[828] Stadtbahnen (hierzu Tafel »Stadtbahnen I«: 4 Karten mit Text, und Tafel II u. III: Ansichten), Eisenbahnen, die das Innere gro�er St�dte auf eignem Bahnk�rper unter Vermeidung von Schienenkreuzung der Stra�en mit mechanischer Zugf�rderung durchdringen und durch eine mehr oder weniger gro�e Zahl von Stationen dem Personenschnellverkehr zug�nglich machen. S. bleiben entweder auf den binnenst�dtischen Personenverkehr, unter Umst�nden nebst gep�cklosem Vorortverkehr, beschr�nkt und sind dann hinsichtlich ihrer Bau- und Betriebsart ganz unabh�ngig, k�nnen also den Eigenheiten des gro�st�dtischen Personenverkehrs in vollkommenster Weise angepa�t werden; oder sie erm�glichen an ihren Endpunkten wie an andern Stellen mittels direkten Anschlusses an �u�ere Fern- und Vorortbahnen den �bergang von Z�gen zu und von diesen Bahnen und nehmen dann den Fern-, Vorort- und binnenst�dtischen Personenverkehr, unter Umst�nden auch G�terverkehr, auf. In diesem Falle m�ssen die S. durchweg den Verh�ltnissen der an schlie�enden Bahnen gem�� hergestellt werden. Dadurch erh�hen sich die Anlagekosten ganz au�erordentlich, und zugleich wird die Anpassungsf�higkeit der Bahn an die Bed�rfnisse des binnenst�dtischen Personenverkehrs, zumal die hierf�r so notwendige rasche Folge leichter Z�ge mit ganz kurzen Aufenthalten und die ebenso notwendige strenge Innehaltung eines festen Fahrplans, die Einheitlichkeit der Wagen etc. auf das schwerste beeintr�chtigt, es sei denn, da� der Fernverkehr, wie bei der Berliner Stadtbahn, von vornherein auf ein eignes Gleispaar verwiesen wird. Ein gedeihliches Zusammenwirken von Fern- und Binnenverkehr auf denselben Gleisen ist kaum erreichbar und jedenfalls nur mit ganz unverh�ltnism��igen Kosten zu erkaufen. Der Hauptvorteil der S. gegen�ber andern st�dtischen Verkehrsmitteln besteht in der gr��ern Leistungsf�higkeit und Schnelligkeit. Im Innern einer gro�en Stadt kann man in einer Stunde zu Fu� etwa 5, auf der Pferdebahn 8, auf der elektrischen Stra�enbahn etwa 10, im Automobilomnibus 15 km zur�cklegen. Demgegen�ber betr�gt die Reisegeschwindigkeit auf S. etwa 2028 km in der Stunde. Die Reisegeschwindigkeit ist um so gr��er, je geringer die Anzahl der Aufenthalte ist, d. h. sie w�chst mit der Entfernung der Stationen, auf denen die Z�ge halten. Indes ist ein gro�er Abstand der Stationen f�r die Benutzung der Bahn unbequemer. Die kleinste Stationsentfernung bei S. betr�gt etwa 300 m, die mittlere etwa 800 m. Um trotz geringer Stationsentfernung eine gro�e Reisegeschwindigkeit zu erzielen, richtet man besonders in Amerika auch auf S. Schnellz�ge ein, die auf besondern Gleisen verkehren und nur auf den wichtigsten Stationen halten. Bei Z�gen, die gr��ere Strecken ohne Halt durchlaufen, nimmt nach der Abfahrt die Geschwindigkeit allm�hlich zu, bis die h�chste gestattete Grenze erreicht ist; es folgt dann eine Fortbewegung mit gleichf�rmiger Geschwindigkeit; kurze Zeit vor dem Halten wird dann durch Bremsen eine Verz�gerung herbeigef�hrt. Bei geringen Stationsentfernungen mu� man den Zug aber oft bereits bremsen, bevor die H�chstgeschwindigkeit erreicht ist; dann ist die Reisegeschwindigkeit in erster Linie von der Beschleunigung beim Anfahren abh�ngig. Man w�hlt deshalb f�r S., soweit Dampfbetrieb angewendet wird, besonders kr�ftige Lokomotiven. Bessere Erfolge erzielt man aber durch elektrische Triebwagen, die au�erdem den Vorteil der Rauchlosigkeit haben, so da� neuerdings f�r S. nur noch elektrischer Betrieb in Frage kommt. Vereinzelt ist fr�her auch Kabelbetrieb ausgef�hrt worden.
Nach der Lage der Bahn zur Stra�enoberfl�che unterscheidet man Hochbahnen und Tiefbahnen. Hochbahnen werden entweder in Stein ausgef�hrt (Berliner[828] Stadtbahn) oder in Eisen (Berliner Hochbahn, Tafel II, Pariser Stadtbahn, Tafel III etc.). Die Ausf�hrung in Stein erfordert bedeutende Kosten, besonders f�r den Grunderwerb; doch sind die Unterhaltungskosten geringer als bei Eisenbauten; auch wird das Ger�usch der fahrenden Z�ge bedeutend gemildert. Eine besondere Form der Hochbahnen bildet die einschienige Schwebebahn, bei der die R�der oberhalb des Wagendaches liegen, der Wagen also an der Bahn h�ngt; N�heres s. H�ngebahn.
Die unter der Stra�enoberfl�che liegenden Tiefbahnen erfordern in der Regel keinen Grunderwerb, die Anwohner werden nicht durch Ger�usch gest�rt, auch wird das Stra�enbild und der Stra�enverkehr in keiner Weise beeintr�chtigt. Anderseits zwingt die schlechte Luft zur Anlegung kostspieliger Ventilationseinrichtungen, bei Br�nden kann die Rauchentwickelung gro�e Gefahr herbeif�hren (Unf�lle in Paris und New York), die Herstellung ist teuer, auch sind bei Tiefbahnen Kreuzungen von Wasserl�ufen in der Regel nur mit gro�en Kosten und unter gro�en Schwierigkeiten herzustellen. Die Tiefbahnen liegen entweder unmittelbar unter der Stra�enoberfl�che (Unterpflasterbahnen) oder aber in gr��erer Tiefe noch unterhalb der H�userfundamente (Untergrundbahnen). Im ersten Fall ist die Betriebsf�hrung bequemer und leichter. Der Weg der Reisenden von der Stra�enoberfl�che bis zu den Bahnsteigen ist geringer, die Lage zum Grundwasser ist g�nstiger als bei Untergrundbahnen, die Ausf�hrung kann in offener Baugrube hergestellt werden, der �bergang auf Bahnen in H�he der Stra�enoberfl�che (Flachbahnen) macht keine Schwierigkeiten. Man ist indes mit der Linienf�hrung an die Stra�enz�ge gebunden, auch k�nnen Kreuzungen mit Rohrleitungen der Kanalisation etc. gro�e Schwierigkeiten bereiten. Bei Untergrundbahnen ist man dagegen vollst�ndig unabh�ngig von der Lage der H�user, da man unter den Grundmauern hinweggehen kann. Indes bietet die tiefe Lage (2030 m) unter der Stra�e Schwierigkeiten f�r den Zugang der Reisenden. Man mu� die Bahnsteige durch Personenaufz�ge zug�nglich machen, die im Betrieb au�erordentlich kostspielig sind. Unterpflasterbahnen werden meist mit rechteckigem Querschnitt ausgef�hrt; die Sohle und Seitenw�nde aus Beton, die Decke aus Beton und Eisen. Untergrundbahnen erhalten meist gew�lbte Decken, oft werden sie vollst�ndig kreisf�rmig (R�hrenbahnen) ausgef�hrt, wobei jedes Gleis in einer besondern zylindrischen Tunnelr�hre von 33,7 m lichtem Durchmesser liegt.
S. nur f�r den Binnenverkehr sind in der Regel zweigleisig; doch f�gt man zuweilen ein drittes und auch ein viertes Gleis f�r Schnellz�ge hinzu. Neuerdings ist in Chicago ein ganzes Netz elektrischer Untergrundbahnen ausgef�hrt worden, das lediglich dem G�terverkehr dient. Es liegt etwa 1314 m unter der Stra�enoberfl�che und steht in unmittelbarer Verbindung mit den drei Stockwerke tiefen Kellern der Gesch�ftsh�user.
Die Herstellungskosten der S. sind au�erordentlich verschieden; sie schwanken bei zweigleisigen Bahnen (auf 1 km gerechnet) etwa zwischen 2 Mill. Mk. (Liverpooler Hochbahn) und 13,5 Mill. Mk. (Merseytunnelbahn). Den st�rksten Verkehr hat die Berliner Stadtbahn mit 6 Mill. Reisenden im Jahr auf 1 km Bahnl�nge. Ihr folgt die Pariser mit 5 Mill.; dabei ist aber zu ber�cksichtigen, da� sie keinen Wettbewerb durch ein leistungsf�higes Stra�enbahnnetz erleidet. Die Zentrallondonbahn, die in gleich g�nstiger Lage sich befindet, bef�rdert dagegen nur 4,3 Mill. Von andern S., die im Wettbewerb mit leistungsf�higen Stra�enbahnen stehen, bef�rderte die Manhattan-Hochbahn in New York 3 Mill., die Berliner elektrische Hoch- und Untergrundbahn 1905: 3,1 Mill. Die geringste Bef�rderungsmenge zeigt die Schwebebahn Barmen-Elberfeld mit 0,7 Mill., wobei indes die verh�ltnism��ig niedrige Einwohnerzahl dieser St�dte zu ber�cksichtigen ist. Die Einnahmen auf die Person betrug im Durchschnitt in Europa etwa 15 Pf., in Amerika dagegen etwa 21 Pf. Die billigsten Fahrpreise hat die Berliner Stadt- und Ringbahn, bei der (unter Ber�cksichtigung der Monatskarten) etwa 7,6 Pf. auf die Person entfielen. Die Verzinsung des Anlagekapitals betr�gt: bei der Pariser Stadtbahn 5 Proz., bei der Zentrallondonbahn, der Manhattan-Hochbahn, der Hoch- und Untergrundbahn in Berlin 4 Proz. Die meisten andern Bahnen dagegen weisen eine erheblich geringere Verzinsung auf. S. f�r den Binnenverkehr finden sich unter anderm in Berlin, Hamburg, Elberfeld, Wien, Paris, London, Liverpool, Glasgow, New York, Boston, Chicago und Philadelphia. Tafel I gibt die Stadtpl�ne mit den S. von Berlin, Wien, London und Paris. Vgl. Kemmann, Der Verkehr Londons (Berl. 1892) und Die Entwickelung des st�dtischen Schnellverkehrswesens seit Einf�hrung der Elektrizit�t (»Deutsche Bauzeitung«, 1904); Troske, Die Londoner Untergrundbahnen (Berl. 1892) und Die Pariser Stadtbahn (das. 1905); Die Berliner Stadtbahn (das. 1886); Kontinentale Gesellschaft f�r elektrische Unternehmungen N�rnberg: Zum Entwurf einer Schwebebahn in Berlin (»Deutsche Bauzeitung«, 1905); »Ingenieurwerke in und bei Berlin«, Festschrift, herausgegeben von Herzberg und Meyer (das. 1906).
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