Berlin [1]

[692] Berlin (hierzu zwei Stadtpl�ne: »ï¿½bersichtsplan« und »Innere Stadt«, mit Registerbl�ttern), die Hauptstadt des Deutschen Reiches und des K�nigreichs Preu�en, zugleich erste Residenz des deutschen Kaisers und K�nigs von Preu�en und Sitz der h�chsten Reichs- und Staatsbeh�rden. B. liegt unter 52�30� 16�� n�rdl. Br. und 13�23� 43�� �stl. L. (demnach Reduktion von Ortszeit auf M.E.Z.: +6m 25s), Meeresh�he am Oberbaum, im O., 31,38 m, am Unterbaum, im W., 30,13 m �ber dem Spiegel der Ostsee, an beiden Ufern der Spree, welche die Stadt von SO. nach NW. durchflie�t, sich gabelt und von N. her die Panke aufnimmt.

Wappen der Stadt Berlin. (Vgl. S. 701.)
Wappen der Stadt Berlin. (Vgl. S. 701.)

Links von der Spree geht oberhalb B. der Landwehr- oder Schiffahrtskanal ab, der, 10,3 km lang, durch den 2 km langen Luisenst�dtischen Kanal mit der Spree innerhalb der Stadt verbunden ist; rechts der Spree geht unterhalb der Stadt der Spandauer Schiffahrtskanal in einer L�nge von 12,05 km zu dem Ausgang des Tegeler Sees in die Havel. Das Weichbild der Stadt umfa�t 63,49 qkm (1,15 QM.). Der Durchmesser des st�dtischen Terrains von N. nach S. ist 9,265 km, von O. nach W. 10,056 km, der Umfang 47,3 km. Die mittlere Temperatur betr�gt 9,2�, die Niederschl�ge 589 mm.

Stadtteile. �ffentliche Anlagen.

Die historischen Stadtteile sind durch die nat�rlichen Wasserl�ufe, die jetzt aber z. T. zugesch�ttet sind, voneinander geschieden, und zwar: Alt- K�lln, als Zentrum der Stadt mit dem k�niglichen Schlo� auf der Spreeinsel, Alt-B., von gleichem Alter, mit dem Rathaus, n�rdlich davon gelegen Friedrichswerder und Neu-K�lln mit dem Zeughaus und der Reichsbank, ferner die Dorotheenstadt und Friedrichstadt,[692] die sich in der Behrenstra�e scheiden, zusammen aber von der Friedrichstra�e durchzogen werden. N�rdlich an die Dorotheenstadt am rechten Spreeufer st��t die Friedrich-Wilhelmstadt, die durch die Verl�ngerung der Friedrichstra�e von dem Spandauer Viertel getrennt wird. Die Fortsetzung des letztern nach O. bilden die K�nigsstadt und das Stralauer Viertel, das mit der Friedrichstadt durch die Luisenstadt am linken Spreeufer verbunden ist. Diese letzten sieben Stadtteile bilden einen zweiten konzentrischen Kreis um die drei vorher genannten, die in unmittelbarem Anschlu� an den Mittelpunkt den ersten Kreis bilden. Im W., N. und S. schiebt sich sodann noch ein dritter, im O. allerdings nicht geschlossener Kreis vor, dessen Mitte von dem Tiergarten eingenommen wird. N�rdlich davon liegen das sogen. Hansaviertel, Moabit, Wedding und die Oranienburger und Rosenthaler Vorstadt, s�dlich die Friedrichsvorstadt, das Sch�neberger und Tempelhofer Revier. Mit der alten Stadtmauer sind auch die Tore verschwunden bis auf eins, das Brandenburger Tor, das von den Linden zur Chaussee nach Charlottenburg f�hrt. Es wurde von Langhans nach dem Vorbilde der Propyl�en zu Athen 1789–93 errichtet, hat eine Breite von 62,5 m bei 20 m H�he und besteht aus einem Doppelportikus von 12 dorischen kannelierten, je 14 m hohen S�ulen, die f�nf Durchg�nge f�r Wagen bilden, w�hrend f�r Fu�g�nger 1868 ein in gleichem Stil gehaltener S�ulenbau hinzugef�gt wurde. Die Attika tr�gt die in einer Quadriga stehende Siegesg�ttin, 6,3 m hoch, von Schadow modelliert, von Jury und Gerike in Kupfer getrieben; diese Viktoria wurde 1807 von den Franzosen nach Paris entf�hrt, aber 1814 zur�ckgebracht. Seitdem f�hrt sie das Viergespann (anders als vor 1807) der Stadt zu, und in die Spitze ihres adlergekr�nten Stabes wurde das Eiserne Kreuz eingef�gt.

Unter den Br�cken der Stadt ist die sch�nste die Schlo�br�cke von den Linden zum Lustgarten, 1822 bis 1824 nach Schinkels Entw�rfen gebaut, 48 m lang, 32 m breit. Ihr Gel�nder wird von acht Marmorgruppen geziert, die das Leben eines Kriegers durch antike Figuren zur Anschauung bringen (s. Tafel »Bildhauerkunst XV«, Fig. 1). Monumental erscheint auch die 1886–89 von der Stadt B. erbaute Kaiser Wilhelm-Br�cke, die den Lustgarten mit der Kaiser Wilhelm-Stra�e verbindet. Die vom Schlo�platz zur K�nigstra�e f�hrende Lange oder Kurf�rstenbr�cke, 1692–95 erbaut, 1895 erneuert und verbreitert, ist durch das meisterhafte Standbild des Gro�en Kurf�rsten geschm�ckt, von Schl�ter entworfen und modelliert, von Jacobi in Erz gegossen und 12. Juli 1703 feierlich enth�llt (s. Tafel »Bildhauerkunst XII«, Fig. 2). Die �brigen �ltern Br�cken sind seit ihrem �bergang in das Eigentum der Stadt (1876) neu erbaut; hervorzuheben sind die Oberbaum-, Schillings-, Michaels-, Jannowitz-, Waisen-, Friedrichs-, Weidendammer, Marschalls-, Kronprinzen-, Moltke-, Luther-, Moabiter-, Lessing-, Hansa- und Achenbachbr�cke, ferner von Kanalbr�cken die Belle-Alliance- und die Herkulesbr�cke (jene mit allegorischen Marmorgruppen, diese mit den mythologischen Figuren der alten Herkulesbr�cke), ferner die mit den Standbildern von Helmholtz, W. Siemens, Gau� und R�ntgen geschm�ckte Potsdamer Br�cke.

Die �ber 700 Stra�en der Stadt haben zusammen eine L�nge von etwa 464 km. Die sch�nste Stra�e ist die vom Brandenburger Tor nach dem k�niglichen Schlo� f�hrende Unter den Linden, 1004 m lang, 60,6 m breit, in der Mitte mit einer dreifachen Baumreihe und einer Promenade, an der Nordseite mit einem Weg zum Reiten, auf beiden Seiten mit Fahrwegen und breiten Trottoirs f�r die Fu�g�nger versehen. Hier stehen das Palais weiland Kaiser Wilhelms I., die alte Kunstakademie, das Kultusministerium, das Ministerium des Innern, die russische Botschaft, mehrere Hotels und eine Reihe der gl�nzendsten Kaufl�den; sie hat nach O. zu eine Art Fortsetzung erhalten in der durch die alten Stadtteile gelegten Kaiser-Wilhelmstra�e. Von den Linden f�hrt in einer gebrochenen Linie nach der Ecke der Friedrich- und Behrenstra�e die Passage (Kaisergalerie genannt). Die Friedrichstra�e durchschneidet die Stadt von N. nach S. vom Oranienburger Tor bis zum Belle-Allianceplatz und ist 3 km lang. Die Wilhelmstra�e enth�lt in ihrer ersten H�lfte von den Linden ab das Reichskanzlerpalais, Minister- und Gesandtschaftshotels. Die Leipziger Stra�e verbindet zwei gro�e Pl�tze (D�nhofs- und Leipziger Platz). An ihr liegen: das Kriegsministerium, das Reichspostamt, das Herrenhaus und zahlreiche gro�artige Gesch�ftsh�user sowie die Warenh�user von Wertheim und Tietz. Die neuesten Stra�en, welche die reichste Abwechselung des Baustiles zeigen, liegen in dem sich immer weiter hinausschiebenden Westen, zwischen der Tiergarten-, Potsdamer Stra�e und dem zoologischen Garten; unter ihnen zeichnen sich die Viktoria-, Bellevue-, Kurf�rstenstra�e und der nur zum kleinsten Teil zu B. geh�rige Kurf�rstendamm aus. Der weiter im W. entstandene neue Stadtteil geh�rt schon zu Charlottenburg. B. z�hlt 72 �ffentliche Pl�tze, von denen die gr��ern mit Gartenanlagen und teilweise mit Springbrunnen geschm�ckt sind; darunter die wichtigsten: der Opernplatz am �stlichen Ende der Linden, von den prachtvollsten Geb�uden (Zeughaus, Universit�t, Opernhaus) umgeben; der Gendarmenmarkt (in seiner Mitte, am Denkmal Schillers, Schillerplatz genannt) in der Friedrichstadt; der Schlo�platz; der Lustgarten zwischen der n�rdlichen Langseite des Schlosses, dem Dom und dem Museum; der Leipziger Platz; der Wilhelmsplatz in der Friedrichstadt; der Pariser Platz am Brandenburger Tor; der K�nigsplatz (mit dem Siegesdenkmal und dem Reichstagsgeb�ude) nordwestlich von letzterm; der D�nhofsplatz an der Leipziger Stra�e; der kreisf�rmige Belle-Allianceplatz am Halleschen Tor; der L�tzowplatz; der Nollendorfplatz an der Grenze gegen Charlottenburg und Sch�neberg (jetzt verunziert durch einen Bahnhof der Hochbahn).

Die hervorragendste der �ffentlichen Anlagen Berlins ist der Tiergarten. Er umfa�t ein Areal von ungef�hr 255 Hektar und erhielt unter Friedrich Wilhelm III. durch Lenn� im wesentlichen seine jetzige Gestalt. Durch seinen s�d�stlichen Teil f�hrt die herrliche Siegesallee mit den vom Kaiser Wilhelm II. 1898–1901 errichteten 32 Marmorgruppen von brandenburgischen und preu�ischen Herrschern (s. Tafel »Berliner Denkm�ler II«, Fig. 6, und Tafel »Bildhauerkunst XIX«, Fig. 3) zum K�nigsplatz. Weiter nach S. befindet sich das Standbild Friedrich Wilhelms III. von Drake (1849 errichtet; s. Tafel »Bildhauerkunst XIV«, Fig. 6); ihm gegen�ber das Denkmal der K�nigin Luise von Encke (1880 errichtet; s. Tafel »Berliner Denkm�ler II«, Fig. 5); ferner in der N�he des Brandenburger Tores das Denkmal Goethes von Schaper (1880 errichtet; s. Tafel »Bildhauerkunst XVII«, Fig. 8) und dasjenige Lessings von Otto Lessing (1891 errichtet; s. Tafel »Berliner[693] Denkm�ler II«, Fig. 4). Die wichtigsten Partien im und am Tiergarten sind: das k�nigliche Lustschlo� Bellevue mit Park, die Zelte, eine Reihe von Erfrischungslokalen, der Goldfischteich, der Floraplatz, die Luisen- und Rousseau-Insel etc. Au�erdem hat die Stadt einige Parke in der unmittelbaren Umgebung der Stadt geschaffen, n�mlich den Friedrichshain (52 Hektar) vor dem K�nigstor mit den Gr�bern der M�rzgefallenen und einer B�ste Friedrichs d. Gr., und den Humboldthain (35 Hektar) vor dem sogen. Gesundbrunnen (einem nach einer Mineralquelle benannten Stadtteil). Seit 1876 ist ein 14 Hektar gro�es Gebiet bei Treptow zu einem Park umgewandelt und seit 1888 am Kreuzberg der terrassenf�rmige Viktoriapark (mit gro�artig angelegtem Wasserfall) geschaffen worden.

Denkm�ler.

(Hierzu Tafel »Berliner Denkm�ler I und II«.)

Von den �ffentlichen Denkm�lern sei zun�chst das 1821 f�r die 1813–15 gefallenen Krieger auf dem Kreuzberg (20 m hohe, in gotischer Pyramidenform nach Schinkels Entwurf) errichtete erw�hnt. Ein Seitenst�ck dazu bildet die am 2. Sept. 1873 eingeweihte Siegess�ule auf dem K�nigsplatz, die nach dem Entwurf von Strack zur Erinnerung an die drei siegreichen Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 ausgef�hrt wurde und mit der sie kr�nenden Viktoria von Drake eine Gesamth�he von 61 m erreicht. Ihr gegen�ber ist vor dem Reichstagsgeb�ude 1901 dem Reichskanzler F�rsten Bismarck ein Kolossaldenkmal (nach einem Entwurf von R. Begas, Tafel I, Fig. 2) errichtet worden. Von �ltern Denkm�lern sind noch die Friedenss�ule auf dem Belle-Allianceplatz mit einer Viktoria von Rauch und das Nationalkriegerdenkmal im Invalidenpark zum Andenken an die 1848 und 1849 Gefallenen (1854 errichtet) zu erw�hnen. Das figurenreichste Werk monumentaler Skulptur ist aber die Reiterstatue Friedrichsd. Gr., ein Meisterwerk Rauchs, von Friebel in Erzgu� ausgef�hrt, 13,5 m hoch (s. Tafel »Bildhauerkunst XIII«, Fig. 3), am Eingang der Linden, die am 31. Mai 1851 enth�llt wurde. Das umfangreichste Denkmal Berlins ist das am 22. M�rz 1897 enth�llte Nationaldenkmal f�r Kaiser Wilhelm I. auf dem Platze der ehemaligen Schlo�freiheit (von R. Begas, Tafel I, Fig. 1) mit einer den architektonischen Abschlu� bildenden Hallenanlage (von G. Halmhuber). Andre Denkm�ler sind die der Helden der Befreiungskriege auf dem Opernplatz, der des Siebenj�hrigen Krieges auf dem Wilhelmsplatz, der Grafen Brandenburg und Wrangel auf dem Leipziger Platz, das Reiterstandbild K�nig Friedrich Wilhelms III. (von Wolff) im Lustgarten, 1871 enth�llt, das Reiterstandbild Friedrich Wilhelms IV. (von Calandrelli, 1886 enth�llt) auf der Freitreppe der Nationalgalerie, das Marmordenkmal der Kaiserin Augusta (von Schaper, seit 1895) vor der k�niglichen Bibliothek, das Lutherdenkmal auf dem Neuen Markt (1895 enth�llt, von P. Otto und V. Toberentz, Tafel II, Fig. 1–3), ferner die Denkm�ler von Schinkel, Beuth und Thaer (Rauchs letztes Werk) vor der fr�hern Bauakademie, von Schinkel, Rauch, Schadow, Winckelmann, K. O. M�ller, D. Chodowiecki, Cornelius, v. Knobelsdorff, Carstens und Schl�ter in der Vorhalle des alten Museums, die Denkm�ler Wilhelms und Alexanders v. Humboldt (das erstere v. P. Otto, das zweite von R. Begas) sowie f�r Helmholtz (von E. Herter, Tafel I, Fig. 5) vor der Universit�t, das von Hegel (Kolossalb�ste) hinter der Universit�t (Hegelplatz), von Chamisso (gleichfalls Kolossalb�ste) auf dem Monbijouplatz, das am 10. Nov. 1871 enth�llte Schillerdenkmal von R. Begas auf dem Schillerplatz, das Denkmal des Freiherrn vom Stein auf dem D�nhofsplatz (seit 1875) von Schievelbein, die der Abgeordneten Waldeck (von Walger) und Schultze-Delitzsch (von H. Arnoldt, Tafel I, Fig. 6), die Kolossalstatue der Berolina auf dem Alexanderplatz (von E. Hundrieser, Tafel I, Fig. 4), die Bronzestandbilder der Markgrafen Waldemar und Albrecht des B�ren (von M. Unger und I. Boese) auf dem M�hlendamm, die Gruppe der heil. Gertraudis (von R. Siemering); das Denkmal des Turnvaters Jahn von Encke in der Hasenheide, das Aloys Senefelders von Pohle im N. der Stadt; das Feuerwehrdenkmal (auf dem Mariannenplatz). Die beiden gro�en Berliner �rzte v. Grase (s. Tafel »Bildhauerkunst XVII«, Fig. 3) und Wilms haben 1882–83 jeder ein Denkmal erhalten; auch sind den Dichtern aus den Befreiungskriegen im Viktoriapark Hermen errichtet worden. – An monumentalen Brunnen sind zu erw�hnen: auf dem Schlo�platz (im Zuge der Breiten Stra�e) der von R. Begas 1891 geschaffene Schlo�brunnen, den die Stadt B. Kaiser Wilhelm II. als Huldigungsgeschenk darbrachte; auf dem Spittelmarkt der 1891 von Kyllmann und Heyden in Granit errichtete Spindlerbrunnen; endlich der 1902 von Kaiser Wilhelm II. der Stadt geschenkte Rolandbrunnen mit Rolandstatue am Schlu�punkte der Siegesallee (1902 nach dem Entwurfe von O. Lessing errichtet) an Stelle des sogen. Wrangelbrunnens.

Bauwerke.

(Hierzu die Tafeln »Berliner Bauten I-III«)

An gottesdienstlichen Geb�uden besitzt B. 58 evangelische Kirchen und Kapellen (in 48 Gemeinden), 8 katholische Kirchen und 10 Kapellen, 15 Kirchen und Kapellen von der Landeskirche unabh�ngiger Gemeinden und 9 Synagogen. Von den evangelischen Kirchen stammen vier aus dem Mittelalter, darunter aus dem 13. Jahrh. die Marienkirche (mit dem Grabdenkmal des Feldmarschalls v. Sparr) und die Nikolaikirche, beide neuerdings wiederhergestellt. Im 17. und 18. Jahrh. sind 14 Kirchen entstanden und meist in den letzten Jahrzehnten renoviert, darunter die Franz�sische und die Neue Kirche aus dem 18. Jahrh.; die an beide angef�gten Kuppelt�rme lie� Friedrich II. nach dem Muster der Kirche Maria del Popolo in Rom erbauen. Unter Friedrich Wilhelm III. sind zwei von Schinkel erbaut, wie die Friedrich Werdersche Kirche im gotischen Stil, unter Friedrich Wilhelm IV. acht, meist von St�ler (wie die Matth�i-, Markus- und Bartholom�uskirche) oder von Strack (wie die Andreas- und Petrikirche), unter Kaiser Wilhelm I. zehn, darunter von Orth die Zions- und die Dankeskirche, von Otzen die gotische Heilig-Kreuzkirche. Mehr als 20 Kirchen sind unter Kaiser Wilhelm II. entstanden, und zwar die umfangreichsten und sch�nsten. Unter den Stilformen �berwiegen dabei der gotische und romanische Stil, einige sind neuerdings im altm�rkischen Baustil erbaut; die meisten dieser Kirchenbauten stammen von Orth, Spitta, Otzen und Schwechten her. W�hrend die �ltern Kirchen �berwiegend Backsteinbauten sind, hat man neuerdings durch Verwendung von Sandsteingliederungen oder von farbig glasierten Ziegeln Abwechselung geschaffen oder einige ganz aus Werksteinen errichtet. Zu den sch�nsten neuern Kirchenbauten geh�rt in erster Linie der Dom am Lustgarten (Tafel III, Fig. 1), seit 1894 im Stil der Hochrenaissance von J. C. Raschdorff aus schlesischem Sandstein erbaut, 114 m lang, 43 m[694] tief, 100 m hoch; er besteht aus einer zweischiffigen Vorhalle, der dahinter liegenden Predigtkirche in Gestalt eines ungleichseitigen Achtecks, der Tauf- und Trauungskirche an der S�d- und der Denkmalskirche an der Nordseite, unter der sich die Hohenzollerngruft befindet. Sodann ist die Kaiser Wilhelm-Ged�chtniskirche am Zoologischen Garten zu erw�hnen (Tafel II, Fig. 2); sie ist 1891–95 von Schwechten im sp�tromanischen Stil aus rheinischem Tuffstein erbaut und mit Statuen und Glasmalereien reich geschm�ckt; ferner die Kaiser Friedrich-Ged�chtniskirche an der S�dseite des Hansaviertels, 1895 von Vollmer im gotischen Stil erbaut; die Gnadenkirche (zum Ged�chtnis an die Kaiserin Augusta), 1892–94 im romanischen Stil von Spitta erbaut, die gotische Lutherkirche (von Otzen 1891–94), die neue Garnisonkirche an der Hasenheide, 1894–97 von Ro�teuscher im gotischen Stil errichtet, etc. Die �lteste der katholischen Kirchen ist die St. Hedwigskirche am Opernplatz, 1747–73 nach dem Muster des Pantheons in Rom gebaut und 1886–87 durch Hasak renoviert. Au�er der St. Michaelskirche stammen die �brigen katholischen Kirchen aus dem letzten Jahrzehnt, darunter die katholische Garnisonkirche zu St. Johannes in der Gneisenaustra�e (1895–97 von Mencken erbaut). Die von 1859–60 erbaute j�dische Synagoge in der Oranienburger Stra�e ist im maurischen Stil von Knoblauch, eine andre in der Lindenstra�e 1896–98 von Cremer u. Wolffenstein erbaut.

Profanbauten. Aus dem Mittelalter stammt noch das sogen. Lagerhaus in der Klosterstra�e, Absteigequartier der Kurf�rsten vor Erbauung des Schlosses, jetzt Sitz des Geheimen Staatsarchivs und des Rauchmuseums. Auch das Schlo� reicht in seinem �ltesten Teile noch ins 15. und 16. Jahrh. hinein, doch wurde es seit 1698 von Andreas Schl�ter und nach ihm von J. F. Eosander umgebaut; Friedrich Wilhelm IV. f�gte die 71 m hohe Schlo�kapelle und die Terrasse am Lustgarten hinzu, und Kaiser Wilhelm II. lie� 1888–89 die nach dem Schlo�platz gelegenen Wohnr�ume neu herrichten und neuerdings den Nordwestfl�gel umbauen. Das Schlo� bildet ein l�ngliches Viereck (mit einem seitlichen Vorbau nach dem Dom zu) und umschlie�t vier H�fe (darunter der �u�ere mit der Kolossalstatue des drachent�tenden St. Georg); die Front am Lustgarten ist 197 m, die am Schlo�platz 168 m, die Seite nach der Schlo�freiheit 117 m lang; die H�he des Geb�udes mit seinen vier Stockwerken betr�gt 32 m. Von den f�nf Portalen (s. Tafel »Architektur XII«, Fig. 3) ist das nach der Schlo�freiheit eine Nachahmung des Septimianischen Triumphbogens. Das Hauptportal nach dem Lustgarten flankieren zwei Gruppen von Rosseb�ndigern (Erzgu� nach Modellen des Barons Clodt v. J�rgensburg; s. Tafel »Bildhauerkunst XV«, Fig. 7), Geschenke des Kaisers Nikolaus von Ru�land. Das Schlo� enth�lt gegen 600 Zimmer, S�le etc., wovon der Ritter- oder Thronsaal, der Wei�e Saal und die Bildergalerie die bemerkenswertesten sind. Im Stil des Schlosses ist die Fassade des neuen Marstallgeb�udes an der S�dseite des Schlo�platzes gehalten. Jenseit der Schlo�br�cke erhebt sich das Palais, das Kaiser Friedrich III. als Kronprinz und vor ihm Friedrich Wilhelm III. bewohnte (aus dem 17. Jahrh., im 19. Jahrh. durch Strack umgebaut), und das Palais weiland Kaiser Wilhelms I. Unter den Linden (1834–36 vom Oberbaurat Langhans erbaut); das Sterbezimmer Kaiser Wilhelms ist zu einer Ged�chtniskapelle umgewandelt worden. Durch eine Galerie ist damit das ehemalige Niederl�ndische Palais aus dem 18. Jahrh. verbunden. Dem k�niglichen Schlo� gegen�ber erheben sich das Alte und das durch einen Bogengang mit demselben verbundene Neue Museum, ersteres eine Sch�pfung Schinkels, letzteres St�lers. Das Alte Museum (s. Tafel »Museumsgeb�ude I«, Fig. 2; Grundri�, Tafel II, Fig. 4), 1824–28 erbaut, bildet ein l�ngliches Viereck, 86,6 m lang, 56 m tief und mit der Kuppel 26 m hoch; eine 28,5 m breite Freitreppe f�hrt zu einer mit Fresken geschm�ckten Vorhalle. Die beiden Treppenwangen sind mit Gruppen in Bronzegu� von Wolff (L�went�ter) und Ki� (Amazone), s. Tafel »Bildhauerkunst XIV«, Fig. 7 und 9, ausgestattet. Dieses Museum ist f�r Gem�lde und Bildwerke bestimmt, w�hrend das Neue Museum, 1843–55 erbaut, Gipsabdr�cke, Vasen, Terrakotten, Kupferstiche und andre Sammlungen beherbergt (s. unten). Der Mittelbau umschlie�t das 18 m breite, 40 m hohe Treppenhaus mit sechs historischen Wandgem�lden von Kaulbach. Vor dem Alten Museum steht eine 7 m im Durchmesser haltende Gneisschale, die 1827 aus einem Teil eines der sogen. Markgrafensteine auf den Rauenschen Bergen bei F�rstenwalde verfertigt ward. Neben dem Neuen Museum erhebt sich die Nationalgalerie, aus Sandstein (nach einem Entwurf St�lers) von Strack erbaut. An der Nordwestspitze der Museumsinsel erheben sich das Pergamenische Museum (1897–99 nach Pl�nen von Wolff erbaut) und das noch im Bau befindliche Kaiser Friedrich-Museum (von E. Ihne). Im N. davon, jenseit der Spree, steht Schlo� Monbijou (im 18. Jahrh. von J. F. Eosander erbaut und jetzt dem Hohenzollernmuseum einger�umt) und s�dwestlich vom Museum, auf dem Friedrichswerder, das Zeughaus, 1695–1706 nach Nehrings Pl�nen im Stil der italienischen Sp�trenaissance errichtet, 1880–83 im Innern als »Ruhmeshalle« umgebaut (s. Tafel »Architektur XII«, Fig. 2). Unter den plastischen Dekorationen nehmen die Masken sterbender Krieger im innern Hof (s. Tafel »Bildhauerkunst XII«, Fig. 3) und das den ruhenden Mars darstellende Relief an der Stirnseite des obern Stockes (beides von Schl�ter) die erste Stelle ein. Das Untergescho� enth�lt Sammlungen von Gesch�tzen und Festungsmodellen, das Obergescho� eine vorz�gliche Waffensammlung, die Herrscherhalle (Statuen der preu�ischen Regenten seit dem Gro�en Kurf�rsten, vier Wandgem�lde aus der preu�ischen Geschichte und allegorische Kuppelmalereien von Geselschap) und die Feldherrenhalle (Kolossalb�sten brandenburgisch-preu�ischer Heerf�hrer und 13 Wandgem�lde aus der brandenburgisch-preu�ischen, resp. neuesten deutschen Geschichte). Westlich davon steht die K�nigswache, 1819 von Schinkel in der Form eines r�mischen Castrum erbaut; das Universit�tsgeb�ude, ehemals Palais des Prinzen Heinrich, 1754–64 von Boumann (Vater) erbaut; das alte Akademiegeb�ude (1690 von Nehring erbaut, 1749 von Boumann restauriert), das bisher der Akademie der Wissenschaften und der Akademie der K�nste zum Sitz diente (die Hochschulen f�r die bildenden K�nste und die Musik sind in das 1902 vollendete Geb�ude in der Hardenbergstra�e in Charlottenburg verlegt); am Opernplatz die k�nigliche Bibliothek (1770–80 durch Boumann [Sohn] erbaut); das Opernhaus (1741–43 von Knobelsdorff erbaut, nach dem Brande von 1843 durch Langhans wiederhergestellt); am Schinkelplatz und Werderschen Markte die ehemalige Bauakademie, ein Hauptwerk Schinkels (1835 aus Backsteinen errichtet), seit 1884 den Zwecken der Kunstakademie dienend, und auf dem[695] Schillerplatz das Schauspielhaus, nach dem Brande des �ltern 1819–21 von Schinkel errichtet.

Aus dem 18. Jahrh. stammen das Hausministerium, das Ausw�rtige Amt, das Reichskanzlerpalais, das Kammergericht, die russische Botschaft, die Kommandantur u. a. An die oben erw�hnten Bauten aus der ersten H�lfte des 19. Jahrh. schlossen sich unter der Regierung Wilhelms I. an: das Rathaus, ein Backsteinbau von 99,2 m L�nge und 87,9 m Breite mit 74 m hohem Turm, von W�semann 1861–70 erbaut, die B�rse (von Hitzig 1859–63 im Renaissancestil aus Sandstein erbaut und 1884 erweitert, s. Tafel »B�rsengeb�ude I«, Fig. 1; Grundri� Tafel II, Fig. 5), die M�nze (mit einem von dem alten Geb�ude �bernommenen Relief von Schadow), mehrere Universit�tsinstitute (Kliniken, physikalisches und physiologisches Institut etc.), die Geologische Landesanstalt und Bergakademie, die Landwirtschaftliche Hochschule, das Museum f�r Naturkunde (Grundri� s. Tafel »Museumsgeb�ude II«, Fig. 6), das Generalstabsgeb�ude, die Kriegsakademie, das Hauptpostamt in der K�nigstra�e, das Reichspostamt in der Leipziger Stra�e (1871–73 von Schwatlow erbaut, 1893–98 von Techow und Ahrens erweitert), das Polizeipr�sidium (1885–90 von Blankenstein und Hesse erbaut), die Zentralmarkthalle (s. Tafel »Markthallen«), das Museum f�r V�lkerkunde (1886) und das Kunstgewerbemuseum (1877 bis 1881 von Gropius und Schmieden erbaut; Tafel I, Fig. 3; Grundrisse auf Tafel »Museumsgeb�ude II«, Fig. 7 und 5), der Packhof und das Kriminalgerichtsgeb�ude in Moabit (1882–85 erbaut), die neuen Bahnhofsgeb�ude, wie der Potsdamer und der Anhaltische Bahnhof (dieser von Schwechten 1875–80 errichtet; s. Tafel »Berliner Bauten I«, Fig. 1), mehrere Bahnh�fe der Stadtbahn (s. Tafel »Bahnh�fe II«, Fig. 2), die Reichsbank (1869–76 von Hitzig erbaut, 1894 erweitert; s. Tafel »Berliner Bauten I«, Fig. 2; Grundri� s. Tafel »Bankgeb�ude«, Fig. 7), zahlreiche Bauten von h�hern und Gemeindeschulen (Tafel III, Fig. 2) etc. Noch imposanter sind manche der unter Kaiser Wilhelm II. vollendeten �ffentlichen Bauten, zun�chst das Reichstagsgeb�ude (s. Tafel »Reichstagsgeb�ude« mit Beschreibung), 1884–94 von Wallot im Stil der Hochrenaissance mit einem Aufwande von 22 Mill. Mk. erbaut, 132 m lang, 88 m breit, bis zum Hauptgesims 27 m hoch, mit einer Kuppel (75 m) und vier Eckt�rmen (46 m); ferner die beiden H�user des Landtags zwischen der Prinz Albrecht- und der Leipziger Stra�e, von denen das Abgeordnetenhaus (s. Tafel »Parlamentsgeb�ude I«, Fig. 1; Grundri� Tafel II, Fig. 1) im Stil der italienischen Hochrenaissance 1893–98 von F. Schulze erbaut ist, w�hrend das mit ihm durch einen schmalen Mittelbau verbundene Herrenhaus seiner Vollendung noch entgegensieht. Neubauten f�r mehrere Reichs�mter sind neuerdings errichtet worden, wie das Reichspatentamt im Barockstil, das Reichsversicherungsamt im Renaissancestil und das Reichsgesundheitsamt (alle drei von A. Busse). F�r das Land- und Amtsgericht I wird ein gewaltiger Neubau von Schmalz in der neuen Friedrichstra�e errichtet (Tafel II, Fig. 3). Betr�chtlich ist ferner die Zahl der Monumentalbauten, die f�r gro�e Bankinstitute, Hotels, Bierh�user, Vereinsh�user (z. B. das K�nstlerhaus in der Bellevuestra�e), Waren- und Gesch�ftsh�user errichtet sind. Auch einige Theater, wie das Lessingtheater (Tafel II, Fig. 5), das Neue und das Metropoltheater, ferner der Zirkus Busch und mehrere Reitbahnen sind neu entstanden. Zahllos sind die neuern Privath�user, die besonders in den westlichen Stadtteilen durch ihre stattlichen Fassaden und gl�nzende innere Einrichtung sich auszeichnen. (Vgl. die Ansichten hervorragender Geb�ude auf beifolgenden Tafeln: »Berliner Bauten«; weiteres auf den Tafeln »Gasth�user«, »Kaufh�user«, »Krankenh�user« etc.)

Bev�lkerung.

Die Bev�lkerung Berlins hat sich im letzten Jahrhundert in fast beispielloser Weise vermehrt. W�hrend dieselbe 1816: 197,717 Personen betrug, stieg sie bis 1849 auf 431,566, 1871: 826,341, 1880: 1,122,330, 1890: 1,578,794. Nach der letzten Volksz�hlung 1. Dez. 1900 betrug sie 1,888,848 (darunter ca. 20,000 Mann Milit�r). Die j�hrliche Zunahme belief sich im Zeitraum 1895–1900 auf 2,37 Proz. Nach dem Geschlecht entfielen 1900 auf 100 m�nnliche 109,1 weibliche Personen. Geboren wurden 1900: 26,584 Knaben, 25,086 M�dchen, worunter 1007 m�nnliche und 832 weibliche Totgeborne. Unehelich geboren wurden 7722 (14,94 Proz.), darunter 424 Totgeborne. 20,756 Eheschlie�ungen fanden statt. Gestorben sind (einschl. Totgeborne) 19,712 m�nnliche, 17,537 weibliche Personen. 1891/1900 fanden im Durchschnitt j�hrlich 10,1 Eheschlie�ungen, 29,9 Geburten, 20,2 Sterbef�lle auf 1000 Einw. statt. Die Zahl s�mtlicher im Weichbild Berlins belegenen bebauten Grundst�cke belief sich 1900 auf 25,357, die Zahl der Wohnh�user auf 37,733, die der Haushaltungen auf 471,534. Der Religion nach gab es 1. Dez. 1900: 1,590,115 (84,2 Proz.) Evangelische, 188,440 (9,97 Proz.) R�misch-Katholische, 14,209 andre Christen und 92,206 (4,88 Proz.) Juden. Bei 1,844,600 Personen war die Muttersprache deutsch, 14,061 sprachen daneben noch eine fremde Sprache (darunter 10,628 polnisch), 30,187 ausschlie�lich eine fremde Sprache. In der Bev�lkerung tritt das Berlinertum mehr und mehr zur�ck; z�hlte man 1880 unter 1000 Einw. noch 434 geborne Berliner, so 1900 nur noch 409. 1900 gab es in B. 35,026 Reichsausl�nder (besonders �sterreicher, Russen, Ungarn und Amerikaner). Nach der Berufsz�hlung vom 14. Juni 1895 umfa�te die Bev�lkerung 43,33 Proz. Erwerbst�tige im Hauptberuf, 3,78 Proz. Dienende f�r h�usliche Dienste, 48,85 Proz. Angeh�rige ohne Hauptberuf und 4,04 Proz. beruflose Selbst�ndige.

Industrie, Handel und Verkehr etc.

Unter den Erwerbszweigen steht die Industrie obenan. 1895 waren 52,85 Proz. aller im Hauptberuf Erwerbst�tigen in der Industrie, dem Gewerbe und Bauwesen besch�ftigt. Man z�hlte 150,170 Haupt- und 5898 Nebenbetriebe; von erstern waren 1006 Gro�betriebe (mit �ber 20 Gehilfen), die gr��ten Betriebe (341 mit je �ber 100 Personen) entfielen auf den Maschinenbau, das Baugewerbe, die Industrie in Bekleidung und Reinigung, die Nahrungsmittel-, die Textilindustrie und die polygraphischen Gewerbe. Am umfangreichsten ist die Bekleidungsindustrie, die ihren Sitz in der Gegend des Hausvogteiplatzes hat und meist als Heimarbeit betrieben wird; ihr geh�ren an die M�ntelkonfektion (j�hrlicher Produktionswert 120–150 Mill. Mk.), die Damenkleiderkonfektion, die Fabrikation von Besatzstoffen, Kn�pfen, k�nstlichen Blumen, H�ten, die W�schefabrikation, die F�rberei, Druckerei und Appretur. Ausgedehnt ist ferner die Maschinen- und Eisenindustrie, die in den n�rdlichen Stadtteilen, in Moabit und im S�dosten Berlins heimisch ist, f�r die aber neuerdings gro�e Werke in den Vororten (Obersch�neweide, Tegel etc.) errichtet sind. F�r die Metallwarenindustrie bildet die Ritterstra�e den Mittelpunkt. Bedeutend ist der Bau[696] von Eisenbahn-, Post- und gew�hnlichen Wagen, N�hmaschinen, Stahlfedern, feuerfesten Geldschr�nken, Chronometern, elektrischen Beleuchtungsanlagen, Motoren und Telegraphenapparaten, die Feinmechanik sowie die Bijouterie. Sehr bedeutend ist ferner die Herstellung von Juwelierarbeiten, die Fabrikation von Gold- und Silberwaren, Kautschuk- und Guttapercha-Artikeln, Seife, Chemikalien, Holzarbeiten, Dachpappe, Marmorwaren, wohlriechenden W�ssern, Goldleisten, Schirmen, Posamentierwaren, Linoleum, Asphalt, Porzellan, �fen und andern Tonwaren, Pianofortes und andern musikalischen Instrumenten, M�beln, Papier, Tapeten, Handschuhen sowie die Bierbrauerei. In B. nebst Vororten produzierten 1900/1901: 111 Brauereien 2,793,790 hl unterg�riges und 1,412,248 hl oberg�riges Bier. Zahlreiche G�rtnereien pflegen Spezialit�ten, namentlich Blattpflanzen, Maiblumen, Zwiebelgew�chse, Alpenveilchen, Baumschulartikel etc. Au�erdem geh�rt B. zu den Hauptsitzen des deutschen Buchhandels (man z�hlt etwa 700 Buch-, Kunst- und Musikalienhandlungen) und hat umfangreiche Buchdruckereien, lithographische Anstalten, Schriftgie�ereien etc. Die industriellen Aktiengesellschaften hatten Ende 1899 ein Aktienkapital von 622 Mill. Mk. Ende 1899 waren 8704 Fabriken der gesetzlichen Revision des Gewerberates unterstellt; sie besch�ftigten zusammen ca. 210,000 Personen, darunter 13,300 unter 16 Jahren.

Die zweite Stelle im Berliner Erwerbsleben nehmen Handel und Verkehr ein; daran sind 23,64 Proz. aller im Hauptberuf Erwerbst�tigen beteiligt. Hauptartikel des Berliner Warenhandels sind Getreide, Spiritus, Vieh, Wolle und Brennstoffe. Die Zufuhr an Zerealien belief sich 1900 auf 47,134 Ton. Weizen, 112,314 T. Roggen, 59,325 T. Gerste, 112,577 T. Hafer und ca. 110,000 T. Mehl, wovon der gr��te Teil f�r den Konsum in B. verblieb. B. ist der Sitz einer bedeutenden Getreidespekulation, au�erdem ein Zentrum des Spiritushandels. 1900 stand einer Zufuhr von �ber 47,5 Mill. Lit. eine Ausfuhr von 13–15 Mill. Lit. gegen�ber. Der f�nft�gige Juniwollmarkt vermittelt den Hauptumsatz in Wolle (1900 wurden 24,000 Zentner zum Verkauf gestellt). An Stein- und Braunkohlen gingen 1901 zum Lager und Konsum ein 4,274,000 Ton.; die Einfuhr von Petroleum betrug fast 81 Mill. kg, die von ausl�ndischem Wein 16,9 Mill. kg, die von Eiern 30,2 Mill. kg. �ber den Viehhandel s. unten. Was den Schiffahrtsverkehr anbelangt. so kamen 1899 in B. an: 57,134 Schiffe mit 5,031,319 T. Ladung, es gingen ab: 55,821 Schiffe mit 626,081 T. Ladung. Die B�rse, t�glich von 4000 Personen besucht, ist im Staatspapier- und Aktienhandel Deutschlands Hauptb�rse und f�r den europ�ischen Geldmarkt von Bedeutung. Au�erdem ist 1902 eine Handelskammer in B. errichtet worden. In naher Beziehung zur B�rse steht die Bank des Berliner Kassenvereins (seit 1850). Die Geldoperationen werden gef�rdert durch die Reichsbank (1899 hatte die Berliner Hauptbank einen Umsatz von 60,708 Mill. Mk.); ferner die Deutsche Bank (150 Mill. Mk. Kapital), Diskontogesellschaft und Dresdener Bank (je 130 Mill. Mk.), Bank f�r Handel und Industrie (105 Mill. Mk.), Berliner Handelsgesellschaft (90 Mill. Mk.), Nationalbank f�r Deutschland (60 Mill. Mk.), Preu�ische Bodenkreditbank (30 Mill. Mk.), Zentralbodenkredit-Aktiengesellschaft (28,8 Mill. Mk.) u. a. Zu diesen Anstalten geh�rt auch die K�nigliche Seehandlung (s. d.) und die 1895 errichtete Zentralgenossenschaftskasse (Kapital 50 Mill. Mk.).

Verkehr. B. ist Mittelpunkt des norddeutschen Eisenbahnnetzes und Knotenpunkt von 12 Bahnlinien. Dem Fernverkehr dienen 5 Bahnh�fe der Stadtbahn u. 5 isolierte Bahnh�fe. Die mit einem Kostenaufwand von 75 Mill. Mk. erbaute Stadtbahn ist 11,26 km lang, viergleisig und wurde 1882 er�ffnet; sie verbindet den Schlesischen und den Charlottenburger Stadtbahnhof und im weitern Sinne Westend mit Stralau-Rummelsburg und ist auch dem Verkehr nach den Vororten und dem Grunewald dienstbar gemacht. Der besonders starke Verkehr der westlichen Vororte mit B. hat zu dem Bau der sogen. Wannseebahn mit zwei Bahnh�fen in B. (1891 er�ffnet) gef�hrt, die einen Vorortverkehr �ber Potsdam hinaus unterh�lt. Neben der Stadtbahn ist die 1871 er�ffnete, sp�ter aber mehrfach erweiterte Ringbahn, die aus einem Nordring (34,5 km lang) und einem S�dring (33,6 km lang) besteht, ein wichtiges Verkehrsmittel. Im Februar 1902 ist die seit 1896 erbaute Elektrische Hochbahn er�ffnet, die in einer L�nge von 10 km den S�den der Stadt von der Warschauer Br�cke nach dem Zoologischen Garten durchquert und unterwegs eine Linie nach dem Potsdamer Platz entsendet, die hier unterirdisch m�ndet. Vom Nollendorfplatz ab ist sie auf Charlottenburger Terrain als Unterpflasterbahn weitergef�hrt. Weiteres �ber den Bau dieser Bahnen s. Art. »Stadtbahnen« mit Tafel.

B. besitzt (1901) 112 Post�mter, davon 100 zugleich Telegraphen�mter, 55 Rohrpost�mter, 7 Fernsprech�mter. An Briefsendungen (einschlie�lich Karten, Drucksachen etc.) gingen 1901: 427 Mill. St�ck ein, 488 Mill. wurden aufgegeben; der Betrag der eingegangenen Wertsendungen belief sich auf 2560 Mill. Mk., der der ausgegebenen auf 2482 Mill. Mk.; Pakete gingen 113/4 Mill St�ck ein, 22 Mill. ab; 4,3 Mill. Telegramme gingen 1909 ein, 4,4 Mill. wurden aufgegeben. Die Zahl der von den Fernsprechanstalten vermittelten Gespr�che betrug 120 Mill. An �ffentlichen Fuhrwerken waren 1902 vorhanden: 6969 Droschken erster Klasse, 1140 Droschken zweiter Klasse, 148 Torwagen, 726 Omnibusse, 3386 Stra�enbahnwagen (f�nf Gesellschaften). Bef�rdert wurden 1901 im Omnibus (sechs Gesellschaften) 80,5 Mill., mit den Stra�enbahnen, f�r die jetzt durchweg der elektrische Betrieb eingef�hrt ist, 330 Mill., wovon auf die Gro�e Stra�enbahn 283 Mill. entfallen, mit Stadt- und Ringbahn 88,6 Mill. Die die Spree befahrenden und die n�chsten Vergn�gungsorte (wie Treptow, Stralau, dann auch neuerdings die Orte an der Unterspree und Havel etc.) mit B. verbindenden Dampfschiffe bef�rderten 1899: 776,933 Personen. Die 1884 gegr�ndete Berliner Paketfahrtgesellschaft bef�rdert Pakete innerhalb Berlins (1899: 2,3 Mill. St�ck).

Diesen gro�en Unternehmungen des Staates und der Privatgesellschaften kann die Kommune einige w�rdig an die Seite stellen, so die 4 st�dtischen Gasanstalten (neben denen f�r einen geringern Umfang eine englische besteht), die st�dtischen Wasserwerke, die 1874 einer englischen Aktiengesellschaft f�r 252/3 Mill. Mk. abgekauft wurden, und die in den letzten Jahren fast vollendete, �ber 114 Mill. Mk. (wovon schon 23 Mill. getilgt) kostende unterirdische Kanalisation mit Berieselung, die den Ankauf von sieben benachbarten Landg�tern zu Rieselfeldern n�tig machte. Mit der Regelung der Kanalisation ging der Bau neuer, resp. die Verbesserung alter Wasserwerke (in Tegel und am M�ggelsee) Hand in Hand, ferner wurde die Stra�enreinigung, die 1900: 1126 Personen besch�ftigte, bedeutend umgewandelt und energisch mit der Einrichtung[697] von Markthallen vorgegangen; neben der 1886 er�ffneten, 11,000 qm bedeckenden und ca. 650 Verkaufsst�nde enthaltenden Zentralmarkthalle am Alexanderplatz bestehen in B. noch 13 Markthallen. Von �ltern st�dtischen Instituten sind zu erw�hnen: die Sparkasse, mit 1899/1900: 52,833,600 Mk. Einzahlungen (das Guthaben erreichte 1900 einen Gesamtbetrag von fast 241 Mill. Mk. auf etwa 675,000 Sparkassenb�cher), und die st�dtische Feuersoziet�t, die auf dem zwangsweise auferlegten Beitritt s�mtlicher Grundst�cke (1900: 24,219 mit einem Versicherungswert von 4017 Mill. Mk.) beruht. Ein ausgezeichnetes Institut ist ferner die Feuerwehr (1851 durch Scabell reorganisiert), die 1898/99: 1,937,995 Mk. kostete und 1900 au�er 20 Offizieren ein Personal von 873 Mann (mit 132 Pferden) besa�. Als gro�artiges st�dtisches Institut zeigt sich der 1881 er�ffnete und seitdem mehrfach vergr��erte Zentral-Vieh- und Schlachthof; er umfa�t eine Fl�che von ca. 40 Hektar zwischen der Landsberger Allee und der Eldenaer Stra�e und enth�lt einen eignen Bahnhof und ein B�rsengeb�ude. Es wurden an Schlachtvieh zu Markte gebracht 1901: 259,693 Rinder, 943,221 Schweine, 193,935 K�lber, 610,715 H�mmel; auf dem Viehhof geschlachtet wurden 1901: 190,681 Rinder, 796,951 Schweine, 163,374 K�lber, 461,741 H�mmel.

Armenwesen. Wohlt�tigkeitsanstalten.

Es wurden von der st�dtischen Verwaltung f�r die Armenpflege mit Einschlu� der Waisen- und Krankenpflege im Rechnungsjahr 1899/1900: 14,373,595 Mk. verausgabt und 29,458 Almosenempf�nger mit 5,137,847 Mk. unterst�tzt, an Extraunterst�tzungen aber 763,728 Mk. verausgabt. 5637 Waisen- und verwahrloste Kinder wurden auf Kostender Stadt verpflegt.

Wohlt�tigkeitsanstalten besitzt B. in einem anderswo kaum gekannten Ma�. Die haupts�chlichsten sind: unter Kommunalverwaltung das Friedrichs-Waisenhaus mit der gro�en Waisenanstalt zu Rummelsburg; das Friedrich Wilhelms-Hospital; das Nikolaus-B�rgerhospital (f�r alte Personen m�nnlichen Geschlechts); die Wilhelminen Amalien-Stiftung (f�r Frauen und Jungfrauen aus h�hern St�nden). Segensreich wirkt ferner das vor dem Prenzlauer Tor 1887 errichtete st�dtische Obdach, das 1899: 351,778 Personen n�chtliche Unterkunft sowie 1899/1900: 1263 Familien (aus 4295 K�pfen bestehend) und 2426 Einzelpersonen l�ngere Unterkunft gew�hrte. Daneben bestehen zahlreiche Institute der franz�sischen, katholischen und j�dischen Gemeinde, und au�erdem wird eine Anzahl von Anstalten von Privatvereinen unterhalten, so bestehen ein Magdalenen-, ein Johannisstift, mehrere M�gdeherbergen, ein Asylverein f�r Obdachlose (1899 wurden 237,027 M�nner und 37,684 Frauen, M�dchen und Kinder zur N�chtigung aufgenommen), 9 Volksk�chen, die 1899: 1,3 Mill. Portionen austeilten, Volks-, Kaffee- und Speisehallen etc. Endlich gibt es noch eine gro�e Anzahl von Privatwohlt�tigkeitsvereinen, darunter einen Verein gegen Verarmung (1898 mit 8700 Mitgliedern). Auch f�r Krankenanstalten ist ausreichend gesorgt. Die 1785 von Friedrich II. gegr�ndete Charit�, mit einem Raum f�r 1450 Kranke, steht unter dem Kultusministerium. Ihr zun�chst ist das gro�e Diakonissenhaus Bethanien zu nennen, eine Stiftung des K�nigs Friedrich Wilhelm IV., worin 350 Kranke Raum finden. Das gro�e st�dtische Krankenhaus am Friedrichshain, 1870–73 von Gropius und Schmieden ausgef�hrt, ist nach dem Pavillonsystem angelegt und enth�lt 600 Betten. Au�erdem bestehen noch: das unter dem Protektorat der Kaiserin stehende Augustahospital, das Elisabethkrankenhaus, das Lazaruskrankenhaus, das Krankenhaus am Urban, das Elisabeth-Kinderhospital, das Kaiser und Kaiserin Friedrich-Krankenhaus, das Barackenlazarett in Moabit, das neue Rudolf Virchow-Krankenhaus, das katholische St. Hedwigs- und das j�dische Krankenhaus, endlich ein Leichenschauhaus (Morgue) sowie die st�dtischen Heimst�tten f�r Genesende in Blankenburg, Heinersdorf, Blankenfelde und Malchow bei B. etc. Es bestehen zwei st�dtische Irrenanstalten in Dalldorf (mit 3060 Betten) und Herzberge (1070 Betten) und eine Anstalt f�r Epileptische (Wuhlgarten) in Biesdorf (1083 Betten); ferner 2 Volksbadeanstalten und 16 st�dtische Flu�badeanstalten. Das Invalidenhaus (seit 1748 bestehend) vermag 600 Mann aufzunehmen.

Bildungsanstalten.

Unter den Lehranstalten nimmt die Friedrich Wilhelms-U niversit�t den ersten Rang ein; im Sommersemester 1902 hatte sie 430 Professoren und Dozenten und 5676 immatrikulierte Studierende (im Wintersemester 1902/03: 7091), und zwar 274 (366) Theologen, 1714 (2428) Juristen, 1018 (1219) Mediziner und 2670 (3078) in der philosophischen Fakult�t; au�erdem waren 5460 (6309) Studierende andrer Hochschulen und sonstige Personen, einschlie�lich 370 (552) Frauen, zum H�ren berechtigt. An sie reiht sich die 1659 gegr�ndete k�nigliche Bibliothek mit �ber 1 Mill. B�nden, 30,000 Handschriften, 80,000 Blatt Karten und 96,000 B�nden und Heften Musikalien. Unter ihren Rarit�ten befinden sich Luthers Handexemplar einer hebr�ischen Bibel mit eigenh�ndigen Randbemerkungen, der Codex Wittekindi (eine Evangelienhandschrift aus dem 8. Jahrh.), Beethovens Originalpartitur zur neunten Symphonie, die von O. v. Guerike verfertigte Luftpumpe u. a. Au�erdem besteht noch eine Universit�tsbibliothek, die 1831 gegr�ndet worden ist und jetzt etwa 215,000 B�nde umfa�t; sodann sind zu nennen die Bibliotheken des preu�ischen Statistischen Bureaus (140,000), der Kriegsakademie, des Kammergerichts, des Reichstags, des Generalstabs, des Magistrats, der Gesellschaft f�r Erdkunde, 27 st�dtische Volksbibliotheken etc. Die technische Hochschule ist 1884 nach Charlottenburg (s. d.) verlegt worden. Die k�nigliche Bergakademie hatte im Wintersemester 1899/1900: 192, die k�nigliche landwirtschaftliche Hochschule 580, die k�nigliche akademische Hochschule f�r die bildenden K�nste 1899: 254 Studierende. Ferner sind zu erw�hnen die tier�rztliche Hochschule, die k�nigliche Hochschule f�r Musik, das neue Seminar f�r orientalische Sprachen etc. Auf der k�niglichen Sternwarte (seit 1835 am Enckeplatz) sind insgesamt 5 Planeten (darunter der Neptun) und 13 Kometen entdeckt worden. Au�erdem bestehen, teils mit der Universit�t verbunden, teils selbst�ndig: das chemische Laboratorium, der botanische Garten und das reichhaltige botanische Museum (deren Verlegung nach Dahlem beschlossen ist), das christlich-arch�ologische Kunstmuseum, das kartographische Institut, das klinische Institut f�r Chirurgie und Augenheilkunde, das zahn�rztliche Institut, das Poliklinikum, das klinische Institut f�r Geburtshilfe, die Anatomie (im Tierarzneischulgarten), das anatomische, zoologische, mineralogische und Hygienemuseum und der Universit�tsgarten etc. B. z�hlte 1902: 15 Gymnasien, 8 Realgymnasien, 2 Oberrealschulen und 13 Realschulen (h�here B�rgerschulen); ferner hat B. 11 h�here Knabenschulen,[698] ein Frauengymnasium, an h�hern M�dchenschulen 8 �ffentliche und 45 private, ferner 8 mittlere sowie 255 Gemeindeschulen, zusammen mit etwa 250,000 Sch�lern und Sch�lerinnen. Popul�r-wissenschaftliche Vortr�ge werden seit 1878 in der Volkshochschule Humboldt-Akademie gehalten. Zur wissenschaftlichen Ausbildung f�r Damen ist das Viktorialyzeum bestimmt, eine Art Frauenuniversit�t. Zu erw�hnen sind ferner mehrere Handelsschulen, dann die st�dtischen Taubstummen- und Blindenschulen, 12 st�dtische Fortbildungsschulen f�r J�nglinge, 13 f�r M�dchen, 2 Handwerkerschulen, 18 st�dtische Fachschulen etc. �ber die Stadt verteilt sind 13 Turnhallen. Hieran schlie�en sich 42 Kleinkinderbewahranstalten und 24 Fr�belsche Kinderg�rten, die alle von Privatvereinen unterhalten werden. Von h�hern Lehranstalten f�r besondere F�cher sind die wichtigsten: die allgemeine Kriegsakademie (in der Dorotheenstra�e); die Artillerie- und Ingenieurschule in der Hardenbergstra�e (Charlottenburg); ferner die Milit�rturnanstalt, die k�nigliche Hebammenschule, das k�nigliche p�dagogische Seminar f�r h�here Schulen, das Domkandidatenstift, die k�nigliche Turnlehrerbildungsanstalt, die Hochschule f�r die Wissenschaft des Judentums, das theologische Seminar der franz�sischen Kolonie, das Seminar f�r Missionare etc. Die Akademie der K�nste, 1699 gestiftet, teilte bisher mit der Akademie der Wissenschaften ein Geb�ude »Unter den Linden« (s. S. 695). Sie besitzt eine reichhaltige Kupferstichsammlung und veranstaltet akademische Kunstausstellungen (neuerdings in dem Glaspalast des Landesausstellungsparks in Moabit, s. Tafel »Ausstellungsbauten II«, Fig. 8 u. 9). Seit 1833 ist die Akademie durch eine musikalische Sektion erweitert worden. Zur F�rderung der Kunstindustrie wurde 1867 das Deutsche Gewerbemuseum ins Leben gerufen, aus dem sich das Kunstgewerbemuseum (mit Unterrichtsanstalt) entwickelt hat. Dasselbe enth�lt eine reichhaltige Sammlung von Erzeugnissen aller Zweige der Kunstindustrie. Ferner besteht noch eine Kunstschule (Seminar f�r Zeichenlehrer), eine Zeichen- und Malschule des Vereins f�r K�nstlerinnen und einige private Malschulen. Auch ein k�nigliches Institut f�r Glasmalerei besteht seit 1843 in Charlottenburg. Das wichtigste wissenschaftliche Institut n�chst der Universit�t ist die Akademie der Wissenschaften, in demselben Jahr gestiftet wie die Akademie der K�nste; sie ist in eine physikalisch-mathematische und eine philosophisch-historische Klasse geteilt. Au�erdem gibt es sehr viele wissenschaftliche, k�nstlerische und technische Korporationen und Gesellschaften; man z�hlt nicht weniger als 700 verschiedene Vereinigungen.

Zeitungswesen.

In B. erscheinen etwa 1100 Zeitungen, Zeitschriften etc. Die politischen Zeitungen Berlins (30), in denen s�mtliche parlamentarische und politische Parteien vertreten sind, �ben einen bestimmenden Einflu� auf das politische Leben in den preu�ischen Provinzen, z. T. auch im �brigen Deutschland aus. Die gr��te politische Bedeutung haben die Zeitungen von entschieden liberaler Tendenz. Das �lteste Organ dieser Richtung ist die »Vossische Zeitung« (s. d.). Gr��ere Verbreitung haben das »Berliner Tageblatt« (erscheint seit 1872, Redakteur A. Levysohn) und die »Berliner Zeitung« (seit 1877, Redakteur H. Ullstein), deren Verleger noch besondere verkleinerte Ausgaben f�r B. und die Provinz veranstalten (»Berliner Morgenzeitung«, »Berliner Morgenpost«, »Berliner Abendpost«). Die Interessen der B�rse und der Freisinnigen Vereinigung zugleich vertritt der »Berliner B�rsenkurier« (seit 1867, Redakteur I. Landau), w�hrend die »Berliner B�rsenzeitung« (seit 1856, Redakteur R. Tiedemann) in ihrem politischen Teil die Bestrebungen der nationalliberalen Partei unterst�tzt. Die »Freisinnige Zeitung« (seit 1885) ist das Organ der E. Richterschen Partei, w�hrend die »Volkszeitung« (1852 gegr�ndet, Redakteur K. Vollrath) von der Fortschrittspartei zur reinen Demokratie �bergegangen ist. Die in ihren Anf�ngen liberale »Staatsb�rger-Zeitung« (begr�ndet 1865 von Held) ist das Organ der Antisemiten. Eine neutrale Stellung innerhalb der politischen Parteien nimmt der »Berliner Lokalanzeiger« (seit 1883, Verlag von A. Scherl) ein, der durch geringen Preis die gr��te Verbreitung in B. gewonnen hat. Aus demselben Verlag ist 1901 die gleichfalls unparteiische Zeitung »Der Tag« (mit Illustration der Tagesereignisse) hervorgegangen. Eine politisch unparteiische, aber durchaus national gesinnte Zeitung ist die »T�gliche Rundschau« (seit 1881, seit Mitte 1900 im Besitz des Bibliographischen Instituts in Leipzig, Redakteur H. Rippler). Das Parteiorgan der Sozialdemokraten ist der »Vorw�rts«. Die konservativen Parteien werden in der Berliner Zeitungspresse durch die »Neue Preu�ische (Kreuz-) Zeitung« (seit 1848, Redakteur H. Kropatschek), das Organ der auf dem �u�ersten rechten Fl�gel stehenden Konservativen, den »Reichsboten« (seit 1873, Redakteur Pastor Engel), den Vork�mpfer der orthodox-kirchlichen Parteien, die »Deutsche Tageszeitung« (Vertreterin der agrarischen Interessen, Redakteur G. Ortel) und »Die Post« (Redakteur W. Kronsbein) vertreten, die, 1866 von Strousberg gegr�ndet, seit 1874 das Organ der deutschen Reichs- und freikonservativen Partei ist. Die »Norddeutsche Allgemeine Zeitung« (gegr�ndet 1861) ist ihrer Tendenz nach ein Organ der konservativen Parteien, hat aber eigentlich nur Bedeutung durch halbamtliche (offizi�se) Mitteilungen aus den Reichs�mtern, Ministerien etc., die �brigens auch Zeitungen der Mittel- und liberalen Parteien zug�nglich gemacht werden. Das amtliche Organ der Regierung ist der »Deutsche Reichs- und k�niglich Preu�ische Staatsanzeiger« (seit 1861). Das Hauptorgan der nationalliberalen Partei f�r B. ist die »Nationalzeitung« (gegr�ndet 1848, Redakteur K�bner). F�r die Interessen der klerikalen Partei, insbes. f�r die Politik der r�mischen Kurie, tritt die »Germania« (gegr�ndet 1871) ein. Zeitungen ohne bestimmte Parteiangeh�rigkeit sind die »Berliner Neuesten Nachrichten«, das »Kleine Journal«, die »Deutsche Warte« und die »Deutsche Zeitung« (Redakteur Fr. Lange), letztere mit Betonung der nationalen Tendenz. Mit Ausnahme der »Norddeutschen Allgemeinen Zeitung« und des »Reichsboten« erscheinen alle gro�en politischen Zeitungen Berlins. t�glich zweimal (Sonntags und Montags meist einmal). Die seit 1881 erscheinenden »Berliner Politischen Nachrichten« sind eine f�r Zeitungen bestimmte Korrespondenz.

Kunstsammlungen, Theater etc.

Unter den Kunstsammlungen nehmen die der k�niglichen Museen (s. oben) die erste Stelle ein. Das Alte Museum enth�lt im Souterrain die Bibliothek und eine M�nzsammlung von 200,000 St�ck in Gold, Silber und Kupfer (von denen allein 90,000 M�nzen und Medaillen des Altertums sind), im ersten Stockwerk die Skulpturengalerie. Die Gem�ldegalerie, die den obersten Stock einnimmt, ist besonders reich an Werken der italienischen und niederl�ndischen Schulen[699] des 15. Jahrh. Das Neue Museum enth�lt im Erdgescho� eine Sammlung nordischer Altert�mer und das �gyptische wie neue vorderasiatische Museum, ferner die Sammlung der Skulpturen und Gipsabg�sse des deutschen Mittelalters; das zweite Gescho� eine reiche Sammlung von Gipsabg�ssen antiker Skulpturen; das dritte endlich die Vasensammlung, das Antiquarium (Hildesheimer Silberfund) und das Kupferstichkabinett, das mehr als eine halbe Million Holzschnitte, Kupferstiche, Handzeichnungen etc. umfa�t (Hamiltonsche Miniaturen). Diesen beiden Museen reiht sich die Nationalgalerie an. Sie ist vornehmlich f�r Bildwerke der modernen deutschen Kunst seit dem Ende des 18. Jahrh. bestimmt; ihren Grundstock bildete die 1861 vom Konsul Wagener K�nig Wilhelm I. geschenkte Wagenersche Galerie. Im dritten Stock ist die gr�flich Raczynskische Gem�ldegalerie aufgestellt. Die Nationalgalerie enth�lt ca. 850 Kunstwerke und eine reiche Sammlung von Handzeichnungen. Das Pergamenische Museum enth�lt eine Nachbildung des Zeusaltars in Pergamon mit den von Humann ausgegrabenen Friesreliefs, die den Kampf der olympischen G�tter gegen Titanen und Giganten darstellen, ferner Ausgrabungen aus Magnesia und Pri�ne. Andre �ffentliche Museen sind: das Rauch-Museum (enth�lt fast s�mtliche Modelle, Entw�rfe und Abg�sse der Rauchschen Werke); das Museum der Abg�sse aus Olympia; das Hohenzollern-Museum im Schlo� Monbijou (enth�lt eine �u�erst interessante Sammlung von Merkw�rdigkeiten und Erinnerungen aus der brandenburgisch-preu�ischen Geschichte und der des preu�ischen Herrscherhauses); das Zeughaus (s. oben); das Kunstgewerbemuseum (s. oben); das Museum f�r V�lkerkunde mit den pr�historischen und Schliemannschen Sammlungen im Erdgescho� und den ethnographischen und anthropologischen Sammlungen in den drei �brigen Geschossen; das Museum f�r Naturkunde mit dem zoologischen Institut und reichen zoologischen, mineralogischen etc. Sammlungen; das m�rkische Provinzialmuseum (Neubau am M�rkischen Platz unternommen; enth�lt m�rkische Altert�mer aller Art, bis jetzt 80,000 Nummern); das Beuth-Schinkel-Museum (enth�lt den k�nstlerischen Nachla� Schinkels sowie die hinterlassene Sammlung Beuths); landwirtschaftliches Museum und Museum f�r Bergbau und H�ttenkunde in der Invalidenstra�e; das Reichspostmuseum, das Hygienemuseum, das Museum f�r deutsche Volkstrachten, das handelsgeographische Museum, das Architekturmuseum der k�niglich technischen Hochschule, das st�dtische Schulmuseum, die k�nigliche Sammlung alter Musikinstrumente und das christliche Museum. Unter den Privatgalerien ist die Raven�sche, moderne Gem�lde enthaltende hervorzuheben; dauernde Kunstausstellungen finden an verschiedenen Orten statt, unter andern im Verein Berliner K�nstler.

F�r die geistige Unterhaltung Berlins sorgt eine gro�e Zahl von Theatern, Konzerten und �hnlichen Vergn�gungen. An ihrer Spitze stehen die beiden k�niglichen Institute: das Opernhaus (f�r Oper u. Ballett) und Schauspielhaus (f�r das rezitierende Drama; vgl. das Geschichtliche im Art. »Schauspielkunst«), zu denen neuerdings das ehemalige Krollsche Theater als Neues Operntheater hinzugetreten ist. Au�erdem bestehen noch ca. 20 gr��ere und kleinere Theater, von denen die k�nstlerisch hervorragendsten sind: das Deutsche Theater, das Berliner und zwei Schillertheater im O. und N. (klassisches und modernes Repertoire), das Lessingtheater (moderne Richtung im Sittendrama) und das Residenztheater (franz�sisches Schauspiel). Konzerte von gr��erer Bedeutung sind diejenigen des k�niglichen Domchors, die Symphoniekonzerte der k�niglichen Kapelle, die Auff�hrungen der k�niglichen Hochschule f�r Musik, des philharmonischen Orchesters (Philharmonie) und der Singakademie (gegr�ndet von Fasch; vgl. ihre Geschichte von M. Blumner, 1891). Erw�hnung verdienen noch die beiden Zirkus Busch und Schumann, das Passage- und das Castansche Panoptikum und mehrere Panoramen, endlich die beiden Institute der Urania im Landesausstellungspark (mit Sternwarte) und in der Taubenstra�e f�r wissenschaftliche Vortr�ge. Gro�er Beliebtheit erfreuen sich die Hindernisrennen bei Karlshorst und die Flachrennen in Hoppegarten, die Wettfahrten f�r Trabrennen in Wei�ensee und bei Charlottenburg, ferner die f�r Radfahrer auf der Rennbahn bei Charlottenburg, die Ruder- und Segelregatten in Gr�nau wie auf dem M�ggel- und Wannsee. Ihre alte Anziehungskraft haben auch die Fr�hjahrs- und Herbstparaden auf dem Tempelhofer Feld und die Hubertusjagd (fr�her im Grunewald, neuerdings nach D�beritz verlegt) bewahrt. Unter allen Vergn�gungs- und Unterhaltungslokalen steht obenan der Zoologische Garten, der seit 1899 durch geschmackvolle Neubauten und die Anlagen neuer Promenaden umgestaltet ist und durch den Reichtum seines Inhalts und die Pracht seiner Einrichtungen den ersten Rang auf dem Kontinent einnimmt; ferner sind der Landesausstellungspark mit der j�hrlichen gro�en Kunstausstellung (im Sommer) und das Aquarium Unter den Linden zu nennen.

Verwaltung. Finanzen. Beh�rden.

Seit 1. April 1881 ist B. aus der Provinz Brandenburg ausgeschieden und bildet einen Verwaltungsbezirk f�r sich. Doch sind das Oberpr�sidium, das Konsistorium, das Provinzialschulkollegium und das Medizinalkollegium der Provinz Brandenburg auch f�r B. als h�here Instanz zust�ndig. Das Polizeipr�sidium ist f�r B. die k�nigliche, der Magistrat die st�dtische Beh�rde. Hinsichtlich milit�rischer Ma�nahmen haben der Oberbefehlshaber in den Marken, der Gouverneur und der Kommandant von B. Anordnungen zu treffen. Das Polizeipr�sidium steht direkt unter dem Ministerium des Innern und gilt seit 1900 als oberste Polizeibeh�rde in den zu einem Landespolizeibezirk vereinigten Stadtbezirken B., Charlottenburg, Sch�neberg und Rixdorf. Es hat in B. die eigentliche Polizei und die Aussicht �ber Fremden-, Pa�-, Fuhrwerks-, Dienstbotenwesen, Feuerwehr und sonstige zur Aufrechthaltung der �ffentlichen Ordnung geh�rige Anstalten. F�r diese Zwecke steht ihm eine bedeutende Schutzmannschaft (einschlie�lich der Offiziere und Kriminalbeamten ca. 6000 Mann) zu Gebote, die z. T. beritten ist. �ber B. verteilt sind 12 Bezirkshauptmannschaften und 102 Polizeibureaus. Der Magistrat besteht aus einem Oberb�rgermeister, einem B�rgermeister, 15 besoldeten (darunter 2 Syndiken, 2 Schul- und 2 Baur�te) und 17 unbesoldeten Stadtr�ten. Die verschiedenen einzelnen Aufgaben dieser Beh�rde werden durch Direktionen, Deputationen, Kommissionen und Kuratorien erledigt, die aus Magistratsmitgliedern, Stadtverordneten und B�rgerdeputierten bestehen; im ganzen sind im Gemeindedienst der Stadt etwa 20,000 Personen besch�ftigt, von denen der gr��te Teil die �mter unentgeltlich als Ehren�mter verwaltet. Die Stadt ist in 326 Bezirke geteilt, deren jeder einen unbesoldeten Vorsteher hat; ferner schickt sie aus 4 Wahlbezirken 9 Abgeordnete in das Abgeordnetenhaus (der [700] Oberb�rgermeister ist Mitglied des Herrenhauses) und 6 Abgeordnete aus 6 Wahlkreisen in den deutschen Reichstag. Die Zahl der Stadtverordneten betr�gt 141. Die Gerichtsbarkeit �ber alle Einwohner hatten bisher das Landgericht I und das einzige ihm unterstellte Amtsgericht I, doch ist durch Gesetz vom 16. Sept. 1899 die Einrichtung von drei neuen Amtsgerichten. B.-Tempelhof, B.-Sch�neberg und B.-Wedding (in Reinickendorf), in Aussicht genommen, von denen die beiden ersten dem Landgericht II, das letzte dem Landgericht III (Charlottenburg) unterstellt wird. Die oberste Instanz f�r B. bildet als Oberlandesgericht das Kammergericht. Zu diesem geh�ren 10 Landgerichte, unter andern auch das Landgericht II in B. f�r die 9 Amtsgerichte B.-Sch�neberg, B.-Tempelhof, K�penick, Gro�lichterfelde, K�nigswusterhausen, Mittenwalde, Rixdorf, Trebbin und Zossen.

Finanzen. Das st�dtische Budget beziffert sich f�r das Finanzjahr 1902/1903 in Einnahme und Ausgabe auf 112,781,257 Mk. Zu den Einnahmen liefern die Steuerverwaltung 65,6 Mill. Mk., die Verm�gensverwaltung 15,4 Mill., die st�dtischen Werke 6,2 Mill., die K�mmerei 826,286 Mk., die Stra�en- und Vorortbahngesellschaften 2,103,900 Mk., die Berliner Elektrizit�tswerke 2,025,000 Mk., die englische Gasgesellschaft 505,850 Mk., das �ffentliche Anschlagswesen 400,000 Mk. etc. An direkten Steuern erhebt die Stadt eine Gemeinde-Einkommensteuer, eine Gemeinde-Grundsteuer, eine Gewerbe- und eine Umsatzsteuer, an indirekten eine Hunde- und Braumalzsteuer. Unter den Ausgaben erfordern nach dem Etat 1902/1903:

Tabelle

Die Gesamtschulden der Stadt beliefen sich Ende M�rz 1902 auf 319 Mill. Mk.; das Verm�gen repr�sentierte einen Wert von 649 Mill. Mk., wovon auf Grundbesitz 414 Mill. Mk. entfielen. Das Stiftungsverm�gen der Stadt betrug 42 Mill. Mk.

In B. haben au�er Bundesrat und Reichstag folgende Reichsbeh�rden ihren Sitz: Ausw�rtiges Amt, Reichsamt des Innern, Reichsmarineamt, Reichsjustizamt, Reichsschatzamt, Reichseisenbahnamt, Verwaltung des Reichsinvalidenfonds, Reichspostamt, Reichsamt f�r die Verwaltung der Reichseisenbahnen, Reichsbank, Reichsschuldenkommission, endlich Reichsmilit�rgericht. Preu�ische Beh�rden sind, abgesehen von den beiden H�usern des Landtags, in B.: Staatsrat, die 9 preu�ischen Ministerien nebst den ihnen unmittelbar unterstellten Beh�rden (wie unter dem Staatsministerium: Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte, Disziplinarhof f�r nicht richterliche Beamte, k�nigliches Oberverwaltungsgericht); ferner der evangelische Oberkirchenrat.

Von Milit�rbeh�rden befinden sich in B. der Generalstab der Armee, die Landesverteidigungskommission, die Generalkommandos des Garde- und des 3. Armeekorps nebst den St�ben der Gardedivisionen und der Mehrzahl der Gardebrigaden, die Generalinspektionen der Artillerie, des Ingenieurkorps, des Milit�rerziehungswesens, die Inspektionen der J�ger und Sch�tzen, des Trains, der Kriegsschulen u. a. Die Garnison besteht aus 3 Garderegimentern zu Fu�, 3 Gardegrenadierregimentern und dem Gardef�silierregiment, 4 Gardekavallerieregimentern (Gardek�rassiere, 1. und 2. Gardedragoner, 2. Garde-Ulanen) und 1 Eskadron der Gardedukorps, dem 2. und einer Abteilung des 3. Garde-Feldartillerieregiments, dem Gardepionier- und dem Gardetrainbataillon, 3 Eisenbahnregimentern nebst Luftschifferabteilung, dem Telegraphenbataillon und 4 Landwehr-Bezirkskommandos. Au�erdem sind hervorzuheben: die Oberfeuerwerkerschule, Milit�rro�arztschule und Milit�rlehrschmiede; endlich gibt es in B. ein Proviantamt, ein Hauptmontierungsdepot und 2 Garnisonlazarette.

Wappen (s. Abbildung, S. 692). B. f�hrte nach einer Urkunde von 1272 einen Adler im Siegel. Bereits 1280 findet sich im Stadtsiegel der Adlerschild von zwei B�ren beseitet, die man, da sie dem Schilde den R�cken kehren, als Schildw�chter bezeichnen kann. 1418 erscheint im Schilde der Adler auf einem schreitenden, mit einem Halsband versehenen B�ren fu�end. K�nig Friedrich I. bewilligte (6. Febr. 1710) ein neues Siegelbild: Schild gespalten; vorn Preu�en, r�ckw�rts Brandenburg, in der eingepfropften Spitze ein aufrechter, mit einem Halsband versehener B�r. 1839 erscheint an Stelle der Spitze ein mit einer Mauerkrone geschm�ckter Schild mit dem B�ren aufgelegt, dem mit Magistratsbeschlu� vom 1. Okt. 1875 der Halsring genommen wurde.

Umgebung Berlins.

(Hierzu »Karte der Umgebung von Berlin«.)

B. ist mit den benachbarten Orten, die sich besonders im W. m�chtig entwickelt haben, fast zusammengewachsen, so im W. und SW. mit Charlottenburg (nebst der Villenkolonie Westend) und Sch�neberg, an die sich die aufbl�henden Orte Deutsch-Wilmersdorf, Friedenau, Schmargendorf anschlie�en. Aufw�rts an der Havel liegen Saatwinkel mit der Insel Valentinswerder und Tegel am gleichnamigen See, einst W. v. Humboldts Besitztum. Zwischen Tegel und Moabit breitet sich die Jungfernheide (mit der Strafanstalt Pl�tzensee) und die Tegeler Forst mit dem Artillerieschie�platz aus. Unterhalb Spandau an der Havel liegen Pichelswerder und Schildhorn. ferner Wannsee mit stattlicher Villenkolonie an einer seeartigen Ausbuchtung der Havel; am nahen Kleinen Wannsee H. v. Kleists Grab. S�dwestlich von Charlottenburg zieht sich bis zur Havel die Spandauer Forst hin, an die sich s�dw�rts der Grunewald anschlie�t. An seinem Eingang liegt der Vorort Halensee, zu dem vom L�tzowufer in B. durch Charlottenburg und Deutsch-Wilmersdorf hin der Kurf�rstendamm f�hrt, ferner am Bahnhof Grunewald die vornehme Villenkolonie Grunewald. Der Grunewald enth�lt von Vergn�gungsorten: Hundekehle, Jagdschlo� Grunewald, Krumme Lanke, Schlachtensee. Die B.-Potsdam-Magdeburger Bahn f�hrt an Sch�neberg, Friedenau, Steglitz, Gro�lichterfelde und Zehlendorf vor�ber; ein Zweig von ihr, die Wannseebahn (f�r den Vorortverkehr, s. S. 697), zieht sich auf der Strecke Zehlendorf-Neubabelsberg n�rdlich von der Hauptbahn hin; die B.-Anhaltische Bahn f�hrt �ber Gro�lichterfelde (mit der Hauptkadettenanstalt) nach Gro�beeren (s. d.). Im S. der Stadt liegt die Hasenheide mit zahlreichen Vergn�gungslokalen. Sie st��t an den gro�en Exerzierplatz der Berliner Garnison bei Tempelhof. Im SO. liegt die volkreiche Stadt Rixdorf (s. d.). An der obern Spree sind Treptow, Stralau und K�penick zu nennen, ferner Rummelsburg an dem gleichnamigen, mit der Spree zusammenh�ngenden See, Gr�nau an der Dahme, Friedrichshagen am M�ggelsee. Friedrichsfelde im O. der Stadt enth�lt ein Schlo� (mit Park); n�rdlich davon liegt der gro�e Vorort Lichtenberg,[701] dessen Einverleibung in B. geplant ist. Im NO. liegen Wei�ensee und Neu-Wei�ensee, im N. Pankow und Niedersch�nhausen mit k�niglichem Lustschlo� und Park, endlich Sch�nholz mit dem Sch�tzenhaus der Berliner Sch�tzengilde.

Geschichte Berlins.

B. ist Anfang des 13. Jahrh. aus zwei Ortschaften entstanden, B. auf dem rechten Spreeufer und K�lln auf einer Spreeinsel. Die Stelle war zur Anlage einer Ansiedelung geeignet, weil sich hier ein bequemer �bergang �ber die Spree f�r die von Leipzig nach der untern Oder f�hrende alte Handelsstra�e darbot. Der Ort B. bildete sich wohl im Anschlu� an eine slawische Kastellanei, an deren Stelle unter den Askaniern eine markgr�fliche Vogtei trat, und bedeckte den Raum zwischen der Spree und der Neuen Friedrichstra�e, dem sp�tern Stadtteil B. entsprechend, w�hrend K�lln nur den s�dlichen Teil der Spreeinsel umfa�te. Vorzugsweise nach NO. und S. erstreckte sich das Gemeindeland, ferner Acker und Wiesen beider Orte, wobei das �ltere und wichtigere B. mit weit gr��erm Grundbesitz (120 Hufen Ackerland) ausgestattet erscheint als K�lln. Beide Orte erhielten unter der Regierung der Markgrafen Johann I. und Otto III. Stadtrechte, K�lln um 1232 von Spandau, B. um 1240 von Brandenburg a. H. F�r K�lln war die Petrikirche, f�r B. die Nikolaikirche Pfarrkirche, neben der hier im 13. Jahrh. noch die Marienkirche gebaut wurde.

Der Name »B.« ist wahrscheinlich auf »Wehr« (Damm) zur�ckzuf�hren und der B�r als Wappentier erst nachtr�glich (s. oben, S. 701) gew�hlt worden; »Kollen« (K�lln) bezeichnet im Wendischen einen aus Sumpf und Wasser sich erhebenden H�gel. An der Spitze beider St�dte stand ein gemeinsamer Stadtschulthei�, unter ihm 2 R�te, in Berlin von 12, in K�lln von 6 Mitgliedern gebildet. Der am Jahresschlu� abtretende Rat ernannte die neuen Mitglieder, trat aber meist im darauf folgenden Jahre wieder in Funktion. Die Vereinigung der R�te beider St�dte zu einem gemeinsamen Rat (1307) wurde schon 1311 aufgehoben. B. wurde gleich andern m�rkischen St�dten zu den Landtagen hinzugezogen und galt um 1400 als Hauptstadt des Barnim und Teltow. Auch in dem m�rkischen St�dtebund spielte es eine Hauptrolle und trat im 15. Jahrh. der Hansa bei. 1391 erwarb es das Schulthei�enamt und die Gerichtsgewalt. Die Vereinigung beider St�dte (1432) und die Bildung eines gemeinsamen Rates neben dem bestehenden f�hrte zu Unruhen, infolge deren Friedrich II. der Eiserne 1442 die Vereinigung aufhob, den Viergewerken einzelne Sitze in den Ratskollegien zugestand, die Gerichtsbarkeit und das Recht der Niederlage beiden St�dten entzog und den Bau eines Schlosses in K�lln begann. Als der Kurf�rst vielen B�rgern die widerrechtlich angeeigneten Lehen entzog, kam es zur offenen FehdeBerliner Unwille«), bis sich B. 1448 einem Gericht der St�nde der Mittelmark zu Spandau unterwerfen und die Verfassung von 1442 anerkennen mu�te. B. war nun und blieb die Residenz der Hohenzollern. Eine dauernde Hofhaltung f�hrte zuerst Johann Cicero in Berlins Mauern ein. Joachim I. verlieh 1508 wieder die Gerichtsbarkeit der Stadt, behielt sich nur die Ernennung des Richters vor, bis auch diese 1544 der Stadt zufiel. Joachim II., mit dem B. 1539 das lutherische Bekenntnis annahm, reformierte das Kirchen- und Schulwesen, wobei das Kirchenpatronat auf den Rat �berging, und baute die noch aus dem 13. Jahrh. stammende Dominikanerkirche (auf dem heutigen Schlo�platz) zu einer Dom- und Gruftkirche f�r das Herrscherhaus um. Unter Joachim II. begann auch 1538 der Um- oder Neubau des Schlosses in K�lln (s. oben). In die Regierungszeit Johann Georgs (1571–98) fallen die erste Bebauung des Werders in der N�he des k�niglichen Schlosses, die Errichtung der ersten lateinischen Schule (1574 in dem aufgehobenen Franziskanerkloster) sowie die Niederlassung von Handwerkern und K�nstlern aus den Niederlanden. Der 1613 erfolgte �bertritt des Kurf�rsten Johann Siegmund zum reformierten Bekenntnis hatte in B. mehrere Aufl�ufe zu Folge, in deren einem (1615) sogar der Statthalter, Markgraf Johann Georg von J�gerndorf, verwundet wurde. W�hrend des Drei�igj�hrigen Krieges wurde B. nur w�hrend der Jahre 1627–43 in Mitleidenschaft gezogen und von Kaiserlichen und Schweden mehrfach bedroht, mu�te aber nur 1636 und 1639 an die Schweden Kontributionen zahlen. Insgesamt hat die Stadt etwa 1/2 Mill. Tlr. f�r den Krieg aufwenden m�ssen, wovon jedoch drei F�nftel f�r Zwecke der Landesverteidigung verausgabt wurden. Die Bev�lkerung, um 1600 etwa 14,000 Seelen, war um 1650 auf kaum 8000 gesunken; man z�hlte 1654 neben 727 bewohnten 147 verlassene H�user im Stadtteil B., ferner wurden die Vorst�dte 1640–41 aus R�cksicht auf die Verteidigung der Stadt von den kurf�rstlichen Truppen selbst zerst�rt.

Ein gro�er Aufschwung der Stadt erfolgte unter Friedrich Wilhelm, dem Gro�en Kurf�rsten. Zuerst sorgte er f�r die Pflasterung und Beleuchtung der Stra�en, dann wurden Ma�regeln f�r die Bebauung der w�sten Stellen getroffen, alle kurf�rstlichen Geb�ude und Anlagen wiederhergestellt und der Lustgarten, ein Park in holl�ndischem Stil, mit Lusthaus und Orangerie angelegt. Von Privatbauten entstanden die Palais Derfflingers (am K�llnischen Fischmarkt), Schombergs (im 19. Jahrh. kronprinzliches Palais), Danckelmanns (in der Kurstra�e). Der Kurf�rst erleichterte die Steuerlast der Hausbesitzer durch Einf�hrung der Akzise (1667), ferner der Kopf- und der Stempelsteuer, neben denen von fr�her her die Bierziese bestand. Die Verfolgungen der Protestanten in Frankreich, die Aufhebung des Edikts von Nantes, verbunden mit dem Potsdamer Edikt vom 29. Okt. 1685, f�hrten eine Menge gewerbflei�iger Franzosen nach B., die viele Privilegien (z. B. besondere Gerichtsh�fe, langj�hrige Steuerfreiheit etc.) erhielten; ihnen schlossen sich 1689 und 1697 auch viele Pf�lzer und Schweizer an. Dadurch wurde eine bedeutende Erweiterung der St�dte notwendig. Schon 1658 begann die Vergr��erung der Anlagen auf dem Werder; 1670 fing man an, die Spandauer Vorstadt aufzubauen; 1674 entstand eine neue Vorstadt vor dem neuen Tor des Friedrichswerders, seit 1676 von ihrer Gr�nderin, der Kurf�rstin Dorothea, Dorotheenstadt genannt. Seit 1680 wurden die �brigen Vorst�dte und Neu-K�lln angelegt. Die Einwohnerzahl war beim Tode Friedrich Wilhelms (1688) auf 20,000 gestiegen. Das Aussehen der Stadt wurde sehr ver�ndert durch die 1658 begonnene Befestigung; schon 1657 hatte B. Garnison (etwa 2000 Mann) erhalten. Der damals aus der Spree abgeleitete Festungsgraben umgab B. und K�lln in zwei Armen: der eine ging rechts aus dem Hauptstrom bei der Stralauer und m�ndete in denselben unweit der Spandauer Br�cke; die andre H�lfte begann oberhalb der Waisenbr�cke und ging um K�lln und den Werder in den Kupfergraben. Der Friedrichswerder, seit 1667 ein besonderer Stadtteil mit eignem Magistrat, und Neu-K�lln waren au�erhalb des Festungsgrabens in die Verteidigungslinie[702] eingeschlossen. Die neue Befestigung bestand jedoch nur wenige Jahrzehnte unver�ndert.

Friedrich III. (als K�nig Friedrich I.) beschlo� 1688 den Anbau der Friedrichstadt, und bereits 1695 standen 300 Geb�ude nach einem bestimmten Plan, der durch Friedrich Wilhelm I. zu dem gegenw�rtigen Umfang erweitert wurde. Zu den bedeutendern Bauten K�nig Friedrichs I. geh�ren au�erdem: das Zeughaus, das Akademiegeb�ude, die Kurf�rstenbr�cke, die Sternwarte, die Kirchen auf dem Gendarmenmarkt, die Garnisonschule u. a. Sein gl�nzender Hof erzeugte auch unter den B�rgern Luxus und Vergn�gungssucht. Kaffeeh�user wurden angelegt und Schauspiele zuerst 1690 von den Truppen Sebastian Scios und des s�chsischen Hofkom�dianten Magister Feldheim im Rathaus ausgef�hrt. Unter Friedrich I. wurden auch die bisher getrennten und von besondern Magistraten verwalteten Stadtteile Berlin, K�lln, Friedrichswerder, Friedrichstadt, Dorotheenstadt 1709 zu einem Ganzen vereinigt und einem Magistrat (bestehend aus 4 B�rgermeistern, 2 Syndiken, 3 K�mmerern und 10 Ratsherren, deren Amt st�ndig, aber erst seit Friedrich Wilhelm I. vom K�nig besetzt wurde) untergeordnet. Die Einzelbenennungen K�lln, Friedrichstadt u. a. gingen seitdem in dem Gemeinnamen B. unter. 1710 wurde ein Stadtgericht errichtet, das aber nur f�r die B�rger galt, w�hrend im Amte M�hlenhof der dortige Hauptmann, im Schlo�bezirk der Hausvogt und f�r vornehme Personen das Kammergericht zust�ndig blieben. Auch die Polizei blieb in den H�nden des Gouverneurs und des Hausvogts.

W�hrend der Regierung Friedrich Wilhelms I., der zuerst seine Edikte nicht von K�lln an der Spree, sondern von B. datierte, wurden das Friedrich Wilhelms-Waisenhaus und der Schlo�bau bis 1716 gr��tenteils vollendet und der Lustgarten in einen Exerzierplatz umgewandelt. Vornehmlich ward die Friedrichstadt ausgebaut, ferner zahlreiche Kirchen gebaut (ihre Zahl stieg von 12 auf 25); schon 1737 gab es dort 1682 H�user. F�r das Schulwesen waren die Anlage der fr�hern Geb�ude des Joachimsthalschen Gymnasiums und die Gr�ndung einer Kadettenschule von Bedeutung. Ferner wurde der botanische Garten der Akademie (jetzt der Universit�t) angelegt und im NW. der Stadt ein Pesthaus errichtet, an dessen Stelle Friedrich II. 1785 die Charit� erbaute. 1740 bestanden au�er den schon 1709 eine Stadt bildenden f�nf St�dten noch die Luisenstadt, das Stralauer Viertel, die K�nigsstadt, die Sophienstadt.

Unter Friedrich d. Gr. wurde noch vor dem Siebenj�hrigen Kriege der Tiergarten zu einem Park umgestaltet; auch erfolgte die Abtragung der noch vorhandenen Befestigungswerke (1745), anderen Stelle die Neue Friedrichstra�e, Alexanderstra�e und Wallstra�e traten. 1747 erhielt die Stadt eine neue Verfassung, wodurch die Zahl der Ratsmitglieder auf 20 erh�ht wurde, die sich durch eigne Wahl erg�nzen sollten; an ihre Spitze trat ein vom K�nig ernannter Stadtpr�sident, der zugleich die Polizei mit mehreren Ratsmitgliedern leitete; erst 1795 erfolgte die Errichtung einer vom Magistrat gesonderten Polizeibeh�rde. 1757 drang der �sterreichische General Haddik in die Vorst�dte ein und erpre�te eine Kontribution von 200,000 Tlr. 1760 beschossen die Russen unter Totleben die Stadt vom Tempelhofer Feld aus, drangen 9. Okt. in dieselbe ein und erhoben eine Kontribution von 11/2 Mill. Tlr. Der Kaufmann Gotskowsky machte sich um die Milderung der feindlichen Forderungen sehr verdient. Nach dem Frieden fanden sich von den 1755 vorhandenen 126,661 Einw. nur noch 103,200 vor. Friedrich d. Gr. suchte durch Kanalbauten den Handel Berlins zu heben und richtete neue Industriezweige ein. Es wurden auf k�nigliche Kosten gro�artige Seidenfabriken, Webereien und Druckereien f�r Kattun u. a. angelegt; die Porzellanmanufaktur hatte er schon 1751 errichtet. Die Bev�lkerung stieg bis nahe an 150,000, wovon allerdings noch nicht 11,060 B�rger waren. Dieser Zuwachs machte die Anlegung der Rosenthaler und die Erweiterung der Stralauer Vorstadt n�tig. Zur Versch�nerung der Stadt trugen die beiden T�rme auf dem Gendarmenmarkt bei, ferner die Ausschm�ckung des Wilhelmsplatzes, das Opernhaus, das Schauspielhaus, die k�nigliche Bibliothek und andre �ffentliche Bauten. Damals war B. der Sammelplatz der franz�sischen Sch�n- und Freigeister (d'Argens, Voltaire, Lamettrie); auch Lessing, Moses Mendelssohn, Ramler, Gleim, Engel hielten sich gr��tenteils in B. auf. Unter Friedrich Wilhelm II. wurde das Brandenburger Tor (s. oben, S. 693) errichtet.

W�hrend des letzten Jahrzehnts des 18. Jahrh. hob sich, beg�nstigt durch die franz�sische Revolution, namentlich die Seidenzeugfabrikation. Auch die k�nstlerischen und literarischen Verh�ltnisse der Stadt erlangten von Tag zu Tag eine gr��ere Bedeutsamkeit. Anstalten wie die Tierarzneischule, die Artillerieakademie, das medizinische Friedrich Wilhelms-Institut wirkten auf den gesamten Staat zur�ck. Noch gr��er wurden die Fortschritte Berlins seit dem Anfang des 19. Jahrh., und die im Ungl�cksjahr 1806 erfolgende Besetzung der Stadt durch die Franzosen (24. Okt. 1806 bis 1. Dez. 1808) machte darin nur eine kurze Unterbrechung. Eine v�llige �nderung der Verwaltung f�hrte die neue St�dteordnung von 1808 herbei, die im April 1809 in B. durchgef�hrt wurde. Der Magistrat bestand fortan aus einem Oberb�rgermeister, einem B�rgermeister, 2 Syndiken, einem K�mmerer, einem Baurat, 4 besoldeten und 12 unbesoldeten Stadtr�ten; die Stadtverordnetenversammlung z�hlte 102 Mitglieder. Erst 23. Dez. 1809 kehrte die k�nigliche Familie nach B. zur�ck. Das wissenschaftliche Leben der Residenz erhielt 1816 durch die Gr�ndung der Universit�t einen neuen Mittelpunkt. An Stelle der Akzise trat damals eine Konsumtions- und Luxussteuer, au�erdem wurde eine Gewerbesteuer eingef�hrt. Als Preu�en sich 1813 gegen Frankreich erkl�rte, str�mte auch ein gro�er Teil der Berliner Bev�lkerung begeistert zu den Fahnen. Am 20. Febr. 1813 drangen russische Reiter unter Tschernitschew und Tettenborn in die Stadt ein, die inzwischen wieder von einem franz�sischen Korps besetzt war, und der �bergang Wittgensteins �ber die Oder n�tigte den franz�sischen General Saint-Cyr, 4. M�rz B. zu r�umen. Weitere Versuche der Franzosen gegen die Hauptstadt wurden durch die Siege der Nordarmee bei Gro�beeren und Dennewitz vereitelt. Nach 1816 begann von neuem die Versch�nerung Berlins durch Prachtgeb�ude und Denkm�ler aller Art, vornehmlich unter Schinkel. Sein erstes gr��eres Werk war das neue Schauspielhaus, das an Stelle des �ltern abgebrannten 1819–21 errichtet ward; dann folgten das Museum, die K�nigs- oder Neue Wache, die Schlo�br�cke, die Werdersche Kirche, die fr�here Bauakademie und die fr�here Artillerie- und Ingenieurschule (letztere in »Unter den Linden«). 1834–36 entstand das Palais des sp�tern Kaisers Wilhelm I. (s. oben). Eine andre Versch�nerung der Stadt unter Friedrich Wilhelm III. war die Ausstellung der Standbilder Bl�chers, Scharnhorsts[703] und B�lows nach Rauchs Modellen (1822–26) am Opernhausplatz; 1840 ward der Grundstein zum Friedrichsdenkmal gelegt. Damals wurde von dem Gartenbaudirektor Lenn� der Tiergarten in einen englischen Park umgewandelt. 1826 begann die Einf�hrung der Gasbeleuchtung, und die erste Eisenbahn von B. nach Potsdam wurde 29. Okt. 1838 er�ffnet.

Kunstsinnig wirkte Friedrich Wilhelm IV. f�r B. Unter seiner Regierung entstanden das Opernhaus, das Neue Museum, das Krollsche Geb�ude am K�nigsplatz, Kirchen und Kapellen, Bethanien, das katholische Hedwigskrankenhaus, die Ulanenkaserne zu Moabit, das Zellengef�ngnis ebendaselbst; ferner wurden die Friedenss�ule auf dem Belle-Allianceplatz, die Standbilder Yorcks u. Gneisenaus am Opernplatz, Thaers an der Bauakademie, das Denkmal Friedrich Wilhelms III. im Tiergarten, endlich das Reiterdenkmal Friedrichs d. Gr. eingeweiht; das Nationalkriegerdenkmal im Invalidenpark ist das letzte Werk dieser Art. Neue Stadtviertel wurden errichtet, die Friedrich Wilhelmsstadt und die Friedrichsvorstadt schlossen die zw�lf historischen Bestandteile der Stadt ab, so, wie sie mit ihren 458,000 Einw. Ende 1858 bestand. Diese g�nstige Entwickelung wurde durch die M�rzrevolution von 1848, die vom 18.–20. M�rz zum Bau von Barrikaden und zu blutigen K�mpfen mit dem Milit�r f�hrte (vom Volke fielen 183, von den Truppen 20 Mann), nur unwesentlich gehemmt. Doch wurde 1848 eine neue Polizeitruppe, die Schutzmannschaft, errichtet. Unter K�nig Wilhelm I. wurde B. durch die Aufnahme eines gro�en Teiles der Vorst�dte in seine Mauern (die weggerissen wurden) bedeutend vergr��ert und durch zahlreiche Prachtbauten (besonders w�hrend der 1870er Jahre), ferner die Zusch�ttung der alten Festungsgr�ben sowie den Bau der Stadtbahn in seinem Aussehen v�llig umgestaltet. Die Stadt dehnte sich, w�hrend in den alten Stadtteilen Berlin, K�lln und Friedrichswerder die H�user in Gesch�ftsh�user verwandelt und die Einwohner verdr�ngt wurden, im Laufe der Zeit (au�er im N.) �ber die Grenzen ihres Weichbildes aus, indem 1861 Moabit und 1878 ein Teil der Feldmark von Lichtenberg einverleibt wurden. Die neueste Entwickelung Berlins ist in die Darstellung seiner heutigen Erscheinung verwoben worden (s. oben). Der gewaltige Aufschwung der Berliner Industrie zeigte sich auf den Gewerbeausstellungen 1879 und 1896. Seine neueste Geschichte l��t sich nicht von der des preu�ischen Staates trennen. B. wurde 1871 auch Hauptstadt des Deutschen Reiches; hier ward 13. Juli 1878 der Berliner Friede (s. Berliner Kongre�) unterzeichnet. Vom November 1884 bis Ende Februar 1885 tagte in B. die Konferenz �ber die Kongofrage (s. Kongokonferenz), 15.–29. M�rz 1890 die Arbeiterschutzkonferenz (s. d.).

[Literatur.] Amtliche Werke: »Statistisches Jahrbuch der Stadt B.« (hrsg. von R. B�ckh); Verwaltungsbericht �ber die Gemeindeverwaltung der Stadt B. von 1889–95 (1899–1900, 2 Bde.). Vgl. ferner: Ring, Die deutsche Kaiserstadt B. (Leipz. 1883, 2 Bde.); Lindenberg, B. in Wort und Bild (Berl. 1894–95); B�deker, Berlin, F�hrer (12. Aufl., Leipz. 1902); F. v. Zobeltitz, B. und die Mark Brandenburg (Bielef. 1902); O. Raschdorff, B. Rundbild vom neuen Dom aufgenommen (1900); »B. und seine Bauten« (hrsg. vom Architektenverein, 1896, 2 Bde.); M�ller-Bohn, Die Denkm�ler Berlins (1897); Muther u. Hirth, Cicerone der k�niglichen Gem�ldegalerie von B. (M�nch. 1889); Spemanns »Handb�cher der k�niglichen Museen zu B.« (1891 ff.); Borrmann, Die Bau- und Kunstdenkm�ler von B. (1892); »Das medizinische B.« (6. Aufl. 1901); Dahms, Das literarische B. (1895); Virchow und Guttstadt, Die Anstalten der Stadt B. f�r die �ffentliche Gesundheitspflege (1886); Pistor, Das �ffentliche Gesundheitswesen von B. 1886 bis 1888 (1890); Geologisches von Berendt (s. d. 2); Hellmann, Das Klima von B. (1891); Wiedfeldt, Statistische Studien zur Entwickelungsgeschichte der Berliner Industrie von 1720–1890 (Leipz. 1898); »Der richtige Berliner in W�rtern und Redensarten« (4. Aufl. 1882); Brendicke, Der Berliner Volksdialekt (1895); Spielmann, Die Anstalten zur Pflege von Wissenschaft und Kunst in B. (1897); Rodenberg, Bilder aus dem Berliner Leben (1890, 3 Bde.); »Die Stadt B.« (Festschrift zum 7. Geographenkongre� 1899); »Die Stra�enbr�cken von B.« (amtlich, 1902); »Die Wohlfahrtseinrichtungen Berlins« (2. Aufl. 1899); Rowe, Die Gemeindefinanzen von B. und Paris (Jena 1893); Voigt, Grundrente und Wohnungsfrage in B. (das. 1901); »F�hrer durch das kirchliche B.« (1902); Evers, Die Berliner Stadtmission (1902); Brachvogel, Handbuch der Beh�rden der Provinz Brandenburg um. des Stadtkreises B. (1901). – F�r die Umgebung Berlins vgl. Trinius, Die Umgebung der Kaiserstadt B. in Wort und Bild (1888); F. Fontanes »F�hrer durch die Umgegend von B.« (5 Tle.).

Zur Geschichte Berlins vgl. die zahlreichen »Publikationen des Vereins f�r die Geschichte Berlins«, die von diesem herausgegebene »Berlinische Chronik nebst Urkundenbuch« sowie dessen Zeitschriften: »Mitteilungen« (seit 1884) und »Der B�r« (seit 1875); Nicolai, Beschreibung von B. und Potsdam (1786, 3 Bde.); Geppert, Chronik von B. seit Entstehung der Stadt (1837–41); Fidicin, Historisch-diplomatische Beitr�ge zur Geschichte der Stadt B. (1837–1842, 5 Bde.); Derselbe, B., historisch und topographisch (2. Ausg. 1852); Streckfu�, 500 Jahre Berliner Geschichte (neue Ausg. von Fernbach, 1900); Derselbe, B. im 19. Jahrhundert (1867–69, 4 Bde.); Woltmann, Die Baugeschichte Berlins (1872); Rosenberg, Die Berliner Malerschule (1879); »Berlin im Jahre 1786. Schilderungen der Zeitgenossen« (Leipz. 1886); Schwebel, Geschichte der Stadt B. (1889, 2 Bde.); L. Geiger, B. 1688–1840; Geschichte des geistigen Lebens (1892–95, 3 Tle.); Wolff, Berliner Revolutionschronik (neue Ausg. 1897); Busch, Die Berliner M�rztage von 1848 (M�nch. 1899).

Quelle:
Meyers Gro�es Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 692-704.
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