Annahme an Kindes Statt

[544] Annahme an Kindes Statt, fr�her im Anschlu� an die Bezeichnung des r�mischen Rechts. adoptio (Adoption) genannt, ist ein Rechtsgesch�ft, durch das zwei Personen zueinander in ein Eltern-, bez. Kindschaftsverh�ltnis treten. Sie ist die wichtigste.[544] am weitesten verbreitete und am h�chsten entwickelte k�nstliche Verwandtschaft, ihre Spuren reichen in die fr�hesten Zeiten der Menschheit zur�ck und finden sich mehr oder minder deutlich und ausgebildet bei fast allen V�lkern (Semiten, Indogermanen, Ostasiaten, Indianerv�lkern). In der Gegenwart ist die A. fast bei allen Kulturv�lkern �blich und gesetzlich geregelt, nur das niederl�ndische, englische und nordamerikanische Recht kennt dieselbe nicht. Das gemeine Recht unterschied im Anschlu� an das r�mische Recht zwischen Adoption, d.h. Annahme eines unter v�terlicher Gewalt stehenden Menschen an Kindes Statt, und Arroogation, d.h. Annahme eines nicht unter v�terlicher Gewalt stehenden Menschen, eines sogen. Hauskindes. Erstere geschah durch Vertrag zwischen dem Inhaber der v�terlichen Gewalt und dem Adoptivvater, der in Gegenwart und ohne Widerspruch des Kindes von den Beteiligten gerichtlich verlautbart werden mu�te, letztere geschah durch landesherrliches Reskript unter ausdr�cklicher Zustimmung des Kindes, bez. des Vormundes. Frauen konnten nur mit landesherrlicher Erlaubnis adoptieren, wenn sie eigne Kinder gehabt und verloren hatten. Das deutsche B�rgerliche Gesetzbuch macht keinen Unterschied zwischen Adoption und Arrogation, zwischen Mann und Frau. Nach ihm erfolgt die A. durch einen bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor Gericht oder vor einem Notar geschlossenen und durch das zust�ndige Gericht best�tigten Vertrag. Der Vertrag darf weder befristet noch bedingt werden, einseitiger R�cktritt ist unstatthaft. Liegen die formellen Erfordernisse eines Annahmevertrags vor, so darf das Gericht nicht etwa aus Zweckm��igkeitsgr�nden die Best�tigung versagen. Diese Erfordernisse sind auf seiten der Annehmenden: 1) Mangel ehelicher, lebender Abk�mmlinge (Kinder, Enkel), 2) Alter von 50 Jahren oder doch wenigstens ein um 18 Jahre h�heres Alter als das des Anzunehmenden, jedoch ist hiervon Dispensation m�glich, 3) Einwilligung des Ehegatten des Annehmenden, 4) ein Vormund soll w�hrend der Dauer der Vormundschaft sein M�ndel nicht an Kindes Statt annehmen, 5) ein Ehepaar kann ein Kind endlich nur als ein gemeinschaftliches annehmen. Auf seiten des Anzunehmenden ist zu beachten, da� bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres eheliche Kinder der elterlichen, uneheliche der m�tterlichen Einwilligung bed�rfen, und da� ein Verheirateter nur mit Einwilligung seines Ehegatten an Kindes Statt angenommen werden kann. Streitig ist es, ob eine Mutter ihr uneheliches Kind an Kindes Statt annehmen darf. Durch die A. erh�lt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen. Es erh�lt den Namen des Annehmenden, Unterhaltsanspruch und Erbrecht, der Annehmende dagegen erlangt kein Erbrecht gegen�ber dem Kind, unber�hrt bleiben auch die Rechte und Pflichten des Kindes gegen�ber seinen leiblichen Eltern und seinen Verwandten, insonderheit geht das gegenseitige Erbrecht nicht verloren, einzig und allein die elterliche Gewalt ist erloschen. Dagegen tritt das Kind in kein verwandtschaftliches Verh�ltnis zu den Verwandten und Ehegatten des Annehmenden, es hat also auch diesen gegen�ber keinen Erbanspruch. Die Wirkungen der A. erstrecken sich von selbst auf die nach der Annahme gebornen Kinder des Angenommenen, auf die bereits vorhandenen dagegen nur, wenn dieselben ausdr�cklich in den Annahmevertrag mit einbezogen wurden. Sein Ende findet der Annahmevertrag durch vertragsm��ige Aufhebung oder durch den gesetzwidrigen Abschlu� einer Ehe zwischen dem Annehmenden und dem Angenommenen. Vgl. hierzu � 1741 mit 1772 des deutschen B�rgerlichen Gesetzbuches. – Nach dem Code civil ist die A. nur Vollj�hrigen gegen�ber gestattet, und zwar nur dann, wenn sie entweder dem Adoptivvater das Leben gerettet haben, oder von diesem 6 Jahre lang ununterbrochen w�hrend ihrer Minderj�hrigkeit unterhalten worden sind. – In �sterreich wird nur richterliche Best�tigung des Adoptionsvertrags gefordert. Nur wenn der eigne Adel und das Wappen der Wahleltern auf das Adoptivkind �bergehen sollen, mu� die Bewilligung des Landesf�rsten nachgesucht werden, w�hrend sonst das Wahlkind nur den Namen des Adoptivvaters, bez. den Geschlechtsnamen der Adoptivmutter erh�lt. Zwischen den Wahleltern einerseits und dem Wahlkind und dessen Nachkommen anderseits finden nach �sterreichischem Recht (� 183 des Allgemeinen b�rgerlichen Gesetzbuches) im allgemeinen gleiche Rechte wie zwischen ehelichen Eltern und Kindern statt. Auf die �brigen Mitglieder der Familie der Wahleltern hat die A. keinen Einflu�; dagegen verliert das Wahlkind auch nicht die Rechte seiner eignen Familie. – Bei den Naturv�lkern wird die A. gew�hnlich mit einer Scheinentbindung, Saugenlassen an der Brust oder am Daumen, die den Empfang eines wirklichen Leibeserben symbolisieren sollen, verbunden. Bei den germanischen St�mmen und in Altindien geh�rte auch das Anziehen des v�terlichen Schuhes zu den wesentlichen Zeremonien der A. Vgl. M�nnerkindbett.

Quelle:
Meyers Gro�es Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 544-545.
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