstone zusammen mit den Iren die Mehrheit im Parlament gewann: aus den Wahlen gingen 275 Gladstonianer, 81 Iren, 268 Konservative und 46 liberale Unionisten hervor. Darauf trat das Ministerium Salisbury zur�ck; und[410] 15. Aug. 1892 �bernahm Gladstone zum viertenmal im Alter von 84 Jahren die Bildung eines Ministeriums, dessen hervorragendste Mitglieder Lord Rosebery (Ausw�rtiges), Lord Kimberley (Indien), Harcourt (Finanzen) und Morley (Irland) waren.

Da die neue Regierung ohne die Gefolgschaft der irischen Abgeordneten die Majorit�t im Unterhaus nicht besa�, mu�te ihre Politik vor allem auf deren Befriedigung gerichtet sein. Schon Mitte September 1892 wurde daher die irische Verbrecherakte aufgehoben, und 13. Febr. 1893 brachte Gladstone eine neue Homerulebill im Unterhaus ein. Diese bestimmte, da� in Dublin ein aus zwei H�usern bestehendes irisches Parlament und ein irisches Ministerium errichtet werden sollten; durch diese, denen aber die Leitung der milit�rischen, Marine- und ausw�rtigen Angelegenheiten entzogen blieb, sollte mit wenigen Beschr�nkungen die Regierung Irlands selbst�ndig gef�hrt werden. Die Bill wurde nach den heftigsten K�mpfen 1. Sept. vom Unterhaus in dritter Lesung angenommen, im Oberhaus aber schon 9. Sept. mit �berw�ltigender Mehrheit verworfen. Die Lords hatten durch diesen Beschlu� die Aufl�sung des Parlaments herbeif�hren wollen; aber Gladstone wollte sich dazu nicht entschlie�en, ehe er nicht durch weitere Reformma�regeln einen Wahlsieg der Liberalen vorbereitet h�tte. So wurde das Parlament schon im Herbst wieder zusammenberufen, und diese Tagung dauerte mit kurzer Unterbrechung im Fr�hjahr bis Ende August 1894. Gladstone selbst ward durch ein schweres Augenleiden gen�tigt, 3. M�rz 1894 seine Entlassung zu nehmen; an seine Stelle trat als Premier Lord Rosebery, dem im Ausw�rtigen Amt Lord Kimberley folgte. Dieser Wechsel in der Leitung der Regierung schw�chte deren Stellung; die Parnelliten traten zu ihr in vielfachen Gegensatz, und von dem umfangreichen Reformprogramm des Ministeriums kamen nur wenige Ma�regeln, wie die Einf�hrung von Kirchspielr�ten, eine Ausdehnung der mit dem Gesetz �ber die Grafschaftsr�te begonnenen Reform der innern Verwaltung auf die Landgemeinden, zustande; die meisten �brigen wurden von den Lords abgelehnt, die den Drohungen, durch eine Verfassungs�nderung die Abschaffung oder die Einschr�nkung der Befugnisse des Oberhauses herbeizuf�hren, mit k�hler Ruhe gegen�berstanden.

Die letzten Jahre.

Das Ansehen der Regierung wurde auch durch ihre schw�chliche ausw�rtige Politik vermindert. Nur in �gypten hielt sie die englische Stellung energisch aufrecht. In Hinterasien lie� sie die Vergewaltigung Siams durch Frankreich im Sommer 1893 ruhig geschehen; einen Vertrag mit dem Kongostaat �ber die Regelung der Grenzen gab sie im Mai 1894 in den Teilen auf, die von Deutschland angefochten wurden. Ihr Versuch, bei Ausbruch des japanisch-chinesischen Krieges die Gro�m�chte und die Vereinigten Staaten von Nordamerika zu einer gemeinsamen Aktion zu vereinigen, scheiterte v�llig; und nach dem Frieden von Shimonoseki konnte sie nicht verhindern, da� Ru�land, Frankreich und Deutschland 23. April 1895 durch einen gemeinsamen Schritt das mit G. befreundete Japan zum Verzicht auf die Abtretung der Halbinsel Liaotung zwangen. So geschah es, da� das Ministerium Rosebery in der am 5. Febr. er�ffneten Parlamentssession von 1895, in der es die Homerulevorlage zu erneuern nicht wagte, sondern nur Reformgesetze pou geringerer Bedeutung vorlegte, noch vor der Erledigung dieser Entw�rfe eine Niederlage erlitt. Bei Gelegenheit der Beratung �ber eine von der Regierung vorgeschlagene �nderung in der Oberleitung des Heeres wurde ein von Brodrick beantragtes Tadelsvotum gegen den Kriegsminister zur �berraschung der Opposition selbst mit 132 gegen 125 Stimmen angenommen. Infolgedessen reichte Lord Rosebery 22. Juni seine Entlassung ein, und Lord Salisbury bildete ein neues, sein drittes Ministerium, an dem auch die liberalen Unionisten, besonders auf Veranlassung Chamberlains, sich entschlossen, teilzunehmen. Von den F�hrern der Konservativen traten unter andern Arthur Balfour als erster Lord des Schatzes, Hicks-Beach als Schatzkanzler, Lord Lansdowne als Kriegsminister, von den liberalen Unionisten der Herzog von Devonshire als Pr�sident des Geheimen Rates, Chamberlain als Kolonialminister, Goschen als erster Lord der Admiralit�t in das Kabinett ein. Das Parlament wurde 8. Juli aufgel�st; bei den Neuwahlen erfochten die vereinigten Konservativen und liberalen Unionisten einen gl�nzenden Sieg; ihre Mehrheit �ber Gladstonianer und Iren betrug 152 Stimmen.

Die neue Regierung trat nach au�en hin energischer auf als ihre Vorg�ngerin. Sie hielt in dem indisch-afghanischen Grenzgebiet den Gebirgsstaat Tschitral, den die Briten im Fr�hjahr 1895 besetzt hatten, den aber Lord Rosebery wieder hatte r�umen wollen, fest und machte ihn tats�chlich zu einem Teil des indischen Reiches. In Afrika unternahm sie einen Krieg gegen die Aschanti, deren K�nig die Abstellung der Menschenopfer, die Anerkennung der britischen Schutzhoheit und die Aufnahme eines britischen Kommissars in seiner Hauptstadt abgelehnt hatte; General Scott r�ckte im Januar 1896 von der Goldk�ste auf in das Aschantiland ein, besetzte ohne Widerstand Kumassie und f�hrte den K�nig als Gefangenen ab, worauf das Reich der Goldk�stenkolonie einverleibt wurde. Ernstere Verwickelungen bereiteten sich in S�dafrika vor. Hier begannen gegen Ende des Jahres 1895 die Vorbereitungen zu einer von dem Premierminister der Kapkolonie, Cecil Rhodes, beg�nstigten Verschw�rung, die unter dem Vorwand, der Bedr�ckung der englischen Ansiedler in der S�dafrikanischen Republik (Transvaal) durch die Regierung der Buren ein Ende zu machen, in Wirklichkeit darauf ausging, im Interesse der englischen Minenbesitzer und der von dem Kolonialminister Chamberlain beg�nstigten S�dafrikanischen Kompanie die Transvaalrepublik der englischen Herrschaft zu unterwerfen. Hier aber erlitt die englische Habsucht eine entschiedene Niederlage. Der am 31. Dez. mit einem Haufen Bewaffneter in das Gebiet der Republik eingefallene Jameson wurde 1. Jan. 1896 bei Kr�gersdorp von den Buren geschlagen und am folgenden Tage bei Doornkop gefangen genommen; Cecil Rhodes mu�te infolgedessen sein Amt niederlegen. Chamberlain erwirkte nun zwar die Auslieferung der Gefangenen, deren F�hrer in England zu leichten Strafen verurteilt wurden, und die Begnadigung der in die Verschw�rung verwickelten Einwohner von Johannisburg, und fuhr auch fort, in drohenden Noten Reformen in der Verfassung des Landes von den Buren zu fordern. Aber der Hauptzweck des Jamesonschen Unternehmens war vereitelt; die Regierungen von Transvaal und der Oranjerepublik schlossen 1897 ein enges B�ndnis gegen neue Eroberungspl�ne und begannen, da sie den Krieg mit England f�r unvermeidlich hielten, nachdr�ckliche R�stungen. Zugleich f�hrte diese Angelegenheit infolge eines von dem deutschen Kaiser nach der Niederlage Jamesons an den Pr�sideuten [411] Kr�ger gerichteten Gl�ckwunschtelegramms eine ernste Verstimmung zwischen G. und Deutschland herbei. Etwa gleichzeitig hatte die englische Regierung auch in einer andern Verwickelung, in die sie in Amerika geriet, eine Niederlage erlitten. Hier war im Januar 1895 ein Streit mit der Republik Venezuela wegen der Abgrenzung zwischen deren Gebiet und dem der Kolonie Britisch-Guayana entstanden, in den sich die Vereinigten Staaten auf Grund der Monroedoktrin einmischten. Als England diese Einmischung ablehnte, richtete der Pr�sident Cleveland 17. Dez. 1895 eine kriegerisch klingende Botschaft an den Kongre�, in der er erkl�rte, da�, wenn die streitenden Parteien sich nicht zu einigen verm�chten, die Vereinigten Staaten durch eine von ihnen zu ernennende Kommission die Grenzregulierung in Angriff nehmen m��ten. Die Verhandlungen zogen sich monatelang hin; schlie�lich mu�te England 9. Nov. 1896 doch in die Niedersetzung des von ihm anfangs entschieden abgelehnten Schiedsgerichts einwilligen.

W�hrenddessen bereitete die innere Politik der Regierung wenig Schwierigkeiten. Ihre gro�e und zuverl�ssige Majorit�t im Unterhaus erm�glichte ihr in der vom 11. Febr. bis 14. Aug. 1896 w�hrenden Tagung des Parlaments, die laufenden Gesch�fte leicht und sicher zu erledigen. Nur die am 31. M�rz von Sir John Gorst eingebrachte Unterrichtsbill, die den meist von kirchlichen Beh�rden geleiteten freien Volksschulen (voluntary schools) einen erheblichen Staatszuschu� zubilligte und, indem sie damit eine wesentliche Ver�nderung in der Organisation der Schulaufsicht verband, die gedeihliche Weiterentwickelung der konfessionslosen Gemeindeschulen (board-schools) zu gef�hrden schien, stie� auf so heftigen Widerstand, da� sie 22. Juni zur�ckgezogen werden mu�te. Dagegen wurde das von der Regierung eingebrachte irische Landgesetz, das weitere Erleichterungen f�r die Umwandlung des Pachtverh�ltnisses in ein Eigentumsverh�ltnis einf�hrte, 29. Juli im Unterhaus und 14. Aug. auch im Oberhaus angenommen. Auch in den Sessionen von 1897 (19. Jan. bis 6. Aug.) und 1898 (8. Febr. bis 12. Aug.) lagen die Verh�ltnisse �hnlich.

Im J. 1897 ward das 60j�hrige Regierungsjubil�um der K�nigin Viktoria (20. Juni) mit unerh�rtem Glanze gefeiert, auch das neue Schulgesetz, das sich diesmal auf die Erh�hung des Staatsbeitrages zu den Volksschulen beschr�nkte, glatt angenommen. 1898 bezog sich die wichtigste gesetzgeberische Ma�regel auf Irland. Da die Partei der irischen Nationalisten im Parlament mehr und mehr isoliert war und bei ihrer Forderung von Homerule nicht einmal mehr von der ganzen liberalen Opposition unterst�tzt wurde, da auch die Zust�nde auf der Insel sich wenigstens scheinbar gebessert hatten und ernste St�rungen der �ffentlichen Ruhe immer seltener geworden waren, so glaubte die Regierung die Ausdehnung des in den letzten Jahren in England und Schottland durchgef�hrten Systems der lokalen Selbstverwaltung auf Irland wagen zu d�rfen. Durch eine Bill, die am 12. Aug. 1898 Gesetzeskraft erhielt, wurden auch f�r Irland Grafschafts- und Distriktsr�te geschaffen, die, aus allgemeinen Wahlen hervorgehend, mit weitgehenden Befugnissen ausgestattet wurden, f�r die indessen, mit R�cksicht auf die besondern Verh�ltnisse des Landes, den Geistlichen aller Konfessionen die W�hlbarkeit versagt ward.

Inzwischen hatte G. auch in Nordafrika die neue energische Richtung seiner ausw�rtigen Politik zum Ausdruck gebracht. Im Fr�hjahr 1896 beschlo� die Regierung eine Angriffsbewegung gegen die Mahdisten, um die ehemals �gyptischen S�dprovinzen zur�ckzuerobern. Ungeachtet der Schwierigkeiten, die Frankreich und Ru�land G. bereiteten, indem sie gegen die Bestreitung eines Teiles der Kosten des Feldzuges aus den Mitteln der �gyptischen Schuldentilgungskasse Protest erhoben, ward das Unternehmen ins Werk gesetzt. Im Juni schlug General Kitchener (s. d.) die Derwische bei Firkeh, im Herbst besetzte er Dongola. Im Mai 1897 wurde ein Vertrag mit Abessinien geschlossen, in dem die Grenzen zwischen diesem Reich und den britischen Besitzungen geregelt, den Engl�ndern Handelsvorteile gew�hrt und das Versprechen gegeben wurde, da� der Negus die Anh�nger des Mahdi als Feinde behandeln w�rde. Im Sommer wurden darauf die Ufer des Nils an den wichtigsten Punkten von Dongola bis Berber mit Garnisonen besetzt, und im Dezember �bergaben die Italiener das bisher von ihnen besetzt gehaltene Kassalah den �gyptischen Truppen. Zu noch gr��ern Erfolgen f�hrte der Feldzug von 1898. Kitchener brachte 8. April dem Nachfolger des Mahdi, dem Kalifen Abdullahi, eine schwere Niederlage bei und vernichtete sein Heer vollst�ndig in der Entscheidungsschlacht bei Omdurman, der gegen�ber von Chartum belegenen Hauptstadt des Kalifen (2. Sept.), worauf auch Chartum von den anglo-�gyptischen Truppen besetzt wurde. Als dann der Kalif in Kordofan und Dar F�r wieder Anh�nger gesammelt hatte, an deren Spitze er 1899 gegen Chartum vordrang, wurde er 24. Nov. 1899 durch ein �gyptisches Korps unter Oberst Wingate bei Om Debrikat s�dlich von Dschedid abermals geschlagen; er selbst fiel, und mit der Gefangennahme Osman Digmas im Januar 1900 war die Wiedereroberung und der friedliche Besitz des Sud�ns f�r das von G. beherrschte �gypten gesichert.

Diese kraftvolle Entfaltung der britischen Macht in Nordafrika erregte vor allem die Eifersucht Frankreichs. Schon 1895 war davon die Rede gewesen, da� auch die Franzosen beabsichtigten, sich im �stlichen Sud�n festzusetzen, wogegen England ernsten Einspruch erhoben hatte. Dessenungeachtet war 1897 aus dem franz�sischen Kongogebiet eine Expedition unter dem Major Marchand abgeschickt worden, die ins Nilgebiet vordrang und Faschoda am Wei�en Nil besetzte. Auf die Kunde hiervon begab sich Kitchener im September 1898 selbst nach Faschoda und lie� auch seinerseits eine Besatzung daselbst zur�ck. Die Angelegenheit drohte einen Konflikt mit Frankreich herbeizuf�hren; aber bei der unzweifelhaften �berlegenheit Englands zur See wollte die franz�sische Regierung es um eines so geringf�gigen Anlasses willen nicht zum Kriege kommen lassen, und im Dezember 1898 zogen die Franzosen ab. Ebenso energisch traten die Engl�nder im Februar 1899 einem Versuch Frankreichs entgegen, sich am Persischen Meerbusen im Sultanat Oman festzusetzen; durch die Drohung mit einem Bombardement seiner Hauptstadt Maskat wurde der Sultan gezwungen, einen mit Frankreich geschlossenen Vertrag wegen �berlassung einer Kohlenstation und eines Hafenplatzes r�ckg�ngig zu machen. Frankreich nahm auch diese neue diplomatische Niederlage hin und mu�te sich damit begn�gen, die nordafrikanischen Angelegenheiten durch ein leidliches Abkommen mit G. zu regeln. Es verzichtete durch einen Vertrag vom 21. M�rz 1899 auf das Niltal, Dar F�r und Kordofan, wogegen G. anerkannte, da� das Hinterland von Algerien, Tunis, Tripolis und Marokko, dem franz�sischen Einflu� unterliege; die beiderseitigen Machtsph�ren wurden durch eine Linie vom Wendekreis des Krebses die Libysche [412] W�ste entlang bis zum 15. Breitengrad abgegrenzt. Da� aber auch nach diesem Vertrag in Frankreich eine �beraus gereizte Stimmung gegen England zur�ckblieb, versteht sich von selbst.

Je mehr G. so in Europa isoliert war, desto nachdr�cklicher bestrebte sich seine Regierung, die eigne Kraft zu st�rken und zu entwickeln. Insbesondere suchte der Kolonialminister Chamberlain, der mehr und mehr neben Lord Salisbury als die leitende Pers�nlichkeit innerhalb des Ministeriums hervortrat und der anerkannte F�hrer der sogen. imperialistischen Richtung in G. war, einen engern Zusammenschlu� zwischen dem Mutterland und den Kolonien herbeizuf�hren. Im Juni 1897 trat zu diesem Behuf eine Konferenz der Premierminister derjenigen Kolonien, die eine parlamentarische Verfassung besitzen, unter Chamberlains Vorsitz in London zusammen, die freilich zun�chst nur auf dem Gebiete der Handelspolitik Beschl�sse fa�te, deren regelm��ige Wiederkehr aber in Aussicht genommen wurde. Mit diesen Bestrebungen hing es auch zusammen, da� die Reichsregierung den seit l�ngerer Zeit er�rterten Plan eines f�derativen Zusammenschlusses der australischen Kolonien aufs eifrigste f�rderte; doch kamen die Verhandlungen dar�ber erst drei Jahre sp�ter zum Abschlu�. Durch ein Gesetz vom 1. Juli 1900 wurde die Verfassung des »Commonwealth of Australia«, dem sich mit Ausnahme von Neuseeland alle australischen Kolonien anschlossen, sanktioniert; der neue Bundesstaat erhielt unter britischer Oberhoheit ein Bundesparlament und eine eigne Exekutive, und er erwies sich in den Verwickelungen der n�chsten Jahre als eine wertvolle St�tze der imperialistischen Politik.

Vor allen Dingen aber war diese doch auf die Hilfsquellen des Mutterlandes angewiesen, und die Regierung unterlie� es nicht, diese aufs nachdr�cklichste zu einer Vermehrung der Wehrkraft des Reiches auszunutzen. Von 1897 bis Anfang 1899 wurde die Vermehrung des Landheeres um 32,000 Mann beschlossen; zugleich wurden durch Erh�hung der L�hnung, Gew�hrung von Dienstpr�mien etc. Ma�regeln getroffen, welche die Rekrutierung erleichtern sollten. Bedeutender war noch, was f�r die Flotte geschah; nachdem schon seit 1889 eine erhebliche Vermehrung des Schiffsbestandes erfolgt war, wurden 1894 bis Anfang 1899 die Mittel f�r den Bau von 23 Linienschiffen, 40 Kreuzern und mehr als 100 kleinern Kriegsfahrzeugen vom Parlament bewilligt.

Doch noch ungleich erheblichere Anforderungen an die Finanzkr�fte des Landes machte die imperialistische Politik in den n�chsten Jahren notwendig, in denen G. in den schwersten Krieg verwickelt wurde, den es seit der Mitte des 19. Jahrh. zu bestehen gehabt hat.

Die Beziehungen Gro�britanniens zu der S�dafrikanischen Republik waren seit 1897 immer unfreundlicher geworden. Es handelte sich dabei einmal um die Auslegung des Londoner Vertrags vom 27. Febr. 1884, in dem der Regierung von G. nur ein Einspruchsrecht gegen die von der Republik abzuschlie�en den ausw�rtigen Vertr�ge vorbehalten war, aus dem man aber in England die Fortdauer der durch einen fr�hern Vertrag von 1881 anerkannten allgemeinen Suzer�nit�t �ber die Republik ableitete. Sodann aber beanspruchte G. auf Grund dieser Suzer�nit�t das Recht, sich der zahlreichen FremdenUitlanders«) anzunehmen, die sich, gr��tenteils aus G. eingewandert, infolge der gl�nzenden Entwickelung der Minenindustrie auf dem Boden der Republik niedergelassen hatten; die Regierung der letztern wollte ihnen volle politische Gleichberechtigung mit den Burghers um so weniger gew�hren, als sie bef�rchten mu�te, da� diese britischen Einwanderer, die ihr heimisches B�rgerrecht neben dem s�dafrikanischen beizubehalten gewillt waren, bald die holl�ndische Bev�lkerung der Republik majorisieren und deren staatlicher Selbst�ndigkeit ein Ende bereiten w�rden. Um einen Ausgleich herbeizuf�hren, fanden im Juni 1899 zwischen dem Pr�sidenten Kr�ger und dem Oberkommissar des Kaplandes Sir A. Milner (s. d.) Verhandlungen in Bloemfontein statt; aber die Zugest�ndnisse, die Kr�ger zu machen sich bereit erkl�rte, wurden von der englischen Regierung ebenso zur�ckgewiesen wie das Anerbieten Kr�gers, die streitigen Fragen schiedsgerichtlicher Entscheidung zu unterbreiten; und immer drohender wurde die Sprache, die G. den Buren gegen�ber f�hrte. Im Unterhaus, dessen Tagung im �brigen ruhig verlaufen war, erkl�rte Chamberlain in der letzten Sitzung am 9. Aug., da� die Vorherrschaft Englands in S�dafrika durch das Verhalten Transvaals bedroht sei, das die Abstellung von Beschwerden verweigere und gem��igte W�nsche der suzer�nen Macht unber�cksichtigt lasse; dieser Zustand k�nne nicht l�nger geduldet werden. Da nun auch britische Truppenansammlungen in der Kapkolonie und in Natal stattfanden, hielten die Buren einen Krieg f�r unvermeidlich; und als Chamberlain 25. Sept. erkl�rt hatte, da� G. demn�chst die Bedingungen kundgeben w�rde, unter denen es bereit sei, sich mit den Buren friedlich zu verst�ndigen, beschlossen die beiden Republiken, die Vollendung der britischen R�stungen nicht abzuwarten, sondern ihrerseits den Kampf zu er�ffnen. Am 9. Okt. lie� Kr�ger dem britischen Agenten in Pretoria ein Ultimatum zustellen, in dem er schiedsrichterliche Entscheidung aller Streitfragen und Einstellung der R�stungen verlangte; als dies unbeantwortet blieb, begann 11. Okt. der s�dafrikanische Krieg, an dem der Oranje-Freistaat als Bundesgenosse der Transvaalrepublik teilnahm.

Der Krieg, f�r den das am 19. Okt. zu einer au�erordentlichen Session einberufene Parlament zun�chst 10 Mill. Pfd. Sterl. bewilligte, verlief anfangs f�r England �ber Erwarten ungl�cklich. Die Buren �berschritten 12. Okt. die britischen Grenzen; im Westen schlossen sie Mafeking (in Britisch-Betschuanaland) und Kimberley (in Westgriqualand) ein; im Osten drangen sie in Natal vor, erlitten zwar 20. und 21. Okt. eine Schlappe bei Dundee und Elandslaagte, brachten dann aber 30. Okt. dem General White eine schwere Niederlage bei Modderspoint bei und zwangen ihn, sich nach Ladysmith zur�ckzuziehen, wo er auch eingeschlossen wurde. Endlich drangen die Freistaatburen auch in den Norden der Kapkolonie ein, auf die Erhebung der holl�ndischen Kolonisten hoffend. Die Entsatzversuche, die von englischer Seite in den n�chsten Monaten unternommen wurden, schlugen fehl. Im Westen wurde Lord Methuen 11. Dez. bei Magersfontein, in der Kapkolonie 10. Dez. General Gatacre bei Stormberg geschlagen, und eine dritte Niederlage erlitt der Obergeneral Sir Redvers Buller, der in Natal pers�nlich das Kommando �bernahm, 15. Dez. bei Colenso. Infolgedessen wurden in G. neue Truppensendungen beschlossen, und es gereichte der imperialistischen Partei zu besonderer Genugtuung, da� auch die australischen und kanadischen Kolonien jetzt wie im weitern Verlaufe des Krieges Hilfstruppen nach S�dafrika schickten. In England selbst wurden die Reserven, die Milizen und die Yeomanry einberufen, und das am 30. Jan.[413] 1900 einberufene Parlament bewilligte 16. Febr. einen Nachtragskredit von 13 Mill. Pfd. Sterl. und genehmigte 16. M�rz die Erh�hung des Armeebudgets f�r 1900/01 um 41 Mill. Pfd. Sterl. gegen das Vorjahr; der Mannschaftsbestand wurde auf 430,000 Mann gegen 185,000 im Vorjahr veranschlagt. Inzwischen war der Feldmarschall Lord Roberts noch im Dezember 1899 an Stelle Bullers zum Oberbefehlshaber in S�dafrika ernannt und Lord Kitchener ihm als Generalstabschef beigegeben worden; 10. Jan. 1900 trafen beide in Kapstadt ein. In Natal behielt zun�chst Buller das Kommando, dessen erneute Versuche, durch Frontangriffe auf die Stellungen der Buren diese zum R�ckzug von Ladysmith zu zwingen, in den K�mpfen vom Spionkop (21.–24. Jan.) und bei Vaalkranz (4.–8. Febr.) neue verlustreiche Niederlagen der Engl�nder herbeif�hrten. Indessen verstanden es weder General Joubert, der im Osten, noch General Cronje, der im Westen die Buren befehligte, die errungenen Erfolge schnell und energisch auszunutzen; und nun griff Roberts in sorgf�ltig vorbereiteten Operationen selbst in den Kampf ein. Am 10. Febr. traf er im Lager Lord Methuens am Modderriver ein, am 12. trat er den Vormarsch an, um die Stellung Cronjes zu umgehen, am 16. entsetzte General French Kimberley, am 19. wurde Cronje, der infolgedessen in �stlicher Richtung abgezogen war, bei Paardeberg festgehalten und umzingelt, und 27. Febr. mu�te er mit �ber 4000 Mann die Waffen strecken, worauf auch die Belagerung von Ladysmith aufgehoben und Natal von den Buren ger�umt wurde. Der Entsatz von Mafeking verz�gerte sich bis zum 27 Mai.

Diese K�mpfe waren f�r das Schicksal der Burenrepubliken entscheidend, deren politische Selbst�ndigkeit zu beseitigen die Engl�nder jetzt fest entschlossen waren. Nachdem am 13. M�rz Bloemfontein, die Hauptstadt des Freistaates, von French besetzt war, wurden die Friedensanerbietungen der Buren zur�ckgewiesen, und ihre Versuche, die amerikanische Union, Deutschland, die Schweiz zur Friedensvermittelung zu bewegen, hatten keinen Erfolg. Wiewohl die Buren, als deren Heerf�hrer nach dem Tode Jouberts die Generale Botha, Delarey und Dewet besonders hervortraten, den Widerstand mit Aufbietung aller Kr�fte fortsetzten und den an Zahl weit �berlegenen Engl�ndern noch manche Niederlagen beibrachten, war deren Vordringen unaufhaltsam. Am 30. Mai wurde Johannesburg, 5. Juni Pretoria von Lord Roberts besetzt. Am 29. Juli kapitulierte Prinsloo mit 4100 Mann bei Fouriesberg, 26. Aug. wurde Olivier mit 1500 Mann bei Winburg zur �bergabe gen�tigt. Schon 28. Mai war die Einverleibung des Freistaates als Oranje-River-Kolonie verk�ndet worden; 1. Sept. proklamierte Roberts die Annexion der S�dafrikanischen Republik als Transvaalkolonie. Die Streitkr�fte der Buren waren �berall zur�ckgedr�ngt worden, sie hatten ihre englischen Gefangenen freilassen m�ssen, und alles schien vor�ber zu sein, als der Pr�sident Kr�ger sich drei Tage nach einer Niederlage Bothas bei Leidenburg (8. Sept.) auf portugiesisches Gebiet fl�chtete. Hierhin zog sich Ende September auch General Pienaar zur�ck und wurde entwaffnet. Triumphierend meldete Roberts 19. Sept. nach England, da� von dem Burenheere nichts als einige marodierende Banden �briggeblieben seien.

Wie sehr er sich get�uscht hatte, sollte sich bald zeigen. Einstweilen freilich erregten diese Nachrichten in England die gr��te Begeisterung; und die Regierung benutzte diesen Augenblick, um durch die Herbeif�hrung allgemeiner Wahlen die Fortdauer ihrer Herrschaft zu sichern. Am 17. Sept. wurde das Unterhaus aufgel�st; vom 28. Sept. bis Mitte Oktober vollzogen sich die Wahlen, die mit einem vollen Siege der Regierung endigten. Das neue Unterhaus setzte sich zusammen aus 402 (gegen 399 zur Zeit der Aufl�sung) Anh�ngern des Ministeriums, aus 186 (gegen 189) Liberalen und 82 irischen Nationalisten, so da� die Regierung �ber eine Mehrheit von 134 Stimmen verf�gte.

Die n�chste Folge der Wahlen war eine Umbildung des Ministeriums. Lord Salisbury, dem die Beschwerden des Alters dr�ckend wurden, legte das Ministerium des Ausw�rtigen nieder und behielt neben dem Pr�sidium nur die Sinekure des Geheimsiegelbewahrers. Vier Mitglieder des bisherigen Kabinetts, Lord Cro�, Goschen, White-Ridley und Chaplin, traten aus. Das Ausw�rtige Amt �bernahm Lord Lansdowne, dessen bisherige Verwaltung des Kriegsministeriums aufs sch�rfste angegriffen war; er wurde hier durch Brodrick, bisher Unterstaatssekret�r der Ausw�rtigen Angelegenheiten, ersetzt. Das Ministerium des Innern fiel dem bisherigen Pr�sidenten des Lokalverwaltungsamtes Ritchie zu, an dessen Stelle Long trat, der wiederum im Pr�sidium des Ackerbauamtes durch Hanbury ersetzt wurde. Erster Lord der Admiralit�t wurde Lord Selborne, der Schwiegersohn des Premierministers; Pr�sident des Handelsamtes wurde G. Balfour, f�r den Wyndham als Obersekret�r von Irland eintrat.

Das neue Parlament trat 3.–15. Dez. zu einer kurzen und unerquicklichen Session zusammen, deren Zweck lediglich die Bewilligung einer neuen Kreditforderung von 16 Mill. Pfd. Sterl. f�r den s�dafrikanischen Krieg war. Denn inzwischen hatte sich herausgestellt, da� man die errungenen Vorteile in Afrika doch weit �bersch�tzt hatte, und da� man von der Herstellung des Friedens und der vollst�ndigen Unterwerfung der Burenstaaten noch sehr weit entfernt war. Freilich war die Art der Kriegf�hrung eine ganz andre geworden. Die Buren lie�en es auf gro�e und entscheidende K�mpfe nicht mehr ankommen, sondern zerstreuten sich in kleine Kommandos, die einen h�chst hartn�ckigen Guerillakrieg gegen die Engl�nder f�hrten. Mit unheimlicher Geschwindigkeit verbreiteten sich diese Scharen �ber gro�e Gebiete beider Republiken, griffen bald hier, bald dort die Engl�nder an, zerst�rten Eisenbahnen und Magazine, bedrohten die r�ckw�rtigen Verbindungen der Feinde, drangen sogar in die Kapkolonie ein und n�tigten Lord Kitchener, den Nachfolger des im Dezember 1900 nach Europa zur�ckgekehrten Lord Roberts im Oberkommando, immer dringender neue Verst�rkungen zu fordern.

Indem so ein bedeutender Teil der englischen Macht durch den afrikanischen Krieg lahmgelegt wurde, die Finanzen des K�nigreichs ersch�ttert, Handel und Industrie aufs schwerste in Mitleidenschaft gezogen wurden, konnte G. beim Ausbruch der Wirren in China (s. d., S. 541.), wo es 1898 nach dem Vorgang Deutschlands, Ru�lands und Frankreichs durch Pachtvertr�ge mit der chinesischen Regierung den Hafen Weihaiwei und ein ausgedehntes Gebiet auf dem Festland gegen�ber Hongkong erworben hatte, nicht die Rolle spielen, die ihm sonst wohl zugefallen w�re. Bei einem ersten Versuche, die in Peking bedrohten Gesandten zu entsetzen, hatten allerdings die Engl�nder unter Admiral Seymour die F�hrung gehabt; aber dieser Versuch war vollst�ndig gescheitert, und nur unter schweren K�mpfen hatten Seymours Truppen in der letzten [414] Woche des Juni 1900 ihren R�ckzug nach Tientsin bewerkstelligen k�nnen. In den n�chsten Monaten trafen dann zwar allm�hlich nicht unbedeutende britische Streitkr�fte in China ein, die sich im August auf etwa 26,000 Mann beliefen; aber der Hauptteil dieser Streitmacht hatte aus Indien herbeigezogen werden m�ssen, das Mutterland und die Kolonien in Afrika und Australien hatten nur geringe Kontingente dazu stellen k�nnen. Mit der �bertragung des Oberbefehls �ber die europ�ischen Truppen an den Feldmarschall Grafen Waldersee hatte sich G. bald einverstanden erkl�rt, und mit Deutschland schlo� es 16. Okt. ein Abkommen, durch das sich beide Regierungen verpflichteten, die Wirren in China nicht zur Gewinnung territorialer Vorteile zu benutzen und f�r den Fall, da� andre M�chte solche erstreben sollten, sich �ber Ma�regeln zur Sicherung ihrer eignen Interessen in China zu verst�ndigen. Aber als nun die Russen sich in den n�rdlichen Gebieten Chinas immer mehr festsetzten und allm�hlich die ganze Mandschurei ihrem Einflu� unterwarfen, wurde von deutscher Seite erkl�rt, da� das Oktoberabkommen sich auf diese Provinz nicht beziehe; und die Engl�nder vermochten es nicht, diese ihnen h�chst unliebsame Erweiterung der russischen Machtsph�re in Ostasien zu verhindern.

Im Januar 1901 traten indessen alle Sorgen der ausw�rtigen Politik gegen�ber einem schweren Verlust, der die Nation in der Heimat betroffen hatte, zeitweilig in den Hintergrund. Am 22. Jan. verschied die K�nigin Viktoria auf ihrem Schlosse zu Osborne auf der Insel Wight im 82. Jahr ihres Lebens und im 64. ihrer Regierung. Die Trauer des englischen Volkes, dem die verstorbene K�nigin als das Musterbild einer konstitutionellen Herrscherin gegolten hatte, war tief und allgemein und �u�erte sich auf das lebhafteste bei der gro�artigen Bestattungsfeier, die zu Anfang des n�chsten Monats stattfand. Auf dem Throne folgte ihr �ltester Sohn, der bisherige Prinz Albert Edward pou Wales, der den Namen Eduard VII. annahm, und mit dem eine neue Dynastie, das Haus Sachsen-Koburg-Gotha, zur Herrschaft �ber G. gelangte. Das nach altem Brauch unmittelbar darauf zusammengetretene Parlament huldigte ihm und vertagte sich darauf 26. Jan., um 14. Febr. zur ordentlichen Session sich wieder zu versammeln. Auch diese Tagung, die bis 17. Aug. dauerte, stand, wie die vorige, ganz unter dem beherrschenden Einflu� des s�dafrikanischen Krieges, dessen Ende noch immer nicht abzusehen war. Zwar waren in den letzten Februartagen die in die Kapkolonie eingedrungenen Burenkommandos gen�tigt worden, sich auf die Nordseite des Oranjeflusses zur�ckzuziehen; aber die Hoffnung der Engl�nder, endlich Dewets habhaft zu werden, war gescheitert. Dann hatte Lord Kitchener Friedensverhandlungen mit dem General Louis Botha er�ffnet, die zum Abschlu� eines kurzen Waffenstillstandes f�hrten, aber 18. M�rz von Botha abgebrochen wurden, weil die Zugest�ndnisse, zu denen Chamberlain bereit war, dem Burengeneral nicht als ausreichend erschienen. So dauerte der kleine Krieg im Transvaalland und in der Oranjerepublik fort und erheischte immer gr��ere finanzielle Opfer Englands. Nachdem der Krieg, wie der Schatzkanzler Hicks-Beach 18. April im Unterhaus erkl�rte (allerdings einschlie�lich der Ausgaben f�r China), bereits die ungeheure Summe von 153 Mill. Pfd. Sterl., d. h. 3 Milliarden und 60 Mill. Mk., gekostet hatte, wurden f�r das Finanzjahr 1901/02 die Ausgaben auf 187,600,000 Pfd. Sterl., davon 58,230,000 f�r den Krieg, berechnet. Zur Deckung des Defizits wurden eine abermalige Erh�hung der Einkommensteuer, ferner ein Einfuhrzoll f�r Zucker und ein Ausfuhrzoll f�r Kohlen, endlich die Aufnahme einer Anleihe von 60 Mill. Pfd. Sterl. beschlossen. Aber auch diese Bewilligung erwies sich noch nicht als ausreichend, da die Kriegsausgaben im Finanzjahr 1901/02 mehr als 63 Mill. Pfd. Sterl. betrugen, so da� die Regierung 31. Jan. 1902 einen Nachtragskredit von 5 Mill. Pfd. fordern mu�te. Endlich wurde f�r das Rechnungsjahr 1902/03, zufolge des am 19. April 1902 vorgelegten Budgets, abermals eine Anleihe von 32 Mill. Pfd. beschlossen und zugleich mit einer neuen Erh�hung der Einkommensteuer, die jetzt auf 1 Schilling 3 Pence f�r das Pfund Sterling, d. h. auf 61/4 Proz., stieg, ein Einfuhrzoll auf Getreide und Mehl eingef�hrt. Es ist begreiflich, da� diese unheilvollen finanziellen Folgen des Krieges lebhafte Erregung im Lande hervorriefen; der Opposition gaben sie um so mehr Anla� zu Angriffen auf die Regierung, als die von dieser geforderten neuen Z�lle zugleich eine Abkehr von der bisherigen Freihandelspolitik Englands einzuleiten schienen.

Ernste Bedenken rief es auch hervor, da� die Erg�nzung des Heeres immer gr��ere Schwierigkeiten machte. Durch eine von dem neuen Kriegsminister Brodrick 8. M�rz 1901 eingebrachte und 16. Mai vom Unterhaus genehmigte Vorlage wurde zwar eine Reorganisation der Armee beschlossen: das Land wurde in 6 Armeekorpsbezirke eingeteilt, 3 Armeekorps sollten ganz aus Linientruppen, die andern 3 auch aus Bataillonen der Miliz und der Freiwilligen zusammengesetzt werden; ferner sollten 8 neue Garnisonbataillone gebildet, die St�rke der Miliz, der Yeomanry und der Freiwilligen vermehrt und indische Truppen in vermehrtem Umfang zum Ersatz englischer herbeigezogen werden. Aber die Durchf�hrung dieser Beschl�sse setzte voraus, da� die Werbungen f�r das Heer ausreichenden Ersatz lieferten, und dies war immer noch nicht der Fall. Im M�rz 1902 sah sich deshalb Brodrick gen�tigt, neue Vorschl�ge zu diesem Behuf zu machen; eine abermalige und betr�chtliche Erh�hung der L�hnung wurde beschlossen; und der Kriegsminister erkl�rte, da�, wenn auch diese Ma�regel nicht den gew�nschten Erfolg habe, nichts als der �bergang zum System der Konskription �brigbleiben w�rde.

Da� endlich auch die ausw�rtige Politik Englands durch den Krieg in S�dafrika �berall in der energischen Geltendmachung ihrer Interessen behindert wurde, lag auf der Hand. Die �ffentliche Meinung stand in ganz Europa und nicht minder in den Vereinigten Staaten Amerikas �berwiegend auf der Seite der Buren, deren Heldenkampf f�r ihre Unabh�ngigkeit man bewunderte; besonders lebhaft sprach sie sich in Holland, Belgien, Frankreich und Deutschland aus, wo eine Rede Chamberlains vom 25. Okt. 1901, in der er die englische Kriegsf�hrung mit der deutschen von 1870/71 verglichen hatte, so lebhafte Entr�stung hervorrief, da� sie auch im deutschen Reichstage zum Gegenstand der Er�rterung gemacht und von dem Reichskanzler entschieden zur�ckgewiesen wurde. In seinen Beziehungen zu Amerika mu�te G. bei den Verhandlungen �ber den Bau des Nicaraguakanals wiederum eine Nachgiebigkeit bet�tigen, zu der es sich unter andern Verh�ltnissen schwer verstanden h�tte. Schon durch einen Vertrag vom 5. Febr. 1900 hatte es, unter Verzicht auf seine Rechte aus einem Abkommen vom Jahre 1850, den Vereinigten Staaten[415] das alleinige Recht auf die Erbauung und Verwaltung eines zu neutralisierenden interozeanischen Kanals in Zentralamerika zugestanden und sich nur vorbehalten, da� an diesem keine Festungsanlagen errichtet w�rden; als dann der amerikanische Senat die Annahme des Vertrags von dem Zugest�ndnis abh�ngig machte, da� auch f�r den Fall eines Krieges Nordamerika die alleinige Kontrolle �ber den Kanal haben solle, verstand sich G. 18. Nov. 1901 zu einem neuen Vertrag, der zwar die Forderung des Senats nicht ausdr�cklich erf�llte, jene Klausel aber fallen lie�. Ebensowenig vermochte G. zu hindern, da� Ru�land, wie es in Persien seinen Einflu� immer mehr ausdehnte, so auch die tats�chliche Okkupation der Mandschurei fortdauern lie�. Zwar wurde 30. Jan. 1902 ein Vertrag zwischen England und Japan geschlossen, durch den sich beide M�chte verpflichteten, die Unabh�ngigkeit und territoriale Unversehrtheit von China und Korea aufrecht zu erhalten und, falls eine von ihnen in einen Krieg mit einer Koalition verwickelt w�rde, einander beizustehen; aber unmittelbare Folgen hatte dieser Vertrag nicht, und Ru�land und Frankreich beantworteten ihn mit der Erkl�rung, da� auch sie bei Verwickelungen in Ostasien gemeinsam eingreifen w�rden.

Es begreift sich, da� unter diesen Umst�nden in G. die Sehnsucht nach Frieden immer lebhafter wurde, so fest man auch entschlossen war, die Einverleibung der Burenrepubliken aufrecht zu erhalten. Insbesondere machte auch der K�nig seinen Einflu� in dieser Richtung im stillen, aber nachdr�cklich, geltend. So wurde zwar noch im Januar 1902 ein Vermittelungsvorschlag der niederl�ndischen Regierung von Lord Salisbury abgelehnt, gleichzeitig aber erkl�rt, da� die Regierung unmittelbare Friedensanerbietungen der Buren zu erw�gen bereit sei.

Da� auch bei diesen das Friedensbed�rfnis immer dringender hervortrat, kann nicht wundernehmen. Zwar konnten sie sich noch bis in die letzte Zeit mancher gl�nzenden Einzelerfolge im Felde r�hmen: so hatte Dewet 1. Nov. 1901 die Engl�nder bei Bethel geschlagen und 24. Dez. das Lager des Obersten Firman bei Tweefontein erst�rmt, so hatte Delarey im M�rz 1902 einen englischen Zug bei Klerksdorp und bald darauf Lord Methuen mit seiner ganzen Abteilung auf dem Marsche pou Vryburg nach Lichtenburg gefangen genommen. Aber die Burenf�hrer durften sich nicht verhehlen, da� die Entscheidung des Krieges zu ihren Ungunsten dadurch zwar verz�gert, ober nicht verhindert werden konnte. F�r die Verluste, die sie erlitten, gab es keinen ausreichenden Ersatz. Die Gefangenen, die sie machten, mu�ten sie wieder freilassen, da sie sie nicht verpflegen konnten. Tausende ihrer eignen Mitb�rger aber schmachteten in Ceylon, St. Helena, den Bermudasinseln in britischer Gefangenschaft. Ihre Farmen waren verbrannt, ihr Land verw�stet. Ihre Weiber und Kinder litten entsetzlich in den Konzentrationslagern, in die man sie hineingezwungen hatte. Und immer enger zog sich um sie selbst das Netz der von Kitchener errichteten Blockhauslinien zusammen; immer schwieriger wurde es f�r sie, diese zu durchbrechen. So beschlossen sie sich in das Unvermeidliche zu f�gen. Am 23. M�rz 1902 begannen die Verhandlungen der Burenf�hrer aus beiden Republiken �ber den Frieden zun�chst untereinander, dann mit Kitchener und Milner, darauf wieder mit den Leitern der einzelnen Kommandos; und 31. Mai kam es zur Unterzeichnung des Abkommens von Pretoria, das als Friedensvertrag an gesehen werden kann, obwohl es von englischer Seite nur als Kapitulation bezeichnet wurde. Die Buren verzichteten auf ihre politische Selbst�ndigkeit und unterwarfen sich der englischen Herrschaft. Dagegen wurde ihnen selbst volle Amnestie gew�hrt und zugesichert, da� ihr Eigentum nicht zur Deckung der Kriegskosten besteuert werden solle; holl�ndischer Unterricht in den �ffentlichen Schulen, wo er gew�nscht werde, und der Gebrauch der holl�ndischen Sprache vor den Gerichtsh�fen, soweit er im Interesse der Justiz liege, wurden gew�hrleistet; den B�rgern wurde der Waffengebrauch zur Selbstverteidigung unter gewissen Einschr�nkungen gestattet; die Einf�hrung der Zivil- an Stelle der milit�rischen Verwaltung wurde sobald wie m�glich in Aussicht gestellt; endlich wurde eine englische Subvention von 3 Mill. Pfd. Sterl. zugesagt, um den Buren die Wiederaufnahme ihrer friedlichen Besch�ftigungen zu erm�glichen. F�r die B�rger der Kapkolonie und Natals, die sich den Buren angeschlossen hatten, volle Amnestie zu erwirken, gelang zwar nicht, aber die Kapl�nder sollten, wenn sie sich unterw�rfen, nur mit dem Verlust der politischen Rechte bestraft werden, und die Verh�ngung der Todesstrafe gegen die Rebellen wurde auch f�r Natal ausgeschlossen.

Die Kunde, da� der Friede geschlossen sei, wurde in G. mit unbeschreiblichem Jubel aufgenommen, und je mehr Einflu� auf sein Zustandekommen man dem K�nig selbst beima�, um so freudiger bereitete man sich vor, die Kr�nung Eduards VII., die auf 26. Juni anberaumt war, mit gl�nzender Pracht zu feiern. Allein unmittelbar vor dem Fest erkrankte der K�nig und mu�te sich 24. Juni einer schweren Operation unterziehen, so da� die Kr�nungsfeier in altert�mlichen Formen und unter allgemeiner Teilnahme des Volkes erst 9. Aug. stattfinden konnte.

Inzwischen hatte schon vorher, sobald die Genesung des K�nigs weit genug fortgeschritten war, Lord Salisbury seinen langgehegten Plan ausgef�hrt und sich vom politischen Leben zur�ckgezogen. An seiner Stelle wurde A. Balfour zum Premierminister und Geheimsiegelbewahrer ernannt, der das Amt eines ersten Lords des Schatzes daneben beibehielt. Mit Salisbury traten einige andre Mitglieder der Regierung zur�ck, darunter der Schatzkanzler Sir M. Hicks-Beach, der durch Ritchie ersetzt wurde. An Ritchies Stelle �bernahm Akers Douglas das Ministerium des Innern, dem Lord Windsor als Minister der �ffentlichen Arbeiten folgte. Vizek�nig von Irland wurde der Graf Dudley an Stelle des Grafen Cadogan, Generalpostmeister Austen Chamberlain an Stelle des Marquis von Londonderry, der die Leitung des neugeschaffenen Unterrichtsministeriums �bernahm. Auch in den minder bedeutenden Regierungs�mtern vollzogen sich einige Verschiebungen; Sir J. Gorst wurde durch Sir W. Anson, der zum Parlamentssekret�r des Unterrichtsministeriums ernannt wurde, ersetzt.

Die Stellung der Regierung zum Parlament wurde durch diese Personalver�nderungen nicht wesentlich ber�hrt. Der Hauptgegenstand der Beratungen des Unterhauses war eine 6. Febr. von Balfour beantragte durchgreifende Ver�nderung der Gesch�ftsordnung, die den Einflu� der Regierung auf die Bestimmung der Tagesordnung wesentlich verst�rkte und die Obstruktion erschwerte. Auf heftigen Widerstand bei der liberalen Partei stie� ein am 24. M�rz von der Regierung eingebrachtes Unterrichtsgesetz, das die Befugnisse der bisher die Staatsschulen verwaltenden besondern Beh�rden (school boards) auf die[416] munizipalen Selbstverwaltungsbeh�rden, die Grafschafts- und Stadtr�te, �bertragen und zugleich den von kirchlichen Beh�rden eingerichteten niedern und h�hern konfessionellen Schulen (denominational schools) neue Mittel aus den Leistungen der Steuerzahler sichern sollte. Die Beratungen dar�ber waren noch nicht abgeschlossen, als das Parlament im August vertagt wurde; ihre Fortsetzung blieb einer Herbstsession vorbehalten, die am 16. Okt. zusammentrat und, nachdem das Gesetz nach heftigen K�mpfen ohne wesentliche Ver�nderungen mit Hilfe der irischen Abgeordneten, die sich hier von der liberalen Partei trennten, angenommen wor, 15. Dez. geschlossen wurde.

Die ausw�rtige Politik Englands trug im J. 1903 einen durchaus friedlichen Charakter. Die Besuche, die der K�nig Eduard VII. im April den Herrschern von Portugal und Italien, im Mai dem Pr�sidenten der franz�sischen Republik, im August dem Kaiser von �sterreich abstattete, und die bald entsprechend erwidert wurden, gestalteten die Beziehungen zwischen G. und diesen Nationen freundschaftlich und f�hrten namentlich im Verh�ltnis zu Frankreich, wo der K�nig begeistert aufgenommen war, eine enge Ann�herung herbei. Am 14. Okt. 1903 wurde ein Schiedsgerichtsvertrag mit Frankreich geschlossen, demzufolge in Zukunft alle Streitigkeiten zwischen beiden V�lkern, die nicht ihre Lebensinteressen oder ihre nationale Ehre ber�hrten, der Entscheidung des Haager Tribunals �berwiesen werden sollten, und 8. April 1904 kam ein zweiter Vertrag zustande, der alle kolonialen Streitfragen zwischen beiden M�chten aus der Welt schaffte. Frankreich erkannte die Stellung Englands in �gypten an und verzichtete auf seine Fischereigerechtsame in Neufundland. Dagegen willigte G. ein, da� die Franzosen Marokko ihrer Suprematie unterw�rfen und bedang sich nur volle Handelsfreiheit mit diesem Lande f�r die n�chsten 30 Jahre aus; in Westafrika wurden einige Grenzberichtigungen zu Frankreichs Gunsten vereinbart; das Verh�ltnis beider M�chte zu Siam wurde geregelt, das zu den Neuen Hebriden der Entscheidung einer gemischten Kommission vorbehalten. Beim Ausbruch des russisch-japanischen Krieges erkl�rte G. seine Neutralit�t; doch standen die Sympathien der Regierung und des Volkes offensichtlich auf seiten der Japaner. Zu Deutschland blieben die Beziehungen Englands k�hl; ob der Besuch, den der K�nig Eduard im Juni 1904 dem deutschen Kaiser in Kiel machte, politische Folgen haben w�rde, lie� sich nicht sofort erkennen. Im Somallande dauerte der 1901 begonnene Kampf der Engl�nder, die hier von den Abessiniern unterst�tzt wurden, gegen den sogen. tollen Mullah (s. d.), Hadschi Mohammed ben Abdallah, fort; im Sommer 1903 wurde eine neue Expedition gegen ihn unter Generalmajor Egerton abgesandt; dieser brachte 11. Jan. 1904 dem Mullah bei Dschidballi eine solche Niederlage bei, da� dieser im April 1904 auf italienisches Gebiet fl�chtete, so da� die Engl�nder ihre Truppen zur�ckziehen konnten. Von Indien aus wurde im Fr�hjahr 1904 eine Gesandtschaft unter dem Obersten Younghusband nach Tibet abgeschickt, um die Grenzregulierung und die Aufhebung der Grenzsperre gegen das indische Reich durchzusetzen, welche die tibetanische Regierung im Vertrauen auf russische Hilfe seit lange verweigerte. Obwohl die Tibetaner das Betreten ihres Gebietes verboten, begann die Gesandtschaft im April 1904 unter starker milit�rischer Deckung ihren Vormarsch und setzte ihn unter siegreichen K�mpfen (Erst�rmung von Gyangtse 14. Juli) bis Lhassa (s. d.) fort, w�hrend Ru�land durch den japanischen Krieg verhindert war, sich einzumischen.

Die Parlamentssession des Jahres 1903 dauerte vom 17. Febr. bis zum 14. Aug. Ihr wichtigstes legislatives Ergebnis war neben der Ausdehnung der Unterrichtsreform auf die Stadt London, f�r die das Gesetz des Vorjahres keine G�ltigkeit hatte, eine neue, h�chst bedeutsame Landakte f�r Irland, die auch von der liberalen Partei und den irischen Abgeordneten unterst�tzt und in beiden H�usern mit �berw�ltigender Majorit�t angenommen wurde; am 14. Aug. erhielt sie Gesetzeskraft. Die Akte traf Ma�regeln, die im Verlauf einer absehbaren Zeit den �bergang alles verk�uflichen Grundbesitzes in Irland aus dem Eigentum der Gro�grundbesitzer in das der P�chter herbeif�hren sollten; der Staat stellte durch Kr�ierung einer 23/4 proz. Anleihe, von der in den drei n�chsten Jahren bis zu 5 Mill. Pfd. Sterl. j�hrlich ausgegeben werden sollten, die Mittel zum Ankauf des Landes vorschu�weise zur Verf�gung; Kauf und Verkauf sollten durch eine staatliche Kommission vermittelt werden. Im ganzen war nach der Berechnung des Obersekret�rs f�r Irland f�r die Erreichung des ins Auge gefa�ten Zweckes eine Summe von 150 Mill. Pfd. Sterl. erforderlich.

Vereinigten sich alle Parteien, um dies Gesetz durchzubringen, das ein seit Jahrhunderten an der irischen Bev�lkerung begangenes Unrecht gut zu machen bestimmt war, so waren im �brigen die politischen Parteik�mpfe 1903 nur um so heftiger geworden. Sie kn�pften sich an den Versuch Chamberlains, eine v�llige Umgestaltung der britischen Handelspolitik und den �bergang vom Freihandels- zum Schutzzollsystem herbeizuf�hren. Bald nach seiner R�ckkehr von einer Rundreise durch die s�dafrikanischen Kolonien, die er im November 1902 angetreten hatte, hielt Chamberlain 15. Mai 1903 in Birmingham eine Rede, in der er die neue Politik, die er vor allem wegen seiner imperialistischen Pl�ne f�r notwendig hielt, ank�ndigte. Sie kam auf den Gedanken hinaus, da� es notwendig sei, den Kolonien, die bereit seien, die englische Industrie durch ein System von Vorzugsz�llen zu unterst�tzen, daf�r eine Gegenleistung durch die Einf�hrung von Z�llen auf Getreide und andre Produkte unter Bevorzugung der Kolonien zu gew�hren. Die so von Chamberlain begonnene Agitation f�hrte im Parlament und im Land im Laufe des Sommers zu den heftigsten und erregtesten Er�rterungen. In der Regierung gingen die Meinungen weit auseinander, und so eifrig auch der Premierminister Balfour sich bem�hte, zwischen den Parteien zu vermitteln, so lie� sich doch ein Bruch nicht vermeiden. Im September 1903 erkl�rten einerseits Chamberlain, anderseits Ritchie, Lord G. Hamilton, Lord Balfour of Burleigh, A. Elliott ihren Austritt aus dem Ministerium, denen im Oktober der Herzog von Devonshire folgte. Dadurch wurde eine Umbildung der Regierung notwendig. Au die Stelle Devonshires trat als Pr�sident des Geheimen Rates der Marquis von Londonderry, an die Ritchies als Schatzkanzler Austen Chamberlain, der Sohn des ausgetretenen Kolonialministers. Des letztern Nachfolger wurde A. Lyttelton; das indische Portefeuille erhielt an Hamiltons Stelle Brodrick, dem wiederum Arnold-Forster als Kriegsminister folgte; Staatssekret�r f�r Schottland wurde Graham Murray, Generalpostmeister Lord Stanley. Die Stellung der Regierung war namentlich durch das Ausscheiden des Herzogs von Devonshire, des F�hrers der liberalen [417] Unionisten, nicht unerheblich geschw�cht worden; und w�hrend Chamberlain, von den R�cksichten, die ihm sein ministerielles Amt auferlegt hatte, befreit, eine �beraus heftige Agitation zugunsten seiner Pl�ne ins Leven rief, zeigten vielfach die f�r das Ministerium ung�nstigen Ergebnisse stattfindender Nachwahlen, wieviel Widerstand diese Pl�ne im Lande zu erwarten hatten. Trotzdem gelang es der geschickten Taktik Balfours, auch in der am 2. Febr. 1904 er�ffneten Parlamentssession, in der namentlich ein neues Gesetz �ber die Regelung der Wirtschaftskonzessionen zur Beratung stand, sich zu behaupten, wenngleich die Mehrheit, die der Regierung folgte, bei manchen Abstimmungen erheblich geschw�cht war.

Literatur zur Geschichte Englands, bez. Gro�britanniens.

Unter den bibliographischen Hilfsmitteln f�r das Studium der englischen Geschichte ist das weitaus beste Ch. Gro�, The sources and litterature of English history from the earliest times to about 1485 (Lond. 1900). F�r die neuere Zeit fehlt ein �hnliches Werk; n�tzlich ist die Literatur�bersicht bei Gardiner und Mullinger, Introduction to the study of English history (3. Aufl., Lond. 1894). – Die historiographischen Quellen der englischen Geschichte sind erst seit der Mitte des 19. Jahrh. Gegenstand kritischer Untersuchungen und in brauchbaren Ausgaben der gelehrten Forschung zug�nglich geworden. Die wichtigsten �ltern Sammlungen englischer Geschichtsquellen sind die von Parker (1567–74, 4 Bde.), Savile (Lond. 1596; neue Ausg., Frankf. 1601), Camden (1603), Twysden (1652), Gale (Oxf. 1687–1691, 2 Bde.), Hearne (das. 1716–35), Sparke (1723, 2 Bde.) und Giles (1842–45, 6 Bde.). 1823 beauftragte die Record Commission H. Petrie mit der Bearbeitung einer neuen Quellensammlung; doch ist nur ein Band seiner »Monumenta historica Britannica« erschienen (Lond. 1848). 1858 begann unter der Leitung des Master of the rolls die Publikation einer neuen gro�en Sammlung englischer Geschichtschreiber unter dem Gesamttitel »Rerum Britannicarum medii aevi scriptores or chronicles and memorials of Great Britain and Ireland during the middle ages«, von der 99 Einzelwerke in 244 B�nden bis 1900 erschienen sind, die aber auch Urkundenb�cher etc. enthalten. Die Ausgaben sind von ungleichem Werte, die neuern z. T. vortrefflich. Ausz�ge aus englischen Geschichtschreibern hieten auch Bd. 13, 27 u. 28 der »Monumenta Germaniae historica«. Reichhaltiges urkundliches Material verschiedenster Art enthalten f�r das Mittelalter auch die »Publications of the record commissioners« (Lond. 1802–69) in mehr als 90 B�nden, wozu noch 7 B�nde, welche die irische Archivkommission herausgegeben hat, hinzutreten. Auch durch die Ver�ffentlichungen der zahlreichen gelehrten Gesellschaften, vor allem der Camden Society, der Caxton Society, der English historical Society, der Selden Society und der Surtees Society, ist eine F�lle chronikalischen und mehr noch urkundlichen Materials zug�nglich gemacht worden. F�r die neuere Zeit sind die gleichfalls unter Leitung des Master of the Rolls vom Record Office seit 1857 herausgegebenen gro�artigen Aktensammlungen (meist in Ausz�gen) in den »Calendars of State papers« die wichtigste der gedruckten Quellen; auch die auf britische Geschichte bez�glichen Akten mancher ausw�rtigen Archive sind daf�r herangezogen worden. Quellen zur Kirchengeschichte enthalten (neben den allgemeinen Werken der »Acta Sanctorum« u. dgl.) namentlich: Dugdale, Monasticon Anglicanum (1655–73; neuester Druck, Lond. 1846, 6 Bde.); Haddan u. Stubbs, Councils and ecclesiastical documents relating to Great Britain and Ireland (Oxf. 1869–78, 3 Bde.); Wilkins, Concilia Magnae Britanniae et Hiberniae (Lond. 1737, 4 Bde., der �ltere Teil durch das vorangehende Werk �berholt) und f�r die Zeit nach der Reformation Gibson, Codex iuris ecclesiastici Anglicani (2. Aufl., Oxf. 1761, 2 Bde.). �ber die �ltern Rechtsquellen vgl. Thorpe, Ancient laws and institutes of England (1840), und Artikel »Angels�chsische Literatur«, S. 517.

[Gesamtdarstellungen.] Unter den Bearbeitungen der allgemeinen Geschichte von G., insbes. England, heben wir hervor: Hume, History of England (begonnen 1754–63, 6 Bde., oft aufgelegt); Lingard, History of England (1819–31, 14 Bde.; neue Ausg. 1883, 10 Bde.; deutsch, Frankf. 1827–32, 14 Bde.); Lappenberg, Geschichte von England (Bd. 1 u. 2, Hamb. 1834–37; Bd. 3–5 von R. Pauli, Gotha 1853–58; Bd. 6–10 von M. Brosch, das. 1890–1897; Registerband 1898); Ranke, Englische Geschichte, vornehmlich im 16. und 17. Jahrhundert (4. Aufl., Leipz. 1877 ff., 9 Bde.); Green, History of the English people (1877–80, 4 Bde.; neue Ausg. 1895–96, 8 Bde.) und dessen kleineres Werk (deutsch, Berl. 1889, 2 Bde.); Buckle, History of civilization in England (5. Aufl. 1874, 2 Bde.; deutsch, 6. Aufl., Leipz. 1881); Gardiner, A student's history of England (1892); »Dictionary of National Biography« (begr�ndet von Stephen, vollendet von Lee; Lond. 1883–1900, 63 Bde.).

[Einzelne Perioden mit Bezug auf die Gesamtgeschichte; weitere Spezialwerke s. bei den betreffenden Herrschern]: Pearson, History of England during the early and middle ages (1867, 2 Bde.); Ramsay, The foundations of England (bis 1154, Lond. 1898, 2 Bde.); Guest, Origines celticae (1883, 2 Bde.); Horsley, Britannia Romana (1732); Coote, The Romans of Britain (1878); Palgrave, The rise and progress of the English commonwealth; Anglo-Saxon period (1832, 2 Bde.) und die im Artikel »Angelsachsen« angegebenen Werke; Green, The making of England (neue Ausg. 1897, 2 Bde.); Worsaae, Den danske Erobring af England og Normandiet (Kopenhag. 1863); Steenstrup, Normannerne (das. 1876–82, 4 Bde.); Freeman, History of the Norman conquest of England (3. Aufl. 1872–79, 6 Bde); Green, The conquest of England (1883); Cobbe, History of the Norman kings of England (1869); Stubbs, The early Plantagenets (5. Aufl. 1886); Norgate, England under the Angevin kings (1887, 2 Bde.); Gairdner, The house of Lancaster and York (6. Aufl. 1886); Ramsay, Lancaster and York (Oxf. 1892, 2 Bde.); Pollard, England under Protector Somerset (1900); Froude, History of England from the fall of Wolsey to the defeat of the Spanish Armada (neue Ausg. 1893, 12 Bde.); Busch, England unter den Tudors (Bd. 1, Stuttg. 1892); Edward Graf von Clarendon, History of the rebellion and civil wars in England (neue Ausg. 1871, 7 Bde); die verschiedenen Teile der »Histoire de la r�volution d'Angleterre« von Guizot (s. d.); die Werke von Gardiner: History of England from the accession of James I. to the outbreak of the civil war (1863–84, 10 Bde.), History of the great civil war (1886–91, 3 Bde.) und History of the commonwealth and protectorate (1884–1901,[418] 3 Bde., unvollendet); Dahlmann, Geschichte der englischen Revolution (7. Aufl., Berl. 1885); Stern, Geschichte der Revolution in England (2. Aufl., das. 1898); Macpherson, History of Great Britain from the restoration of Charles II. to the accession of the house of Hannover (1775, 2 Bde.); Burnet, History of my own time (1723, letzte Ausg. 1883); Macaulay, History of England from the accession of James II. (1848–61, 5 Bde., 1880 u. �., mehrfach deutsch); Klopp, Der Fall des Hauses Stuart und die Sukzession des Hauses Hannover in G. (Wien 1875–87, 14 Bde.), und zur Kritik dieses Werkes: Meinardus, Die Sukzession des Hauses Hannover in England (Oldenb. 1878); Schaumann, Geschichte der Erwerbung der Krone Gro�britanniens von seiten des Hauses Hannover (Hannov. 1878); Ward, The Electress Sophia and the Hanoverian succession (Lond. 1903); Michael, Englische Geschichte im 18. Jahrhundert (Bd. 1, Hamb. 1896); Lord Mahon, History of England from the peace of Utrecht (5. Aufl. 1858, 7 Bde.; deutsch, Braunschw. 1855, 8 Bde.); Wright, England under the house of Hanover (3. Aufl. 1849, 2 Bde.); R�musat, L'Angleterre an XVIII. si�cle (Par. 1856, 2 Bde.); Lecky, History of England in the eighteenth century (3. Aufl. 1883–90, 8 Bde.; deutsch, Leipz. 1879 bis 1883); Mac Carthy, History of the four Georges (1884–1901, 4 Bde.); Pauli, Geschichte Englands seit den Friedensschl�ssen von 1814 und 1815 (Leipz. 1864–45, 3 Bde.); Spencer Walpole, History of England from the conclusion of the great war in 1815 to 1858 (2. Aufl. 1880–86, 5 Bde.); Molesworth, History of England from the year 1830 (neue Ausg. 1882, 3 Bde.); Michelsen, England since the accession of Queen Victoria (1854); Mac Carthy, History of our own times, from the accession of Queen Victoria to the Berlin Congress (neue Ausg. 1882, 4 Bde.), England under Gladstone (2. Aufl. 1885) und A history of our own times from 1880 to the diamond jubilee (1897); Clayden, England under Lord Beaconsfield (1880); Whates, The third Salisbury administration 1895–1900 (1900).

[Verfassungsgeschichte etc.] Hallam, Constitutional history of England (1827; 6. Aufl. 1875, 3 Bde.); Gneist, Englische Verfassungsgeschichte (Berl. 1882); B�dinger, Englische Verfassungsgeschichte (Wien 4880); Stubbs, Constitutional history of England (neue Ausg., Oxf. 1895–97); Medley, A student's manual of English constitutional history (2. Aufl., das. 1898); Freeman, The growth of the English constitution (4. Aufl. 1884); Bisset, History of the struggle for parliamentary government in England (1877, 2 Bde.); May, Constitutional history of England since the accession of George III. (3. Aufl. 1871, 3 Bde.; deutsch, Leipz. 1862–64, 3 Bde.); Amos, Fifty years of the English constitution, 1830–1880 (1880); Somers-Bine, English municipal institutions, their growth and develepment 1835–1879 (1879). Gneist, Das englische Parlament (Berl. 1886). Smith, History of the English parliament (1892. 2 Bde.); Todd, Parliamentary government in England (neue Ausg. 1892) und »Parliamentary government in the British colonies« (1880); Cox, History of the Reform Bills of 1866 and 1867 (1868); Pollock u. Maitland, The history of the English law before Edward I. (2. Aufl., Cambridge 1898, 2 Bde.); Reeves, A history of the English law (neue Ausg. 1869, 3 Bde.); Makower, Die Verfassung der Kirche von England (Berl. 1894); Dixon, History of the Church of England (1878–80, 3 Bde.); Perry, History of the Church of England from the death of Elizabeth (neue Ausg. 1890–91, 3 Bde.); Shaw, History of the Church of England during the civil wars and under the commonwealth (1900); Abbey und Overton, The English Church in the eighteenth century (1878, 2 Bde.); Stoughton, History of religion in England (neue Ausg. 1881, 6 Bde.) und Religion in England. First half of present century (1884, 2 Bde.); Stephens u. Hunt, History of the English church (1899–1902, 7 Bde.); Vinogradoff, Villainage in England (Oxf. 1889); Dowell, History of taxation and taxes in England (2. Aufl. 1888, 4 Bde.); Ashley, An introduction to English economic history and theory (1888–93, 3 Bde.; deutsch, Leipz. 1896 ff.); Cunningham, The growth of English industry and commerce (3. Aufl., Cambridge 1903 bis 1904, 2 Bde.) und Outlines of English industrial history (3. Aufl. 1904); Rogers, A history of agriculture and prizes in England (Oxf. 1866 bis 1887, 6 Bde.); Ochenkowski, Englands wirtschaftliche Entwickelung am Ausgang des Mittelalters (Jena 1879); Godfrey, Social life under the Stuarts (Lond. 1904); Traill, Social England: a record of the progress of the people in religion, laws etc. (1894–97, 6 Bde.; neue Ausg. 1902 ff.); Schulze-G�vernitz, Zum sozialen Frieden. Darstellung der sozialpolitischen Erziehung des englischen Volkes im 19. Jahrhundert (Leipz. 1890, 2 Bde.); v. Nostitz, Das Aufsteigen des Arbeiterstandes in England (Jena 1900); Schaible, Geschichte der Deutschen in England (Stra�b. 1885).

Quelle:
Meyers Gro�es Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 362-419.
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