Von des Kaisers Bart

[151] Im Schank zur goldnen Traube,

Da sa�en im Monat Mai

In bl�hender Rosenlaube

Guter Gesellen drei.


Ein frischer Bursch war jeder,

Der erst' am Gurt das Horn,

Der zweit' am Hut die Feder,

Der dritte mit Koller und Sporn.


Es trug in funkelnden Kannen

Der Wirt den Wein auf den Tisch;

Lustige Reden sie spannen

Und sangen und tranken frisch.


Da war auch einer drunter,

Der gr�ne J�gersmann,

Vom Kaiser Rotbart munter

Zu sprechen hub er an:


�Ich habe den Herrn gesehen

Am Rebengestade des Rheins,

Zur Messe wollt' er gehen

Wohl in den Dom nach Mainz.


Das war ein Bild, der Alte,

F�rwahr von Kaiserart!

Bis auf die Brust ihm wallte

Der lange braune Bart.�


Ins Wort fiel ihm der zweite,

Der mit dem Federhut:

�Ei Bursch, bist du gescheite?

Dein M�rlein ist nicht gut.[151]


Auch ich hab' ihn gesehen

Auf seiner Burg im Harz,

Am S�ller t�t er stehen,

Sein Bart, sein Bart war schwarz.�


Da fuhr vom Sitz der dritte,

Der Mann mit Koller und Sporn,

Und in der Z�nker Mitte

Rief er in hellem Zorn:


�So geht mir doch zur H�llen,

Ihr L�gner! Gl�ck zur Reis'! -

Ich sah den Kaiser zu K�llen,

Sein Bart war wei�, war wei�.�


Das gab ein grimmes Zanken

Um Wei� und Schwarz und Braun,

Es sprangen die Klingen, die blanken,

Und wurde scharf gehaun.


Versch�ttet aus den Kannen

Flo� der vieledle Wein,

Blutige Tropfen rannen

Aus leichten Wunden drein.


Und als es kam zum Wandern,

Ging jeder in zornigem Mut,

Sah keiner nach dem andern,

Und waren sich j�ngst so gut.


Ihr Br�der, lernt das eine

Aus dieser schlimmen Fahrt:

Zankt, wenn ihr sitzt beim Weine,

Nicht um des Kaisers Bart!

Quelle:
Emanuel Geibel: Werke, Band 1, Leipzig und Wien 1918, S. 151-152.
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