[87] Heine, 1) Salomon, verdienter B�rger Hamburgs, geb. 1767 in Hannover von unbemittelten j�dischen Eltern, gest. 26. Dez. 1844, richtete 1797 mit Heckscher in Hamburg ein Bankiergesch�ft ein, mit dem er den Grund zu seinem sp�tern Reichtum legte. Durch Opferwilligkeit und Entschlossenheit wendete er die schlimmsten Folgen des furchtbaren Brandes vom 2. Mai 1842 von der Hamburger Gesch�ftswelt ab; zugleich stellte er dem Staat unaufgefordert 1/2 Mill. zur Verf�gung. �berhaupt war Heines Wohlt�tigkeit wahrhaft gro�artig. Das Krankenhaus f�r j�dische Arme ist ganz aus seinen Mitteln gebaut worden; ebenso verdanken die Vorschu�anstalt f�r j�dische Handwerker sowie andre milde Stiftungen ihm ihre Entstehung. Vgl. Joseph Mendelssohn, Salomon H. (3. Aufl., Hamb. 1845).
2) Heinrich, ber�hmter Dichter und Schriftsteller, geb. 13. Dez. 1797 in D�sseldorf, gest. 17. Febr. 1856 in Paris, war der Sohn unbeg�terter j�discher Eltern, erhielt die ersten und wichtigsten politischen Eindr�cke zu der Zeit, als die Rheinlande unter der antifeudalen Herrschaft Napoleons standen (180613), besuchte 180815 das Lyzeum (Gymnasium) und sollte dann Kaufmann werden. Nach verungl�ckten Versuchen in dieser Laufbahn (in Hamburg 18161819) widmete sich H. mit Unterst�tzung seines reichen Oheims Salomon H. (s. oben) 181924 den Rechtsstudien in Bonn, G�ttingen und Berlin, doch besuchte er zugleich germanistische und philosophische Vorlesungen mit Eifer. Er trat 28. Juni 1825 zum Christentum �ber, promovierte 20. Juli d. J. in G�ttingen und beabsichtigte hierauf, sich als Rechtsanwalt in Hamburg niederzulassen, unterlie� dies jedoch wegen mannigfacher Anfeindungen und lebte abwechselnd in London, M�nchen (1828, als Redakteur von Cottas »Politischen Annalen«), Oberitalien, namentlich aber in Berlin und Hamburg, bis er, durch Verdru� und Entt�uschungen niedergedr�ckt, 1831 nach Paris �bersiedelte, dem damaligen Mekka des Liberalismus. In dieser ersten Epoche waren die Herzenserlebnisse, die er durch die ungl�ckliche Liebe zu seiner Cousine Amalie H. und sp�ter zu deren j�ngerer Schwester Therese erfuhr, auf seine dichterische Entwickelung von tiefstem Einflu�. Seine lyrischen Bekenntnisse beruhen gro�enteils auf diesen Erfahrungen. Trotz gelegentlicher Sehnsucht nach Deutschland, die H. in Paris empfand, war es ihm nicht mehr m�glich, wieder dauernd dahin zur�ckzukehren; er konnte es nur zweimal, im Herbst 1843 und im Sommer 1844, besuchen. Durch den ber�chtigten Bundestagsbeschlu� vom Dezember 1835, der alle Schriften des sogen. Jungen Deutschland, wozu auch H. gerechnet wurde, verbot, wurde seine finanzielle Lage sehr gef�hrdet. Sein Haupteinkommen bestand in einer j�hrlichen Pension von 4000, seit 1838 von 4800 Frank, die ihm sein Oheim Salomon, der Vater von Amalie und Therese, ausgesetzt hatte. In Paris trat H. seit Oktober 1834 in leidenschaftliche Beziehungen zu einer sch�nen, gutherzigen, aber ungebildeten und allzu lebenslustigen Franz�sin, Eugenie Mirat (gest.[87] 19. Febr. 1883 in Passy bei Paris), mit der er sich 31. Aug. 1841 auch kirchlich trauen lie�. Infolge seiner gro�en Finanznot tat er 1836 oder 1837 den bedenklichsten Schritt seines Lebens, indem er sich um eine Staatspension aus dem geheimen Fonds der franz�sischen Regierung bewarb, die ihm in der H�he von 4800 Frank j�hrlich bis zum Sturz der Julimonarchie 1848 gew�hrt wurde. 1845 befiel ihn ein R�ckenmarkleiden, das ihn seit dem Fr�hling 1848 bis zu seinem Tod an das Krankenlager, die »Matratzengruft«, fesselte. Trotz seines jammervollen k�rperlichen Zustandes bewahrte er aber eine bewundernsw�rdige Frische des Geistes, und manche seiner bedeutendsten Sch�pfungen in Vers und in Prosa sind hier entstanden: sein Witz verlie� ihn nicht, und seine Weltanschauung vertiefte sich unter der schweren Zucht der Leiden. Heines Grab auf dem Friedhof von Montmartre in Paris wurde 1901 mit einer Marmorb�ste von Hasselrijs geschm�ckt, der auch auf Korfu f�r das Schlo� Achilleion der Kaiserin Elisabeth von �sterreich ein Denkmal des Dichters errichtet hatte. Dagegen wurde die Errichtung eines solchen in einer deutschen Stadt verhindert, und das von Herter entworfene Standbild fand 1896 in New York einen wenig g�nstigen Platz.
In die literarische Welt trat H. mit »Gedichten« (Berl. 1822) ein, denen bald darauf die »Trag�dien mit einem lyrischen Intermezzo« (das. 1823) folgten. Die Gedichte fanden sofort von den hervorragendsten Stimmf�hrern der damaligen Kritik, von Varnhagen, Immermann, die w�rmste Anerkennung, aber noch viel mehr Erfolg hatten die zwei ersten B�nde von Heines »Reisebildern« (Hamb. 182627), die sp�ter durch zwei neue B�nde (das. 183031) vermehrt wurden. Hier hatte sich ein geniales Individuum, romantisch und revolution�r zugleich, mit ungebundenster Subjektivit�t und mit bis dahin unbekanntem souver�nen Witz �ber alles, was die Zeit interessierte, ausgelassen und Naturbilder voll tiefster Poesie, Menschenbilder von plastischer Kraft entworfen. Die hier eingeflochtenen Lieder gab H. vereint mit den fr�her ver�ffentlichten und durch neue vermehrt im »Buch der Lieder« (Hamb. 1827) heraus, das, immer neu aufgelegt, als einer der gr��ten Sch�tze deutscher Poesie bis auf die Gegenwart anerkannt ist. Nach seiner �bersiedelung nach Paris �bernahm es H., zwischen den Deutschen und Franzosen geistig zu vermitteln. So entstanden die ausgezeichneten Beitr�ge »Zur Geschichte der neueren sch�nen Literatur in Deutschland« (Par. u. Leipz. 1833, 2 Bde.; neue Aufl. u. d. T. »Die romantische Schule«, Hamb. 1836); dann die »Franz�sischen Zust�nde« (das. 1833), eine Sammlung seiner aus Paris f�r die »Allgemeine Zeitung« in Augsburg geschriebenen Aufs�tze, mit einer gegen die Reaktion in Preu�en gerichteten �u�erst heftigen Vorrede, und »Der Salon« (das. 183540, 4 Bde.), in dem er sehr eigenartig �ber die Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland einerseits sowie bei allem Humor mit sittlichem Ernst �ber franz�sisches Leben, Politik, B�hne und Kunst anderseits berichtete und humoristische Novellen, wie die »Memoiren des Herrn von Schnabelewopski« und die »Florentinischen N�chte«, ver�ffentlichte. In Paris lernte H. auch die Anf�nge des Sozialismus in Saint-Simon und Enfantin kennen, f�r deren Lehren er sich erw�rmte, und die er eigent�mlich zu einer Theorie des heidnisch-lebensfreudigen Sensualismus im Gegensatz zum christlich-j�dischen Spiritualismus ausbildete. In den erw�hnten Schriften �ber deutsche Literatur und Philosophie zeigen sich die deutlichsten Spuren hiervon. Nach der unbedeutendern Arbeit �ber »Shakespeares M�dchen und Frauen« (Par. u. Leipz. 1839) gab H. die gro�en Skandal hervorrufende Denkschrift »Ludwig B�rne« (Hamb. 1840) heraus, in der er seinen tiefen Gegensatz zum »spiritualistischen Nazarener« B�rne am sch�rfsten �u�erte. H. war bei all seinem Liberalismus doch geistiger Aristokrat und besa� f�r die hitzige Gesinnungst�chtigkeit B�rnes nicht das geringste Verst�ndnis. H. wendete sich in dieser Zeit auch in seinen Gedichten der Politik zu, zumal in den »Neuen Gedichten« (Hamb. 1844), deren vorz�gliche Romanzen zu seinen besten Leistungen geh�ren. Als neuer Aristophanes, aber zugleich als alles vaterl�ndischen Gef�hles bar erwies er sich in dem satirischen Epos: »Deutschland, ein Winterm�rchen« (Hamb. 1844), w�hrend sein »Atta Troll« (das. 1847) durch gl�nzende Schilderungen und gesunde, echt poetische Tendenz ausgezeichnet ist. Noch folgte aus Heines Krankenstube die ber�hmte Gedichtsammlung »Romancero« (Hamb. 1851), die seine sch�nsten Balladen und ergreifendsten Klagen enth�lt und in einem »Nachwort« des Dichters R�ckkehr zum Theismus bekennt; ferner das phantastische Tanzpoem »Der Doktor Faust« (das. 1851) und »Vermischte Schriften« (das. 1854, 3 Bde.). Aus seinem Nachla� erschienen »Letzte Gedichte und Gedanken« (Hamb. 1869) und viele Jahre nach seinem Tod ein nur die fr�heste Jugend schildern des Fragment seiner »Memoiren« (hrsg. von E. Engel, das. 1884); �ber das Schicksal des �brigen Teiles davon ist nichts Sicheres bekannt.
Heines Bedeutung ist schwer abzusch�tzen; das Urteil �ber ihn ist durch der Parteien Ha� und Gunst verzerrt. Seine dichterischen Gaben waren zweifellos sehr bedeutend; er besitzt die zarteste Innigkeit des Gef�hls, berauschende Leidenschaft, gro�e Anschaulichkeit der Phantasie, �berraschende Einf�lle und Gedankenblitze und vor allem einen z�ndenden, unersch�pflichen Witz; dabei verf�gt er in Vers und Prosa �ber eine h�chst einschmeichelnde und individuelle Sprache. Aber die Fehler, Schw�chen und Unarten seines im Grunde doch gutm�tigen Charakters zerr�tteten sein Leben und zerfetzten seine Poesie, so da� durch die Vereinigung von hoher Begeisterung und niedriger Prosa, von Pathos und Gemeinheit eine durchg�ngige Disharmonie in Heines Werken anzutreffen ist. Sein Einflu� auf die weitere Entwickelung unsrer Literatur war und ist jedoch kaum zu ermessen, und selbst Geister von ganz abweichender Grundrichtung verraten die Abh�ngigkeit von ihm.
Die erste Gesamtausgabe der Werke Heines besorgte A. Strodtmann (Hamb. 186166, 21 Bde.), die beste kritische Ausgabe mit allen Lesarten, mit Biographie, Einleitungen und Anmerkungen Elster (Leipz. 188790, 7 Bde.). Heines Werke wurden wiederholt in alle Kultursprachen, auch ins Japanische, �bersetzt. Er ist im Ausland einer der bekanntesten und beliebtesten deutschen Dichter. Aber aus der �beraus gro�en F�lle der �bersetzungen k�nnen hier nur die »Œuvres« (Par. 183435, 6 Bde.) und die »Œuvres compl�tes« (das. 1852 ff., 14 Bde.) erw�hnt werden, deren erste vollst�ndig u. deren zweite bis zum 7. Band unter des Dichters Mitwirkung entstanden. Zahllos sind die Kompositionen Heinescher Gedichte, deren ber�hmteste die von Rob. Schumann. Aus der reichen Literatur �ber H. heben wir hervor: Alfred Mei�ner, Heinrich H. (Hamb. 1856); Strodtmann, Heinrich Heines Leben und Werke (Berl. 186769, 2 Bde.; 3. Aufl. 1884); H�ffer, Aus dem Leben [88] Heinrich Heines (das. 1877); Karpeles, Heinrich H. und seine Zeitgenossen (das. 1887) und Heinrich H. Aus seinem Leben und seiner Zeit (Leipz. 1899); B�lsche, Heinrich H. Versuch einer �sthetisch-kritischen Analyse seiner Werke (das. 1887); Elster, Heines Buch der Lieder nebst einer Nachlese nach den ersten Drucken und Handschriften (Heilbr. 1887) und Zu Heines Biographie (in der »Vierteljahrschrift f�r Literaturgeschichte«, Bd. 4), ferner dessen Einleitung zur Pantheonausgabe des »Buchs der Lieder« (Berl. 1902); Keiter, Heinrich H. (in den Schriften der G�rres-Gesellschaft, K�ln 1891); Legras, Henri H. po�te (Par. 1897); G. Brandes, Das junge Deutschland (Leipz. 1891).
3) Wilhelm, Maler und Reisender, geb. 30. Jan. 1817 in Dresden, gest. 5. Okt. 1885 in der L��nitz bei Dresden, Sohn des Schauspielers Ferdinand H., machte seine Kunststudien in Dresden und Paris und ging 1849 nach New York, von wo er eine Reise nach Zentralamerika unternahm. 1852 nahm er an der nordamerikanischen Expedition nach Ostasien unter Kommodore Perry als Zeichner teil, machte dann einen Ausflug nach Tripolis und schlo� sich 1860 der preu�ischen Expedition nach Ostasien an. Beim Ausbruch des amerikanischen B�rgerkrieges trat er als Ingenieurhauptmann in die Armee der Nordstaaten ein, wo er bis zum Brigadegeneral aufstieg. Sp�ter war er Konsul in Paris und Liverpool, zog sich aber 1872 nach seiner Vaterstadt zur�ck. Er ver�ffentlichte: »Wanderbilder aus Zentralamerika« (Leipz. 1853, 2. Aufl. 1857); »Reise um die Erde nach Japan« (das. 1856, 2 Bde.); »Die Expedition in die Seen von China, Japan und Ochotsk etc.« (das. 185859, 3 Bde.); »Japan und seine Bewohner« (das. 1860); »Eine Sommerreise nach Tripolis« (Berl. 1860); »Eine Weltreise um die n�rdliche Hemisph�re« (Leipz. 1864, 2 Bde.); »Japan, Beitr�ge zur Kenntnis des Landes und seiner Bewohner« (das. 187380).
4) Eduard, Mathematiker, geb. 16. M�rz 1821 in Berlin, habilitierte sich 1844 als Privatdozent in Bonn und wurde 1856 ordentlicher Professor in Halle, wo er 24. Okt. 1881 starb. Von seinen Arbeiten ist am bekanntesten das »Handbuch der Kugelfunktionen« (Berl. 1861; 2. Aufl. 187881, 2 Bde.).
5) Karl von, Mediziner, geb. 28. April 1838 in Kannstatt, gest. 9. Sept. 1877, studierte in T�bingen und W�rzburg, nahm 1864 als Arzt am Schleswig-Holsteinischen Kriege teil, habilitierte sich 1865 als Privatdozent in Heidelberg und ging 1869 als Professor und Direktor der chirurgischen Klinik nach Innsbruck. 1870 war er in den Feldspit�lern zu Nancy t�tig, und 1873 �bernahm er die Leitung der chirurgischen Klinik in Prag. Er schrieb: »Die Schu�verletzungen der untern Extremit�ten« (Berl. 1866).
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