[890] Schmetterlinge (Lepidoptera, Lepidopteren, Schuppenfl�gler, Falter, hierzu Tafeln »Schmetterlinge I u. II«, mit Erkl�rungsblatt), Ordnung der Insekten, Kerbtiere mit saugenden Mundteilen, unbeweglichem Prothorax, vier h�utigen, dicht beschuppten Fl�geln und vollkommener Metamorphose. Der[890] beweglich eingelenkte, dicht behaarte Kopf tr�gt vielgliederige, faden- oder borstenf�rmige, h�ufig keulenf�rmige, auch ges�gte oder gek�mmte F�hler, gro�e, halbkugelige Facettenaugen und zuweilen zwei Punktaugen.
Die Mundteile (s. Abbildung) bestehen aus einer verk�mmerten Oberlippe, ebensolchen Oberkiefern und aus verl�ngerten Unterkiefern, die zu zwei Halbrinnen umgewandelt sind und sich zu dem spiralig aufgerollten R�ssel (Rollzunge) dicht zusammenlegen. Letzterer ist bisweilen bedeutend l�nger als der K�rper, in andern F�llen sehr kurz, gew�hnlich aber mit seinen, gez�hnelten D�rnchen zum Aufritzen der Nektarien besetzt und zum Aufsaugen des Bl�tensaftes eingerichtet. Die drei Brustringe sind miteinander verschmolzen und gleich dem �brigen K�rper dicht behaart. Die nur ausnahmsweise (bei den Weibchen gewisser Gattungen) verk�mmerten Fl�gel sind teilweise oder vollst�ndig mit dachziegelf�rmig sich deckenden, schuppenartigen Haaren (Schuppen) der mannigfachsten Form bekleidet, welche die F�rbung, Zeichnung und Irisierung der Fl�gel bedingen. Die Sch�ppchen sind meist sein gerippt und gez�hnelt und stecken mit ihren Stielen in L�chern der Fl�gelhaut; die M�nnchen vieler Arten haben an einzelnen Stellen gr��ere Ansammlungen von Duftschuppen, von denen ein mitunter recht starker Geruch ausgeht. Beide Fl�gel sind h�ufig miteinander verbunden, indem H�kchen am Vorderrande der Hinterfl�gel in ein B�ndchen der Vorderfl�gel eingreifen. Die Beine sind schwach und haben f�nfgliederige Tarsen; mitunter sind die Vorderbeine verk�mmert. Der Hinterleib endet zuweilen mit einem Haarb�schel. Die Geschlechter sind oft an Gr��e, F�rbung und Fl�gelbildung sehr verschieden; gew�hnlich haben die M�nnchen lebhaftere und prachtvollere Farben und sollen bisweilen um den Besitz des Weibchens k�mpfen. Mitunter geh�ren derselben Art zwei oder drei verschieden gestaltete Weibchen an, die man fr�her f�lschlich als Variet�ten oder gar als verschiedene Arten beschrieben hat; andre Arten zeigen nach der Jahreszeit sehr verschiedene F�rbungen (s. unten). Der Bauchstrang des Nervensystems ist gew�hnlich lang und hat 2 oder 3 Brust- sowie 5 Bauchknoten. Am Ende der Speiser�hre befindet sich ein besonderer Saugmagen; die Anzahl der Nierenschl�uche (Malpighischen Gef��e) betr�gt in der Regel sechs. Die Geschlechter sind stets getrennt; bei etwa 20 Arten kommt teils ausnahmsweise, teils als Regel Parthenogenesis vor. Die Larven, gew�hnlich Raupen genannt, sind lebhaft, oft sehr sch�n gef�rbt und tragen zuweilen Haare, Dornen, Stacheln oder H�rner; nur die im Holz, in Wurzeln etc. vom Licht abgeschlossen lebenden sind meist farblos und glatt. An ihrem gro�en, hornigen Kopfe haben sie auf jeder Seite mehrere Punktaugen und dicht neben dem Munde sehr kurze F�hler. Die bei�enden Mundteile sind vollst�ndig wie bei den K�ferlarven gebildet. �berall folgen auf die drei Fu�paare der Brustringe noch 2 oder 5 Paar Afterf��e (Bauchbeine, Bauchf��e). Die Afterf��e am letzten Leibesring, die Nachschieber, sind oft besonders gestaltete gabelartige Anh�nge (so beim Buchenspinner und Gabelschwanz). Die Larven leben meist von Pflanzen; sie befestigen sich vor der Verpuppung an gesch�tzten Orten oder spinnen mit dem an der Luft erh�rtenden Saft ihrer zwei gro�en Spinndr�sen Kokons und verwandeln sich in Puppen, bei denen die Gliedma�en des k�nftigen Insekts dem K�rper dicht anliegen und mit ihm zusammen von einer harten, hornigen H�lle umgeben sind. Manche Puppen sind empfindlich gegen das Licht, auch h�ngt die Farbe der Puppenh�lle bis zu einem gewissen Grade von der Umgebung ab, so da� man bei einzelnen Arten sie beliebig ab�ndern kann, wenn man die Raupen sich zwischen Papier von der gew�nschten Farbe verpuppen l��t. Aus der Puppe schl�pft nach wenigen Wochen oder nach der �berwinterung der Schmetterling, der in der Regel nur kurze Zeit lebt, nach der Begattung oder Eiablage zugrunde geht und nur selten �berwintert. Bei einigen Arten sind die Exemplare, die im Fr�hling aus der Puppe ausschl�pfen, in F�rbung und Zeichnung der Fl�gel so sehr von der Sommerform verschieden, da� man sie fr�her f�r besondere Variet�ten oder gar Arten gehalten hat (z. B. Vanessa levana und prorsa geh�ren zusammen als Winter- und Sommerform; sogen. Saison- oder Horadimorphismus). Manche S. fliegen zuzeiten aus unbekannten Ursachen in gro�en Schw�rmen, soz. B. Plusia gamma, Vanessa cardui etc. Durch massenhaftes Auftreten werden die Raupen den Pflanzen oft sehr sch�dlich, sind jedoch auch starken Verfolgungen durch andre Insekten (Schlupfwespen etc.) ausgesetzt. Die Zahl der existierenden Arten wird auf viel mehr als 100,000 gesch�tzt, doch ist davon erst ein geringer Teil genau bekannt. Fossile S. (s. Neorinopsis und Mylothrites auf Tafel »Terti�rformation II«, Fig 10 a und b) sind schon in der Steinkohlenformation aufgefunden worden.
Einteilung: A. Kleinschmetterlinge (Microlepidoptera), kleine, zarte S. mit meist langen, borstenf�rmigen F�hlern. Hierher die Familien: Motten (Tineidae; L�rchenminiermotte, Apfelbaumgespinstmotte, Tafel I, Fig. 37), Federgeistchen (Pterophoridae, Tafel I, Fig. 38), Wickler (Tortricidae: Kieferntrieb-, Kieferngallenwickler) und Z�nsler (Pyralidae: R�bsaatpfeifer). B. Gro�schmetterlinge (Gro�falter, Macrolepidoptera): 1) Spanner (Geometrina: Kiefernspanner, Birken-, Frostspanner, Tafel I, Fig. 3536; Tafel II, Fig. 21). 2) Eulen (Noctuina: Quecken-, Feldulmen-, Forleule, Ordensband, Tafel I, Fig. 3034; Tafel II, Fig. 18, 19). 3) Spinner (Bombycina: Buchen-, Ringelspinner, Nachtpfauenauge, Tafel I, Fig. 2427). 4) Schw�rmer (Abendfalter, Abendschw�rmer, Sphingina), mit meist sehr langem R�ssel und langen Vorderfl�geln. Hierher die Familien: Schw�rmer (Crepuscularia, D�mmerungsfalter, Sphingidae: Kiefernschw�rmer, Taubenschwanz, Totenkopf, Oleanderschw�rmer, Tafel I, Fig. 2123; Tafel II, Fig. 15), Holzbohrer (Xylotropha: Hornissenschw�rmer), [891] Cheloniarier (Cheloniaria: B�r, Blutfleck etc., Tafel I, Fig. 1720,28,29; Tafel II, Fig. 16, 17, 20) u.a. 5) Tagfalter (Rhopalocera, Diurna, Papilionidae; Segelfalter, Tagpfauenauge, Baumwei�ling etc.), ebenfalls mit mehreren Familien (Tafel I, Fig. 116; Tafel II, Fig. 114). Viele Abbildungen von Schmetterlingen finden sich noch auf den Tafeln »Forstinsekten, Gartensch�dlinge, Landwirtschaftliche Sch�dlinge, Darwinismus, Mimikry«. Der Schmetterling war schon im Altertum Symbol der Unsterblichkeit der Seele; besonders wird das Hervorgehen des Schmetterlings aus der Puppe auf die Befreiung der Seele aus den Banden des K�rpers im Tode bezogen. Psyche wurde daher gew�hnlich mit Schmetterlingsfl�geln dargestellt, ebenso der Gott des Schlafes (Hypnos).
Vgl. Esper, Die europ�ischen S. (Erlang. 17771805, 7 Bde.); Borkhausen, Naturgeschichte der europ�ischen S. (Frankf. a. M. 178894, 5 Bde.); Ochsenheimer und Treitschke, Die S. von Europa (Leipz. 180735, 10 Bde. in 17 Abtlgn.); H�bner, Sammlung europ�ischer S. (Augsb. 180541) und Sammlung exotischer S. (das. 181641, 3 Bde.; neue Ausg., Br�ssel 1896); Herrich-Sch�ffer, Systematische Bearbeitung der S. von Europa (Regensb. 184355, 5 Bde.) und Lepidopterorum exoticorum species novae (das. 185056); Freyer, Neuere Beitr�ge zur Schmetterlingskunde (Augsb. 183158, 7 Bde.); Speyer, Geographische Verbreitung der S. Deutschlands und der Schweiz (Leipz. 185862, 2 Tle.); Staudinger und Rebel, Katalog der Lepidopteren des pal�arktischen Faunengebietes (3. Aufl., Berl. 1901); Heinemann, Die S. Deutschlands und der Schweiz (Braunschw. 185977, 2 Bde.); Ramann, Die S. Deutschlands und der angrenzenden L�nder (Arnstadt 187275); Rothe, Vollst�ndiges Verzeichnis der S. �sterreich-Ungarns, Deutschlands und der Schweiz (2. Aufl., Wien 1902); Weismann, �ber den Saisondimorphismus der S. (Leipz. 1875) und Die Entstehung der Zeichnung bei den Schmetterlingsraupen (das. 1876); Scudder, The Butterflies of the Eastern United States and Canada etc. (Boston 1890, 3 Bde.); Buckler, The larvae of the British Butterflies and Moths (Lond. 1886 ff.); Romanoff, M�moires sur les l�pidopt�res (Mosk. 1887, 3 Bde.); Spuler, Die Raupen der S. Europas (2. Aufl. des Hofmannschen Werkes, Stuttg. 1905) und Die S. Europas (3. Aufl. desgleichen, das. 1901 ff.); Meyrick, Handbook of British Lepidoptera (Lond. 1895); Standfu�, Handbuch der pal�arktischen Gro�schmetterlinge (Jena 1896); R�hl, Die pal�arktischen Gro�schmetterlinge (Leipz. 1892 ff.); v. Dobeneck, Die Raupen der Tagfalter, Schw�rmer und Spinner des mitteleurop�ischen Faunengebiets (Stuttg. 1898); R��ler, Die Raupen der Gro�schmetterlinge Deutschlands (Leipz. 1900); Lampert, Gro�schmetterlinge und Raupen Mitteleuropas (E�lingen 1906 ff.); Seitz, Die Gro�schmetterlinge der Erde (Stuttg. 1906 ff.); auch die Schmetterlingsb�cher von Berge (8. Aufl., das. 1899), Rockstroh (7. Aufl., Halle 1901), Fleischer-Str��le (5. Aufl., Stuttg. 1905) u.a.
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