[283] Kant, Immanuel, geb. 22. April 1724 in K�nigsberg, Sohn eines Sattlers, studirte seit 1740 in seiner Vaterstadt Theologie, Naturwissenschaften, Mathematik u. Philosophie, war dann neun Jahre Hauslehrer in mehreren Familien u. habilitirte sich 1755 als akademischer Lehrer der Philosophie in K�nigsberg, wurde 1766 zweiter Aufseher der k�niglichen Bibliothek, 1770 Professor der Logik u. Metaphysik u. starb, nachdem er seit 1795 den Lehrstuhl nicht mehr betreten hatte, geistesschwach geworden, 12. Febr. 1804. Seine Hauptschriften sind, abgesehen von einer gro�en Anzahl kleinerer Abhandlungen: Gedanken von der wahren Sch�tzung der lebendigen Kr�fte, 1746; Allgemeine. Naturgeschichte u. Theorie des Himmels, 1755; �ber den [283] Optimismus, 1759; Der einzig m�gliche Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes, 1763; Beobachtungen �ber das Gef�hl des Sch�nen u. Erhabenen, 1764; �ber die Evidenz in den metaphysischen Wissenschaften, 1764; Tr�ume eines Geistersehers, erl�utert durch Tr�ume der Metaphysik, 1766; De mundi sensibilis atque intelligibilis forma et principiis, 1770; Kritik der reinen Vernunft, 1781; Prolegomena zu einer jeden k�nftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten k�nnen, 1783; Ideen zu einer allgemeinen Geschichte in weltb�rgerlicher Absicht, 1784; Was ist Aufkl�rung, 1784; Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 1785; Metaphysische Anfangsgr�nde der Naturwissenschaft, 1786; Kritik der praktischen Vernunft, 1788: Kritik der Urtheilskraft, 1790; �ber das Mi�lingen aller philosophischen Versuche in der Theodicee, 1791; Religion innerhalb der Grenzen der blo�en Vernunft, 1793; Metaphysische Anfangsgr�nde der Rechtslehre, 1796; Metaphysische Anfangsgr�nde der Tugendlehre, 1797; Der Streit der Facult�ten, 1798; Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, 1798. Aus seinen Vorlesungen gab G. B. J�sche die Logik (1800), Fr. Th. Rink die physische Geographie (1802) u. P�dagogik (1803), P�litz die �ber Metaphysik (1831) u. Religionslehre (1831) heraus; Sammlungen seiner kleineren Schriften, z.B. von I. G. Tieftrunk, Halle 17991807, 4 Bde., Gesammtausgabe der Werke von G. Hartenstein (Lpz. 18381839, 10 Bde.), von Rosenkranz u. Schubert (ebd. 183842, 12 Bde.).
Angeregt von dem Skepticismus Humes u. die M�ngel des Dogmatismus erkennend, geht K. von der �berzeugung aus, da� das Gelingen jeder philosophischen Untersuchung von einer kritischen Pr�fung des menschlichen Erkenntni�verm�gens bedingt sei, daher seine Philosophie den Namen der kritischen erhalten hat. Um die Frage zu beantworten: worauf gr�ndet u. wie weit erstreckt sich die Allgemeinheit u. Nothwendigkeit der Erkenntni�? unterschied er, auf der alten Annahme verschiedener Seelenverm�gen fortbauend, Sinnlichkeit, Verstand, Urtheilskraft u. Vernunft dergestalt, da� zwar der Stoff (die Materie) der sinnlichen Empfindung uns durch die Erfahrung gegeben werde, die Form derselben aber, auf welche sich alle nothwendigen u. allgemeing�ltigen Erkenntnisse beziehen, theils in den reinen, d.h. von der Erfahrung unabh�ngigen Formen der sinnlichen Anschauung, Raum u. Zeit, theils in den im Verstande bereit liegenden Grund- u. Stammbegriffen (Kategorien, s.d.), deren er zw�lf annahm, unabh�ngig von der Erfahrung bereit liege. Indem nun sowohl die Formen der reinen Anschauung, als auch die Kategorien (z.B. der Begriff der Substanz, der Ursache, der Gr��e, des Grades etc.) auf den gegebenen Stoff der sinnlichen Erfahrung unvermeidlich angewendet werden, entsteht die von Seiten der Form nothwendige u. f�r den Menschen allgemeing�ltige Erkenntni�, durch welche wir aber die Dinge nicht erkennen, wie sie an sich sind, sondern nur, wie sie uns erscheinen; weshalb die Kantsche Lehre auch der kritische od. transcendentale Idealismus genannt wurde. Die menschliche Erkenntni� ist aber eben deshalb auf die Erfahrung beschr�nkt, weil die Formen der Anschauung u. die Kategorien des Verstandes ohne Beziehung auf die Erfahrung ganz leer sind; jeder Versuch, die Erkenntni� �ber die Grenzen m�glicher Erfahrung hinaus zu erweitern, wird �berfliegend od. transcendent. Die Veranlassung zu solchen Versuchen liegt in der Vernunft, welcher die Idee des Unbedingten u. Unendlichen ebenso eingepflanzt ist, wie dem Verstande die Kategorien. Indem die Vernunft zu dem Bedingten u. Endlichen das Unbedingte u. Unendliche sucht, verwickelt sie sich, da sie dasselbe nur mit H�lfe der Kategorien bestimmen kann, in Widerspr�che, Antinomien, u. die Entscheidung dieser Dialektik der reinen Vernunft findet K. in dem Satze: da� es von der Vernunftidee des Unendlichen keinen constitutiven, sondern nur einen regulativen Gebrauch gebe, d.h. da� sie das menschliche Denken antreiben d�rfe, die Erkenntni� immerfort zu erweitern, ohne doch eine bis zum Unendlichen u. Unbedingten erweiterte Erkenntni� darzubieten. W�hrend jedoch auf theoretischem Gebiete die Vernunft �ber die drei Hauptgegenst�nde, deren Erkenntni� alle Erfahrung �berschreitet, Gott, Freiheit u. Unsterblichkeit, keinerlei eigentliches Wissen darbietet, so ist sie auf dem praktisch-sittlichen Gebiete unmittelbar gesetzgebend; der kategorische Imperativ, in welchem sich das Sittengesetz ank�ndigt, ist unbedingt g�ltig, u. als Bedingungen f�r die endliche Erreichung des sittlich Gebotenen u. f�r die Ausgleichung der in der Sittlichkeit liegenden Gl�cksw�rdigkeit mit der Gl�ckseligkeit erkl�rt K. Gott, Freiheit u. Unsterblichkeit f�r Postulate der reinen praktischen Vernunft, d.h. f�r etwas, was zwar nicht gewu�t wird, aber aus sittlichen Gr�nden geglaubt werden mu�. Die Religion ist somit eine Folge der Moral, u. der religi�se Glaube findet sein Ma�, u. seine Beziehungspunkte wesentlich in sittlichen �berzeugungen; ein Satz, durch welchen K. einen wesentlichen Einflu� auf die Entwickelung des theologischen Rationalismus aus�bte. Der der Urtheilskraft inwohnende Begriff der Zweckm��igkeit findet seine Anwendung auf dem Gebiete theils der Kunst, theils der Natur, u. K-s Kritik der Urtheilskraft ist der Untersuchung der Bedeutung gewidmet, welche er f�r beide Gebiete hat. In der Rechtslehre vertrat K. die Lehre von angeborenen Rechten u. interessirte sich lebhaft f�r eine freisinnige Gestaltung des Staatslebens. Anfangs vielfach mi�verstanden u. bek�mpft, gewann die Philosophie K-s bald einen weitgreifenden Einflu�, nicht blos in Deutschland, sondern auch, im Auslande. Die Theologie, die Rechtslehre, die �sthetik, die Naturforschung wurden von ihr ber�hrt, zum Theil in ganz neue Bahnen der Forschung getrieben, u. der Ernst u. die W�rde seiner sittlichen Denkart, eben so wie seine unbestechliche Wahrheitsliebe, sichern K. die Verehrung aller Zeitalter, auch nachdem die systematische Form seiner Lehrmeinungen sich als unhaltbar gezeigt hat. Die sp�teren Umbildungen der deutschen Philosophie, wie sie in den Systemen Fichte's, Schellings, Hegels u. Herbarts nach einander aufgetreten sind, finden ihre Ausgangspunkte zum gro�en Theile in Fragen u. Problemen, welche K., wenn auch nicht gel�st, doch angeregt u. aufgestellt hatte, u. so bildet K. den Anfang einer neuen Periode in der Geschichte der Philosophie. Vgl. Borowski, Darstellung des Lebens u. Charakters K-s, K�nigsb. 1806; Wasiansky, K. in seinen letzten Lebensjahren, ebd. 1805; Jachmann, K. geschildert in Briefen an einen Freund, ebd. 1805; Fr. Wilh. Schubert, Das Leben K-s, u. K. Rosenkranz, Geschichte der Kantschen [284] Philosophie, im 11. u. 12. Bande der Gesammtausgabe der Werke K-s; Mirbt, K. u. seine Nachfolger, Jena 1841, Bd. 1.