Ritterschaft

[287] Ritterschaft. Unter diesem Ausdrucke, im weiten Sinn genommen, befa�t man heut zu Tage den niedern Adel durch ganz Deutschland, ohne Unterschied, ob demselben ritterm��ige G�ter zustehn oder nicht. Im engern Sinn aber versteht man unter der Ritterschaft nur diejenigen unter dem niedern Adel, welche wirklich ritterm��ige Besitzungen haben. – In dieser letztern und engern Bedeutung ist sie in Bezug auf Kaiser und Reich entweder unmittelbare oder mittelbare Ritterschaft. Die unmittelbare Ritterschaft ist wegen ihrer Besitzungen keinem Reichsf�rsten lehnspflichtig, sondern hat dieselben directe vom Kaiser und Reich zu Lehn erhalten (es nennt sich daher auch diese Ritterschaft, um dadurch ihre Befreiung von der reichsst�ndischen Landeshoheit recht bestimmt bezeichnen zu k�nnen, unmittelbare Reichsritterschaft). Dennoch aber, ob sie zwar gleich von niemanden als vom Kaiser und Reich abh�ngig, blo� von daher Befehle oder Verbote empf�ngt, und, gleich den Reichsst�nden, sowohl f�r die Personen, als von wegen ihrer Besitzungen, einzig und allein vor den h�chsten Reichsgerichten, entweder vor dem Reichshofrathe zu Wien, oder vor dem Reichs-Kammergericht zu Wetzlar, Recht leidet, kann sie auf keinen Fall unter die St�nde des Deutschen Reichs gerechnet werden: denn 1) erkl�rt sie kein Reichsgesetz f�r reichsst�ndisch, obwohl in sehr vielen dergleichen Reichsgesetzen derselben gedacht wird; und 2) hat sie auf dem Reichstage in keinem Reichs Collegium Sitz und Stimme, welches doch zum Begriffe der Reichsstandschaft schlechterdings geh�rt.

Die Entstehung der unmittelbaren Reichsritterschaft ist folgende: nachdem die Reichern unter dem Deutschen Adel es endlich nach und nach dahin gebracht hatten, ihre hohen Reichsw�rden erblich zu machen und f�r ihre Reichslehne die Landeshoheit zu verschaffen, so gelang es ihnen auch sehr bald, andre ihres gleichen, die jedoch an Besizzungen �rmer waren, von ihrer Landeshoheit abh�ngig zu machen, und sich �ber sie zu erheben. Sogleich ergab sich nun in einer und eben derselben Menschenclasse eine gewisse Veredlung – die man in der Folge der Zeit den hohen Adel nannte; ein Pr�dicat, das man bishero[287] ganz und gar nicht gewu�t hatte, indem man blo� eine einzige Menschenclasse unter dem Namen Adel kannte. Manche unter den weniger beg�terten Adlichen hatten Muth und Herz genug, ihre Besitzungen von der Landeshoheit und Botm��igkeit jener zu weit greifenden Reichsvasallen frei zu erhalten, und waren denn auch so gl�cklich, in der alten unmittelbaren Verbindung mit Kaiser und Reich zu verbleiben, ohne jedoch die Landeshoheit f�r ihre zu kleinen Besitzungen suchen, und an jenen Reichs-Versammlungen des Adels unter Autorit�t des Kaisers feruerweit Theil nehmen zu k�nnen. Um nun aber bei dieser unmittelbaren Reichsfreiheit sich zu erhalten, hielten sieʼs jetzt f�r dienlich, sich in Kreise und Cantone zu verbinden. Die� geschah vorz�glich im Fr�nkischen, Schw�bischen und Rheinischen Kreise, welche Verbindungen noch bis auf den heutigen Tag bestehen; daher die unmittelbare Reichsritterschaft des Fr�nkischen, des Schw�bischen und Rheinischen Kreises.

Die mittelbare Ritterschaft macht den lands��igen Adel in jeder einzelnen Deutschen Provinz aus, und mu� die Landeshoheit desjenigen Reichsstandes anerkennen, in dessen Lande ihre Besitzungen, Ritter- und Lehng�ter liegen. Die Rechte und Verbindlichkeiten dieser lands��igen Ritterschaft oder des lands��igen Adels s. unterm Artikel Ritter.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 287-288.
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