Silber

[463] Silber (Argentum, hierzu Tafel »Silbergewinnung« mit Text) Ag, Metall, findet sich gediegen, in regul�ren Kristallen, drahtf�rmig, moosartig, gestrickt (s. Tafel »Mineralien und Gesteine«, Fig. 8), in Platten, derb und eingesprengt, oft gold-, kupfer-, antimon-, arsen-, eisenhaltig, auf Erzg�ngen, besonders in Gesellschaft von Silbererzen mit Bleiglanz und Kalkspat, im Erzgebirge und Harz, im Schwarzwald, bei Schemnitz, bei Kongsberg, in Spanien, am Altai, in Mexiko, Chile, Peru, Kalifornien und am Obern See, auch mit Quecksilber legiert als Amalgam, mit Antimon als Antimonsilber, mit Tellur als Tellursilber, mit Schwefel verbunden als Silberglanz Ag2S mit 87 Proz. S., mit Antimon und Schwefel als dunkles Rotgiltigerz Ag3SbS3 mit 59,8 Proz. S., Spr�dglaserz Ag5SbS4 mit 68,4 Proz. S. und als Silberantimonglanz AgSbS2 mit 36,75 Proz. S., mit Arsen und Schwefel verbunden als lichtes Rotgiltigerz Ag3AsS3 mit 65,5 Proz. S., mit Kupfer, Antimon, Arsen und Schwefel verbunden als Polybasit 9(Ag2Cu2)S + Sb2As2S3 mit 64–72 Proz. S., mit Kupfer und Schwefel als Kupfersilberglanz, mit Chlor verbunden als Hornsilber, auch mit Brom und Jod verbunden etc. Silbererze mit erdigen Substanzen, auch andern geschwefelten Erzen gemengt, bilden die D�rrerze. Au�erdem tritt S. in Erzen andrer Metalle auf, von denen die oxydierten silber�rmer zu sein pflegen als die geschwefelten; von letztern sind am �rmsten die eisenhaltigen (Schwefel- und Magnetkies), dann folgen die zinkischen (Zinkblende), die kupferhaltigen (Kupferglanz, Buntkupfererz, Kupferkies, Fahlerze) und die bleihaltigen (Bleiglanz). Bei Fahlerzen steigt der Silbergehalt zuweilen so hoch (bis 30 Proz. und mehr), da� sie zu den Silbererzen zu rechnen sind. Aller Bleiglanz enth�lt wenigstens Spuren von S., am gew�hnlichsten 0,01–0,03, zuweilen bis 0,5 Proz., selten �ber 1 Proz., als isomorphes Schwefelsilber; gr��ere Silbergehalte deuten meist auf eine Einsprengung von eigentlichen Silbererzen in den Bleiglanz. Arsen- und Antimonerze sind meist silberarm, wenn nicht Silbererze beigemengt sind; Wismut-, Nickel- und Kobalterze besitzen oft einen gewinnungsw�rdigen Silbergehalt. �ber die Gewinnung s. beifolgende Tafel mit Tert.

Reines S. erh�lt man durch Schmelzen von Chlorsilber mit kohlensaurem Alkali oder durch �bergie�en von Chlorsilber mit verd�nnter Salzs�ure und Reduktion mit Zink oder Eisen. In der Technik l�st man k�ufliches S. in konzentrierter Schwefels�ure und das erhaltene Sulfat in viel warmem Wasser, wobei die Edelmetalle zur�ckbleiben. Dann f�llt man das S. durch Eisen und schmilzt es. Bei der elektrolytischen Scheidung h�ngt man das S. als Anode in eine salpetersaure Silbernitratl�sung und sammelt das an der aus Silberblech bestehenden Kathode sich kristallinisch ausscheidende S. Mit der Knallgasflamme kann man S. destillieren. In sein verteilter (molekularer) und daher reaktionsf�higer Form erh�lt man S. durch Reduktion von frisch gef�lltem Chlorsilber mit Formaldehydl�sung und Kaliumkarbonat oder mit Natronlauge und Traubenzucker oder auf elektrolytischem Wege. Erhitzt man zitronensaures S. im Wasserstoffstrom auf 100�, so bleibt ein wesentlich aus S. bestehender R�ckstand, der mit Wasser eine intensiv gef�rbte L�sung gibt, die durch Dialyse gereinigt werden kann (kolloidales S.) und am haltbarsten ist, wenn sie noch andre Kolloidsubstanzen enth�lt. Silbernitrat mit Formaldehyd und Wasserglas gibt braune bis gr�ne L�sungen, Silbernitrat mit arabischem Gummi und Hydrazinhydrat gibt eine rote, im reflektierten Licht olivengr�ne L�sung. Aus den L�sungen (Hydrosole) f�llen Glaubersalz, Salpeter und andre Salze festes kolloidales S.-Reines S. ist wei�, in sehr d�nner Schicht blau durchscheinend, gut polierbar, auf dem Bruch mehr geflossen und dicht als hakig, h�rter und fester als Gold, weicher und weniger fest als Kupfer. Hart gezogener Draht tr�gt auf 1 qmm Querschnitt 32–41 kg, gegl�ht 18–19,5 kg. Das S. ist h�chst dehnbar und h�mmerbar (Blattsilber), Atomgewicht 107,93, spezifisches Gewicht gegossen 10,424, gepre�t 10,566, destilliert 10,575, es schmilzt leichter als Gold und Kupfer, bei 962�, siedet bei 2050�, ist bei Wei�glut fl�chtig unter Bildung eines blauen Dampfes, absorbiert (wenn frei von Gold und Kupfer) beim Schmelzen an der Luft Sauerstoff, der beim Erstarren unter Spratzen entweicht, und zieht sich beim Erstarren stark zusammen. S. oxydiert sich nur im Sauerstoffgebl�se und in sein verteiltem Zustand bei gew�hnlicher Temperatur durch Ozon. Es verbindet sich direkt mit Chlor, Brom und Jod, l�uft durch Schwefel- und Phosphorwasserstoff an, schmilzt leicht mit Schwefel zusammen, wird von schmelzendem �tzkali und Salpeter nicht angegriffen, bildet mit Schwefelleber Schwefelsilber und wird von schmelzendem Glas als Silikat aufgenommen und f�rbt es gelb. Es l�st sich in konzentrierter Schwefels�ure unter Entwickelung von Schwefliger S�ure und in m��ig konzentrierter Salpeters�ure unter Entwickelung roter D�mpfe; von verd�nnter Schwefels�ure und Salzs�ure wird kompaktes S. nicht angegriffen; es gibt mit Chroms�ure rotes chromsaures S. und wird durch viele Metalle und Reduktionsmittel, auch durch organische Substanzen (besonders Aldehyde) aus seinen Losungen gef�llt (dendritisch aus L�sungen abgeschiedenes S. bildet den Silberbaum [Dianenbaum], der sich sehr sch�n beim �bergie�en von Quecksilber mit einer L�sung von salpetersaurem S. ausbildet). S. ist einwertig; man kennt ein Oxydul Ag4O (?), ein Oxyd Ag2O und ein Superoxyd AgO. Die L�sungen wirken �tzend giftig, doch kommt nur das salpetersaure S. in Betracht. Man benutzt reines S. fast nur zu chemischen Ger�ten; im �brigen wird zu M�nzen, Schmuckwaren etc. legiertes S. verarbeitet, und aus[463] diesem bereitet man auch zahlreiche Pr�parate f�r die Photographie und Medizin, zum Versilbern von Metall und Glas (Silberspiegel), zu Glas- und Porzellan farben etc. Molekulares S. benutzt man zur Synthese organischer Pr�parate, kolloidales S. findet arzneiliche Verwendung bei Entz�ndung der Lymphgef��e, Phlegmone, Bindehautentz�ndung, Magen-, Darm-, Nervenerkrankungen, auf Wunden etc., in der Veterin�rpraxis bei Pferdetyphus und Katarrhalfieber des Rindes. Man r�hmt ihm insektionshemmende Eigenschaften nach.

[Geschichtliches.] S. geh�rt zu den dem Menschen am fr�hesten bekannt gewordenen Metallen. Der Reichtum der Ph�niker stammte aus dem spanischen Silberhandel, vor diesem aber gewannen sie S. in Kleinasien, Cypern, Thrakien, vielleicht auch in Afrika. Homer erw�hnt S. h�ufiger und nennt Chalybien als Land seiner Herkunft. Die Silbergruben in Attika werden zuerst von �schylos erw�hnt, die Athener waren in Laurion jedenfalls Nachfolger asiatischer V�lker. Dieser Bergbau lieferte zur Zeit des Themistokles �ber 2 Mill. Mk., h�rte aber 102 v. Chr. auf. Alexander d. Gr. zog aus dem Silberbergwerk am See Prasias t�glich 28 kg S. Bei den R�mern blieb S. bis zu den Punischen Kriegen selten, der sp�tere gro�e Silberreichtum Roms stammte wesentlich aus Spanien. Nach Polybios arbeiteten in den Bergwerken von Neukarthago 40,000 Menschen. Ungeheure Silbermengen waren in den Hauptst�dten asi anscher Reiche aufgespeichert. Die alten Germanen besa�en wenig S., Tacitus kennt nur ein einziges Silberbergwerk in Deutschland (bei Wiesbaden oder Ems), das aber bald einging. Ein bedeutender Silberbergbau entstand sp�ter im Lebertal bei Markirch im Elsa�. Die Lagerst�tten des Rammelsberges wurden seit 968 ausgebeutet, ein gro�er Teil des Silbers, das vom 10.–12. Jahrh. in Europa im Umlauf war, stammte aus dem Harz. Die Silbergewinnung von Andreasberg begann im Anfang des 15. Jahrh. In Sachsen soll der Bergbau bei Mittweida und Frankenburg 922–930 rege geworden sein, bei Freiberg begann er um 1163, bei Schneeberg 1471, bei Annaberg 1496. In B�hmen wurde schon im 8. Jahrh. auf S. gebaut; Kuttenberg gab 1240–1620 fast 2 Mill. kg S. Das s�chsisch-b�hmische Erzgebirge spielte Anfang des 16. Jahrh. dieselbe Rolle wie sp�ter Kalifornien. In M�hren soll der Bergbau von Iglau der �lteste sein, im 11. Jahrh. waren die Gruben von Zeyring in Steiermark ber�hmt, Schladming wird schon im 13. Jahrh. genannt. In Schweden waren die Gruben von Sala schon im 8. Jahrh. in Betrieb, ihre bl�hendste Periode f�llt in die erste H�lfte des 16. Jahrh.; Kongsberg in Norwegen wurde 1623 durch deutsche Bergleute er�ffnet. Im Ural begann der Silberbergbau 1814, am Altai 1743, im Bezirk Nertschinsk 1704. In Spanien ging die seit dem Altertum ber�hmte Grube bei Guadalcanal in die H�nde der Fugger �ber, die ungeheure Reicht�mer aus derselben zogen, bis sich die Grube mit Wasser f�llte und dann verlassen wurde. 1839 wurden die Gruben der Sierra Almagrera in der Provinz Almeria und 1843 die von Hiendelaencina in Guadalajara entdeckt, und seit Einf�hrung des Pattinsonschen Prozesses gewinnt man viel S. aus den Bleierzen der Sierra de Gador und von Cartagena. Die gro�artigste Umgestaltung erfuhr die Silberproduktion durch die Entdeckung Amerikas, nachdem Cortez in Mexiko eingedrungen war; 1522 kam das erste S. aus Mexiko nach Europa, 30 oder 40 Jahre sp�ter waren dort die Gruben in vollem Gang, und auch Peru lieferte alsbald viel Gold und S., besonders seitdem 1545 die ber�hmten Gruben von Cerro de Potosi entdeckt worden waren. Die Silberproduktion verzehnfachte sich durch diese Entdeckungen. Erheblich gesteigert wurde die amerikanische Produktion durch Einf�hrung des Amalgamationsprozesses, der 1557 von Bartholom�us de Medina entdeckt und seit 1566 im gro�en ausgef�hrt, 1571 in Bolivia und Peru eingef�hrt wurde. Im 17. Jahrh. wurden die Silberbergwerke zu Yauricocha oder Paseo im n�rdlichen Peru er�ffnet und lieferten reiche Ertr�ge. Als dann die K�mpfe begannen, die zur Trennung Perus von Spanien f�hrten, sank die Silberproduktion und hob sich erst wieder in bedeutenderm Ma�, als die Quecksilberfunde in Kalifornien die Ausbeutung erleichterten. Durch die Silberentdeckungen in den Vereinigten Staaten wurde aber schlie�lich alles Bisherige weit �bertroffen. In Nevada, Utah, Colorado, Kalifornien, Arizona, Montana, Idaho, New Mexico, Oregon und Washington wurden reiche Erze entdeckt, und namentlich der Comstockgang bei Virginia City in Nevada lieferte seit 1859 enorme Mengen S. und Gold. Seit den 1870er Jahren hat die Silbergewinnung in den Vereinigten Staaten die von Mexiko �berholt, und die Union ist jetzt der gr��te Silberproduzent. 1885 begann Neus�dwales S. zu liefern (Broken Hill Gruben), und in den letzten Jahren stand Australien als Silberproduzent an dritter Stelle. – Im Altertum wurde das S. durch Verbleien und Abtreiben gewonnen; diese Prozesse waren bis �ber die Mitte des 16. Jahrh. allein ma�gebend und sind noch gegenw�rtig von gr��ter Bedeutung. Der Amalgamationsproze� fand erst 1784 in Europa Anwendung. Um die Mitte des 19. Jahrh. wurden auf Kupferh�ttenprodukte die Kochsalzlaugerei von Augustin, die Wasserlaugerei von Ziervogel, die Schwefels�urelaugerei, die Hyposulfitlaugerei von Patera angewandt. In neuester Zeit spielt die elektrolytische Entsilberung des Kupfers eine gro�e Rolle. Von noch gr��erer Tragweite ist f�r die Entsilberung des Werkbleies der 1833 erfundene Kristallisationsproze� von Pattinson und der 1850 patentierte Zinkentsilberungsproze� von Parkes, der durch Corduri� verbessert wurde. Die Produktion des Silbers im Altertum kann nicht gesch�tzt werden. Viele Berichte erz�hlen von gewaltigen Mengen, da� aber z. B. David zum Tempelbau 1 Mill. Ztr. S. gestiftet haben soll (Chronika 1,23,14) ist ganz gewi� �bertrieben. Die Silberproduktion einzelner L�nder ist seit 1493 bekannt. In den 28 Jahren von 1493–1520 produzierten Deutschland 308,000, �sterreich-Ungarn 672,000, das �brige Europa 336,000, andre L�nder 1400, die Welt 1,317,400, also im Jahr durchschnittlich 47,000 kg.

Die Silberproduktion im J. 1901 betrug in Kilogrammen in

Tabelle

[464] Die Silberproduktion der Welt betrug im Durchschnitt j�hrlich in Kilogrammen:

Tabelle

In Deutschland waren einst die Freiberger Gruben und der Oberharz die Hauptproduzenten. Daneben trat der Mansfelder Bezirk auf, der in den letzten Jahren jene �berfl�gelte. Gegenw�rtig erzeugen das meiste S. die H�tten im Rheinland, meist aus ausl�ndischen Erzen. Die Produktion betrug in Kilogrammen:

Tabelle

Die Hauptproduzenten lieferten in Kilogrammen:

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Der Verbrauch an S. zu technischen Zwecken wird f�r 1900 auf 1277 Ton. berechnet. Davon entfallen auf Nordamerika 356, England 225, Frankreich 197, Deutschland 150, Ru�land 115, �sterreich-Ungarn 55 T. Hierbei ist der deutsche Verbrauch zu niedrig angegeben. Vgl. Sue�, Die Zukunft des Silbers (Wien 1892); Bamberger, Silber (Berl. 1892); Stall, Die Zukunft des Silbers (das. 1893); Kr�hnke, Methode zur Entsilberung von Erzen (Stuttg. 1900); B. Neumann, Die Metalle (Halle 1904), sowie die Literatur bei Artikel »Gold«, »Edelmetalle« und »H�ttenkunde«.

Quelle:
Meyers Gro�es Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 463-465.
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