Papst [1]

[403] Papst (v. griech. pappas, lat. papa, Vater), Titel des Bischofs in Rom als des Oberhauptes der r�misch-katholischen Kirche (s. Primat). Nach der r�misch-katholischen Auffassung von Matth. 16,17–19, Luk. 22,31 u. 32, Joh. 21,15–17 hat Christus seinem J�nger Petrus eine vorz�gliche Gewalt vor den andern Aposteln und �ber dieselben in seiner Kirche verliehen. Der hiermit geschaffene Primat, d.h. die oberste priesterliche (Schl�ssel-) Gewalt, die oberste Lehrgewalt und die oberste Leitung der gesamten Kirche sind dann nach dem Tode des Petrus, den die r�mische Kirche als Gr�nder des Bistums Rom betrachtet, auf den jedesmaligen Bischof von Rom, als Nachfolger Petri, �bergegangen. Indes ist diese Begr�ndung des r�mischen Primats erst sp�ter aufgekommen. In Wirklichkeit verdankt der Primat seine allm�hliche Entstehung den Umst�nden, unter denen sich die christliche Kirche in dem R�merreich ausbreitete, und der Stellung, die Rom und seine Bisch�fe dabei einzunehmen durch �rtliche und zeitliche Verh�ltnisse veranla�t und bef�higt wurden. Roms alter Ruhm und seine �berwiegende Weltstellung gingen auf die in Rom fr�hzeitig entstandene Christengemeinde �ber, und hierzu gesellten sich noch neue, kirchengeschichtlich bedingte Vorz�ge. Die Gemeinde in Rom war im Abendland die einzige, die sich apostolischen Ursprungs und darum auch des Besitzes der allein wahren Lehr�berlieferung r�hmen konnte. Der Apostel Paulus hatte an sie geschrieben, sie besucht, in ihrer Mitte den Tod gefunden, und mindestens seit dem 2. Jahrh. bestand die �berlieferung, da� auch das Haupt der zw�lf Apostel, Petrus, den Grund des r�mischen Christentums gelegt habe. Fr�hzeitig waren daher die Blicke aller abendl�ndischen Kirchen vorzugsweise auf Rom gerichtet, und von dorther entnahmen die Gemeinden in Italien, Gallien, Spanien, Britannien, Afrika etc. die Normen ihres eignen Verhaltens um so lieber, als gerade von Rom aus besonders viel f�r Verbreitung des Christentums im Westen und Norden geschah. Dazu kam, da� in den ersten christlichen Jahrhunderten viele durch gl�nzende Talente und politischen Scharfblick ausgezeichnete M�nner den r�mischen Stuhl innehatten. Der Gedanke der Herrschaft �ber die gesamte Kirche ward von ihnen fr�h erfa�t und weise und konsequent verfolgt. Was einer von ihnen an G�tern, Ehren oder Rechten erwarb, vermehrte das Erbe des heil. Petrus und gab dem Nachfolger die Mittel zu weiterm Erwerb. Endlich beg�nstigten die politischen sowie die kirchlichen Zerw�rfnisse im sp�tern R�merreich die Erh�hung Roms. Die morgenl�ndischen Pr�laten waren untereinander durch Eifersucht und Jahrhunderte w�hrenden Ketzerstreit entzweit. In solchen Fehden gab der r�mische Bischof als m�chtiger Verb�ndeter oder als Schiedsrichter oft die Entscheidung.

Die Geschichte des Papsttums l��t sich in acht Perioden zerlegen. Die erste Periode umfa�t die drei ersten Jahrhunderte der Kirche. Weder die Namen noch die Angaben �ber die Regierungszeiten der �ltesten r�mischen Bisch�fe sind sicher verb�rgt, wie denn �berhaupt eine monarchische Organisation der r�mischen Kirche vor der ersten H�lfte des 2. Jahrh. historisch nicht angenommen werden kann. Erst von Sixtus I. (Xystus) an gilt die Sukzession als sicher Die Papstkataloge gehen von dem angeblichen Pontifikat des Apostels Petrus aus, schwanken in dei Reihenfolge der drei Namen Linus, Anacletus (oder Cletus) und Clemens I. und z�hlen dann folgenderma�en weiter:

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Vgl. hier�ber Lipsius, Chronologie der r�mischen Bisch�fe (Kiel 1869); Duchesne, Le liber pontificalis (Bd. 1, Par. 1886); Harnack, Geschichte der altchristlichen Literatur; 2. Teil: Die Chronologie. Bd. 1 (Leipz. 1897); Mommsen, Gestorum ponti ficum Romanorum, vol. I: Liber pontificalis (in den »Monumenta Germaniae historica«, Berl. 1898) Im ganzen windet sich die Geschichte der r�mischen Bisch�fe m�hsam durch diese Jahrhunderte des Druckes in des erhoben doch einige unter ihnen, wie namentlich Viktor 1., schon jetzt mit mehr oder minder Gl�ck Anspr�che auf einen kirchlichen Primat, und die �ber ragende Bedeutung Roms ward schon von Iren�us im Abendland bezeugt.

Die zweite Periode umfa�t die drei Jahrhunderte von Silvester I. bis Gregor I. mit folgenden P�psten:

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Die beiden bedeutendsten P�pste in dieser Reihe sind Leo I. und Gregor I., die beide um der Sicherheit willen, mit der sie ihre Auffassung von der welt beherrschenden Stellung Roms in die Wirklichkeit um zusetzen verstanden, den Beinamen »der Gro�e« er halten haben. In dem Titel Pontifex maximus oder Summus pontifex, den beide f�hrten, kam das Bewu�tsein, das heidnische Rom beerbt zu haben, zu deutlichem Ausdruck. Der Titel papa, den in der griechischen Kirche alle Priester, in der abendl�ndischen[403] in �lterer Zeit und noch im 6. Jahrh. alle Bisch�fe f�hrten, wird allm�hlich ausschlie�liche Bezeichnung der P�pste. Ebenso werden auch die fr�her gleichfalls allgemeiner angewandten Bezeichnungen »apostolischer Herr«, »apostolischer Sitz« u. dgl. allm�hlich auf Rom beschr�nkt. �berhaupt ist diese Periode die Zeit der weitern Durchbildung der hierarchischen Ideen und ihrer praktischen Verwirklichung in einem gro�en Teil des R�merreichs und bei mehreren germanischen V�lkern. Wie der �bertritt des kaiserlichen Weltbeherrschers zur christlichen Kirche, so kam auch die gleichzeitige Verlegung der kaiserlichen Residenz nach Konstantinopel dem r�mischen Bischof zustatten, indem sie ihn aus der dem Aufbl�hen seiner Macht nicht g�nstigen Atmosph�re der Hofluft befreite. Rom blieb doch in den Augen der V�lker die erste Stadt der Welk und das Oberhaupt seiner Kirche demnach der erste Bischof der Christenheit, wenngleich die Konzile von Konstantinopel (381) und Chalcedon (451) den Patriarchen von Konstantinopel dem r�mischen unmittelbar zur Seite stellten. Allerdings blieben die r�mischen Bisch�fe trotz mancher Privilegien, womit sie von den ersten christlichen Kaisern ausgestattet wurden, durchaus deren Untertanen. Aber es bezeichnete einen Fortschritt in der kirchlichen Machtstellung der r�mischen Bisch�fe, da� dem P. Julius I. und damit dem r�mischen Stuhl �berhaupt auf dem Konzil zu Sardica 342 (343) das Recht zugesprochen wurde, bei Appellationen verurteilter Bisch�fe als Revisionsinstanz zu fungieren. Bald war das Urteil des r�mischen Bischofs auch in Glaubensstreitigkeiten kaum mehr zu umgehen. Unter ihnen finden wir wenig spekulative K�pfe oder hervorragende Gelehrte; desto mehr praktischen Takt und strenge Konsequenz besa�en sie. Rom stellte keine Theorien auf, sondern hielt sich an das Bew�hrte, Sichere; was auf einer allgemeinen Synode entschieden war, das war f�r Rom fast ausnahmslos Glaubensnorm, und es hatte daher fast immer den Ruhm der Rechtgl�ubigkeit f�r sich. Nur einmal geriet dieser Ruhm ins Wanken, als der wegen seiner Opposition gegen den Arianismus von Konstantius verbannte P. Liberius unter kaiserlichem Druck das Sirmische Glaubensbekenntnis (s. d.) unterschrieb. Bei dem Eindringen der germanischen St�mme wu�te der r�mische Bischof das ganze Gewicht geltend zu machen, wodurch jemals geistliche W�rde der geringern Kultur imponiert hat. Attilas Abzug von Rom, der �berlieferung nach durch Leos d. Gr. Zureden bewirkt, galt bald als Wunderbeweis f�r die p�pstliche Macht. Den Goten gegen�ber schlo� sich das italienische Volk nur noch enger an den einheimischen Machthaber an, der am sichersten gegen die fremden, dazu arianischen Eroberer Schutz verhie�. Eine Einbu�e an Ansehen erlitt aber der r�mische Stuhl infolge der Unterwerfung Italiens unter die ostr�mische Herrschaft durch Belisar, so da� seit Ende des 6. Jahrh. der P. seiner politischen Bedeutung nach in der Tat nur Untertan des griechischen Kaisers und Untergebener seines Stellvertreters, des Exarchen zu Ravenna, war. Mehr als einmal haben byzantinische Kaiser �ber r�mische Bisch�fe Gericht gehalten, Absetzungsurteile, Verbannungen und andre Strafen ausgesprochen. Trotzdem blieb man im Abendland daran gew�hnt, da� Rom den ersten Rang in Anspruch nahm; schon ein Dekret Valentinians III. vom Jahre 445 hatte den Anordnungen des Papstes in kirchlichen Angelegenheiten Gesetzeskraft verliehen. Lie� sich der unbedingte Primat auch noch lange nicht �berall durchf�hren, erhoben namentlich auch die wichtigsten der abendl�ndischen Bischofssitze, wie Mailand, Ravenna, Aquileja, von Zeit zu Zeit gegen die Einmischung des Papstes in ihre Angelegenheiten Protest, so �berzeugte man sich doch immer allgemeiner davon, da�, wenn die Kirche eine Einheit bilden solle, das sie repr�sentierende Oberhaupt in Rom residieren m�sse (s. Hierarchie). Manche Einzelheiten der Praxis verraten, zu welcher Bedeutsamkeit der apostolische Stuhl in dieser Periode nach und nach gelangte. So dr�ckt die Anstellung von Vikaren des r�mischen Bischofs in entlegenen L�ndern die Idee aus, da� dort, wohin das p�pstliche Auge selbst nicht blicken k�nne, ein Vertreter daf�r gehalten werden m�sse. Ebenso wurde es jetzt schon als notwendig angesehen, das bisch�fliche Pallium von Rom zu holen.

Die dritte Periode reicht vom Anfang des 7. bis in die Mitte des 9. Jahrh. oder von Gregor I. bis auf Nikolaus I. Die P�pste dieser Periode sind:

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Immer fester begr�ndete Rom seine Hierarchie unter den germanischen St�mmen. Die fr�nkischen K�nige zwar behaupteten lange Zeit auch in kirchlichen Dingen gro�e Selbst�ndigkeit, dasselbe war in Spanien zur Bl�tezeit des Westgotenreiches der Fall. England dagegen war durch seinen Apostel Augustinus (s. d. 2) in m�glichst enge Beziehung zu dem r�mischen Stuhl gebracht, und Bonifatius, der Apostel der Deutschen, hatte dem r�mischen Stuhl den Eid der Treue geleistet und, vom P. zum Vikar des p�pstlichen Stuhles ernannt, die Kirche des fr�nkischen Reiches der p�pstlichen Hoheit unterworfen und eng an Rom gefesselt. Gleichzeitig gab der Bilderstreit (s. Bilderdienst und Bilderverehrung) den Anla� zur Trennung der P�pste von den byzantinischen Kaisern. Das Exarchat fiel zwar zun�chst in die Gewalt der Langobarden, aber eben gegen diese ging nun das Papsttum einen dauernden Bund mit den Karolingern in Frankreich ein. So geschah es, da� Pippin seine Thronbesteigung durch Stephan II. sanktionieren, sich selbst von ihm salben lie� und ihn daf�r von dem Andrang der Langobarden befreite. Dabei wurden durch die sp�ter von Karl d. Gr. best�tigte Schenkung Pippins Rom und sein Gebiet sowie der Exarchat von Ravenna und die Pentapolis dem P. verliehen; die Grundlage zur weltlichen Herrschaft des Bischofs von Rom war gelegt (s. Kirchenstaat). Freilich verblieb die Oberherrschaft �ber diese Gebiete dem K�nig, und auch Karl d. Gr., der von Leo III. zum Kaiser gekr�nt wurde, betrachtete und behandelte den P. nur[404] als einen, wenn auch als den ersten Bischof seines Reiches. Aber schon unter Ludwig dem Frommen erschien Gregor IV., den Lothar I. nach seiner Erhebung mit �ber die Alpen gef�hrt hatte, gleichsam als der Schiedsrichter im Streite des kaiserlichen Hauses; sein Nachfolger Leo IV. trat in Italien als der berufene Verteidiger des Reiches gegen die Sarazenen auf; und unter dessen Nachfolger Benedikt III. begann die p�pstliche Kanzlei in den Briefen der P�pste den Namen des Absenders dem des Adressaten, welchen Standes er auch sein mochte, voranzustellen. Erstreckte sich die Gewalt des Papstes auch nur auf Sachen des Dogmas, der kirchlichen Disziplin und des religi�sen Zeremoniells, da der Kaiser das eigentliche Kirchenregiment selbst �bte, Bisch�fe ernannte, Synoden berief, kirchliche Gesetze best�tigte und durch Aufnahme in die Kapitularien zu Reichsrecht erhob: so erschien doch bereits der r�mische Bischof als der erste Mann im Reiche n�chst dem Kaiser. Bei ihren Eingriffen in die dogmatischen Streitigkeiten des Morgenlandes hatten die P�pste nicht immer eine gl�ckliche Hand. Honorius I. wurde, weil er dem Monotheletismus das Wort geredet hatte, lange nach seinem Tode durch das sechste �kumenische Konzil und den P. Agatho mit dem Anathem belegt.

Die vierte Periode begreift die Zeit von der Mitte des 9. bis zum letzten Viertel des 11. Jahrh. oder von Nikolaus I. bis Gregor VII. mit folgenden P�psten:

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Waren schon seit etwa 500 eine Reihe von einflu�reichen F�lschungen zur Verherrlichung des Papsttums vorgenommen worden, so gewann jetzt das Papsttum eine neue und zwar weitaus die m�chtigste St�tze durch die in Frankreich entstandenen, angeblich von einem gewissen Isidorus Mercator verfa�ten Dekretalen (s. Pseudo-Isidorus). Viele der neuen Dekretalen gingen durch ihre Aufnahme in die Rechtsb�cher der Kirche allm�hlich in das gemeine Recht �ber und wurden die wichtigste Grundlage f�r das papale System. Keine Kritik enth�llte die ungeheure T�uschung; und die P�pste nahmen an, was ihnen das Zeitalter bot. Nikolaus I. vertrat die Anspr�che des r�mischen Primats in ihrem vollen Umfang und mit fester �berzeugung. Er zwang den K�nig Lothar II. von Lothringen, seine versto�ene Gemahlin wieder anzunehmen, bot, unter Berufung auf die falschen Dekretalen, dem ganzen franz�sischen Klerus unter seinem F�hrer Hinkmar von Reims die Spitze, kassierte die von einer franz�sischen Synode vollzogene Absetzung des Bischofs Rothad von Soissons und setzte seinerseits die Erzbisch�fe von K�ln und Trier ab. Auch gegen�ber dem konstantinopolitanischen Patriarchen (s. Photios) machte er die Anspr�che des r�mischen Stuhles nachdr�cklich gelten d. Seine Nachfolger vermochten zwar diese Machtstellung nicht zu behaupten, doch gab die Schw�che der letzten Karolinger der p�pstlichen Politik eine treffliche Gelegenheit, bei allen wichtigern Angelegenheiten ihren Einflu� geltend zu machen. Diese Schw�che hatte freilich auch die Folge, da� in Italien, ja in Rom selbst, B�rgerkriege ausbrachen, in denen der P. mehrmals das Geschick der besiegten Partei teilen mu�te. R�mische Adelsfamilien, an ihrer Spitze Theodora und Marozia, konnten es versuchen, das Papsttum ganz zu einer nationalen Macht und zu einem weltlichen Besitztum umzugestalten. Mit Sergius III. begann die Zeit der sogen. Pornokratie (s. d.), der erst das Einschreiten der deutschen Kaiser ein Ende machte; aber jetzt ruhte die Hand der Ottonen schwer auf den Italienern. Die v�llige Unterordnung der p�pstlichen unter die Kaisergewalt war am entschiedensten um die Mitte des 11. Jahrh. ausgepr�gt. Aber die Kaiser befreiten zugleich das Papsttum von der Herrschaft des r�mischen Adels und stellten seine moralische Autorit�t wieder her. Heinrich III. selbst beseitigte 1046 drei rivalisierende P�pste und setzte fromme, der kirchlichen Reformpartei angeh�rende M�nner, von denen Leo IX. der bedeutendste war, in die p�pstliche W�rde ein. Daher nahm das Papsttum im 11. Jahrh. gleichzeitig mit der Zunahme des durch die Bestrebungen der Cluniacenser wachgerufenen streng religi�sen Eifers in der Christenheit einen m�chtigen Aufschwung. Die Pseudo-Isidorischen Dekretalen kamen jetzt zu vollster Geltung, und der P. erntete f�r die Handhabung der ihm darin �bertragenen Macht den Dank der Mitwelt. �berall war er der Unterst�tzung des Volkes gewi�, wenn er unw�rdige Geistliche absetzte und auf Synoden frei schaltete, um kirchliche Mi�br�uche abzustellen. Bald konnte es das so erstarkte Papsttum unternehmen, die Schw�che der deutschen Reichsregierung nach dem Tode Heinrichs III. zu benutzen, um seine Unabh�ngigkeit von der weltlichen Gewalt des Staates zu erstreben. Einen wichtigen Schritt auf diesem Wege bedeutete das von Nikolaus II. auf Betrieb des Kardinals Humbert von Selva Candida, aber wohl auch Hildebrands, des sp�tern Gregors VII., 1059 erlassene Dekret �ber die Papstwahl. Es r�umte den allein entscheidenden Einflu� auf die Wahl dem Kardinalkollegium ein, brach dadurch den Einflu�, den das r�mische Volk und der Adel bisher ge�bt hatten, und schr�nkte die Rechte, die dem Kaiser zustanden, bis zur Bedeutungslosigkeit ein. Kurz vorher, unter Leo IX., hatte der alte Streit mit dem Nebenbuhler in Konstantin op el endg�ltig zum Schisma zwischen dem Orient und dem Okzident gef�hrt (s. Griechische Kirche); allein Rom verlor dadurch keine Provinz, in der es bis dahin Rechte von Belang ausge�bt hatte.

Die f�nfte Periode reicht vom letzten Viertel des 11. bis zum Anfang des 14. Jahrh, d.h. von Gregor VII. bis zur Verlegung des p�pstlichen Stuhls[405] nach Avignon. Sie zeigt uns das Papsttum auf dem Gipfel seiner Macht und seines Glanzes. Die P�pste dieser Periode sind:

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Die Idee, die sich Gregor VII. vom Papsttum gebildet hatte und die in vieler Beziehung schon von Pseudo-Isidor ausgesprochen worden war, hat eine doppelte Seite, eine politische und kirchliche. Alle fr�hern Verherrlicher des Papsttums wollten den r�mischen Bischof nur zum Primas der Kirche erheben; nach Gregors Willen aber sollte er als Repr�sentant Gottes auf der Erde erscheinen, von dem nicht blo� die kirchlichen, sondern auch die weltlichen Gewalten abh�ngen, dem nicht blo� die bisch�fliche Autorit�t, sondern auch die Majest�t der K�nige untergeben sei. Es ist die Idee einer alles umfassenden Theokratie, an deren Spitze der P. steht, gleichsam eines gro�en Lehnsverbandes, der allen kirchlichen und weltlichen Besitz umschlie�t, und dieser Idee gem�� handelten Gregor VII. und seine Nachfolger, wenn sie F�rsten bannten und absetzten, �ber Kronen verf�gten und L�nder verschenkten. Den ersten Schritt zum Kampf gegen die weltliche Macht tat Gregor in der Aufnahme des Investiturstreites (s. Investitur). Es handelte sich um die Beseitigung des Rechtes der Landesherren, vor allen des Kaisers, die Bisch�fe und die �bte der Reichskl�ster einzusetzen und zu belehnen, wobei der Umstand, da� die Belehnung der erstern mit den kirchlichen Symbolen von Ring und Stab vollzogen wurde, der strengern kirchlichen Richtung besonders anst��ig erschien. Das Wormser Konkordat von 1122, das Calixtus II. mit Heinrich V. abschlo�, bedeutete in dem langen Kampf zwar einen gro�en Erfolg, aber noch keinen vollst�ndigen Sieg. Diesen errang erst im Beginn des 13. Jahrh. Innozenz III., seit dessen Zeit der Einflu� der Krone auf die Besetzung der geistlichen �mter im Reich so gut wie v�llig aufgehoben war. Der zweite Hauptzweck, die Unterwerfung des geistlichen Standes und aller kirchlichen Autorit�ten unter die Alleingewalt des Papstes, wurde bereits von Gregor VII. im Prinzip erreicht. Die Geistlichkeit wurde durch den Glaubenseid, durch den Z�libat etc. von allem Verband mit Staat und Familie abgel�st und zu einem gro�en Heer von p�pstlichen Beamten umgewandelt. Von ihrer Unterw�rfigkeit legten alle Kirchenbeamten gleich bei ihrer Einf�hrung Zeugnis ab: die Erzbisch�fe holten in Rom das Pallium, die Bisch�fe erhielten von Rom ihre Konfirmation, und w�hrend ihrer Amtsf�hrung ward ihnen das Untert�nigkeitsverh�ltnis dadurch stets ins Ged�chtnis zur�ckgerufen, da� alle einzelnen Rechte des Bischofs und Erzbischofs auch vom P. in ihrem Sprengel ausge�bt wurden, er sich als Ordinarius, sie aber als Delegierte hinstellte. Sein Gesetzgebungsrecht wurde innerhalb der Kirche souver�n und unumschr�nkt; es war lediglich eine Konsequenz dieser Anschauung, wenn in der Folge auch die alleinige Befugnis zur Dispensation von den kirchlichen Normen dem P. zugesprochen wurde, so da� alle andern kirchlichen Gewalten sie nur kraft p�pstlicher Vollmacht aus�ben konnten. Ebenso unumschr�nkt wurde innerhalb der gesamten Kirche das Straf- und Begnadigungsrecht des Papstes: w�hrend er nach Gregor VII. der h�chste Richter aller Geistlichen und Laien war, sollte er selbst von niemand auf Erden zur Rechenschaft gezogen werden k�nnen: er war nicht blo� der Nachfolger Petri, sondern der Stellvertreter Christi auf Erden. Die p�pstliche Universalmonarchie, wie sie in weiterer Entwickelung der Ideen Gregors VII. im 12. und 13. Jahrh. ausgebildet wurde, fand ihre Haupttr�ger und Vertreter nach Gregor in Hadrian IV. und Alexander III. zu Friedrichs I. Zeit, dann in dem gr��ten aller P�pste, dem ersten wirklichen Souver�n des Kirchenstaates, Innozenz III., nach ihm in Gregor IX. und Innozenz IV., den hartn�ckigen Gegnern Friedrichs II., endlich in Bonifatius VIII., der die Grunds�tze der Hierarchie in ihrer �u�ersten Konsequenz aussprach, aber einem �berlegenen Gegner, K�nig Philipp IV. von Frankreich, unterlag. Die Kaiser hatten sich beugen m�ssen; England, Polen, Ungarn, Bulgarien, Aragonien, Sizilien waren als dem p�pstlichen Stuhl zinspflichtige K�nigreiche in Anspruch genommen; h�tten die Kreuzz�ge, an sich schon ein Erweis p�pstlicher Macht �ber die Gem�ter, Erfolg gehabt, so w�re auch der Orient tributpflichtig geworden. Die K�nige der Erde nannten sich S�hne des Papstes und waren bei den schlechten Verfassungsverh�ltnissen ihrer L�nder, bei der Furcht der V�lker vor dem Interdikt, bei der Emp�rungslust der Vasallen gegen K�nige, deren Recht und Macht fraglich zu werden anfing, in vielen Beziehungen von Gunst und Wohlwollen der P�pste abh�ngig. Doch erwarb sich in diesen Zeiten das Papsttum auch hohe Verdienste um Schlichtung von f�rstlichen Streitigkeiten durch ausgedehnten Schutz der Untertanen und ihrer Rechte genen Willk�r und Tyranei.

Die sechste Periode reicht von der Verlegung des p�pstlichen Stuhls nach Avignon unter Clemens V. 1309 bis zur Reformation. Die P�pste dieser Periode sind:

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[406] Clemens V. war durch den Einflu� der franz�sischen Krone zum P. erhoben worden. Unter ihm und seinen Nachfolgern sah sich die p�pstliche Macht in den Dienst der der franz�sischen Politik gestellt und wurde von ihr vielfach als Werkzeug der Eifersucht, die Frankreich gegen Deutschland n�hrte, gemi�braucht. Zugleich sank die Achtung vor dem Papsttum und sein moralisches Ansehen durch die deutlicher hervortretende Tendenz der r�mischen Kurie, ihre weitgehenden Rechte zu finanziellen Zwecken auszunutzen, wozu die infolge der Entfernung aus Italien eingetretene Minderung der Eink�nfte aus dem Kirchenstaat und die kostspielige Hofhaltung n�tigten und das Streben nach irdischem Reichtum reizte. Bald ert�nten in der ganzen Christenheit die Klagen �ber die K�uflichkeit von Pfr�nden und Benefizien, Absolutionen und Dispensen, Privilegien und Urteilen am p�pstlichen Hof, �ber die ungeheuern Lasten, die das Papsttum unter immer neuen Vorw�nden durch Steuern und Taxen, Annaten und Zehnten, Reservationen und Spolien der Welt auferlegte. Vermehrt wurden diese �belst�nde und Erpressungen, als beim Beginn des p�pstlichen Schismas 1378 die Haushaltungen verdoppelt wurden. Das Schisma entstand, als nach dem Tode Gregors XI., der von Avignon nach Rom zur�ckgekehrt war, sein Nachfolger Urban VI. durch seine r�cksichtslose Strenge gegen die Entartung der hohen kirchlichen W�rdentr�ger und den Einflu� der Franzosen im Kardinalskollegium die Mehrzahl der Kardin�le zum Abfall reizte. Diese w�hlten Clemens VII., der wieder nach Avignon ging, w�hrend Urban in Italien blieb. Das Abendland zerfiel so in zwei H�lften, und auch nach dem Tode der Rivalen war an keine Vereinigung zu denken; denn sofort beeilte sich jede Kardinalpartei, durch die Wahl eines Nachfolgers ihre Stellung zu sichern. So kam es, da� 40 Jahre lang kein allgemein anerkannter P. zu finden war, und ebensolange vernahm man die Bannfl�che des einen Papstes gegen den andern. Gleichzeitig konsolidierten sich die Staatsgewalten, besonders in Frankreich, immer selbstbewu�ter, und zugleich stieg die Autorit�t der weltlichen Wissenschaften. Eine Krise nahte; man rief nach »Reform an Haupt und Gliedern«, und bald fand man, nach dem Vorgang der Universit�t Paris, nur in einem allgemeinen Konzil die M�glichkeit der Rettung (s. Episkopalsystem und Konzil). Zwar zu Pisa, wo man 1409 einen neuen P. in der Person Alexanders V. einsetzte, ehe die allgemein ersehnte Reform der Kirche in Angriff genommen war, gewann man, da auch die abgesetzten P�pste nicht von ihren Posten wichen, nur statt zweier hinfort drei Oberh�upter. Diese drei P�pste wurden sodann in Konstanz beseitigt, zwei durch Absetzung, der dritte durch Resignation; auch ward der Grundsatz aufgestellt, da� das Konzil �ber dem P. stehe. Abermals beging man indes den Fehler, noch vor beendigter Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern 1417 ein neues Oberhaupt, Martin V., einzusetzen. Dieser benutzte geschickt die Uneinigkeit im Scho� der Versammlung, unterhandelte mit den einzelnen, r�umte wenig ein und schlo� 1418 das Konzil, ohne eine wesentliche Einbu�e seiner Macht erlitten zu haben. Auch der energische Anlauf, den die Reformbestrebungen auf dem Konzil zu Basel (1431–43) nahmen, auf dem es noch einmal zur Absetzung Eugens IV. und zur Wahl eines Gegenpapstes Felix' V. kam, f�hrte schlie�lich nicht zum Ziel. Es gelang der p�pstlichen Politik, nachdem die franz�sische Kirche sich durch die Pragmatische Sanktion zu Bourges 1438 die durch die bisherigen Beschl�sse des Konzils angestrebten Vorteile gesichert hatte, das Konzil mehr und mehr lahmzulegen; Deutschland wurde durch das Wiener Konkordat von 1448 mit sehr d�rftigen Zugest�ndnissen abgefunden. So brachten die gro�en Konzile der Welt die ersehnte Reform der Kirche nicht. Bald ert�nten wieder die alten Klagen �ber den Mi�brauch der geistlichen Befugnisse des Papsttums, jetzt namentlich f�r die Pflege seiner weltlichen Interessen zur Erweiterung des Kirchenstaates und der p�pstlichen Macht in Italien. Indem die P�pste Kunst und Wissenschaft pflegten und an der gl�nzenden Bl�te der italienischen Renaissance ihren vollen Anteil hatten, pr�gte sich doch die weltliche Art ihres F�rstentums mehr und mehr aus. Und indem so sein geistlicher Charakter zur�cktrat, kam es in die H�nde ganz unw�rdiger Pers�nlichkeiten, schlie�lich in die des verworfenen Alexander VI., der, mit Lastern aller Art befleckt, den p�pstlichen Stuhl bestieg und das h�chste Amt der Christenheit entw�rdigte, um seinen eignen und seiner Familie Leidenschaften, ihrem z�gellosen Streben nach Macht und Genu� zu fr�nen. Seine Nach sol ger, Julius II. und Leo X., hielten sich zwar von solchen Lastern frei; beide waren namhafte Staatsm�nner, Julius ein Krieger auf St. Peters Thron; aber auch bei ihnen traten die Pflichten des geistlichen Amtes weit hinter den Interessen des weltlichen F�rstentums zur�ck.

Die siebente Periode reicht von der Reformation bis zur franz�sischen Revolution (1517–1789). Die P�pste dieser Periode sind:

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Der Abfall der germanischen Nationen in der Reformation ersch�tterte das Papsttum in seinen Grundfesten; es entstanden protestantische M�chte, die den P�psten ganz frei gegen�berstanden und ihnen keinerlei Vorrang, am wenigsten das Privilegium eines mit besondern Gaben und Vorrechten ausgestatteten Priestertums und einer sichtbaren Repr�sentation Christi, zugestanden. Das Papsttum mu�te daher alles aufbieten, um nicht blo� die Verluste an seinem Herrschaftsterritorium zu ersetzen, sondern vor allem seine Autorit�t als geistliche Macht der Welt gegen�ber zu restaurieren. Die n�chsten Schritte wurden im Kampf gegen den Protestantismus zum Schutz des noch Gebliebenen und zur Wiedereroberung des Verlornen getan. Unter den Ma�regeln dieser Art steht das Tridentinische Konzil (s. d.) obenan, das den katholischen Lehrbegriff scharf begrenzte. Auch die Geltendmachung der dogmatischen Prinzipien in der �u�ern Praxis durch Revision der liturgischen und kanonischen Schriften, durch Einf�hrung des Index librorum prohibitorum und durch die Stiftung des Jesuitenordens,[407] in dem der r�mische Stuhl eine �beraus wichtige St�tze erhielt, geh�rt hierher. Von dem Papstideal eines Gregor VII und Innozenz III. war man stillschweigend zur�ckgekommen. Oft lag w�hrend dieser Jahrhunderte die Mutterkirche mit weltlichen Gewalten auch katholischer Staaten im Hader, ohne �ber ihren Trotz den Sieg gewinnen zu k�nnen. Bann und Interdikt hatten ihre Schrecken verloren. In dem Hader �ber die gallikanische Kirchenfreiheit mit Ludwig XIV. wurde dem r�mischen Stuhl bei allem Respekt gegen seine Glaubenss�tze doch gerade der Gehorsam verweigert, den er am liebsten zum Glaubenssatz erhob. Anderseits ist nicht zu verkennen, da� der p�pstliche Stuhl nach den St�rmen der Reformation sich wieder auf mehr religi�sen als politischen Grundlagen befestigte, zuweilen sogar auch in politischen Verwickelungen die L�sung herbeif�hrte oder vermittelte. In letzterer Hinsicht war seine Stellung um so wichtiger, als in Italien die politischen Pl�ne �sterreichs, Frankreichs und Spaniens auseinander stie�en und die Freundschaft des Papstes ein f�rderlicher Bundesgenosse f�r jede der streitenden Parteien war. Auch machte sich die �berlegenheit des italienischen Geistes in diplomatischen K�nsten geltend, ehe durch Ludwig XIV. Frankreich tonangebend f�r das �brige Europa ward. Unter solchen Umst�nden blieb der schamlose Nepotismus, den viele P�pste �bten, die furchtbare Finanzverwirrung, die unter Innozenz X. sogar den Kornhandel zum Monopol der p�pstlichen Kammer machte, f�r die Ehre des Stuhles Petri ohne wesentliche Nachteile; Rom und der Kirchenstaat litten wohl unter den Mi�br�uchen schlechter Verwaltung, indes das Papsttum als solches blieb ziemlich unangefochten. Zeichen der Zeit waren es jedoch, da� der Westf�lische Friede, die Grundlage der modernen Staatenverh�ltnisse, vom P. vergeblich verworfen wurde, da� sich seit Karl V. kein deutscher Kaiser mehr vom P. kr�nen lie�, da� die Nationalkirchen, besonders in Frankreich, wieder nach Selbst�ndigkeit verlangten (s. Gallikanische Kirche). In der zweiten H�lfte des 18. Jahrh. ward dann die durch die »Aufkl�rung« hervorgerufene Reformbewegung auch in katholischen Staaten den P�psten und ihrem Einflu� auf die Regierung der Kirche immer gef�hrlicher. Sie trat insbes. deutlich in der Opposition gegen den Jesuitenorden hervor, dem das Papsttum so viel verdankte, und den, nachdem er in den meisten romanischen L�ndern von der Staatsgewalt unterdr�ckt worden war, Rom selbst 1773 aufheben mu�te.

Die P�pste der achten Periode, von der franz�sischen Revolution bis auf die Gegenwart, sind:

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Gewaltige St�rme begannen in dieser Periode zun�chst auf dem kirchlichen Gebiet. Nicht allein die dogmatische Grundlage des Katholizismus war durch die Opposition der englischen und franz�sischen Freigeister l�ngst ersch�ttert, sondern durch die kirchenrechtlichen Untersuchungen eines Justinus Febronius (Hontheim) war auch die p�pstliche Universalherrschaft auf das ernstlichste angefochten und eine aristokratische Regierung der Landeskirchen durch ihre Bisch�fe, kontrolliert vom P., aber unter der h�chsten Autorit�t des �ber dem P. stehenden allgemeinen Konzils (Episkopalsystem), empfohlen worden. Solcherlei Gedanken fanden damals in der katholischen Welt vielfachen Anklang; die vier Erzbisch�fe Deutschlands traten in Bad Ems (1786) zusammen, um die Unabh�ngigkeit der bisch�flichen Gewalt von der r�mischen festzusetzen (s. Emser Kongre�). Kaiser Joseph II. suchte die kirchlichen Verh�ltnisse seines Reiches aus landesherrlicher Machtvollkommenheit umzugestalten und einen aufgekl�rten, von Rom unabh�ngigen Priesterstand heranzuziehen. Die franz�sische Revolution schien nicht nur dem Priestertum und der Hierarchie, sondern der Kirche �berhaupt, ja dem Christentum ein Ende machen zu wollen, und selbst die weltliche Souver�nit�t des Papstes �ber den Kirchenstaat wurde aufgehoben, als franz�sische Armeen Italien �berschwemmten und auch Rom in eine Republik verwandelten. Napoleon I. w�nschte zwar im Interesse seiner allgemeinen Politik eine Neuordnung der zerr�tteten kirchlichen Verh�lt nisse und lie� sich deshalb mit Pius VII. in Unterhandlungen ein; aber in dem Konkordat von 1801 war kaum noch ein Schatten der alten Papstgewalt erhalten, und wenn der franz�sische Kaiser sich 1804 vom heiligen Vater in Paris kr�nen lie�, so erschien der P. dabei nur als Vasall des neugeschaffenen Herrscherthrons. Die politische Gesetzgebung Frankreichs verstie� vielfach gegen die alten Satzungen der Kirche, besonders in den Bestimmungen �ber Schlie�ung und Trennung der Ehe. Auch die weltliche Stellung des Kirchenf�rsten ward durch des Kaisers Pl�ne beengt, und schlie�lich kam es dahin, da� der P., der vergeblich noch einmal zu der alten Waffe des Bannes gegriffen hatte, 1809 weltliche Macht und pers�nliche Freiheit zugleich verlor. Die Wiederherstellung des Papsttums mit voller Souver�nit�t �ber den Kirchenstaat 1814 war ein diplomatischer Akt des Wiener Kongresses, wozu Ru�land, England und Preu�en wesentlich mitgewirkt hatten. Von nun an erstrebte Pius VII. konsequent die Restauration der p�pstlichen Herrschaft und gewann allm�hlich, bei wenigen fehlgeschlagenen Versuchen, der Kurie eine Pr�rogative nach der andern wieder. Die Herstellung des Jesuitenordens (7. Aug. 1814), der Abschlu� g�nstiger Konkordate mit katholischen Staaten, die Wiedereinf�hrung der Inquisition in Rom (1814), der Index, das Verbot des Freimaurerordens, der Stil seiner Bullen, Breven und Hirtenbriefe charakterisieren das unausgesetzte Streben dieses Papstes nach neuer Begr�ndung der Hierarchie. Leo XII. und Pius VIII. fuhren fort, im Geiste der begonnenen kirchlichen Restauration zu handeln; aber sie besa�en nicht die kluge Umsicht ihres Vorg�ngers, gerieten in harte Konflikte und lie�en den Kirchenstaat im Zustand h�chster politischer Aufregung zur�ck.

Gregor XVI. verkannte als Regent des Kirchenstaates die Forderungen des Zeitgeistes und erregte immer von neuem Emp�rungsversuche gegen sein hartes, mittelalterliches System. Mit besserm Erfolg trat er als Kirchenf�rst den katholischen und akatholischen Staaten gegen�ber. Einer seiner ersten Erlasse war die Konstitution »Sollicitudo ecclesiarum« (vom 31. Aug. 1831), worin erkl�rt wurde, da� der heilige Stuhl aus R�cksicht auf das Wohl der Christenheit und zur Aufrechthaltung der geistlichen Verbindungen die faktisch bestehenden Regierungen jedesmal anerkennen werde, ohne dadurch in der Rechtsfrage irgendwie zu entscheiden. Sein Nachfolger Pius IX. schien als Mann der Reform das Pontifikat einer bessern Zeit entgegenf�hren zu wollen, aber nur zu bald wurden W�nsche laut, denen der P. nicht gerecht werden konnte, und nur durch franz�sische Hilfe ward seine Autorit�t 1849 in Rom hergestellt. Den[408] empfindlichsten Schlag aber erlitt das Papsttum, als Napoleon III. zulie�, da� Viktor Emanuel 1860 den gr��ten Teil des Kirchenstaates dem K�nigreich Italien annektierte. Seinem Verlangen, Rom zur Hauptstadt des Reiches zu erheben und den P. mit einer Garantie seiner kirchlichen Befugnisse sowie einer entsprechenden Besoldung abzufinden, widerstand Frankreich bis zum gro�en deutschen Krieg. Im September 1870 aber zogen die italienischen Truppen in Rom ein. Seitdem ist der P. nur noch Kirchenhaupt, und es mu�te daher sein Verh�ltnis zu den Staatsh�uptern Europas, zu denen er bisher gez�hlt, auf einen neuen staats- und v�lkerrechtlichen Ausdruck gebracht werden. Alle Proteste Pius' IX. dagegen, seine Zur�ckweisung des italienischen Garantiegesetzes �nderten an dieser Sachlage nichts. Dagegen stieg die kirchliche Macht des Papsttums w�hrend des ungew�hnlich langen Pontifikats Pius' IX. ungemein, und der p�pstliche Absolutismus, der alle Befugnisse der untern Instanzen in sich aufgesogen hatte, erlangte seinen formellen Abschlu� durch die Verk�ndigung der p�pstlichen Unfehlbarkeit auf dem vatikanischen Konzil 18. Juli 1870. Pius' IX. Nachfolger Leo XIII. (seit 1878) verharrte allerdings in der ablehnenden Haltung gegen Italien, trat aber in kirchlicher Beziehung gem��igter auf, suchte die demagogische Presse der klerikalen Parteien zu z�geln und mit den Regierungen, besonders mit dem Deutschen Reich und Preu�en durch Beendigung des Kulturkampfes, ein gutes Verh�ltnis herzustellen. Auch der franz�sischen Republik gegen�ber, auf deren Unterst�tzung eine starke Partei in Rom und der P. selbst in der Hoffnung auf den Wiedergewinn der verlornen weltlichen Macht immer noch z�hlten, befolgte Leo XIII. eine freundliche Haltung und suchte die franz�sischen Klerikalen zum Anschlu� an die republikanische Staatsform zu bewegen. Allein nach seinem Tode verlor die franz�sische Partei im Kardinalskollegium ihren Einflu�; und indem Pius X. sich in seiner Regierung mehr von kirchlich-religi�sen als von politischen Gesichtspunkten bestimmen lie�, steigerte sich der Konflikt zwischen dem Papsttum und der franz�sischen Regierung, vorbereitet durch deren gesetzgeberische Ma�regeln gegen die kl�sterlichen Kongregationen, 1904 zu offenem Kampfe. Als der P. ohne R�cksicht auf das immer noch in Geltung stehende Konkordat gegen zwei franz�sische Bisch�fe Disziplinarma�regeln traf, brach Frankreich die diplomatischen Beziehungen mit dem p�pstlichen Stuhl ab und bereitete die Trennung von Staat und Kirche vor, die durch Gesetz vom 9. Dez. 1905 rechtsg�ltig, vom P. aber durch die Enzyklika vom 11. Febr. 1906 verworfen wurde.

Was die Papstwahl anlangt, so wurde in den ersten drei Jahrhunderten der P., wie jeder Bischof, von Geistlichkeit und Volk gew�hlt. Als die Kaiser Christen wurden, beanspruchten sie bald das Recht, bei der Papstwahl mitzuwirken, insbes. bei zwiespaltigen Wahlen zu entscheiden. Auch Odoaker und die ostgotischen K�nige, obwohl Arianer, �bten Einflu� auf die Besetzung des p�pstlichen Stuhles aus. Nach Vernichtung der gotischen Herrschaft hatten die Kaiser von Konstantinopel und in ihrem Auftrag die Exarchen von Ravenna das Best�tigungsrecht; vor der Best�tigung sollte die Weihe des gew�hlten Papstes nicht stattfinden. Ein gleiches Best�tigungsrecht vor der Weihe nahmen auch seit 824 die karolingischen Kaiser in Anspruch. Nachdem seit dem Verfall der karolingischen Macht auch die Besetzung des p�pstlichen Stuhles der Gewalt der r�mischen Gro�en anheimgefallen war, bestimmte Otto I., da� ohne seine und seines Sohnes Genehmigung kein P. gew�hlt oder geweiht werden solle. In der Folge haben dann je nach den politischen Verh�ltnissen entweder r�mische Gro�e oder die Kaiser (unter diesen namentlich Otto III. und Heinrich III.) �ber den p�pstlichen Stuhl verf�gt, bis das oben (S. 405) erw�hnte Dekret Nikolaus' II. von 1059 den Einflu� der einen wie der andern verdr�ngte. Seitdem wurden die P�pste von den Kardin�len gew�hlt; ein Gesetz Alexanders III. von 1179 setzte fest, da� zur G�ltigkeit der Wahl eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Kardin�le erforderlich sei und unter Ausschlu� jedes andern Einflusses gen�ge. Auf dem Konzil von Lyon wurde 1274 zur Vermeidung langer Vakanzen die Einrichtung des Konklave (s. d.) beschlossen; das Wahlverfahren im einzelnen ist durch p�pstliche Verf�gungen, namentlich von 1621, 1625 und 1732, geregelt. Weiteres s. Konklave.

[Literatur.] Quellen: Die p�pstlichen Akten, Schreiben, Bullen und Breven sind am vollst�ndigsten im »Magnum bullarium Romanum« gesammelt (beste Ausg., Turin 1857–72, 24 Bde.; Supplement, Neap. 1885, reicht bis 1758), die �ltern Papstbriefe bis 440 bei Constant, »Epistolae Romanorum pontificum« (Par. 1721; neue Ausg. von Schoenemann, G�tting. 1796), von 461–523 bei Thiel (Braunsb. 1867). Dazu kommen die Regestensammlungen von Jaff� (bis 1198; 2. Aufl. von Kaltenbrunner u.a., Berl. 1885–88, 2 Bde.), Potthast (bis 1304, das. 1874–1875, 2 Bde.), mit den Erg�nzungen von v. Pflugk-Hartung (bis 1197; Stuttg. 1881–88, 3 Bde.). Die p�pstlichen Register von 1216 an werden seit 1883 von der �cole fran�aise de Rome herausgegeben. Eine Auswahl der wichtigsten p�pstlichen Kundgebungen bietet Mirbt, Quellen zur Geschichte des Papsttums und des r�mischen Katholizismus (2. Aufl., T�bing. 1901), eine »Statistik der P�pste« Prinz Z. V. Lobkowitz (Freib. 1905). Zum Liber diurnus und Liber Pontificalis vgl. die betreffenden Artikel.

Darstellungen: Ranke, Die r�mischen P�pste in den letzten vier Jahrhunderten (10. Aufl., Leipz. 1900, 3 Bde.); Wattenbach, Geschichte des r�mi-Papsttums (Berl. 1876); D�llinger, Das Papsttum (bearbeitet von Friedrich, M�nch. 1891); Creighkon, History of the papacy from the great schisma to the sack of Rome (bis 1527; 2. Aufl., Lond. 1901, 6 Bde.) und History of the papacy during the period of the reformation (das. 1882–94, 5 Bde.); Nielsen, Geschichte des Papsttums im 19. Jahrhundert (a. d. D�n., 2. Aufl., Gotha 1880, 2 Tle.); Langen, Geschichte der r�mischen Kirche (bis Innozenz III., Bonn 1881–93, 4 Bde.); Gnoli, Roma ei papi nel seicento (Bd. 1, Mail. 1895); Pastor, Geschichte der P�pste seit dem Ausgang des Mittelalters (bisher 4 Bde., 1.–4. Aufl., Freiburg 1899–1906); N�rnberger, Zur Kirchengeschichte des 19. Jahrhunderts; Papsttum und Kirchenstaat (Mainz 1897 bis 1900, 3 Bde.); Graf v. Hoensbroech, Das Papsttum in seiner sozial-kulturellen Wirksamkeit (4. Aufl., Leipz. 1902, 2 Bde.); Grisar, Geschichte Roms und der P�pste im Mittelalter (Freiburg 1898 ff.); Haller, Papsttum und Kirchenreform (Berl. 1903, Bd. 1); Labanca, Il papato (Turin 1905).

�ber die Papstwahl vgl. Z�pffel, Die Papstwahlen vom 11. bis zum 14. Jahrhundert (G�tting. 1871); Souchon, Die Papstwahlen von Bonifatius VIII. bis Urban VI. (Braunschw. 1888) und Die Papstwahlen in der Zeit des gro�en Schismas (das.[409] 1898–99, 2 Bde.); Wurm, Die Papstwahl, ihre Geschichte und Gebr�uche (K�ln 1902).

Quelle:
Meyers Gro�es Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 403-410.
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