Gellert

[524] Gellert, Christian F�rchtegott, namhafter Dichter und Schriftsteller, geb. 4. Juli 1715 in Hainichen im s�chsischen Erzgebirge als Sohn eines Predigers, gest. 13. Dez. 1769 in Leipzig, verlebte seine Kindheit unter vielen Entbehrungen und harter Zucht, bezog 1729 die F�rstenschule in Mei�en, wo er G�rtner und Rabener zu Freunden gewann, und widmete sich 1734–38 in Leipzig dem Studium der Theologie. Den Beruf des Predigers zu ergreifen, gab er auf, da er f�hlte, da� er seine angeborne Sch�chternheit nicht �berwinden k�nne. 1739 wurde er Erzieher der S�hne des Herrn v. L�ttichau in Dresden und ging 1741 wieder nach Leipzig, wo er sich durch Erteilen von Unterricht die n�tigen Mittel erwarb, sich weiter auszubilden und namentlich sich mit der franz�sischen und englischen Literatur vertraut zu machen. Der Umgang mit G�rtner, Cramer, Rabener, Zachari� und J. E. Schlegel zog ihn allm�hlich von Gottsched ab und veranla�te seine Mitarbeiterschaft an den sogen. »Bremer Beitr�gen«, wo er die schwachen Lustspiele »Die Betschwester« (1745) und »Das Los in der Lotterie« (1747) ver�ffentlichte, denen er kurz darauf die ebenso unbedeutenden »Z�rtlichen Schwestern« u. a. folgen lie� (»Lustspiele«, Leipz. 1747; vgl. Haynel, Gellerts Lustspiele, Emden 1896; Coym, Gellerts Lustspiele, Berl. 1898). Zu gleicher Zeit entschied er sich f�r den akademischen Beruf, bestand 1744 sein Magisterexamen und habilitierte sich 1745 durch Verteidigung einer Abhandlung: »De poesi apologorum eorumque scriptoribus«. Seine Vorlesungen erfreuten sich bald allgemeinen Beifalls. 1751 erhielt er eine au�erordentliche Professur, las nun �ber Dichtkunst, Beredsamkeit und Moral und leitete zugleich stilistische �bungen; ein Ordinariat, das ihm 1761 angeboten wurde, schlug er wegen seiner Kr�nklichkeit aus. Die Reinheit seines Charakters, die �u�erst durchsichtige Klarheit seiner Verse, die stete Bereitwilligkeit zu gef�hlvoller Belehrung verschafften G. eine ungew�hnliche Popularit�t, und gern �bersah man die weinerliche Schw�chlichkeit des hypochondrischen Mannes. W�hrend des Siebenj�hrigen Krieges stand G. auf der H�he seines Ruhmes; Friedrich II. lie� ihn 1760 w�hrend seiner Anwesenheit in Leipzig zu sich rufen und fand so gro�es Wohlgefallen an seiner Unterhaltung und an einer Fabel (»Der Maler«), die G. ihm vortrug, da� er ihn »den vern�nftigsten aller deutschen Gelehrten« nannte. Gellerts Ruhm beruht vor allem auf seinen »Fabeln und Erz�hlungen« (Leipz. 1746–48, 2 Tle.), die in alle Kultursprachen �bersetzt wurden und sich noch heute lebendig wirksam erweisen (vgl. Ellinger, Gellerts Fabeln und Erz�hlungen, Berl. 1895; Nedden, Quellenstudien zu Gellerts Fabeln und Erz�hlungen, Leipz. 1899; Handwerck, Studien �ber Gellerts Fabelstil, Marb. 1891, und Gellerts �lteste Fabeln, das. 1904). Anschlie�end an den »Spectator«, Burkard Waldis, Zinkgref, Swift, Stoppe, Hagedorn und Lafontaine, f�hrt G. die von den Schweizer Theoretikern Bodmer und Breitinger warm empfohlene Gattung der Fabel auf ihren H�hepunkt, gibt ein ausgezeichnetes Bild von dem Leben der B�rger seiner Zeit, mit ihrer salbungsvollen Moralit�t, ihrem geweckten Bildungseifer, ihrem gef�hlvollen Augenaufschlag und ihrem geringen Verst�ndnis f�r charaktervolle Kraft, Lebensfreude und �sthetischen Reiz; er erfreut im Vortrag durch die gaiet� moqueuse, die Lafontaines Ruhm bildet, und den anmutigen Konversationston der freien Verse. Seine Fabeln wie seine �brigens von geringem komischen Talent zeugenden Lustspiele sind eine wichtige Quelle f�r die Kulturgeschichte der Zeit. Auch in seinen »Geistlichen Oden und Lieder« (Leipz. 1757) verr�t er seine Eigenart. Er feiert Gottes Herrlichkeit in der Natur (»Die Himmel k�nden des Ewigen Ehre«, durch Beethovens T�ne verewigt; »Wie gro� ist des Allm�cht'gen G�te«, »Wenn ich, o Sch�pfer, deine Macht« etc.), er vernimmt Gott in dem Walten des Schicksals wie in der Stimme des Gewissens und l��t in formvollendeten, aus der Tiefe dringenden Versen oft ergreifende T�ne erklingen. Dagegen ist sein von Richardson beeinflu�ter Roman »Das Leben der schwedischen Gr�fin von G.***« (Leipz. 1746) ein moralisch wie �sthetisch gleich unerquickliches Erzeugnis. Seine »Moralischen Vorlesungen«, die aus seinem Nachla� von A. Schlegel und Heyer (Leipz. 1770) herausgegeben wurden, atmen schw�chliche Empfindsamkeit, w�hrend seine »Briefe« (das. 1774, 3 Bde.) als historisch bemerkenswerte Muster des Stils gelten k�nnen. Seine »S�mtlichen Werke« erschienen zuerst Leipzig 1784, 10 Bde. (neueste Aufl., Berl. 1867). Eine kritische Ausgabe der »Dichtungen« mit Erl�uterungen besorgte A. Schullerus (Leipz. 1892). Sein Leben beschrieben Cramer (Leipz. 1774) und D�ring (Greiz 1833, 2 Bde.). Vgl. auch F. Naumann, Gellertbuch (2. Aufl., Dresd. 1865). Gellerts Ged�chtnis feiern ein Denkmal in der Johanniskirche zu Leipzig, eine Statue (von Knaur) im Rosental daselbst und eine andre Statue (nach Rietschels Entwurf) in seiner Vaterstadt Hainichen. Seine Gebeine, die fr�her hinter der Johanniskirche in Leipzig ruhten, wurden 1900, nach einem Umbau dieser Kirche, in deren Gruft beigesetzt. – Gellerts Bruder Christlieb Ehregott, geb. 11. Aug. 1713 in Hainichen, gest. 18. Mai 1795 als Professor an der Bergakademie zu Freiberg, schrieb mehrere zu ihrer Zeit gesch�tzte Lehrb�cher der metallurgischen Chemie und Probierkunst.

Quelle:
Meyers Gro�es Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 524.
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