Bukarest

[578] Bukarest (rum�n. Bucuresci, spr. bukureschti), Haupt- und Residenzstadt des K�nigreichs Rum�nien im Distrikt Ilfov, 41�25' 30'' n�rdl. Br. und 26�6' 9'' �stl. L. Die Stadt liegt in einer fruchtbaren Tiefebene, 81–105 m �. M., 68 km n�rdlich von der Donau und 280 km westlich vom Schwarzen Meer entfernt, hat einen Fl�cheninhalt von ca. 50 qkm, wovon nur ein Drittel auf Geb�ude entf�llt, u. gew�hrt mit ihren ca. 33,000 bunten H�usern und 118 Kirchen mit schimmernden D�chern, die s�mtlich zwischen zahlreichen G�rten und weiten Pl�tzen liegen, einen malerischen Anblick.

Wappen von Bukarest.
Wappen von Bukarest.

B. ist auf einer Ausdehnung von ca. 320 qkm von einem 72 km langen Festungsg�rtel mit 18 Haupt- und 18 Zwischenforts umgeben, die untereinander und mit dem Nordbahnhof durch eine Bahnlinie verbunden sind. Die Stadt wird auf eine L�nge von 7 km vom Flu� Dambovitza in zwei H�lften geteilt. Zehn Fahr- und eine Eisenbahnbr�cke f�hren �ber den regulierten Flu�. Im Zentrum der Stadt, wo der Handel seinen Sitz hat, sind die Stra�e Lipscani und die nach N. ziehende Calea Victoriei bemerkenswert. Hier finden sich die meisten gr��ern �ffentlichen Geb�ude und solide, sch�ne Wohnh�user mit zwei und mehr Stockwerken, mit eleganten Magazinen, w�hrend in andern Stadtteilen die H�user meist villenartig gebaut, von H�fen und G�rten umgeben sind. Zur gro�en Zierde gereichen der Stadt die neuangelegten und meist elektrisch beleuchteten Boulevards: Independentzei, Elisabeta, Academiei, Ferdinand, Pache-Protopopescu, Carol I; dann die neuern Boulevards: Maria, Neatarnarei, Nordului, Tabacari und Coltza. Bemerkenswert ist auch die 20 km lange G�rtelstra�e, die als Chaussee Bonaparte, Stefan Cel Mare etc. die Stadt umgibt. Durch Kanalisierung und Parzellierung der sumpfigen Gegenden beim Filaretbahnhof ist jetzt ein sch�ner Stadtteil »Gramont« erstanden. Den innern Verkehr vermitteln Tramkars (Omnibusse), Pferde- und elektrische Stra�enbahnen sowie einige tausend Stadtdroschken (Birjari), die zu den besten z�hlen. Die zahlreichen Kirchen haben meist die gew�hnliche Kreuzform; nur sehr wenige zeichnen sich durch Gr��e oder k�nstlerischen Charakter aus. Wie die H�user, sind auch sie meist niedrig, eine Folge der Erdst��e, die wiederholt (besonders 1793 und 1802) die Gegend heimsuchten.

Als die vornehmsten Kirchen Bukarests sind zu nennen: die Metropolitankirche (1793 erbaut), auf einem H�gel, umgeben von der Wohnung des Erzbischofs von Rum�nien und dem Sitzungsgeb�ude der Deputiertenkammer, die Kirche Radu-Voda (1568 erbaul), in der N�he die Kapelle Bucur, welch letztere man f�r das �lteste Geb�ude der Stadt h�lt; die Kirche Mihail-Voda (von 1595), deren Kloster jetzt als Staatsarchiv dient; die Kirche Curtea-Veche (1393 gegr�ndet, nach dem Brand von 1847, der fast den vierten Teil der Stadt in Asche legte, neu erbaut). Mehrere andre Kirchen wurden neuerdings restauriert, so St. Georg im Handelsquartier, St. Spiridon mit originellen Glockent�rmen, Sarindar, Amzei, St. Voivozi, die Kirche Antim, eine der sch�nsten der Stadt. Auch die durch harmonische Verh�ltnisse und Skulpturenschmuck ausgezeichnete Kapelle Stavropoleos (von 1724) verdient Erw�hnung. Au�er den rum�nischen Kirchen hat B. noch eine kath. Kathedrale, eine �ltere, die fr�here Hauptkirche, Baratzia genannt, und 2 Kapellen; ferner 2 protestantische, eine armenische und eine neue griechische Kirche.

Sonstige �ffentliche Geb�ude sind: das nach dem Kriege 1877/78 umgebaute und erweiterte k�nigliche Palais an der Hauptstra�e; die Universit�t (worin der Senat seine Sitzungen h�lt), ein Neubau auf der Stelle des alten Klosters St. Sava, am gleichnamigen Boulevard gelegen, mit G�rten, der Bronzestatue des walachischen F�rsten Michael (gest. 1601) von C. Beleuze und den Marmorstatuen des Gelehrten I. Heli ade und des Gymnasiallehrers Lazar; das alte Hospital Coltza, dessen viereckiger, von den Soldaten Karls XII. von Schweden erbauter, lange Zeit als Feuerwarte benutzter Turm jetzt abgetragen ist; das Hospital Brancovanu mit einer 1885 vollendeten, im byzantinischen Stil erbauten Kirche Domnitza Balasa inmitten eines sch�nen �ffentlichen Gartens; das Nationaltheater mit 1000 Pl�tzen, worin das Lustspiel in rum�nischer Sprache und die italienische Oper gepflegt werden; zwei gedeckte Markthallen; die 1884 erbaute Milit�rschule; das musterg�ltige Milit�rhospital; das Finanzministerium; die M�nze und mehrere Kasernen im westlichen Teil der Stadt. Hier befinden sich auch das Asyl Helena, eine 1860 von der F�rstin Helena Cusa gegr�ndete Waisenanstalt, und das Kloster Kotrotscheni, die k�nigliche Sommerresidenz sowie der neuangelegte botanische Garten mit dem botanischen Institut, auf der entgegengesetzten Seite das Kloster Bakareschti, jetzt Gef�ngnis. Von den neuern �ffentlichen Geb�uden sind zu erw�hnen: das Kriegsministerium, Dom�nenministerium, die Pal�ste der Banca Nationala sowie der Depositen- und Diskontobanken, das Palais der Versicherungsgesellschaft »Dacia Romania«, das neue pr�chtige Postgeb�ude und das in den letzten Jahren vergr��erte Athen�um, ein Prachtbau mit sch�ner Kuppel, ger�umigem Saal f�r Konzerte und Vortr�ge und Nebengelassen f�r Kunstausstellungen, ferner das neue Heim der deutschen Liedertafel mit Theater und Konzerts�len. Besonders sei noch das Geb�ude der Fondatiunea Carol mit Bibliothek erw�hnt, ein Geschenk des K�nigs an die rum�nische Studentenschaft anl��lich seines 25j�hrigen Regierungsjubil�ums; ferner die Pal�ste der griechischen Gesandtschaft, der �ffentlichen Beamten mit einem Sanatorium, der theologischen Fakult�t auf dem Dambovitzakai, der medizinischen Fakult�t, das Palais des Zentralseminars in Geagoga, wo sich auch die neuen st�dtischen Lagerh�user befinden. B. hatte 1899: 282,071 Einw.,[578] 51.81 Proz. m�nnliche, 48,19 Proz. weibliche; der Religion nach waren 200,916 griechisch-orthodox, 36,827 katholisch und protestantisch, 43,274 Juden, 639 Armenier, 378 Mohammedaner etc. Gewerbe und Industrie sind in stetem Wachsen begriffen. Besonders entwickelt ist das Kleingewerbe, namentlich Schuh- und Pelzfabrikation, Konfektion von Kleidern und W�sche etc. Seit dem Bestehen des Industriegesetzes in Rum�nien hat in B. die Gro�industrie einen raschen Aufschwung genommen. Heute hat B. eine gro�e Anzahl Fabriken aufzuweisen. Der Handel ist sehr bedeutend, da B. den Mittelpunkt der Handelsverbindungen des Landes bildet. Es bestehen mehrere Bankinstitute, unter denen Banca Nationala (Kapital 12 Mill. Fr.), Banque de Roumanie (Gr�ndungskapital 1 Mill. Pfd. Sterl.) und Banque Agricole (Kapital 1899: 9 Mill. Fr.) am bedeutendsten sind. B. ist Knotenpunkt der Eisenbahnen Giurgewo-Chitila (hier Anschlu� an die Hauptlinie Verciorova-Ungheni) und B.- Fetesci. B. hat eine Universit�t, 4 Lyzeen, 2 Gymnasien, ein Priesterseminar, 3 Bildungsanstalten f�r Volksschullehrer, 4 M�dchengewerbeschulen, 32 Elementarschulen f�r Knaben und 37 f�r M�dchen. Es bestehen ferner 10 Spezialschulen und zwar: die Schule der sch�nen K�nste, die Kunstgewerbeschule, die Zentralschule f�r Ackerbau, das Technikum f�r Stra�en- und Br�ckenbau, die Tierarzneischule, ein Konservatorium, dann die h�here Kriegsschule, eine Artillerieschule, eine Offizierschule, endlich eine Schule f�r milit�rische Verwaltung. Die Akademie der Wissenschaften besitzt eine bedeutende historische Sammlung und eine sch�ne Bibliothek. F�r die �ffentliche Gesundheitspflege sind von Privatstiftungen unterhaltene Spit�ler und Versorgungsh�user mit zusammen 1200 Betten vorhanden. 7 Krankenh�user geh�ren der Ephorie der Zivilspit�ler an (74 Mill. Fr. Verm�gen). Die Verpflegung ist f�r Einheimische wie f�r Fremde unentgeltlich. Das Budget 1901–1902 weist eine Einnahme von 12,8 Mill. Fr. auf, worunter 1,3 Mill. Fr. direkte und 7 Mill. indirekte Steuern. Die Gemeindeschuld betr�gt 90 Mill. Fr. und erfordert j�hrlich 5,4 Mill. Fr. f�r Zinsen etc. Als Landeshauptstadt ist B. Sitz des Erzbischof-Primas von Rum�nien, des Senats und der Kammer, s�mtlicher Ministerien, des Kassationshofs, eines Appellhofs (mit 3 Sektionen), des Rechnungshofs und aller Zentralverwaltungsbeh�rden des Landes, zahlreicher Gesandten und Ministerresidenten sowie eines deutschen Berufskonsuls. Zur Literatur: Hans Kraus, Rum�nien und B. (Bukar. 1896); »Anuarul Statistic al orasului Bucuresci pe anul 1896« (das. 1898); G. Benger, Rum�nien im Jahre 1900 (Stuttg. 1900).

Geschichte. Die Gr�ndung der Stadt schreibt man einer sagenhaften Pers�nlichkeit, dem Sch�fer Bucur, zu; in den Chroniken erscheint sie als Kriegsplatz seit dem 14. Jahrh. Nachher war B. abwechselnd mit Tergovischt die Hauptstadt der Walachei. Als 1594 der Hospodar Michael von der Pforte abfiel, ward B. 1595 nach der Schlacht bei Kalugareni von dem Gro�wesir Mohammeds III., Sinan Pascha, erobert, fiel aber schon im n�chsten Jahr wieder in die H�nde Michaels. Im 17. Jahrh., unter dem F�rsten Matth. Bassarab, z�hlte B. 6000 H�user und 100,000 Einw. und erhielt mannigfache Versch�nerungen. F�rst Konstantin Brankowan verlegte 1698 die Residenz von Tergovischt endg�ltig nach B., das aber unter den seinem gewaltsamen Tode folgenden Wirren so litt, da� es 1713 nur noch 50,000 Einw. z�hlte. 1716 wurde die Stadt von 1200 Serben unter Dettin gepl�ndert, 1738 von der Pest heimgesucht. Am 30. Okt. 1771 siegten die Russen unter v. Essen bei B. �ber die T�rken, welche die Moldau und Walachei r�umen mu�ten und erst durch den Friedensschlu� vom 16. Juli 1774 zur�ckerhielten. Unter Alexander Ypsilantis (1774–82) wurde B. versch�nert, aber 10. Nov. 1789 von den �sterreichern unter Friedrich Josias von Sachsen-Koburg eingenommen und erst im Frieden vom 4. Aug. 1791 wieder herausgegeben. Erdbeben (1793 und 1802), Pest (1794 und 1812), Feuersbr�nste (1804) und �berschwemmungen (1805 und 1806) trafen die Stadt. Am 28. Mai 1812 ward hier der Friede zwischen Ru�land und der Pforte geschlossen, durch den letztere ganz Bessarabien und ein Drittel der Moldau mit den Festungen Chotin, Akjerman, Bender, Ismail und Kilia an Ru�land abtrat. Seit 1829 begann das rasche Wachstum der Bev�lkerung und die Versch�nerung der Stadt. Nach der Vereinigung der Walachei und Moldau zum F�rstentum Rum�nien wurde B. 1861 zur Hauptstadt erhoben. Vgl. Sulzer, Geschichte des transalpinischen Dacien (Wien 1782); Berindey, Bucuresci, �tude historique en langue roumaine (in der »Revista Romana«, 1861); ferner die gr��ern Schriften der beiden Lokalhistoriker von B.: G. Ionnescu-Gion und M. D. Ionescu.

Quelle:
Meyers Gro�es Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 578-579.
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