Mineralw�sser

[867] Mineralw�sser (Mineral- oder Heilquellen, Gesundbrunnen; hierzu Textbeilage »Zusammensetzung der wichtigsten Mineralw�sser«), Quellw�sser, die sich durch einen hohen Gehalt an Stoffen, die in andern Quellw�ssern nur in geringen Spuren vorhanden sind, oder auch nur durch eine h�here Temperatur (warme Quellen, Thermen) auszeichnen. Der Gehalt eines Wassers an Jod und Brom, die Steigerung der Menge des keiner Quelle fehlenden Chlornatriums bis zur Hervorbringung einer Solquelle und die warmen Wildb�der, deren Gehalt an gel�sten Stoffen ein ganz geringer ist, sind Beispiele f�r die verschiedenen Eigenschaften, die ein Quellwasser zum Mineralwasser machen k�nnen. Hauptbestandteile der M. sind Chloride, Bromide und Jodide, Schwefels�ure- und Kohlens�uresalze sowie Sulfurete von Kalium, Natrium, Magnesium, Calcium, Strontium, Eisen, Mangan. Ammoniak kommt selten vor, Rubidium und C�sium nur in Spuren, Lithium, Baryum, [867] Aluminium, Kiesels�ure, Phosphors�ure, Salpeters�ure, Fluor, Bors�ure, arsenige S�ure, Kupfer, Blei, Zink und Radium in geringer Menge. An Gasen enthalten die M. gel�st: Sauerstoff, Stickstoff, Schwefelwasserstoff, Kohlenoxysulfid und gew�hnlich Kohlens�ure, diese bisweilen in sehr gro�er Menge. Nach ihren Bestandteilen kann man die M. in folgender Weise gruppieren:

A. Alkalische M. (Natropegae) enthalten vorzugsweise kohlensaures Natron und freie Kohlens�ure, au�erdem kohlensauren Kalk, kohlensaure Magnesia, schwefelsaures Natron und Chlornatrium. a) Einfache S�uerlinge oder Sauerbrunnen, Anthrakokrenen von schwach s�uerlichem Geruch und prickelndem Geschmack, mit wenig festen Bestandteilen und nicht unter 400 ccm Kohlens�ure in 1 Lit., werden als erfrischendes Getr�nk viel benutzt: Heppinger, Apollinaris- und Landskroner Brunnen im Ahrtal, die S�uerlinge des Laacher Sees, die Wernarzer und Sinnberger Quelle bei Br�ckenau, Salzbrunn in Schlesien, Liebwerda, Marienquelle in Marienbad, Dorotheenau bei Karlsbad. b) Alkalische S�uerlinge mit bedeutendem Gehalt an Natriumbikarbonat und freier Kohlens�ure und sehr untergeordneten Mengen andrer Bestandteile dienen zur Heilung von Krankheiten sowie als sogen. Luxusw�sser zu Trinkkuren, sind zum Teil Thermen: Vichy (45� warm), Neuenahr (40�), Mont-Dore, Chaudes-Aigues, Bilin, Fachingen, Gie�h�bel, Preblau. c) Alkalisch-muriatische S�uerlinge enthalten neben kohlensaurem Natron auch Kochsalz: Ems, Luhatschowitz in M�hren (jod- und bromreich), Selters, Salzschlirf (sehr lithionreich), Gleichenberg, Krankenheil-T�lz (jodhaltig). d) Alkalisch-erdige S�uerlinge mit relativ hohem Gehalt an kohlensaurem Calcium und kohlensaurem Magnesium: Adelholzen und Empfing bei Traunstein in Oberbayern, Lippspringe etc.

B. Glaubersalzw�sser (alkalisch-sulfatische Quellen) enthalten neben kohlensaurem vorwaltend schwefelsaures Natron: Karlsbad (74�), Bertrich, Marienbad, Tarasp-Schuls, Ofen, Salzbrunn, Rohitsch, Salzquelle in Franzensbad.

C. Eisenw�sser (Eisen-Stahlquellen, Chalybopegae) mit einem Gehalt von Eisenkarbonat von nicht weniger als 0,06 in 1 Lit. a) Reine Eisenquellen sind arm an festen Bestandteilen, reich an Kohlens�ure: Schwalbach, Br�ckenau, Liebenstein, Reinerz, Ambrosius- und Karolinenquelle in Marienbad, Freienwalde, Steben. b) Alkalische und alkalisch-salinische Eisens�uerlinge enthalten au�er kohlensaurem Eisenoxydul noch kohlensaures, schwefelsaures Natron und Kohlens�ure in hervorragender Menge: Franzensbad, Elster, Charlottenbrunn und Flinsberg in Schlesien. c) Erdig-salinische Eisens�uerlinge enthalten neben kohlensaurem Eisenoxydul und schwefelsaurem Natron noch kohlensauren und schwefelsauren Kalk: Pyrmont, Driburg, Rippoldsau, Petersthal, Griesbach, Freiersbach, Antogast, Tarasp-Schuls, Wildungen, Contrex�ville. d) Eisenw�sser mit schwefelsaurem Eisenoxydul (vitriolische W�sser), zuweilen mit freier Schwefels�ure und geringen Mengen von arseniger S�ure (sogen. Arsen-Eisenw�sser), auch mit Sulfaten von Kupfer, Zink, Mangan, Kobalt, Nickel sowie von den Alkali-Erd- und Alkali-Metallen. Alexisbad, Muskau, Mitterbad und Levico (Tirol). Srebrnica (Guberquelle) in Bosnien.

D. Kochsalzw�sser (Halopegae) mit vorherrschendem Gehalt an Kochsalz und andern Chloriden enthalten in untergeordneter Menge schwefelsaure Alkalien und Erdsalze, kohlensaure Erdsalze und kohlensaures Eisenoxydul. a) Einfache Kochsalzw�sser mit geringem Kochsalzgehalt (meist 0,3–1,5 Proz.), zum Teil reich an Kohlens�ure, entweder k�hl bis lauwarm: Kissingen, Neuhaus, Homburg, Salzschlirf, Kannstatt, Soden am Taunus, oder von erh�hter Temperatur (Kochsalzthermen): Baden-Baden (67�), Wiesbaden (69�), Burtscheid-Aachen (75�). b) Solen mit bedeutendem Kochsalzgehalt. Nauheim (39�), �ynhausen, Ischl, Reichenhall, Salzungen, K�sen, Sulza, Frankenhausen, Hall in W�rttemberg, Salzhausen (Oberhessen). c) Jod- und bromhaltige Solen mit bedeutendem Jod- und Bromgehalt: Sodenthal bei Aschaffenburg, Kreuznach, D�rkheim an der Hardt, Arnstadt, Elmen, Adelheidsquelle (Heilbrunn) in Oberbayern, Hall in Ober�sterreich, Sulzbrunn, K�nigsdorf-Jastrzemb.

E. Bitterw�sser (Pieropegae) enthalten vorwiegend Bitter- und Glaubersalz: P�llna, Saidschitz, Friedrichshall (Sachsen-Meiningen), Budapest (Hunyadi Janos), Birmenstorf in der Schweiz.

F. Schwefelw�sser (Theiopegae) riechen deutlich nach Schwefelwasserstoff und enthalten entweder l�sliche Schwefelmetalle (wie Kaliumsulfid, Natriumsulfid, Calciumsulfid etc.) als sogen. Schwefelleber (hepatische W�sser): Aachen (75�), Baden bei Wien (36�), Landeck in Schlesien (29�), Leuk in Wallis (51�), oder sind frei von solchen: Warasdin-T�plitz in Kroatien (58�), Budapest (St. Lukasbad, 38�); dabei sind sie wie die ebenerw�hnten warme Quellen oder kalt: Stachelberg, Gurnigel, Heustrich in der Schweiz, Le Prese (Graub�nden), Nenndorf, Langensalza, Weilbach. Sehr bekannt sind auch die Schwefelw�sser von Bar�ges, Eaux-Chaudes, Bagn�res de Luchon, Am�lie-les-Bains, Aix, Eaux-Bonnes.

G. Erdige oder kalkhaltige M. enthalten vorwiegend kohlensauren und schwefelsauren Kalk, Chlorcalcium. a) Einfache erdige M., oft durch Aufnahme von Kohlens�ure in die alkalisch-erdigen S�uerlinge �bergehend: Leuk, Bormio, Lippspringe, Wei�enburg in Bern, Saxon in Wallis. b) Erdige M. mit erheblichem Gehalt an Schwefelwasserstoff und deshalb gew�hnlich zu den Schwefelquellen gerechnet: Baden bei Wien, Baden bei Z�rich (50�), Schinznach (33�), Trentschin-Teplitz, die Euganeischen Thermen von Abano, Eilsen, Meinberg, Boll, Wipfeld.

H. Indifferente Thermen (Wildb�der, Akratothermen, warme Quellen) sind arm an festen und gasf�rmigen Bestandteilen, nur Stickgas entwickelt sich aus den meisten in bedeutender Menge; sie wirken wohl haupts�chlich durch ihre hohe Temperatur: Plombi�res 71�, Teplitz 49�, Wildbad Gastein 49�, Warmbrunn 32–43�, Wildbad in W�rttemberg 40�, Pf�fers-Ragaz 38�, T�ffer, R�merbad und Neuhaus in Steiermark 38–37�, Bertrich und Schlangenbad 32�, Landeck in Schlesien und Johannesbad in B�hmen 29�, Liebenzell 25�.

Die Bestandteile der M. entstammen, wie die aller Quellen, den Gesteinen, die das Wasser auf seinem Wege in der Erdrinde ber�hrt. Bei der Auslaugung durch das Wasser spielen sich Konzentrationsprozesse in dem Sinn ab, da� ein in den Gesteinen weitverbreiteter, aber nur in Spuren vorkommender Bestandteil sich im Quellwasser in relativ viel bedeutenderer Menge vorfindet. Das Wasser (s. Quellen) wirkt teilweise einfach aufl�send auf solche Stoffe, die in Wasser verh�ltnism��ig leicht l�slich sind, wie z. B. Steinsalz oder Gips. Anderseits finden auch verschiedene,[868] zum Teil recht komplizierte und nur zum kleinen Teil ihrem Wesen nach bekannte chemische Reaktionen statt. Wenn z. B. sauerstoffreiches Wasser auf Schwefeleisen (Eisenkies) trifft, das nicht selten in Kalkstein oder kalkreichen Gebirgsarten eingeschlossen ist, so bildet sich durch Oxydation leicht l�sliches Eisensulfat; die nebenbei noch auftretende freie Schwefels�ure zersetzt den kohlensauren Kalk zu Gips (schwefelsauren Kalk) und freier Kohlens�ure, die vom Wasser aufgenommen wird. Die meiste Kohlens�ure der M. stammt wohl aus unterirdischen Ansammlungen von Kohlens�ure vulkanischen Ursprungs; auch die an der Erdoberfl�che verwesenden organischen Substanzen liefern Kohlens�ure, die durch versickernde Niederschlagsw�sser in die Tiefe gef�hrt wird. Das mit Kohlens�ure beladene Wasser ist nicht nur ein ausgezeichnetes L�sungsmittel f�r Karbonatgesteine, deren Basen (besonders Kalk) meist als doppeltkohlensaure Salze in L�sung gehen, sondern es wirkt auch in hohem Grade zersetzend auf Silikatgesteine ein, indem es aus diesen Alkalien, alkalische Erden und Kiesels�ure aufnimmt. Letztere findet sich in fast allen Mineralw�ssern in mehr oder weniger gro�er Menge, besonders reichlich ist sie in den hei�en Springquellen, den Geisern. Spielt sich die obenerw�hnte Oxydation von Doppelschwefeleisen in dolomitischen Gesteinen ab, so sind die Bedingungen zur Bildung von schwefel saurer Magnesia und somit von Bitterw�ssern gegegeben; wirkt die auf diesem Wege gebildete Schwefels�ure auf alkalihaltige Silikate ein, so entstehen Glaubersalzquellen. Mit Sulfaten, etwa mit Gips, beladene W�sser k�nnen beim Durchsickern bitumin�ser Schichten eine Reduktion der Sulfate erleiden und die neugebildeten Schwefelverbindungen eine Schwefelwasserstoffquelle veranlassen.

Die hohe Temperatur, die manche M. haben, kann durch die bei solchen chemischen Prozessen entwickelte W�rme verursacht sein oder daher r�hren, da� die W�sser auf verh�ltnism��ig direktem Wege aus solchen Tiefen aufsteigen, in denen die Temperatur der Erde die entsprechende H�he hat.

In welcher Form die gel�sten Substanzen in den Mineralw�ssern enthalten sind, ist noch nicht ganz aufgekl�rt. W�hrend fr�her nicht daran gezweifelt wurde, da� sie als Salze, z. B. die Alkalien und alkalischen Erden als Chloride, Karbonate, Bikarbonate, Sulfate etc., die Kiesels�ure als l�sliches Alkalisilikat, vorhanden seien, haben neuere Untersuchungen gezeigt, da� in verd�nnten L�sungen eine teilweise Spaltung der Verbindungen in Ionen, d. h. in positiv oder negativ elektrische Atome oder Atomgruppen, stattfindet. So ist NaCl in Na+Cl, Na2SO4 in Na+Na+SO4 dissoziiert. Dadurch erkl�rt sich vielleicht die unleugbar vorhandene, im Verh�ltnis zur Verd�nnung auffallend gro�e Reaktionsf�higkeit der M. sowie der Umstand, da� manche der nat�rlichen Reaktionen offenbar anders verlaufen, als das bei Anwendung konzentrierterer L�sung im Laboratorium der Fall ist.

Was die Herkunft der M. angeht, so nahm man bisher allgemein an, da� das Wasser aus der Atmosph�re stamme, in die Erde hinabgesickert sei, sich dann mit den betreffenden Mineralstoffen beladen, eventuell auch die der Tiefe entsprechende hohe Temperatur an genommen habe und schlie�lich zur Erdoberfl�che zur�ckkehre. Neuerdings hat E. Sue� die fr�her schon zur Erkl�rung der Bildung mancher Erzg�nge herangezogene Ansicht zu begr�nden versucht, da� manche Thermalquellen, z. B. die von Karlsbad, juveniles Wasser liefern, d. h. solches, das nicht von atmosph�rischen Niederschl�gen stammt, sondern wie die vulkanischen Laven und die vulkanische Kohlens�ure als Nachwirkung vulkanischer T�tigkeit aus den unbekannten Tiefen der Erde hervordringt und somit zum erstenmal an das Tageslicht kommt. Diese Ansicht wird unter anderm gest�tzt durch die Tatsache, da� bei vulkanischen Ausbr�chen in der Lava Wasser zutage gef�rdert wird, dessen Abstammung aus einem benachbarten Meer nicht wohl anzunehmen ist, da� ferner die Natur der in den betreffenden W�ssern enthaltenen Stoffe in keiner Beziehung steht zu den benachbarten Gesteinen sowie durch die Unabh�ngigkeit der Temperatur und der Wassermenge von der Jahreszeit. Im Gegensatz zu den juvenilen Quellen zeigen die vadosen, die infiltriertes, aus der Atmosph�re stammendes Wasser liefern, wie z. B. die Quellen von Pf�fers-Ragaz, j�hrlich eine Zunahme der Wassermenge nach der Schneeschmelze. Da sich vadoses und juveniles Wasser in der Tiefe mischen k�nnen, wird nicht immer eine scharfe Trennung der beiden Arten m�glich sein.

Die M. werden zum Teil direkt an der Quelle in den Kurorten getrunken (Brunnenkur) oder zum Baden benutzt (Badekur), vielfach aber auch auf Kr�ge oder Flaschen gef�llt und verschickt. Wird hierbei nicht gen�gend R�cksicht auf die Beschaffenheit des Wassers genommen, so kann dasselbe in kurzer Zeit sich zersetzen. Als Schutzmittel wirkt stets die freie Kohlens�ure, welche die Kohlens�uresalze der alkalischen Erden und des Eisens in L�sung erh�lt und durch ihren Druck den Zutritt der Luft in die Flaschen hindert. Man trifft deshalb beim F�llen der Flaschen Vorkehrungen, durch welche die im Mineralwasser enthaltene freie Kohlens�ure am Entweichen gehindert wird.

K�nstliche Mineralw�sser.

Unter genauer Ber�cksichtigung der Analyse der M. und des Verhaltens der nachgewiesenen Stoffe hat man k�nstliche M. dargestellt, die stets gleiche Beschaffenheit haben, w�hrend die nat�rlichen M. mancherlei Schwankungen in ihrer Zusammensetzung zeigen. Auch hat man gleichsam neue M. geschaffen, indem man L�sungen herstellte, die in der Natur nicht vorkommen, oder solche, die f�r manche F�lle zweckm��iger zusammengesetzt sind als die nat�rlichen M., bei denen gewisse Bestandteile oft unangenehme Nebenwirkungen hervorbringen, z. B. brausendes Bromwasser, kohlensaures Eisenwasser, Lithionwasser.

Die Fabrikation der k�nstlichen M. erfolgt im allgemeinen in der Weise, da� man sehr reines destilliertes Wasser mit den der Analyse entsprechenden Ingredienzien versetzt, dann mit Kohlens�ure unter einem Druck von mehreren Atmosph�ren s�ttigt und das fertige Wasser unter einem Druck von 1,5–2,5 Atmosph�ren auf Flaschen f�llt. Zur Entwickelung der Kohlens�ure benutzt man Magnesit, Dolomit, Marmor, Kreide, seltener doppeltkohlensaures Natron, die man mit Schwefels�ure (weniger gut mit Salzs�ure) zersetzt. Das Gas mu� durch mehrere Waschflaschen geleitet werden, die zum Teil Eisenvitrioll�sung mit doppeltkohlensaurem Natron oder andre Chemikalien zur Aufnahme von mitgerissener S�ure, Schwefelwasserstoff oder zur Zerst�rung von bitumin�sen Riechstoffen (�bermangansaures Kali) enthalten. Fr�her bereiteten die Mineralwasserfabriken die Kohlens�ure in der angegebenen Weise stets selbst, gegenw�rtig benutzt man die im Handel befindliche fl�ssige Kohlens�ure. Bei den alten Pumpapparaten sing man die entwickelte Kohlens�ure in einem Gasometer auf[869] und pre�te sie mittels einer Druckpumpe in das Wasser. Bei den Selbstentwicklern benutzte man den Eigendruck der in starkwandigen Apparaten entwickelten Kohlens�ure und wandte eine Pumpe nur an, um die Arbeit gegen Ende der Entwickelung zu beschleunigen. Bei Verwendung fl�ssiger Kohlens�ure gen�gt deren Druck zum Impr�gnieren des Wassers vollst�ndig. Sehr wesentlich ist es, das mit Kohlens�ure zu impr�gnierende Wasser lustfrei zu machen. Bei dem Apparat von W. Noll in Minden, der ununterbrochen arbeitet, tritt das Wasser zun�chst in einen luftleeren Raum, in dem sich die im Wasser enthaltene Luft ausscheidet, dann gelangt es in den mit R�hrwerk versehenen Druckkessel, worin es die Kohlens�ure aufnimmt. Zur Erzeugung der Luftleere dient ein Wasserstrahlgebl�se, das von der doppeltwirkenden Druckpumpe des Apparates gespeist wird, die gleichzeitig das luftfrei gewordene Wasser in den Druckkessel f�rdert. Das in dieser Weise hergestellte Mineralwasser zeigt eine besonders feste Bindung der Kohlens�ure. Den Druck der Kohlens�ure gibt man bei Kurbrunnen nicht �ber 3 Atmosph�ren, bei solchen mit 0,75 bis 1 Proz. und mehr Salzgehalt nur zu 2 Atmosph�ren, w�hrend er bei den Luxusgetr�nken auf 3,5 bis 4 Atmosph�ren gesteigert wird.

Fig. 1. Garnitur der Siphonflasche. Fig. 2. Gaskrug.
Fig. 1. Garnitur der Siphonflasche. Fig. 2. Gaskrug.

Dieser hohe Druck wirkt aber nur l�stig beim �ffnen der Flaschen, zustatten kommt er dem Konsumenten durchaus nicht, denn wie hoch er auch sei, so entweicht doch sofort beim Eingie�en des Wassers der gr��te Teil der Kohlens�ure, und es bleibt nur das 1,5 fache Volumen des Wassers, entsprechend einem Druck von etwa 3/4 Atmosph�re, zur�ck, das sich in wenigen Minuten noch weiter auf 1 Volumen reduziert. Lufthaltiges Wasser braust und zischt viel st�rker als luftfreies. In den Ballons oder K�vetten f�r glasweisen Ausschank mu� man einen Druck von 5–6 Atmosph�ren geben. Die Luxus- oder Erfrischungsgetr�nke (kohlensaures Wasser, Selterwasser, Sodawasser) erfordern nicht eine genau bestimmte Zusammensetzung, sondern nur einen reinen, angenehmen, nicht zu salzigen Geschmack und starken Kohlens�uregehalt. Man bereitet sie mit gutem Trinkwasser und gibt etwa auf 1000 Teile 1,5–3 Teile trocknes kohlensaures Natron. Sie werden auf Flaschen, Ballons oder sogen. Siphonflaschen (Fig. 1) gef�llt, d. h. auf gr��ere Flaschen, auf deren Hals g luftdicht eine Metallgarnitur ab befestigt ist, die, durch den Gummiring c gedichtet, ein bis auf den Boden der Flasche reichendes Rohr (Steigrohr) f, ein seitliches Abflu�rohr k und den Verschlu�mechanismus enth�lt. Sobald letzterer durch Druck auf den Knopf d ge�ffnet wird, treibt die Kohlens�ure das Wasser durch das Steig- und Abflu�rohr heraus, ohne da� aus dem in der Flasche verbleibenden Rest mehr Kohlens�ure entweichen kann, als das Volumen des abgelassenen Wassers betr�gt. Zur Bereitung sch�umender Getr�nke im kleinen dienen die Gaskr�ge (Fig. 2), starke Flaschen aus Steingut mit Siphonverschlu� cde und einer horizontalen, sein durchl�cherten Querwand A, die eine kleine Kammer B am Boden der Flasche gegen den �brigen Raum derselben abgrenzt. Zu dieser Kammer f�hrt eine seitliche �ffnung b mit Schraubenverschlu�. Man f�llt die obere Kammer der Flasche bis auf einen kleinen Raum C mit Wasser, verschlie�t sie durch einen Pfropfen mit Steigrohr, der durch eine Schraube befestigt wird, gibt auf je 500 g des eingef�llten Wassers 10 g Weins�urekristalle, 8,75 g doppeltkohlensaures Natron in St�cken und 125 g Wasser in die untere Kammer, verschlie�t diese ebenfalls und l��t die Flasche unter zeitweiliger Bewegung einige Stunden stehen. Die Brausepulvermischung zersetzt sich dann, und die entwickelte Kohlens�ure entweicht durch a und l�st sich in dem Wasser. F�llt man statt des letztern Limonade in die Flasche, so erh�lt man eine Brauselimonade und bei Anwendung von Wein einen Schaumwein. Kohlens�ureb�der werden mit doppeltkohlensaurem Natron und S�ure hergestellt (vgl. Bad, S. 240), doch gibt es auch Apparate, die fertige Kohlens�ure in das Bad leiten. K�nstliche Solb�der werden aus den Mutterlaugen bereitet, welche die Heilquellen versenden, man stellt aber auch k�nstliche Mutterlaugensalze her. Oft kann man die nat�rlichen und k�nstlichen M. ersetzen durch Benutzung der Sandowschen Salzgemische, die in ihrer Zusammensetzung den einzelnen Mineralw�ssern (Emser, Karlsbader, Vichy, Obersalzbrunn) entsprechen und nur in reinem oder kohlensaurem Wasser gel�st zu werden brauchen. – Die Herstellung k�nstlicher M. soll schon Thurneiffern 1560 versucht haben, ein einigerma�en brauchbares Produkt erhielt aber erst Venel 1750, der in verschlossenen Gef��en Sodal�sung mit Salzs�ure mischte. Priestley schlug 1772 vor, Wasser direkt mit Kohlens�ure zu s�ttigen, und 1774 gab Bergman Vorschriften zur Nachahmung des Wassers von Selters und Pyrmont auf Grund von Analysen. Meyer stellte 1787 in Stettin Selterwasser im gro�en dar, und Paul errichtete 1799 eine Mineralwasserfabrik in Paris und pre�te die Kohlens�ure mit einer Pumpe in das Wasser. Das gr��te Verdienst um diesen Industriezweig erwarb sich Struve, der 1821 eine Fabrik f�r k�nstliche M. in Dresden errichtete.

Gebrauch der Mineralwasser. Di�tetisches.

Die medizinische Wirkung der M. ist rein wissenschaftlich schwer zu erkl�ren: bei �u�erlichem Gebrauch als B�der �ben die M. jedenfalls nur eine Hautreizwirkung aus, und es dringt so gut wie nichts von den Mineralstoffen in den K�rper ein; beim Trinken und Inhalieren sind aber Medizinalwirkungen der M. sehr wohl verst�ndlich. Hat der aus den �ltesten Zeiten stammende Glaube an einen in den Mineralw�ssern wirkenden Geist, den »Brunnengeist«, oder an ein in denselben vorhandenes »Leben« als Ausflu� des »innern Erdlebens« auch keine Anh�nger mehr, so ist doch die Behauptung, da� die Wirkung der in den Mineralw�ssern nachgewiesenen Bestandteile die Wirkung der letztern nicht ganz zu decken verm�ge, nicht widerlegt. M�glich ist ja immerhin, da� die chemischen Analysen immer noch nicht vollkommen genug ausgef�hrt werden, da� die M. Stoffe enthalten, die wir noch nicht kennen, wie ja erst in j�ngster Zeit ein Radiumgehalt in mehreren Mineralw�ssern nachgewiesen worden ist; auch m�gen besondere L�sungsverh�ltnisse im physikalischen Sinn mitwirken, und die katalytische Wirkung unw�gbarer [870] Spuren von Schwermetallen kommt vielleicht auch in Betracht. Eine Schwierigkeit f�r die Entscheidung dar�ber liegt ferner in der bei jeder Brunnenkur vorhandenen Mitwirkung zahlloser �u�erer und zuf�lliger Einfl�sse: der Di�t, des Klimas, der Lebensweise, der Methode der Anwendung etc. Die Frage h�ngt eng zusammen mit der ebenfalls oft ventilierten, ob die sogen. k�nstlichen M. die nat�rlichen vollst�ndig zu ersetzen geeignet seien. Die Mehrzahl der �rzte leugnet nicht die Verwendbarkeit der k�nstlichen M., manche aber ziehen die nat�rlichen, auch wenn sie nicht an der Quelle getrunken werden k�nnen, vor.

Was wir �ber die Hautwirkung der M. im einzelnen wissen, ist ziemlich d�rftig. Eine der bestbekannten Wirkungen ist die der Kohlens�ureb�der. Diese steigern den Blutdruck erheblich, die Haut wird ger�tet, infolgedessen wird ihre Temperatur erh�ht, w�hrend die Temperatur der innern Organe sinkt; zugleich wird die Tastempfindlichkeit der Haut gesteigert. Viel d�rftiger sind die Kenntnisse �ber die B�der, die arm an Gasen und reich an Salzen sind (Solb�der): die W�rmeabgabe des K�rpers ist im Solbad nicht h�her als in einem gew�hnlichen Bad; die Reflexerregbarkeit der sensibeln Hautnerven wird herabgesetzt; die Sauerstoffaufnahme bei der Atmung wird etwas gesteigert, dagegen bleiben Blutdruck, Herzt�tigkeit und Stoffwechsel praktisch unver�ndert.

Die �rztlichen Indikationen f�r die Anwendung der Mineralb�der st�tzen sich auf die Erfahrungen ganzer Generationen, die, wenn sie auch im Tierversuche nicht k�nstlich erzeugt werden k�nnen, doch als der Wirklichkeit entsprechend anzusehen sind. Die Thermalb�der dienen zur Beruhigung bei Neurasthenikern und Hysterischen, gelegentlich auch bei R�ckenmarkskrankheiten und Neuralgien. Sehr n�tzlich sind sie auch bei Gicht und Rheumatismus. Besonders bekannt ist die Anwendung der Thermalb�der, namentlich wenn sie etwas Schwefel enthalten oder jodhaltige Sole, gegen Syphilis und chronische Metallvergiftungen, ohne da� man ihren Nutzen hier exakt zu definieren imstande w�re. – Die kohlens�urehaltigen B�der werden namentlich bei Herzkrankheiten angewendet; Nauheim hat in dieser Beziehung eine f�hrende Rolle �bernommen; auch R�ckenmarksschwindsucht wird zwar nicht in ihrem Verlaufe aufgehalten, aber in einzelnen Symptomen gemildert; Kohlens�ureb�der, wenn sie Eisen (Stahl) enthalten, werden namentlich gegen Blutarmut und Bleichsucht mit Erfolg angewendet; die Gefahr der Kohlens�ureb�der liegt darin, da� gelegentlich die Neigung zu Schlaganf�llen oder zu unerwarteten Blutungen gesteigert wird. – Die Solb�der feiern ihre Triumphe bei Ern�hrungsschw�che, Blutarmut und Skrofulose der Kinder; auch manche Frauenkrankheiten werden g�nstig beeinflu�t; die ausgesprochene Tuberkulose wird durch Solb�der nicht geheilt.

Sehr viel mannigfaltiger und hier nicht vollst�ndig zusammenstellbar sind die �rztlichen Indikationen f�r Trinkkuren mit Mineralw�ssern. Die alkalischen Quellen, ebenso wie die alkalisch-muriatischen, dienen haupts�chlich bei Respirationserkrankungen; mancher chronische Bronchialkatarrh heilt vollst�ndig durch eine Emser Trink- und Inhalationskur; von den Stoffwechselerkrankungen werden Gicht und harnsaure Diathese g�nstig beeinflu�t, auch manche Steinleidende finden Linderung; ferner k�nnen bei abnormer S�urebildung im Magen alkalische W�sser wesentliche Besserung bringen. – Die alkalisch-salinischen Quellen, die als Hauptbestandteil Glaubersalz enthalten, wirken haupts�chlich abf�hrend (Karlsbad, Marienbad, Franzensbad); es erfolgt eine allgemeine Entlastung der Unterleibsorgane, was die mannigfachsten Krankheiten, wie Gallensteinleiden, Lebervergr��erung, Magendarmkatarrhe, Stoffwechselerkrankungen, Fettsucht, g�nstig beeinflu�t, ja heilt; auf diesem Gebiete liegen wohl die m�chtigsten Wirkungen der M. Die Bitterw�sser enthalten stets auch Glaubersalz und wirken deshalb �hnlich wie B�der vom Karlsbader Typus. – Die Jodtrinkquellen wirken gegen Skrofulose und Syphilis; doch gibt es hier wirksamere Medikationen, da der Gehalt jener M. an Jod und dem oft auch vorhandenen Brom gering ist. – �hnlich steht es mit den Arsenw�ssern, wie Leviko; man gibt sie gegen Blutarmut, manche Stoffwechsel- und Hauterkrankungen. – Die Stahl- und Eisenw�sser beeinflussen namentlich Blutarmut und Bleichsucht g�nstig und leisten hier oft mehr als die gew�hnliche Eisenverabreichung.

Die Gebrauchsweise der M. richtet sich nach der Krankheit und der Individualit�t des Kranken. Die Zeit vom Mai bis Oktober ist f�r die Brunnenkuren in unserm Klima im allgemeinen die geeignetste. Das Wasser wird gew�hnlich morgens n�chtern in Gaben von 60–90 g und in einer Gesamtquantit�t von 400–900 g je nach der Wirkung und dem Krankheitsfall getrunken. Unter keinen Umst�nden l��t sich die Dauer der Kur durch Vermehrung der Becherzahl abk�rzen. Werden gr��ere Mengen auf einmal nicht vertragen, so k�nnen auch im Laufe des Tages zwei- bis dreist�ndlich kleinere Mengen oder noch einige Becher in den Abendstunden genommen werden. W�hrend des Trinkens ist eine m��ige Bewegung ohne jede Erhitzung und Erm�dung notwendig. Der letzte Becher mu� mindestens 1–2 Stunden vor dem Fr�hst�ck getrunken werden. Nur in den seltenen F�llen, wo das Mineralwasser bei n�chternem Magen absolut nicht vertragen wird, ist es gestattet, 1–2 Stunden vor dem Trinken ein leichtes Fr�hst�ck einzunehmen. – Auch die B�der werden gew�hnlich des Morgens genommen; nur in F�llen, wo nach dem Bad eine l�ngere Transpiration unterhalten werden soll, oder bei feuchtkalter Witterung kann das Baden am Abend angemessener erscheinen. Neben den B�dern kommen oft auch Inhalationen zerst�ubter M., Dunstb�der etc. zur Anwendung. Von gr��ter Wichtigkeit bei dem Gebrauch der M. sind: strenge Di�t, geistige und k�rperliche Ruhe, g�nstige �u�ere Verh�ltnisse in bezug auf Wohnung etc. Unter Umst�nden ist es notwendig, der Brunnenkur eine sogen. Nachkur folgen zu lassen. Die beste Nachkur ist meistens eine noch l�ngere Zeit beobachtete zweckm��ige Di�t und ein geregeltes, von Sorgen und k�rperlichen Anstrengungen freies Leben. Vgl. auch Balneologie mit Literatur.

Vgl. Bottler, Graphische Darstellungen zur Vergleichung der Mineralquellen deutscher und deutsch�sterreichischer Kurorte (Kissing. 1891); Godeffroy, Statistische Daten �ber die Mineral- und Heilquellen Europas (Wien 1892); Ludwig, Die nat�rlichen W�sser (Erlang. 1862); Lersch, Hydrochemie (2. Aufl., Bonn 1870); de Launay, Recherche, captage et am�nagement des sources thermo-min�rales (Par. 1899); Sue�, �ber hei�e Quellen. Bericht der 74. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und �rzte in Karlsbad 1902; Meyerhoffer, Die chemisch-physikalische Beschaffenheit der Heilquellen (Hamb. 1902); ferner die Lehrb�cher zur Fabrikation der M. von Lachapelle[871] und Glover (Berl. 1869), Schultze (das. 1870), Hager (2. Aufl., das. 1870), Hirsch und Siedler (3. Aufl., Braunschw. 1897), Wender (Berl. 1898), Gre�ler (4. Aufl. von Luhmann, Halle 1904); Raspe, Heilquellenanalysen f�r normale Verh�ltnisse und zur Mineralwasserfabrikation (Dresd. 1885); Goldberg, Die nat�rlichen und k�nstlichen M. (Weim. 1892); Zeitschrift: »Der Mineralwasserfabrikant« (L�beck, seit 1897, redigiert von Lohmann).

Quelle:
Meyers Gro�es Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 867-872.
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